Apropos Waterloo Kino (III)

PDF Abschrift Waterloo Kino GuckfensterKCF

Römische Zahlen
Waterloo Kino mit Balkon (Foto ist nach dem Umbau 1928 entstanden)

Ein Artikel, der im März 2006 erschienen ist. Zu einem Zeitpunkt als noch nicht bekannt war, auf welche Weise das Waterloo Kino in den Besitz von Clara Esslen und Heinz Heisig gekommen war. Vor allem deshalb, weil keiner gefragt hatte. (Landgericht Hamburg, Wiedergutmachungskammer AZ: 1 WiK 2/59)

Manfred Hirschel mit seiner Tochter Eva Hirschel (1936), verh. Blumenthal. (Foto aufgenommen in der Bebelallee / Adolf Hitler Straße) Manfred Hirschel ist am 16. August 1892 geboren. Eva Hirschel ist 1930 geboren.
Zeichnung Helga Bachmann
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Apropos Henschel Konzern

PDF Apropos Henschel Konzern

Schauburg Zeitung
Hugo Streit, Sophie Streit geb. Henschel (Foto Louis Segall)
Urich Sass Familie
Von links nach rechts: Hans Jürgen, Horst, Hermann, Vera, Hedwig, Urich-Sass, Kinobesitzer Familie in Hamburg- Foto Louis Segall.
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Zeichnung Helga Bachmann

ISBN 978-65-00-88485-2

Apropos Thalia Kino (Hamburg)

PDF Apropos Thalia Kino Hamburg

Thalia Kino Hamburg
Foto von Mark Lissauer (Australien)
(ehemals Hermann Lissauer) Grindelallee 116-118, Hamburg
Zeichnung Helga Bachmann
Hau weg den Scheiss
Abrisss Thalia Kino Foto Jens Meyer
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Apropos Kaiserkrone Kiel

Apropos Kaiserkrone Kiel

PDF Apropos Kaiserkrone( Zeichen 2.270)

(Zeichen 2.270) Die Landeshauptstadt Kiel schreibt: Ein Stolperstein für Josef Ehrlich Kiel, Breiter Weg 4-6, ehemals Breiter Weg 5.

Josef Ehrlich, geb. am 10.10.1875 in Grodek, Polen, war Sohn von Nachum Meyer Ehrlich und Minna Ehrlich, geb. Weissberg. Er hatte drei Schwestern: Helene, verh. Hurtig, Lina, verh. Friedmann, und Else, verh. Jonas. Letztere überlebte das KZ Theresienstadt. Seit 1898 lebte Josef Ehrlich in Kiel, 1914 trat er in die israelitische Gemeinde ein. Nach dem 1. Weltkrieg, an dem er aktiv teilnahm, heiratete er Anna Struck, die nach der Heirat zum Judentum übertrat. Die sogenannte Mischehe blieb kinderlos und endete am 25.5.1939, als Anna verstarb. 1923 wurde Josef Ehrlich Direktor der „Kaiserkrone“, die sowohl ein Theater als auch ein erfolgreiches Kino und Restaurant sowie der Treffpunkt des „Jüdischen Kegelclubs“ war.

Josef Ehrlich war nicht nur ein anerkanntes Mitglied des „Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten“, sondern galt in ganz Kiel als eine wohlhabende und angesehene Person, auch bei Nichtjuden. Im Zuge der nationalsozialistischen Maßnahmen zur Entrechtung und Ausgrenzung der Juden aus dem Wirtschaftsleben wurde am 31.12.1935 Ehrlichs Besitztum „arisiert“, das heißt, Ehrlich wurde enteignet und sein Besitz an den Parteigenossen Scepanik [August G. Scepanik] gegeben, seinen ehemaligen Oberkellner.

Nach dem Novemberpogrom vom 9.11.1938 kam Ehrlich für einen Tag in sog. Schutzhaft und anschließend ins Gerichtsgefängnis, aus dem er von einem Offizier der Gestapo heraus geholt wurde. Er bekam zwar 1938 im Zuge der sog. Polenaktion, bei der alle aus Polen stammenden Juden in ihr Herkunftsland geschoben werden sollten, den Ausweisungsbefehl, brauchte diesem aber nicht nachzukommen, vermutlich geschützt durch Verbindungen zur Gestapo.

