Fotos von Julia Kuttner NZ (I)

CIVIC THEATRE, AUCKLAND,
Foto von Julia Kuttner, 1996, New Zealand, Auckland
Foto von Julia Kuttner NZ 1996. Auckland
CIVIC THEATRE, AUCKLAND
Foto von Julia Kuttner, Auckland, New Zealand, 1996.
CIVIC THEATRE, AUCKLAND
Foto von Julia Kuttner, New Zealand, 1996
CIVIC THEATRE, AUCKLAND
Foto von Julia Kuttner , Auckland, New Zealand. 1996
CIVIC THEATRE, AUCKLAND NZ
Foto von Julia Kuttner, Auckland, New Zealand. Februar 1996
Civic Theatre, Auckland, NZ
Civic Theatre, Foto von Julia Kuttner, Februar 1996
CIVIC THEATRE, AUCKLAND
Goldeneye, Foto Februar 1996, Jens Meyer, Auckland, New Zealand.

CIVIC THEATRE AUCKLAND (1929)

CIVIC THEATRE, AUCKLAND
Foto Februar 1996, Jens Meyer
CIVIC THEATRE, AUCKLAND
Goldeneye, Foto Februar 1996, Jens Meyer, Auckland, New Zealand.
CIVIC THEATRE
Foto Februar 1996, Jens Meyer

Das «Civic Theatre» in Auckland, Neuseeland, 267 Queen Street, wurde am 20. Dezember 1929 eröffnet. Es hat heute 2378 Sitzplätze. Die Architekten waren Charles Bohringer und William Leighton. Der Bauherr war Thomas O’Brien. Die Aufnahmen vom Kino entstanden im Februar 1996. Der Film, der derzeit dort gezeigt wurde, war Goldeneye. Mir ist erinnerlich, das auf der großen Bühne des Kinos zwei Gips Raubtiere mit Leuchtaugen lagen, die bei Beginn des Filmes gelöscht wurden. Von Goldeneye ist mir erinnerlich, das einer der Bösewichte von dem deutschen Schauspieler Gottfried John gespielt wurde, der seinen Text in Englisch selber gesprochen haben muß. Das war sehr komisch. Er sprach ein Englisch, was sich so angehört hat, wie das Englisch, das ich manchmal probiert habe. Die Amis fanden das offensichtlich komisch und gut. Es spielte ja auch einen russischen Bösewicht. Im Ohr ist mir besonders das Wort «Mr. Weisspräsident». Geschrieben sah es bestimmt anders aus, vielleicht so: Vice President? Ich habe sehr schöne Fotos von dem Innenräumen des Kinos aus Neuseeland mitgebracht. Die Fotografin Julia Kuttner hat diese Fotografien gemacht. Leider kann ich sie mit den Suchmaschinen nicht finden, um sie zu fragen, ob sie ihre Fotos vielleicht unter cc Lizenz stellt, damit ich ihre Fotos unter cc Lizenz hier veröffentlichen kann. Schließlich ist das jetzt schon alles 25 Jahre her. Vielleicht kennt jemand diese Fotografin und kann ihr mal die Frage stellen, ob sie etwas dagegen hat, wenn die sieben Fotos von ihr hier hochgeladen werden, Jens Meyer

The «Civic theatre» in Auckland, New Zealand, 267 Queen Street, opened on December 20, 1929. Today it has 2378 seats. The architects were Charles Bohringer and William Leighton. The builder was Thomas O’Brien. The footage from the cinema was made in February 1996. The film that was currently being shown there was Goldeneye. I remember that there were two plaster of paris predators with luminous eyes on the big stage of the cinema, which were extinguished at the beginning of the film. I remember from Goldeneye that one of the villains was played by the German actor Gottfried John, who must have spoken his text in English himself. That was very weird. He spoke an English that sounded like the English that I have tried sometimes. The Americans obviously thought that was funny and good. It also played a Russian villain. The word «Mr. White President». It must have been written differently, maybe like this: Vice President? I brought very nice photos of the interior of the cinema from New Zealand. The photographer Julia Kuttner took these photographs. Unfortunately I can’t find her with the search engines to ask her if she might put her photos under cc license so that her photos can be published here under cc license. After all, it was all 25 years ago. Maybe someone knows this photographer and can ask her whether she minds if the seven photos of her are uploaded here, Jens Meyer

O Civic Theatre em Auckland, Nova Zelândia em 267 Queen Street foi inaugurado em 20 de dezembro de 1929. Hoje tem 2378 lugares. Os arquitetos foram Charles Bohringer e William Leighton. O construtor foi Thomas O’Brien. A filmagem do cinema foi feita em fevereiro de 1996. O filme que está passando era Goldeneye. Lembro que no grande palco do cinema havia dois predadores de gesso de olhos brilhantes, que se extinguiram no início do filme. Lembro-me de Goldeneye que um dos vilões foi interpretado pelo ator alemão Gottfried John, que deve ter falado ele mesmo em inglês. Isso foi muito estranho. Ele falava um inglês que parecia o inglês que eu tentei algumas vezes. Os americanos obviamente acharam isso engraçado e bom. Ele também interpretou um vilão russo. A palavra „Sr. Weiss Presidente“. Deve ter sido escrito de forma diferente, talvez assim: Vice-presidente? Trouxe fotos muito legais do interior do cinema da Nova Zelândia. A fotógrafa Julia Kuttner tirou essas fotos. Não consigo encontrá-la usando os motores de busca para perguntar se ela poderia colocar suas fotos sob uma licença CC para que eu possa postar suas fotos aqui sob uma licença CC. Afinal, isso foi há 25 anos. Talvez alguém conheça este fotógrafo e possa perguntar se ela se importa se as sete fotos dela forem carregadas aqui, Jens Meyer

Die Fotos von Julia Kuttner sind beschriftet mit: Julia Kuttner, Takapuna.

Frau Friedrich im Lande der Pandemie

PDF Frau Friedrich im Lande der Pandemie

Grafik Hans Hillmann

Frau Friedrich im Lande der Pandemie. Frau Friedrich von der FFA hat es wirklich schwer. Ihre Arbeit bei der FFA ist: Die Erfassung der Umsatzzahlen der Kinos. Nun finden seit fast 12 Monaten in den Kinos keine Umsätze mehr statt. Das weiß auch Frau Friedrich. Das weiß auch der Chef von Frau Friedrich. Sein Name tut hier nichts zur Sache. Vermutlich ein Mann. Warum sollte es anders sein? Die FFA ist eine Staatsveranstaltung. Sie soll den Bürgern dienen. Den Bürgern dienen ist das eine. Aber wer dauerhaft dienen und dafür auch bezahlt werden will, der muß seine Tätigkeit, wenn sie nicht durch Wirkung in Erscheinung tritt, dokumentieren, präsentieren, legitimieren. Nun sind die Kinos seit 12 Monaten, mit kleinen Unterbrechungen, geschlossen. Umsätze finden nicht statt. Und dennoch gibt es Menschen, deren Tätigkeit darin besteht, die (nicht vorhandenen Umsätze) zu erfassen, zu dokumentieren, zu präsentieren und damit ihre Tätigkeit zu legitimieren. Frau Friedrich von der FFA könnte einfach, wie die Kinobesitzer und Kinoangestellten schön zu Hause sitzen und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen, wären da nicht die Gesetze, in denen eine solche Auszeit nicht vorgesehen ist. Also geht sie täglich an ihren Nichtarbeitsplatz und schickt an die vorhandenen Kinos (geschätzt 3001 und mehr) die Aufforderung zur Nullmeldung. Aktuell für die Monate Januar und Februar 2021. Und keiner in der FFA oder anderswo kann diesen Unsinn stoppen, wollte er oder vielleicht sogar sie, es. Der Präsident oder die Präsidentin von der FFA? Man weiss es nicht. Und so schickt Frau Friedrich von der FFA weiter ihre Aufforderungen zur Umsatzmeldung in die Lande. Man kann sich schließlich nicht nur mit dem Impfen und der Früherkennung der Krankheiten beschäftigen. Es muß auch andere Tätigkeiten im Lande der Pandemie geben! Jawoll! Frau Friedrich von der FFA hat es wirklich schwer. 20. März 2021 Jens Meyer vom 3001 Kino in Hamburg.

Leute seid vernünftig lasst die Frau durch

Leute seid vernünftig, lasst die Frau durch, denn sie will noch schnell mal in Schauburg – Zur Geschichte eines jüdischen Kinokonzerns in Hamburg.

Video von Jens Meyer, BRD / USA / Brasilien 1994, Kamera: Dietmar Bruns, Recherchen: Reinhold Sögtrop, Jens Meyer, Reinhard Saloch, Geschichtswerkstatt Barmbek; Schnitt: Echtzeit Video Christian Lempp; Produktion: Otto Meyer Filmproduktion mit Unterstützung des Hamburger Filmbüro e. V. S-VHS, 68 Min. Farbe.

Vom 22. April 1897 bis zum 27. Januar 1933 dauerte die Geschichte der Kinobesitzer Familie Henschel in Hamburg, Berlin, Kiel und Lübeck. Als den deutschen Nazis die Macht übergeben wird, werden den Partei – und Volksgenossen viele Geschenke versprochen. Ein Geschenk davon sind die Kinos des Henschel Film – & Theaterkonzerns. Doch auch Deutsche wissen, was man verschenken will, muß man erst haben. Die Besitzer werden enteignet und mit dem Tode bedroht. Die neuen Herren haben keine lange Freude an den Geschenken ihres Führers. Englische und amerikanische Bomberpiloten machen 1943 – 44 elf Kinos des Henschel Konzerns dem Erdboden gleich. Nur ein Kino wird nicht bombardiert. Die Bomben haben Spuren im Gedächtnis der Beschenkten hinterlassen.

Als ich 1987 mit den Recherchen zu diesem Film beginne, finde ich zunächst nichts. Nicht in den Archiven, nicht in den Köpfen der Beteiligten, nichts bei ihren Söhnen und Töchtern. Alles verdrängt, vergessen, verbrannt. Nicht allen der enteigneten „arisierten“ Kinobesitzern glückte die Flucht ins Ausland. Und nur wenige Überlebende kamen nach dem Krieg zurück. Die Richter von damals, die die Enteignungen „begleitet“ hatten, waren schon wieder in Amt und Würden. Keine guten Voraussetzungen für eine Wiedergutmachung. Eines wußten die (neuen) Besitzer genau. Besser ist, wenn über ihre Rolle in jener Zeit nichts geschrieben, gedruckt oder im Fernsehen gezeigt wird. Meine Vermutung, dass die ehemaligen Besitzer Juden waren, bestätigt sich bald. Nur der Zufall hilft uns dann bei der Suche. Eine dreizehn Zeilen Meldung in der Tageszeitung Licht Bild Bühne (LBB) ist so ein Zufall. In der Samstag Ausgabe vom 28. Januar 1933 der (LBB) steht, daß ein Herr „Urich-Saß, eine leitende Persönlichkeit im Henschel Konzern in Hamburg, am 27. Januar, im Alter von 45 Jahren, einem Herzversagen erlegen ist“. Am 30. 1., am Montag dann die Ergänzung: „Seine Beerdigung findet heute um 3 Uhr statt“. Auf dem Jüdischen Friedhof in Hamburg Ohlsdorf, der durch einen Zaun vom Friedhof von Hamburg Ohlsdorf getrennt ist.

Grabstein auf dem jüdischen Friedhof in Hamburg Ohlsdorf

Hier finde ich mit Hilfe des Friedhofswärters den Grabstein von Hermann Urich-Sass, geb. am 18. Juni 1887 (5647), gestorben am 27. Januar 1933 (5693). Der Stein ist gut erhalten. Das Grab wird gepflegt. Die jüdische Gemeinde hat viele Erfahrungen in Deutschland gemacht und hält Namen und Anschriften der Angehörigen der Toten geheim. Aber die Jüdische Gemeinde verspricht, meinen Brief an die Angehörigen des Toten weiterzuleiten. Nach einiger Zeit bekomme ich tatsächlich Ant-wort. Aus Mexiko, den USA und Brasilien. Verwunderung über den verrückten Hamburger, der nach 60 Jahren nach dem Verbleib des Henschel – Film und Theaterkonzerns sucht. Vor mir hatte noch keiner gefragt.

Ich danke Horst Urich-Sass, Beverly Hills / Mexico City, Norbert J. Kobler, Los Angeles, Rolf Arno Streit, Hilde Streit und Carl Heinz Streit, Belo Horizonte Brasilien d. 18. Oktober 1994.

Adolf Hitler verläßt um 12 Uhr 40 die Reichskanzlei dem damaligen Sitz des Reichspräsidenten in der Wilhelmstrasse.in Berlin.

Jetzt – zehn Jahre später- im August 2004 – nehme ich die Kontakte wieder auf. Meine damaligen Gesprächspartner: Norbert Kobler (Sohn des Hamburger Schauspielers Julius Kobler), Horst Urich-Sass (Sohn des Hamburger Kinobesitzers Hermann Urich-Sass), Rolf-Arno Streit (Sohn des Hamburger Kinobesitzers Hugo Streit, Carl Heinz Streit (ebenfalls Sohn des Hamburger Kinobesitzers Hugo Streit) sind verstorben. Damit bin ich auch von meinem Versprechen entbunden, das ich dem Sohn des Kinobesitzers Horst Urich Sass in Beverly Hills gegeben hatte. Über den Selbstmord seines Vaters nichts zur veröffentlichen, so lange, bis er und seine Frau Ciedra Urich Sass verstorben sind. An dieses Versprechen habe ich mich gehalten.

Hermann Urich Sass muß 1933 geahnt haben, was passieren wird. Er hat sich am 27. Januar 1933 das Leben genommen. Als er am Montag, den 30. Januar 1933 um 3 Uhr auf dem Jüdischen Friedhof in Hamburg Ohlsdorf beerdigt wird, hat der Reichspräsident Paul von Hindenburg um 12.30 Uhr die Macht an Adolf Hitler übergeben und ihn zum Reichskanzler ernannt.

Doch jetzt gibt es Zugang zu den damals verschlossenen Archiven. Die zutage kommenden Dokumente, beweisen, was schon immer vermutet wurde. 1938 wurden viele Juden beraubt. In einer bisher nicht genannten Dimension. 1930 gab es in Hamburg viele Kinos. Allein die Firma Henschel hatte 12 Kinos mit durchschnittlich 1200 Sitzplätzen pro Kino. 1930 betrug die Gesamtanzahl der Sitzplätze 50 Tausend. Die Enteignung im großen Stil begann 1933 mit der Machtübergabe an die Nazis. Nur rund 20 Tausend Sitzplätze verblieben bei Kinounternehmern, die schon vor 1932 aktiv gewesen waren.

Der Text des Schauburg Schlagers (gemacht für Werbezwecke 1925) „Kinder seid vernünftig lasst die Frau durch, denn sie will noch schnell mal in die Schauburg, das Fräulein Tochter, der Herr Sohn und der Papa und all die anderen Verwandten sind schon da.“ Der Text wird 3 x wiederholt. Die Schallplatte mit dem Lied hat Reinhard Saloch von der Geschichtswerkstatt Barmbek 1990 gefunden. Gespielt von Paul Godwin mit seinen Jazz Symphonikern (1925)

In Erinnerung an Renate Holland Moritz (II) Interview mit Andreas Kurtz

Renate Holland-Moritz (R.H.M.) schreibt seit 50 Jahren in der Satire-Zeitschrift Eulenspiegel ihre Filmkritiken. Sie waren zu DDR-Zeiten Kult: Die Kinoeule. Interview mit Andreas Kurtz (A.K.)