1941, als dieser Schutz offensichtlich versagte, musste er seine Eigentumswohnung im Breiten Weg verlassen und wurde gezwungen, in eine deutlich kleinere Wohnung zu ziehen, in die Flämische Straße 22a, in ein Haus, das die Stadt zum sog. Judenhaus erklärt hatte. Am 4.12.1941 wurde Ehrlich zusammen mit 40 anderen Kieler Juden, unter ihnen auch seine Schwester Lina, im Rathausbunker festgehalten und zwei Tage später mit fast 1.000 weiteren Juden von Hamburg aus nach Riga deportiert.

Am 5.1.1942 kam er dort im Lager Jungfernhof ums Leben – ob durch die katastrophalen Lebensbedingungen oder durch wilde Erschießungen, ist ungeklärt.

Briefe an Eugen (LV) Louis Segall

Hallo Eugen,

Römische Zahlen

es ist doch erschreckend wie schnell das manchmal geht. Wie aus einer Vermutung eine Tatsache wird. In dem Buch aus dem Wallstein Verlag aus Göttingen, 2016 erschienen, ist er auf Seite 71 vermerkt (Die Hamburger Juden im NS Staat 1933-1938/39 Band XLV von Andreas Brämer und Miriam Rürup) ISBN 0178-3-8353-1811-3). Firma: Photogeschäft Louis Segall. bish. Inhaber: Louis Segall, Hamburg. Erwerber: Paul Waiher. Es ist jetzt nur noch die Frage: Handelt es sich um einen Übertragungsfehler oder nicht? Im Adressbuch heißt der sog. Erwerber Paul Waibel. Quelle ist das Staatsarchiv Hamburg, 314-15, Oberfinanzpräsident, Devisenstelle und Vermögensstelle (15. Oktober 1938) . J.

Louis Segall Fotograf
Foto von Louis Segall.. 1. Mai 1936 Schauburg am Hauptbahnhof. Mönckebergstraße 8
Mönckebergstraße 8 (1936)
Großer Burstah 31. (2024)
Branchen Telefonbuch Eintrag (1938)

Aussschnitt Branchen Telefonbuch Hamburg (1939)
Branchen Telefonbuch Hamburg 1929
Branchen Telefonbuch Hamburg 1930

le

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Zeichnung Helga Bachmann

Briefe an Eugen (LIV) Henschel Suche

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Hallo Eugen, Deine Fragen sind nicht einfach zu beantworten. Aber ich versuche es mal. Die Suche nach Henschel und warum. Hier ist die PDF und einige Fotos zu Ablenkung.

PDF Briefe an Eugen 3 (Zeichen 9.547) Die Suche nach Henschel

Halteverbot 1
Halteverbot 2
Halteverbot 3
Wäschekeller mit Maus
Mordsache Dünner Mann

1938 Ausschnitt Adressbuch Hamburg Branchenbuch Photoateliers Buchstabe Sc-Si

1938 Branchen Telefonbuch

Bismarckstraße 108 Ausschnitt Adressbuch 1936
Bismarckstraße 108 Ausschnitt Adressbuch 1937
Louis Segall Fotograf
1. Mai 1936 Schauburg am Hauptbahnhof Fotograf Louis Segall, Mönckebergstraße 8
Ausschnitt aus dem Branchen Telefonbuch von 1939
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Zeichnung Helga Bachmann

Briefe an Eugen (LIII) 1. Mai 36

Briefe an Eugen,

Römische Zahlen

Pdf Du kannst nicht treu sein

Hallo Eugen, das war gar nicht so schwer, das Enstehungsdatum des Fotos herauszufinden. Das Foto entstand am 1. Mai 1936. Das kann man durch das Plakat auf der rechten Seite des Fotos herausfinden. Der einzige Film in dem beide genannten Schauspieler (Lucie Englisch und Hermann Speelmanns) im fraglichen Zeitraum zusammen auftreten sind, ist: »Du kannst nicht treu sein«, der seinen Start am 11. Februar 1936 hatte.