InterviewRHMAndreasKurtz

Zur Person: Renate Holland-Moritz (R.H.M.) wurde in Berlin-Wedding geboren, wuchs aber in Südthüringen auf. Nach nicht abgeschlossenem Oberschulbesuch begann sie als Volontärin und Assistentin bei verschiedenen Berliner Tageszeitungen. Seit 1956 ist sie freiberufliche Mitarbeiterin der Satirezeitschrift „Eulenspiegel“. Seit 1960 veröffentlicht sie dort unter dem Titel „Kino-Eule“ Filmkritiken. Sie hat eine Vielzahl satirischer Erzählungen im „Eulenspiegel“ und in Büchern veröffentlicht, von denen zwei vom DDR-Fernsehen und der Defa auch verfilmt wurden.

(A.K.): Vor fünfzig Jahren erschien im Satiremagazin Eulenspiegel zum ersten Mal die Autorenzeile Renate Holland-Moritz. Wie kam es dazu? (R.H.M.): Die Phase des Ausprobierens hatte ich damals mit einundzwanzig schon hinter mir. Das war wie Heimkehr. Das war genau der Ort, an den ich wollte, ohne begründete Hoffnung, dass die Eulen-Leute auch mich wollten. Ich hätte denen von mir aus nichts angeboten. A.K Wer hat Sie dazu angestiftet? (R.H.M.) Mein väterlicher Freund Rudolf Hirsch, der legendäre Gerichtsreporter der Wochenpost. Der war dabei, als ich am Stammtisch der Gerichtsreporter erzählte, wie ich dauernd mit anderen jungen Mädchen verwechselt wurde und dadurch in die peinlichsten Situationen geriet. „Schreib das auf!“ sagte er, und nachdem er meine allererste Geschichte „Ich habe ein Dutzendgesicht“ gelesen hatte, wollte er, dass ich sie dem Eulenspiegel schicke. Eigentlich habe ich mich immer wie ein Preuße benommen, der Befehle ausführt. Es mussten nur Befehlsgeber sein, die ich mochte und ernst nehmen konnte. (A.K.) Sind Sie es noch? (R.H.M.) Ich werde immer preußischer. Zum Beispiel bei Lieferterminen. Mittlerweile ist für mich pünktlich, wenn ich überpünktlich liefere, ein oder zwei Tage vorher. Es wird schlimmer. Im Alter verschärfen sich eben alle Wesenszüge. Besonders die unangenehmen. (A.K.) Das mit den Gerichtsreportagen war ein Umweg? (R.H.M.) Gewissermaßen. Ich hatte im Schweinsgalopp eine zweijährige Lehrzeit in verschiedenen Ost-Berliner Redaktionen durchlaufen. Das fing bei der Vierteljahreszeitschrift „Sowjetwissenschaft“ an. Also, da war ich so was von falsch! Ich konnte ja noch nicht einmal ordentlich russisch. Dann kam ich in die Monatszeitschrift „Neue Gesellschaft“, danach in die „Friedenspost“ und von dort zur „BZ am Abend“, heute der Berliner Kurier. Aus der „BZ am Abend“ bin ich rausgeschmissen worden. (A.K.) Wie kam es dazu? (R.H.M.) Der stellvertretende Chefredakteur war hinter mir her. Aber der war mir hochgradig unsympathisch. Als er mitkriegte, dass ich einen anderen Kollegen favorisierte, hat er mich fristlos entlassen. Wegen unmoralischen Verhaltens. Eine typische Nummer aus den 1950er- Jahren: Verhältnisse am Arbeitsplatz waren unerwünscht, und das Verdikt traf immer die Frau. (A.K.) Hat Sie das aus der Bahn geworfen? (R.H.M.) Nee. Ich kannte ja genügend Leute in anderen Redaktionen, die alle sagten: Kommste eben zu uns. Sobald sie aber meine Kaderakte gelesen hatten, gab es plötzlich keine Vakanz mehr. Ich war 19 und habe keine Festanstellung mehr gekriegt. Musste also zusehen, wie ich mich freiberuflich durchschlage. (A.K.) So gerieten Sie unter die Gerichtsreporter? (R.H.M.) Genau. Rudolf Hirsch sagte: „Schreib Gerichtsberichte, das kann nämlich jeder. Aber sag’s nicht weiter.“ Später fand er, ich sei bei den Satirikern doch besser aufgehoben. (A.K.) Hat nie wieder eine Festanstellung gelockt? (R.H.M.) Im Eulenspiegel musste ich mal zwei Jahre als Humor-Redakteurin arbeiten, weil mein Freund John Stave gekündigt hatte. Erst wollte ich nicht, weil die ja schon um acht Uhr anfingen. Um die Zeit kann ich noch nicht klar denken. Also bin ich so gegen zehne, elfe eingetrudelt. Nach einem Riesenkrach mit Chefredakteur Peter Nelken kam ich dann pünktlich, hängte allerdings ein „Bitte nicht stören“-Schild an die Türklinke und packte mich erst mal für zwei Stündchen auf die Couch. Da hatte der Chef ein Einsehen und ließ mich zu Hause ausschlafen, zumal ich die gesamte Post in der S-Bahn zwischen Grünau und Friedrichstraße erledigte. Nelken sagte immer: „Ich bezahle meine Leute nicht für ihren Hintern, sondern für geleistete Arbeit.“ (A.K.) Haben Sie eigentlich jemals ihre Kaderakte zu Gesicht bekommen? (R.H.M.) Beim Eulenspiegel hatten wir eine Kader-Instrukteurin, eine ungeheuer nette, junge Frau. Wir haben immer mal in ihrem Zimmer zusammengesessen und Kaffee getrunken. Eines Tages stand der Safe offen, und ich fragte: „Was sind denn da für furchtbar geheime Dinger drin?“ – Darauf sie: „Zum Beispiel die Kaderakten. Willste mal in deine reinschauen?“(A.K.) Sie wollten natürlich? (R.H.M.) Na klar! Und ich fand die Aktennotiz von diesem stellvertretenden Chefredakteur der BZA, in der stand, meine fristlose Entlassung erfolge wegen politischer Unreife und zweifelhafter Moral. Die zweifelhafte Moral hat mich nicht um weitere Festanstellungen gebracht, nur die politische Unreife! Mit solchen denunziatorischen Eintragungen konnte man einem Menschen die Zukunft versauen. Mir ist es allerdings zum Segen ausgeschlagen. (A.K.) Ihre Klatschgeschichten, die 1986 unter dem Titel „Die tote Else – Ein wahrhaftiges Klatschbuch“ erschienen, sind eine geschickt getarnte Autobiografie. Wie kam es dazu? (R.H.M.) 1974 hatte ich eine Einladung von der Reichsbahn in West-Berlin zu einer Lesung. Ich habe mich natürlich wahnsinnig gefreut. Den Pass dafür durfte ich mir im Büro des Schriftstellerverbandes abholen. Ein paar Wochen später kriegte ich wieder eine Einladung zur West-Berliner Reichsbahn. Als ich mir erneut den Pass abholte, kam ich mit der zuständigen Kollegin ins Gespräch. Sie sagte, sie habe den schönsten Posten im ganzen Schriftstellerverband, denn zu ihr kämen nur gut gelaunte Leute. Wegen der bevorstehenden Westreisen. (A.K.) Kamen denn viele? (R.H.M.) Mehr und mehr, behauptete die Verbands-Kollegin. Dann gab sie mir den Tipp mit dem Vierteljahresvisum. Für den Antrag brauchte ich nur eine halbwegs glaubwürdige Recherche-Idee. Nach einem Blick in meine Unterlagen sagte sie: „Mensch, du bist ja in West-Berlin geboren! Für eine Autobiografie musst du an Ort und Stelle nach deinen Wurzeln suchen!“ (A.K.) Damals waren Sie noch nicht einmal 40. Bisschen früh für eine Autobiografie, oder? (R.H.M.) Das war auch mein Einwand. Den ließ sie aber nicht gelten: „Mit dem Suchen kann man gar nicht früh genug anfangen!“ So kam ich zu meinem ersten Vierteljahresvisum. Ab 1975 durfte ich dann auch jedes Jahr zur Berlinale. Klatsch galt in der DDR als besonders unappetitliche Erscheinungsform der bürgerlichen Publizistik. (A.K.) Wieso durften Sie trotzdem ein Klatschbuch schreiben? (R.H.M.) Erzählt habe ich Klatschgeschichten ja schon immer. Und irgendwann sagte Wolfgang Sellin, der damalige Chef vom Eulenspiegel-Buchverlag: „Du solltest das langsam mal aufschreiben! Damit man sagen kann: Steht auf Seite soundso, hast du schon erzählt!“ (A.K.) In diesen Geschichten geht es vordergründig immer um nationale und internationale Prominente. (A.K.) Wie viele Klatschbücher haben sich verkauft? (R.H.M.) In zwei Jahren erschienen drei Auflagen mit jeweils 20 000 Exemplaren. So schnell konnte man gar nicht gucken, wie die weg waren. Aber dann war die DDR weg und vorübergehend auch das Interesse an hausgemachten Büchern. Als es wieder erwachte, druckte der Eulenspiegel Verlag die Fortsetzung „Die tote Else lebt“, wovon es bereits die 4. Auflage gibt. (A.K.) Verkauften sich zu DDR-Zeiten alle Ihre Bücher so schnell? (R.H.M.) Ich hatte da mal ein Schockerlebnis. „Die Eule im Kino“, meine allererste Sammlung von Filmkritiken aus den Jahren 1960 bis 1980, stand drei Wochen in den Regalen der Buchhandlungen. Ich hatte das Gefühl: Nun ist alles vorbei! Eines meiner Bücher oberhalb des Ladentisches heißt: Kein Mensch will mehr etwas von mir wissen! Inzwischen gibt es „Die Eule im Kino“ Band I und Band II (1980-1990) nur noch antiquarisch, während Band III (1991-2005) im Handel ist. (A.K.) Warum durften Sie sich in der DDR mehr als andere Filmkritiker erlauben? Weil Sie bei einem Satireblatt waren? (R.H.M.) Das war nur am Anfang so. Da hat man gesagt, Satire braucht eine etwas längere Leine, sonst funktioniert sie nicht. Dann hatte dieser entsetzliche Joachim Herrmann als SED-Agitationschef den Ehrgeiz, aus Fernsehen und Defa eine Firma zu machen, die er zu leiten gedachte. Das wiederum hat SED-Kulturchef Kurt Hager nicht zugelassen, denn für ihn, den hochgebildeten Zyniker, war Joachim Herrmann ein indiskutabler Emporkömmling. Von da an war es dem Herrmann egal, wie mit der Defa in den Medien umgegangen wurde, folglich waren auch die Kritiken schärfer. (A.K.) Heutzutage gibt es Pressevorführungen, wenn neue Filme herauskommen. Wie war das damals? (R.H.M.) Da gab es die natürlich auch, und nach den Vorführungen der Defa-Filme zusätzlich Pressekonferenzen, bei denen sich die Schöpfer den Fragen und nicht seltenen Zornesausbrüchen der Kritiker stellen mussten. Da wurde wirklich mit harten Bandagen gearbeitet. Am meisten gefürchtet waren übrigens meine Kolleginnen Rosemarie Rehahn von der Wochenpost und Margit Voß vom Berliner Rundfunk. Die eine kämpfte mit dem Florett, die andere mit dem Degen, während ich die Dampframme bevorzugte. (A.K.) Stimmt es, dass ein Regisseur Ihnen mal Prügel angedroht hat? (R.H.M.) Ja, aber den Namen sage ich nicht. Schließlich lebt der Mann noch. Für welche Filmkritik? (R.H.M.) Das weiß ich nicht mehr. Aber seine Filme habe ich alle verrissen. Er konnte also zuschlagen, wann immer er wollte, er hätte immer recht gehabt. Dankenswerterweise verzichtete er darauf. (A.K.) In den 1960ern hat für anderthalb Jahre jemand anderes die Kino-Eule geschrieben. Warum? (R.H.M.) Weil ich einen Riesenknatsch mit der Redaktion hatte und ungeheuer stur war. So entkam ich der auch für Filmkritiker entsetzlichen Zeit des 11. ZK-Plenums, dem fast eine ganze Jahresproduktion der Defa zum Opfer fiel. Und ich hätte ohne diese Pause möglicherweise nie „Das Durchgangszimmer“ geschrieben. (A.K.) Wie fanden Sie den Film „Florentiner 73“, den das DDR-Fernsehen daraus gemacht hat? (R.H.M.) Ganz nett, aber Agnes Kraus war hervorragend. (A.K.) Haben Sie das auch geschrieben? (R.H.M.) Nein, das war ja ein Fernsehfilm. Aber auch über den Kinofilm „Der Mann der nach der Oma kam“ nach meiner Erzählung „Graffunda räumt auf“ habe ich nicht geschrieben. Das hat ein Kollege gemacht, nicht ganz so kritisch, wie ich es getan hätte. Trotzdem war es einer der erfolgreichsten Defa-Filme aller Zeiten. (A.K.) Ist Ihnen oft in Ihre Filmauswahl reingeredet worden? (A.K.) Von der Redaktion nie, weder damals noch heute. Im Jahre 1984 wünschte sich die ZK-Abteilung Agitation und Propaganda Lob für den misslungenen Clara-Zetkin-Film „Wo andere schweigen“ und Tadel für den sehr kritischen Gegenwartsfilm „Erscheinen Pflicht“. In beiden Fällen war ich anderer Meinung, und die durfte ich dann für mich behalten. (A.K.) Einmal haben Sie ein Bestechungsgeschenk angenommen. (R.H.M.) Eine sehr dekorative Eule für Ihre große Eulensammlung. (A.K.) Von Dean Reed, dessen Filme Sie bis dahin immer verrissen hatten. Und als Gegenleistung verlangte er eine positive Kritik für seinen nächsten Film. (R.H.M.) Weil es sich dabei um „Sing, Cowboy, sing“ handelte, konnte ich mich nicht an den Deal halten. Deshalb bat ich Freunde, die im Kulturmagazin des DDR-Fernsehens arbeiteten, mich unter irgendeinem Vorwand zu interviewen, um bei der Gelegenheit auf meine Eulensammlung zu sprechen zu kommen und die Herkunft des Prachtstücks zu erklären. Da habe ich dann eingeräumt, mich als korrupt erwiesen zu haben, aber nicht als korrumpierbar. Selbstverständlich könne Dean sein Eigentum wieder abholen – wenn er das Gesicht verlieren wolle. Dieser Halbsatz hat mir die Eule gerettet. (A.K.) Sie wohnen mit Ihrem Mann, Tausenden von Büchern und ungezählten Eulen aus allen denkbaren Materialien in einer großen Wohnung in der Leipziger Straße. Hatten Sie nie Lust, diese Hochhauswohnung gegen ein Häuschen im Grünen zu tauschen? (R.H.M.) Das lief genau umgekehrt. Wir haben in Bohnsdorf gewohnt, am südlichsten Zipfel Berlins in einem Reihenhaus der über 100 Jahre alten Arbeiterbaugenossenschaft Paradies. Wir hatten so ein Eckgrundstück, mit Garten dran und Garage drauf. Uns hat die Entfernung zur Stadt genervt. Mein Mann fuhr jeden Tag eine halbe Stunde rein und ein halbe Stunde wieder heim. Und ich musste wegen Zeitmangels dauernd Taxis nehmen. Vor dem endgültigen finanziellen Ruin haben wir lieber getauscht. (A.K.) Wann haben Sie sich zuletzt richtig über einen Film geärgert?(R.H.M.) Dauernd. Jedenfalls mehrmals wöchentlich. Zu DDR-Zeiten dachte ich oft, alle Schrecken, die ein Mensch im Kino erleben könnte, hätte ich bereits erlebt. Das war ein Irrtum. (A.K.) Über welchen Film haben Sie sich zuletzt gefreut? (R.H.M.) Über den wunderbaren „Volver“ des Spaniers Pedro Almodóvar. Und über die deutschen Produktionen „Wer früher stirbt, ist länger tot“ und „Die Könige der Nutzholzgewinnung“. Und wer immer noch nicht meine Lieblingsfilme „Alles auf Zucker“ von Dani Levy und „Sommer vorm Balkon“ von Andreas Dresen gesehen hat, der schere sich gefälligst hin. Darum möchte ich höflichst bitten. (A.K.) Was bereuen Sie im Rückblick auf Ihre Arbeit? (R.H.M.) Dass ich einen Rat von Friedrich Luft zu spät erhalten habe. Der sagte, Kritiker dürften mit den zu Kritisierenden nicht auf dem Duzfuß stehen. (A.K.) Hat Sie das schon mal in die Bredouille gebracht? (R.H.M.) Einmal. Es ging um Werner Bergmann, den langjährigen Kameramann von Konrad Wolf. Sein erster eigener, also von ihm auch geschriebener und inszenierter Film hieß „Nachtspiele“. Ich fand ihn misslungen und wollte eigentlich den Mantel des Schweigens darüber breiten. Aber dann hätten die bei der Defa mit Fug und Recht sagen können, mit der Eule muss man sich nur anfreunden, dann hält sie im Zweifelsfall die Klappe. Und deshalb habe ich geschrieben. Unter Qualen. Mit Tränenergüssen. Reichlich zwei Wochen später kam ein Brief von Werner Bergmann. Darin schrieb er, er habe die Zeit gebraucht, um mit dem Schlag in die Magengrube fertig zu werden. Nun aber wolle er sagen, was wäre Freundschaft, wenn sie Wahrheit nicht vertrüge. Das fand ich groß. (A.K.) Haben Sie verstanden, warum Ihre Rubrik im Eulenspiegel nach Jahrzehnten vom sehr markanten „Kino-Eule“ in ein nichts sagendes „Kino“ umbenannt wurde? Nein. (A.K.) Was raten Sie jungen Filmkritikern? (R.H.M.) „Immer deutlich sein. Die Anzahl der Fremdwörter auf ein vertretbares Maß reduzieren. Die Leser, unter denen es ja auch Nichtakademiker geben soll, müssen erkennen können, ob ihnen der Film empfohlen oder ob vor ihm gewarnt wird. Ein Kritiker muss von wiedererkennbarer Gesinnung sein. Früher kriegte ich manchmal Briefe, in denen stand: Wir gehen in jeden Film, den Sie verreißen, und es war noch immer ein gelungener Abend. Auch so entsteht Verlässlichkeit.“ Renate Holland Moritz. Vielleicht sollten wir uns ein paar Scheiben davon abschneiden,. meint Wessi J.