Branchenadressbuch Hamburg 1936
Foto  1. Mai 1936 Schauburg am Hauptbahnhof Die Angestellten des Henschel Film- und Theaterkonzerns. Fotograf Louis Segall (Inh. d. Atelier Schauburg Hmb 15, Süderstraße 73) -(Meine Zählung ergibt 53 sichtbare Personen) Vor dem Sporthaus Julius Ortlepp, Mönckebergstraße 8 fotografiert.

»Du kannst nicht treu sein«, Start war am 11. Februar 1936, Regie: Franz Seitz Senior. (Der Regisseur von SA Mann Brandt 1933) mit Lucie Englisch und Hermann Speelmans.

Filmportal.de schreibt ueber diesen Film: „Verwechslungslustspiel: Katharina ist eine energische junge Frau, und als Chefin im Hotel Steinbrock in Obermurgel hat sie alles im Griff. Nur den richtigen Mann hat sie noch nicht gefunden. Max, der junge Besitzer des Hotels Seehof in Gundlach, möchte Katharina gerne kennen lernen und lässt sich daher als Oberkellner in ihrem Hotel einstellen. Als die Schauspielerin Ria im Hotel eintrifft, erkennt sie Max. Aber er erklärt ihr die Situation und macht sie zu seiner Komplizin. Beglückt stellt er fest, dass Katharina eifersüchtig auf andere Frauen reagiert. Auch Katharinas Vater wird in den Plan eingeweiht, seine Tochter rumzukriegen. Und als Max seine Verlobung mit Ria bekannt gibt, rät Katharinas Vater der Tochter, sich kurzerhand mit einem anderen Mann zu verloben: dem Besitzer des Hotels Seehof.“

Hallo Eugen, natürlich hast Du damit Recht, das Hermann Speelmanns eigentlich ohne zwei nns geschrieben wird, also Hermann Speelmans. Aber er hat offensichtlich beide Schreibweisen benutzt. Mal so, mal so. Und Deine Nachfrage will ich gerne beantworten. Lucie Englisch spielt die Katharina und Hermann Speelmans den Max Hölterlin. Allens klor? J.

Hallo Eugen,

auf der Suche nach dem Fotograf Louis Segall, der das Foto von den Angestellten des Henschel Film & Theaterkonzerns am 1. Mai 1936 gemacht hatte, stelle ich fest, daß sein Verbleib nach 1937 ungeklärt ist. 1936 hat er ein Foto Atelier [zusammen mit Paul Waibel / Paul Weibel] in der Fuhlsbüttler Straße 165 im Erdgeschoß, neben der Schauburg Nord.

Außerdem ist er Inhaber des »Atelier Schauburg« in Hmb 15, Süderstraße 73 und wohnt in der Beneckestraße 22. 1937 ist er in die Bismarckstraße 108 umgezogen.

Ein Jahr später, 1938, wohnt ein Lilje, O. Prok. in dieser Wohnung. Im Telefonbuch von 1938 [Handels-, Gewerbe- und Berufsverzeichnis zum amtlichen Fernsprechbuch für den Reichpostdirektionsbezirk] findet sich der Hinweis, das die Firma »Atelier Schauburg« von Louis Segall + Paul Waibel 1938 nur noch einen Inhaber hat und sich jetzt »Atelier Schauburg Inhaber Paul Waibel« nennt. Das heißt, da muß noch mal gekratzt werden. J.

Hallo Eugen, ja das Kratzen war erfolgreich. Wie schnell das doch geht. Und immer wieder faellt mir auf, das der Generation vor uns die noetige Neugierde gefehlt haben muß. J.

Ausschnitt aus Branchen Telefonbuch von 1938. Louis Segall ist nicht mehr dabei
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Zeichnung Helga Bachmann
Ausschnit aus dem Branchen Telefonbuch1939

Briefe an Eugen (XI) Apropos Schloß Gripsholm

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PDF Brief an Eugen (XI) Apropos Gripsholm