Interview mit den Streit Brüdern in Belo Horizonte

PDF InterviewStreitbelohorizonte

Carl Heinz Streit 1990 Belo Horizonte
Carl Heinz Streit (Sohn des Kinobesitzers Hugo Streit) Belo Horizonte (Brasilien) Juli 1990
Rolf Arno Streit
Rolf Arno Streit. Sohn des Kinobesitzers Hugo Streit. Belo Horizonte (Brasilien) Juli 1990.

SRolf Arno Streit: ”Mein Großvater Jeremias genannt James Henschel war der Erste in Hamburg, der Kinos gemacht hat. Er ist auf folgende Weise auf diese Idee gekommen.In Paris, so hat er gehört, gibt es einen Grammophon-Laden, dass heisst Leute konnten in den Laden gehen, sich . . . wie heisst das? . . . Telefone an die Ohren legen und konnten dann eine Musik wählen, die sie bekommen haben durch die . . . durch das Grammophon. Übertragenen. Das wollte er in Hamburg auch machen und deshalb sind sie dann in Paris gewesen, wo dieser . . . wo dieses Grammophongeschäft existierte und sich mit dem Inhaber darüber zu unterhalten . . . Auf dem Wege dorthin sind . . . stehengeblieben an vor einer riesigen Schlange von Menschen, die alle in ein sogenanntes Cine gehen wollte. Das war eine Neuigkeit für meine Großeltern und . . . da wurden eben die ersten Filme vorgeführt. Dann sind sie zu dem Grammophonmann gegangen und sind nachher in ihr Hotel gegangen und haben geschlafen.

Meine Großmutter-Frida Henschel – hat zu Madam . . . zu meinem Großvater gesagt, weißt du James ich hab es mir überlegt, wir machen nicht Grammophon, wir machen Kinos. Und das war die Idee, das mein Großvater der Erste in Hamburg war, der Kinos eröffnete. So ist auch der Henschel Film und Theaterkonzern nach ihm benannt worden.“

Frage: Das erste Kino war das Belle Alliance Kino? Das war ein sehr großes Kino?

Rolf Arno Streit: „Das kann ich nicht genau sagen, wie groß es war. Auf jeden Fall war das das erste Kino – richtige Kino – in Hamburg . . . Hamburg Altona . . . wenn ich mich nicht irre.

Frage: Der Großvater hat dann mit Ende des Krieges alle Kinos verkauft, sie haben erzählt an die Ufa. Können sie mal sagen, warum er die Kinos verkauft hat?

Rolf Arno Streit: “Die Ufa ist an meinen Großvater herangetreten . (LkW Geräusch) . . . Die Ufa ist an meinen Großvater herangegangen und hat ihm gesagt, entweder verkaufen sie uns ihre ganzen Kinos, oder wir machen ihnen Konkurrenz . . . das war der . . . da hat mein Großvater sich entschlossen, seine Kinos an die Ufa zu verkaufen . . . hat sich für das Geld, das er bekommen hat, sofort Häuser gekauft . . . Immobilien . . . und ist dadurch . . . durch die Inflation schadlos herausgekommen. Zu dem Entschluß von meinem Großvater, die Kinos zu verkaufen mußte die Ufa damit einverstanden sein, daß seine Schwiegersöhne -nämlich unser Vater Hugo Streit und unser Onkel Hermann Urich-Saß . . . also seine Schwiegersöhne Direktoren der Ufa wurden für Norddeutschland, was geschah“.

Frage: Bis wann waren Hugo Streit und Hermann Urich Sass Direktoren der Ufa?

Rolf Arno Streit: “Die waren Direktoren bis . . . ungefähr 1926 . Ein ganz genaues Datum kann ich nicht sagen, aber . . . Mitte der 20iger Jahre ist es wohl gewesen.“

Carl Heinz Streit: Das ist aber richtig. Ich mein, ich erinnere das auch nicht mehr so genau.

Hilde Streit: (zu ihrem Mann): Du weisst es noch besser.

Rolf Arno Streit: “Ja, durch die ganze Wiedergutmachungsgeschichte . . . bin ich wieder da . . . irgendwie erinnert worden. Das ist ja auch nun schon viele Jahre her.“Hilde Streit:. Jetzt ist leise . . . Carl Heinz Streit: Das kommt aber immer wenn der Omnibus kommt. Hilde Streit: Ja überall, kommt immer . . . bei uns viel mehr noch.Frage: 1918 wurde die Ufa gegründet und die Ufa trat an ihren Vater heran und er hat seine Kinos verkauft. Können sie das noch mal erzählen?Rolf Arno Streit: ”Ja . . . nachdem . . . ist schon . . . Carl Heinz Streit: ”Nein, wenn das Licht angeht.“ Rolf Arno Streit: „Also . . . nach dem Kriege 14/18 ist die Ufa an meinen Großvater herangetreten und hat ihm gesagt, wir bauen hier Kinos, oder sie verkaufen uns ihre Kinos, und da ist mein . . . hat mein Großvater den Entschluss gefasst, seine Kinos zu verkaufen . . . mit der Bestimmung, dass mein Vater und mein Onkel . . . Hugo . . . Hermann Urich Sass Direktoren der Ufa werden von Norddeutschland, was geschah, außerdem war mein Großvater mit 5 % über viele Jahre an allen Ufa Einnahmen beteiligt . . . und späterhin . . . auch mit 2,5 % für alle . . . von allen Kinos, die noch erbaut worden sind später von der Ufa . . . Mein Großvater selbst hat seine . . . hat die Inflation überstanden durch Ankauf von Immobilien . . . das Geld, was er damals von der Ufa bekommen hatte, hat er sofort angelegt in Immobilien und dadurch ist er aus der Inflation schadlos herausgegangen:“ Frage: Wissen sie noch welche Kinos das waren, die ihr Großvater dort verkauft hat? Rolf Arno Streit: “Ich kenn einige . . . weiß ich . . . das . . . zum Beispiel das Lessingtheater, das Passage Theater, das Harvestehuder Lichtspiele und einige andere . . . ich entsinne die Namen nicht mehr genau. Auf jeden Fall . . . vielleicht sechs Kinos, die mein Großvater der Ufa verkauft hat“. Frage: Das Waterloo Theater gehörte das auch dazu? Rolf Arno Streit: ”Das Waterloo Theater gehörte dazu, ja. Das hat mein Großvater erbaut. Das war damals das vornehmste Kino in Hamburg.“ Frage: Und dann hat ihr Vater Hugo Streit und Hermann Urich Sass . . . haben sich selbstständig gemacht und haben neue Kinos aufgemacht. Wann war das?

Rolf Arno Streit: ”Sie waren, wie gesagt, Direktoren der Ufa bis 1925 oder 1926 . . . und haben sich dann selbstständig gemacht und haben die erste . . . das erste Kino . . . gekauft, die Schauburg Hauptbahnhof . . . die damals anders hieß . . . der Name ist mir entfallen . . . das ist die spätere Barke gewesen. Am Hauptbahnhof. Dadurch . . . Nach und nach haben sie andere Kinos gebaut . . . im ganzen waren . . . bestand der Henschel Film und Theaterkonzern . . . wie er sich nannte . . . aus 12 Kinos. Schauburg Hamm, Schauburg Hammerbrook, Schauburg Wandsbek, Schauburg Harburg und diverse andere . . . die mir im Moment nicht einfallen. Auf jeden Fall waren es zwölf Großkinos und der Konzern war dadurch . . . der größte Konzern in Hamburg . . . was die Theaterbranche . . . die Kinobranche anbelangt“. Frage: Sie hatten mir erzählt, sie haben auch mal eine Eröffnung miterlebt . . . von der Schauburg am Millerntor (1927) . . . das war ja ein sehr großes Kino und zur Eröffnung ist Henny Porten gekommen . . . können sie da noch mal was erzählen? Rolf Arno Streit: ”Ja ich kann darüber erzählen, aber ich weiß, ob es die Schauburg Haupt . . . Schauburg Millerntor war . . . es kann irgend eine andere Schauburg gewesen sein. Alle Schauburgen wurden eröffnet mit irgendeiner Sensation, so auch eine . . .  (LKW Lärm) . . . so auch eine Schauburg mit der Henny Porten. Die Henny Porten kam in Hamburg an . . . am Hauptbahnhof. Es waren viel mehr Menschen dort . . . als seiner Zeit der Reichspräsident Ebert ankam, das schrieben die Zeitungen . . . später. Andere Schauburgen wurden eröffnet mit anderen Filmschauspielern unter anderem auch einmal durch einen Ball bei . . . Sarasa . . . bei . . . in . . . dem Saal . . . ich komm nicht auf den Namen . . . (vermutlich Sagebiel) . . . auf dem größten Saal in Hamburg. Da wurden dann die Leute gefilmt, entweder die getanzt haben oder selbst gesprochen haben und dieser Film wurde vorgeführt in den Schauburgen und die ganzen Leute die gefilmt wurden, haben sich natürlich die Filme angeguckt. Das war ein gutes Geschäft. Nicht nur eine gut Idee, sondern auch ein gutes Geschäft . . . Es wurden auch andere eröffnet mit Emil Jannings, soweit ich erinnere und durch andere Sensationen . . . ich kann nicht auf die ganzen Sachen eingehen, weil die Erinnerung mir nicht die . . . Carl Heinz Streit: (der ältere Bruder) ”Lucie Englisch war auch einmal da.” Rolf Arno Streit: ”Lucie Englisch ja . . . sprich du mal weiter. Carl Heinz Streit: ”Ja ich weiß ja nicht so viel wie du. Du hast doch die ganze Wiedergutmachung betrieben. Dadurch bist du mehr im laufenden.” Frage (an Carl Heinz Streit): Sie haben doch auch mal im Henschel Film und Theaterkonzern gearbeitet? Ein Jahr lang . . . ? Carl Heinz Streit: “Ja in der . . . in dem Booking Department . . . wie heisst das auf Deutsch? Programmation gearbeitet . . . Aber ganz kurze Zeit nur. Frage: Was gab es da für Filme . . . wissen sie das noch? Carl Heinz Streit: “Boh ! . . . an die Filme kann ich mich nicht mehr erinnern. (lacht) Rolf Arno Streit: “Es gab zum Beispiel . . . es wurde in den Schauburgen gezeigt. Der erste Tonfilm mit Harry Liedtke und Marlene Dietrich, der hiess „Ich küsse ihre Hand Madam“. Es waren aber nur einige Minuten, die der Ton herausgekommen ist, nämlich das Lied, ich küsse ihre Hand Madam wurde gesungen von Marlene Dietrich mit dem Harry Liedtke zusammen . . . (Richard Tauber war der Sänger – Länge: 2 Minuten 38 Sekunden). Das war eine Sensation. So fing der Tonfilm in Hamburg an. Später natürlich kamen andere Filme wie zum Beispiel: „Der letzte Mann“ mit Emil Jannings. Das war ein . . . erfolgreicher Film und auch der „Blaue Engel mit Marlene Dietrich . . . Carl Heinz Streit : “ . . . und Emil Jannings“. Rolf Arno Streit: “Ja und Emil Jannings. So nun erzähl du mal wieder was (zu seinem Bruder).“ Carl Heinz Streit: “Dann wurde aufgeführt der Film . . . ich weiß nicht mehr den Namen . . . aber es war dieser Schwarze . . . , der sich als Schwarzer verkleidet hat . . . Al Jolson . . . der Jazzsinger“. Frage: Das war der erste Tonfilm denn auch . . . der erste richtige Tonfilm.