Briefe an Eugen (XI) Apropos: Schloß Gripsholm

Hallo Eugen, der Roman von Tucholsky wurde mehrfach verfilmt. Eine „Verfilmung“ stammt von Kurt Hoffmann. Sie kam 1963 ins Kino. Da war ich siebzehn und an solchen Themen durchaus interessiert. Doch irgendwie ist dieser Film an mir vorbeigegangen. Jahre später fiel mir dann die „Filmkritik“ vom Dezember 1963 in die Haende. Dort hatte der beruehmte Filmkritiker (beruehmt durch sein loses Mundwerk) Uwe Nettelbeck dieses Produkt zerissen. Jetzt kommt der Originalton von damals:

Uwe Nettelbeck 1968
Uwe Nettelbeck in Oberhausen

»Kurt Hoffmann hat Tucholskys Vorlage alle Unbeschwertheit genommen, ihr erotisches Fluidum zerstoert: Alles ist dumpf in traegem bundesrepublikanischem Wohlstandsmillieuu angesiedelt, schmeckt nach Ansichtspostkarten und buergerlicher Moral. Kaum sind die drei im Bett, geht das Nachttischlaempchen aus. Hoffman transponiert die Angelegenheit in die Zeit der Vogelfluglinie und erreicht das ihm moegliche Hoechstmaß an kritischer Einsicht, wenn er feststellt, daß es in Schweden deutsche Touristen gibt, die Bier trinken (uwe).« (uwe) war das Kuerzel unter dem Uwe Nettelbeck in der »Filmkritik« von Enno Patalas und Wilfried Berghahn schrieb. Die Kritik erschien im Dezemberheft 1963. Die »Filmkritik« hatte das Format, das auch Schulhefte (Din A 5) in dieser Zeit hatten, erschien monatlich und kostete im Einzelhandel 1.– DM. (In diesem Einzelhandel ist mir die »Filmkritik« nie begegnet).

Bei der spaeteren Besichtigung des Filmes mußte ich feststellen, Uwe Nettelbeck hatte sich geirrt. In dem Film von Kurt Hoffmann gibt es keine Nachttischlampe im Schlafzimmer. Und nun kommst Du, J.

Zeichnung Helga Bachmann

Briefe an Eugen (XXXIX) Kurt Scheel & Altenwerder

Briefe an Eugen (VI) Altenwerder & Kurt Scheel

PDF Briefe an Eugen (VI) Kurt Scheeel & John Wayne

Römische Zahlen

Hallo Eugen,

Wer ist das neben Kurt Scheel ?

ja, das brauchen wir. Den Elektronischen Briefverkehr. Und das kam so. Bei der Begutachtung meiner S-VHS und VHS Kopien, was ist aufbewahrenswert und was nicht, geriet ich an die Aufzeichnung eines Filmes, der sehr selten irgendwo gezeigt wird. Produziert in Irland mit dem Hauptdarsteller John Wayne, Regie John Ford. Im Original hieß der Film „The quiet man“. Die deutsche Synchronfassung bekam gleich zwei Titel: „Der Sieger“ und „Die Katze mit dem roten Haar“. Der Filmtitel kommt in seinem Buch „Ich & John Wayne“ nicht vor, aber die weibliche Hauptdarstellerin Maureen O’Hara, über die Kurt Scheel schreibt, wie er mit acht Jahren im Kino seines Vaters auf das andere Geschlecht, auf das weibliche, aufmerksam wurde:

Maureen O’Hara

„Bis dato hatten wir Achtjährigen ein eher ironisch-distanziertes Verhältnis zum Weibe gepflogen, im Leben wie im Kino. Mädchen waren okay, aber sie waren so anders, und man hatte mit Frau eigentlich nicht viel zu schaffen. Und nun also Maureen O’Hara, deren Namen ich damals zwar nicht kannte, die mir aber schon dadurch aufgefallen war, daß sie in manchen Filmen am Ende John Wayne zufiel — und was gut genug ist für John Wayne, würde ja wohl gut genug für mich sein! Außerdem war sie, bei Licht betrachtet, doch recht hübsch und rothaarig und kratzbürstig — ich habe schon damals starke, emanzipierte Frauen den Heulsusen und Petzen vorgezogen. . . “ (Aus dem Buch »Ich & John Wayne«, Edition Tiamat, in dem Artikel: »Und ewig lockt das Weib«, Seite 91)

Die VHS Kassette der Fernsehaufzeichnung (Links oben im Bild 4. Programm). Ein Kleinod dieser Film und kaum bekannt. Leider hat die Aufzeichnung mehrere Werbeunterbrechungen. Jedenfalls hatte ich überlegt, wem ich damit eine Freude machen könne. Also eine Mail an Kurt Scheel. Die kam zurück. Erst danach habe ich dann erfahren daß Kurt Scheel schon am 31. Juli 2018 gestorben ist. In der Taz immerhin ein gelungener Nachruf. Ein Text von Kurt Scheel.