Carl Heinz Streit: “Das war der Tonfilm, der nicht mehr über Grammophon ging. Die ersten . . . die ersten Tonfilme wurden mit Platten bedient. Nachher kam der optische Film. Das war der erste mit Al Jolson“.  Frage: Die Schauburgen – also die Schauburg Hamm und die Schauburg Millerntor . . . das waren ja alles Neubauten . . . das muss ja ne enorme Stange Geld gekostet haben. Wissen sie da irgendwie . . . wieviel das gekostet haben mag? Carl Heinz Streit: “Nein“. Rolf Arno Streit: “Das waren einige Millionen. Ich glaube, mein Großvater – James Henschel- hat das Anfangskapital zur Verfügung gestellt. Vielleicht wurden nachher auch Bankkredite aufgenommen. Ich kann das nicht genau sagen. Aber auf jeden Fall war das ein Großunternehmen und die meisten Kinos sind erbaut worden durch den Verdienst, der schon bestehenden Kinos (Moped im Hintergrund) . . . Die meisten Kinos sind erbaut worden, durch den Verdienst der schon bestehenden Kinos. Die ganzen Schauburgen, bis auf einigen . . . bis auf einigen . . . wurden vom Henschel Film und Theaterkonzern selbst erbaut. Also es waren eigene Grundstücke.“ Frage: Dann waren es . . . wenn ich das so richtig recherchiere . . . dann waren es imgrunde nur zwei . . . zwei große Filmtheaterbetriebe in Hamburg . . . das war der Henschel und die Ufa. Die müssen doch in starker Konkurrenz auch gestanden haben? Rolf Arno Streit: “Ja, solange sie nicht den Ufa Palast gebaut hatten, war das . . . gab es keine große Konkurrenz . . . aber nachdem der Ufa Palast . . . ich glaube es war im Jahre 19 und . . . Ende 1920 . . . vielleicht 1929 . . . oder 28 . . . ich weiß nicht genau . . . da wurde es natürlich eine Konkurrenz. Aber die hat dem Henschel Film und Theater Konzern auch nichts ausgemacht . . . er ist . . . er ist sehr solide geblieben . . . bis zum Ende . . . bis zum Anfang der Nazizeit . . . Da wurde der Henschel Film und Theater Konzern sehr stark betroffen . . . und . . . es wurde ein . . . ein . . . ein Programm gegen die Theater ausgeübt“. Frage: Wann hat das begonnen . . . das man gegen den Henschel Film und Theater Konzern . . . Rolf Arno Streit: “Mit Anfang der Nazizeit . . . 1933 . . . Da wurde der . . . Henschel Film und Theaterkonzern gestempelt als jüdisches Unternehmen . . . und dadurch sind die . . . Besucher ziemlich heruntergegangen . . . .1936 . . . ich glaube mich nicht zu irren . . . (gemeint ist vermutlich der reichsweite Pogrom in der Nacht vom 9/10 November 1938) . . . in der Kristallnacht wurden die Kinos geschändet . . . und zerstört . . . zum Teil, dann haben sie . . . dann haben sich die Nazis davorgestellt und haben keine Juden mehr . . . keine Ar . . . keine Besucher mehr hereingelassen. Dadurch hat der Konzern natürlich sehr stark gelitten.” Frage: Der Henschel Konzern war eine OHG zwischen Hermann Urich – Sass und Hugo Streit und das gab es eine Phase wo . . . ihre . . . ihre Väter das wohl schon voraus gesehen haben . . . sie hatten mir erzählt, er wär . . . der Hugo Streit wär zusammen mit dem einen Geschäftsführer nach Berlin gefahren und wollte das verkaufen . . . das Kino. Können sie darüber was sagen? Rolf Arno Streit: “Ja mein Vater . . . Hugo Streit ist mit Romahn . . . der damals . . . Prokurist gewesen ist, von den Schauburgen nach Berlin gefahren, um mit der Ufa zu verhandeln . . . k . . . önnen wir mal einen Augenblick Schluß machen? ..zu Carl Heinz:. Weshalb ist Papa nach Berlin gefahren? Achso ja . . . kann ich weitermachen . . . Mein Vater ist mit Romahn nach Berlin gefahren, um mit der Ufa . . . (lauter LKW) um mit der Ufa zwecks Verkauf zu verhandeln, die Ufa war interessiert daran, die Kinos zu übernehmen . . . in dieser . . . selben Zeit . . . in diesem selben Zeitabschnitt starb Hermann Urich Sass . . . und Romahn wurde benachrichtigt von dem Tode von Hermann Urich Sass . . . aber sollte nicht stören . . . störend auf die Verhandlungen meines Vaters mit der Ufa wirken . . . Das geschah aber doch aus irgendeinem Grunde, der mir entfallen ist . . . ich glaube durch die Zeitung . . . ich weiß es nicht genau . . . und mein Vater hat die Verhandlungen abbrechen müssen . . . daraus ist nichts . . . leider nichts geworden“. Frage: Das ist ein historisches Datum in zweierlei Hinsicht. Am 27. Januar starb Hermann Urich Sass und am 30. Januar . . . wurde er beerdigt . . . Rolf Arno Streit: „Am 30 . . . wurde Hermann Urich Sass beerdigt, das war an dem Tag als Hitler zum Reichkanzler ausgerufen wurde . . . von Hindenburg . . . später wurde er der sogenannte Fü . . . Führer im möchte lieber sagen Verführer, denn er hat die ganze Welt verführt und sechs Millionen Juden ermordet . . . aber das gehört nicht zu . . . (LKW Geräusch) . . . Soll ich wiederholen. Anfangen mit Hermann Urich Sass, das er starb?“ Frager: Ja Rolf Arno Streit: Mein Vater war mit Romahn dem Prokuristen des Henschel Konzerns in Berlin um mit der Ufa zwecks Verkauf der Kinos zu verhandeln. Während der Verhandlungen ist Hermann Urich Sass gestorben. Das sollte meinem Vater aber nicht mitgeteilt werden, um die Verhandlungen nicht . . . mit der Ufa nicht zu stören . . . und Romahn wurde benachrichtigt, aber er konnte es leider nicht verschweigen, wahrscheinlich hat mein Vater es aus der Zeitung erfahren . . . und ist dann zurückgekommen und die Verhandlungen wurden abgebrochen . . . inzwischen ist der Nazismus weiter gegangen, die Theater wurden weiter geschädigt und die Ufa war nicht mehr interessiert an einem Kauf der Kinos . . . . Später wurde mein Vater gezwungen die . . . nein später wurde eine Kommanditgesellschaft gegründet . . . in dem mein Vater der alleinige Gesellschafter war und die Kommanditisten die Erben des verstorbenen Hermann Urich Sass . . . Später wurde mein Vater gezwungen, die Sachen zu verkaufen . . . oder zu realisiseren, damit . . . die Kinos . . . wie heisst das auf gut deutsch? (An Carl Heinz Streit ) Carl Heinz: “arisiert“. Rolf Arno Streit: “Arisiert worden sind . . . arisiert wurden“. Carl Heinz Streit: “Gleichschalter wurden eingesetzt“ Rolf Arno Streit: “Gleichschalter wurden eingesetzt, das waren Romahn und Schümann . . . die nachher als die Inhaber des Henschel Film und Theaterkonzerns fungierten. Gezahlt haben sie nichts dafür. Dafür hat schon die Partei gesorgt, daß den Juden kein Geld zugefügt worden ist. Und wenn . . . das entsinne ich nicht . . . .ein ganz kleiner . . . Betrag . . . der überhaupt nicht . . . dem Unternehmen entsprach . . . ” Frage: Die Schauburg Lichtspieltheatergesellschaft Romahn und Schümann GmbH . . . wurde ja 1933 schon gegründet mit 20.000,– RM. Nun hab ich mich so gefragt, wie kann man denn mit 20.000,– RM ein Gebäude übernehmen das schon allein 500.000,–RM gekostet hat? Rolf Arno Streit: „Ich glaube sie irren, das war nicht 1930, sondern . . . 