Taz: »Am Dienstag verstarb im Alter von siebzig Jahren der frühere „Merkur“-Herausgeber und langjährige Wahrheit-Autor. Aus diesem traurigen Anlass veröffentlichen wir noch einmal seinen damaligen Beitrag zu unserer Serie „Wahre Lokale“ aus dem Jahr 2000. Eine Reminiszenz an seinen Kindheitsort.«

Kurt Scheel in der Taz: »Wenn ich die wichtigsten Kneipen meines Lebens vor meinem geistigen Auge vorüberziehen lasse, überkommt mich Wehmut: Ob groß oder klein, ob elegant oder schäbig, ob blond oder braun – sie waren alle schön in ihrer Weise, ich habe sie alle geliebt in meiner – zugegeben: bizarren – Weise. Aber das liegt jetzt lange hinter mir. Aus einem gefürchteten Kneipengänger und Spelunken-Roué ist ein nachdenklicher, selbstkritischer Mitbürger geworden, der nichts bereut, aber vielleicht doch einige seiner Erfahrungen weitergeben kann an junge Menschenkinder, die das Leben noch vor sich haben.

So kehre ich also zurück zur Stätte meiner Kindheit und Jugend: Hier, auf dieser kleinen Elbinsel Altenwerder, begann alles. „Zur Schleuse“ steht über der Tür, und gleich darunter „Paul Schwartau“, das ist der Name des Wirtes. Doch was nützt es ihm? Jedermann nennt ihn „Paul Pogel“ – hier schon klingt das Vergeblichkeits- und Trauermotiv ein erstes Mal an, und das hat folgende Bewandtnis: Der Gründer des Lokals war ein gewisser „Pagel“ gewesen, und im Plattdeutschen, das die zweite Lautverschiebung bekanntlich nicht mitgemacht hat, wird ein A häufig als O ausgesprochen beziehungsweise aspiriert.

Durstige Seelen

Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit aber auf etwas noch Wichtigeres lenken, den Namen der Kneipe. Sind nicht recht eigentlich betrachtet alle Lokale und besonders die „wahren“, die diese Serie ja angeblich porträtieren will, „Schleusen“? Also Örtlichkeiten, in denen es zuvörderst um die Verteilung von Flüssigem geht, in denen eine kundige Hand klüglich die Zufuhr von Kaltgetränken reguliert nach Maßgabe der Frage, ob eine durstige Seele bzw. Kehle weiterhin genetzt werden kann oder der zulässige Pegelstand vielleicht doch erreicht oder gar überschritten ward?

Schon der Name verweist also auf den Arche-Typos, auf den Anspruch des „wahrsten Lokals“; umso mehr die Figur des „Schleusenwärters“: Paul Pogel war ein begnadeter Kneipier, die Inkarnation des Wirtes als Freund und Zuchtmeister seiner bunt zusammengewürfelten Truppe. Aus aller Herren Länder waren sie gekommen und saßen nun stumpf stierend vor ihren schalen Bieren: ehemalige Obristen von den Gewürzinseln, eine abgetakelte Tippmamsell aus Elmshorn, „Halbstarke“ und Ganztagsschullehrer e tutti quanti. Was hinderte sie, übereinander herzufallen, „Pogo“ oder „Gabba“ zu machen, den „Bär“ tanzen zu lassen? Die Antwort: Paul Pogel.

Groß gewachsen, stattlich – aber behänd und flink; von natürlicher Autorität, mit einem prüfenden Blick die Meute kontrollierend, ja einschüchternd, doch dabei mit angelsächsischer Lässigkeit das schmackhafte Astra-Bier in die dafür eigens angeschafften „Tulpen“ beziehungsweise Halblitergläser zapfend und, hast du nicht gesehen, zwei eiskalte Körner aufs Tablett zaubernd: So steht er nun vor dir mit breitem Grinsen, und niemand wagt sich zu rühren. Man könnte eine Steckrübe fallen hören – doch da ertönt aus der Musikbox (ich weiß, dass Wichtigtuer „Jukebox“ sagen) „Ich hab Bohnen in die Ohrn“ von Gus Backus, und schon ist der Bann gebrochen, beginnt wieder das Plärren der ewig gleichen Gespräche.

Steak in Bierdeckelgröße

Aber nicht nur Bier, Schnaps, Brause und Cola werden zügig ausgeschenkt, auch für den kleinen Hunger zwischendurch ist gesorgt. Spezialität des Hauses ist die Currywurst, wahlweise mit Brot oder Fritten; auch die Würstchen mit Kartoffelsalat werden gern genommen. Als Problemzone erweist sich indes das Rumpsteak. Ordert der Gast es „durchgebraten“, schrumpft es naturgemäß zu Bierdeckelgröße, was Maulen und Widerworte beim Kunden hervorruft – und in Sekundenschnelle verwandelt sich unser gutmütiger Wirt, dieser Bonhomme par excellence, in einen Wüterich, die Reklamation mit groben Worten zurückweisend, ja körperlicher Gewaltanwendung nicht abgeneigt. Noch ein Wort zur Einrichtung: Sie ist schlicht, Resopaltische der ersten Generation, bequeme Sitzbänke, strapazierfähige Stühle ohne Sitzkissen; große Aschenbecher („haizara“ auf japanisch, aber das nur nebenbei), Vasen mit Echtblumen: Das Auge trinkt ja mit. Also eigentlich nichts Besonderes, sagen Sie – aber sind wir nicht alle etwas Besonderes, einmalig wie Peter Rühmkorf? Ist es denn nicht mein einzigartiges, besonderes Leben, das hier verpfuscht wurde? Ich frage ja nur. Längst ist das Haus abgerissen, eine Menschen verachtende Politik der sogenannten Hafenerweiterung hat die schöne Elbinsel Altenwerder in den achtziger Jahren planiert – aber in meinem Herzen, in meiner Leber werden die „Schleuse“ und ihr Wirt unvergessen bleiben.«

(G. Klaut bei Taz vom 2.8.2018)

Und nun kommst Du, J.

Zeichnung Helga Bachmann

Briefe an Eugen (VIII) Das Besatzungsregime

PDF Briefe an Eugen Das Besatzungsregime von Roeber und Jacoby

Römische Zahlen
Roeber und Jacoby

Hallo Eugen, ich erinnere mich, daß ich Dir mal von der dicken Schwarte von Roeber und Jacoby erzaehlt hatte. Gestern habe ich im Philturm diese Schwarte noch mal in der Hand gehabt und einige Seiten daraus fotografiert. Das ist ja schon einfacher, als es vor Jahren war, wo man dann immer suchen mußte, wo man eine Kopie davon machen konnte. Das mochten die Bibliothekarinnen immer gar nicht, wenn man die Buecher auf dem Kopierer platt drueckte, damit man das spaeter auch lesen konnte. Jetzt fotografiert man das und weil die Datei so groß ist, das man sie nicht verschicken kann, faehrt man heim und schreibt das Bild mit einem zweiten Klapprechner von dem ersten Klapprechner ab. Natuerlich ohne sich dabei zu fragen, ob das nun wirklich praktischer als frueher ist. Hier kommt nun die Abschrift des Fotos:

Abschrift “2. Abschnitt: Das Besatzungsregime I. Vorbemerkung 1. Grundlagen. Nach dem Zusammenbruch gab es zunächst keine Filmtätigkeit im gesamten Gebiet des ehemaligen Deutschen Reiches mehr. In der Proklamation des alliierten Kontrollrates Nr. 2 vom 20. September 1945 war auch der Film unter alliierte Kontrolle gestellt. (1). Diese Proklamation war die allgemeine Grundlage auch für die Beschlagnahme der Vermögenswerte des reichsmittelbaren Filmvermögens. (2) Durch das Kontrollratsgesetz Nr. 2 (3) erfolgte im Rahmen der Auflösung sonstiger nationalsozialistischer Organisationen auch die Auflösung der Reichskulturkammer und damit der Reichsfilmkammer. (4) Die Besatzungsmächte erließen für ihren räumlichen Zuständigkeitsbereich (5) auf dem Gebiet des Films Gesetze und Verordnungen (6), die zum Teil unveröffentlicht blieben. (7) Solche Maßnahmen stimmten in der Amerikanischen Zone und der Britischen Zone weitgehend überein; die Französische Zone folgte mit entsprechenden Maßnahmen. Mit der Proklamation Nr. 1 des Oberbefehlshabers der Westalliierten Streitkräfte in Europa (Dwight D- Eisenhower) wurden alle deutschen Amtsstellen ihrer Befugnisse enthoben. (8) Auf Grund des Gesetzes Nr. 52 wurde das mittelbare und unmittelbare Filmvermögen der öffentlichen Hand beschlagnahmt (Property Control). (9)“ (Die Suchmaschine übersetzt: Eigenschaftskontrolle).

Eine erstaunliche Wortwahl von Roeber und Jacoby, wie ich finde. Besonders das Wort Besatzungsregime und das Wort Zusammenbruch. Das Wort Militärregierung und das Wort Kapitulation wollten sie offensichtlich nicht verwenden. Und wer ihre Geschichte kennt, den wird das nicht verwundern.

Nachtrag: Anmerkungen aus dem Handbuch der filmwirtschaftlichen Medienbereiche 1973, Verlag Dokumentation von Dr. Georg Roeber und Gerhard Jacoby

Anmerkung 11) Siehe Turatus, Die Entwicklung der deutschen Filmwirtschaft nach 1945, Seite 2 Anmerkung 167) Im Juli 1945 waren in Bayern die ersten Filmtheater wieder spielbereit (so in Tölz). München folgte im August 1945 mit acht lizensierten Filmtheatern. Anmerkung 168) Die ursprüngliche Bezeichnung war „Amerikanischer Filmverleih“. Der amerikanische Leiter war Sgt. Klinger. (früher Wien); ihm stand Hans Kubaschewski (früherer Bezirksvertreter der Deutschen Filmvertriebsgesellschaft in Berlin) als Deutscher zur Seite. Kubaschewski wurde später Deutschland-Chef des Warner Brothers-Verleihs und war anschließend Geschäftsführer der reprivatisierten Bavaria-Filmkunst. Anmerkung 169) Vergleiche Turatus, aaO. Seite 4. Anmerkung 170) Siehe Anm. 153. Anmerkung 171) Nachteilig vor allem für den Wiederverkauf einer deutschen Spielfilmproduktion. Anmerkung 172) Lizenträger war Dr. Berger, Zahnarzt in Burgkunstadt (Ofr.) Anmerkung 173) Später Bundeswirtschaftsminister und nachfolgend Bundeskanzler. Anmerkung 174) In dieser Richtung bewegten sich auch die Absichten britischer Besatzugsstellen die zur Gründung der Atlas-Film GmbH in Hamburg führten, jedoch mit dem Erfolg, daß die Atlas-Film den Militärfilmverleih ablöste und – auch nur vorübgehend – wurde. Anmerkung 175) Ehefrau von Hans Kubaschewski, ehemalige Chefdisponentin des Siegel-Monopol-Filmverleihs in Dresden, bei Einmarsch der amerikanischen Besatzungstruppen Filmtheaterbesitzerin in Oberstdorf. Siehe auch Anm. 168. Anmerkung 176) Mitgeschäftsführer war Erich Motzkus, später bei der National Film, Hamburg und zuletzt in Berlin auf verschiedenen Filmgebieten tätig. Hallo Eugen, noch Fragen? J.

Zeichnung Helga Bachmann

Hallo Eugen, beim nochmaligen Lesen faellt mir auch der Begriff von Roeber und Jacoby: “ . . . und war anschließend Geschäftsführer der reprivatisierten Bavaria-Filmkunst. “ ins Auge. Soll vermutlich heissen ein Privatbetrieb wieder ein Privatbetrieb. Das Gegenteil ist der Fall, wie man den Nachforschungen von Roeber und Jacoby entnehmen kann. Und nun kommst wieder Du!, J.