1934 oder 1935 . . . Das war nicht 1930. 1930 gehörte doch der Henschel Film und Theater Konzern . . . Frage: Nee 1933 . . . Rolf Arno Streit: Ja 1933 . . . gehörte der Henschel Film und Theater Konzern . . . wurde der Henschel Film und Theater Konzern . . . nach dem Tode von Hermann Urich Sass . . . in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt . . . wie ich bereits beschrieben hatte . . . gesagt hatte . . . Aber ich glaube . . . die Gesellschaft Romahn und Schümann wurde gegründet . . . 1935 . . . oder 1936 . . . das war nicht 1930. Frage: Also ich hab nur die Handelsregister Eintragung und danach ist es schon 1933 passiert. Die Gründung selber und die Eintragung ins Handelsregister. Der Widerspruch ist nur der, das man mit so wenig Grundkapital . . . sag ich mal . . . mit 20.000,– RM so teure Kinos dann später übernehmen kann . . . Rolf Arno Streit: “Ja das weiß ich nicht ganz genau, wie die Sachen gewesen sind, ich weiß nur, daß Romahn und Schümann, die ja kein Geld hatten . . . die erste Zeit meinem Vater Zuwendungen gemacht hatten. Das wurde auch von den Nazis so vorgeschrieben, daß die Juden . . . eben die Geschäfte übergeben mußten, das war ein Zwang . . . es lag ein Zwang dahinter . . . ich glaube nicht . . . daß man . . . das Romahn und Schümann . . . ich weiß das Romahn und Schümann kein Geld hatten um das Unternehmen zu kaufen . . . Deshalb ist vielleicht die Eintragung gewesen . . . 20.000 Mark . . . das war eine Schein . . . eine Schein . . . wie nennt man das auf Deutsch? . . . .Eine Schein . . . Sache.“ Frage (An Carl Heinz Streit) Sie haben ja noch in Berlin lange im Filmverleih gearbeitet? Können sie darüber noch was sagen? Carl Heinz Streit: „Ja ich hab bei der Universal Films gearbeitet . . . wo ich nachher . . . in Brasilien auch angestellt wurde.“ Frage: Universal ist ja eine amerikanische Firma, hat die auch . . . Juden entlassen schon . . . zu der Zeit oder . . . Carl Heinz Streit: Es war eine vollkommen amerikanische Firma und der Präsident seinerzeit, als ich anfing bei der Universal war Carl Laemmle . . . das war ja auch ein Jude . . . die waren in ganz Südamerika . . . in ganz Südamerika vertreten durch den Direktor . . . der vorher in Deutschland . . . Direktor für ganz Europa war . . . Al Szeckler * . . . und als ich in Rio de Janeiro ankam, hat der mich sofort angestellt . . . bei der Universal Films . . . da hab ich gearbeitet als . . . zuerst als Buchhalter, nachher wurde ich versetzt nach Belo Horizonte . . . wo ich die Filiale geleitet habe . . . als Direktor für den Staat Minas Gerais und da hab ich lange gearbeitet . . . zweiunddreissig Jahre . . . in der Universal Films“. Frage: Kommen wir noch mal zurück zu der Zeit . . . sie sind ja aus Deutschland . . . mußten aus Deutschland flüchten . . . das sie mal erzählen, wann das war und wie das so im Einzelnen vor sich gegangen ist. Carl Heinz Streit: “Wir sind 1936 ausgewandert. Sind zuerst in Rio de Janeiro angekommen und von da aus nach Buenos Aires gegangen . . . aber uns gefiel Rio de Janeiro viel besser als Buenos Aires . . . (Lkw Geräusche) . . . willst du nichts erzählen von Sass . . . Hilde Streit: “ . . . das der gestohlen hat . . . Carl Heinz Streit: . . brauchst ja keinen Namen zu nennen . . . sind einem Betrüger in die Hände gefallen“ . . . Carl Heinz Streit: “Das gehört nicht dazu“. LKW Geräusche . . . Frage: Können wir gerne haben. Können ja von irgend einem Mann erzählen . . .Hilde Streit: “Der lebt vielleicht gar nicht mehr” Carl Heinz Streit: “Wo sind wir nun?” Frage: Wir sind noch gar nicht ausgewandert. Sie sind immer schon in Argentinien, aber wir sind eigentlich noch in Deutschland. Carl Heinz Streit: “Naja denn wollen wir noch mal. Also wir sind 1933 ausgewandert . . . mit der . .wir sind nach Brasilien gekommen mit der Monte Pascia (?Schreibweise). Rolf Arno Streit: “Wir sind nicht 1933 ausgewandert.“ Carl Heinz Streit Hilde Streit: “1936 . . . 1936 sind wir ausgewandert . . . sind in Brasilien angekommen . . . sind ungefähr einen Monat in Rio de Janeiro geblieben . . . von da aus nach Argentinien Buenos Aires . . . aber uns gefiel Rio de Janeiro bedeutend besser. Sind wir also . . . nach Brasilien zurückgekommen und . . . da wurde ich sofort angestellt bei der Universal . . . wo der der Direktor der vorjährige Direktor für Europa war . . . Al Seckler . . . da hab ich . . . hab ich ca 40 Jahre gearbeitet bei der Universal.“ Frage: Wie war das.? Das war ja nicht ganz einfach ein Einreisevisum für diese Länder zu bekommen: Rolf Arno Streit: “Ja die Sache war die . . . man hat sich immer den Kopf zerbrochen wohin . . . denn wir wollten und konnten nicht in Deutschland bleiben . . . unter der Naziherrschaft und da kam dann ein Mann zu uns und sagte, er könnte uns Geld rüberbringen nach (lacht) Brasilien und . . . ich will diese ganze Geschichte nicht genau auslegen . . . denn die ist vergessen . . . relativ . . . und auf jeden Fall haben wir das Geld . . . was unser Vater uns gegeben hat . . . nicht ausgezahlt bekommen . . . in Brasilien . . . und der Mann hat dann gesagt . . . das ist versehentlich nach Argentinien überwiesen worden . . . dann sind wir dann alle zusammen nach Argentinien gefahren, wo er dann auch immer wieder die Ausrede hatte . . . es ist noch nicht angekommen. Wir waren vielleicht zwei drei Wochen . . . vier Wochen in Argentinien . . . und da bis dahin das Geld nicht überwiesen wurde . . . wußten wir dass wir einem Betrüger in die Hände gefallen sind. Uns gefiel Rio . . . wie eben schon beschrieben von meinem Bruder . . . uns gefiel Rio besser . . . und deshalb sind wir nach Rio abgefahren und von Rio aus haben wir dann dem Man geschrieben . . . wie das nun ist mit dem Geld . . . daraufhin antwortete er . . . wenn ihr noch mal über die Geschichte fragt oder überhaupt schreibt . . . dann wißt ihr ja, daß ihr noch Eltern in Deutschland habt . . . an die ich mich rächen könnte.” Frage: Sie waren ja schon in Holland, wenn ich das so richtig entsonnen habe und haben ihr Frau nachgeholt nach Holland zum heiraten und haben dadurch das Visum bekommen. Können sie das noch mal erzählen?“ Rolf Arno Streit: “Ja die Sache war folgende. Ich habe meiner Frau die Ehe versprochen, bevor ich Deutschland verließ und wir sind damals nur als . . . als Touristen . . . mit einem Touristenvisum in Brasilien angekommen für die Zeit von einigen Wochen, wir blieben da ungefähr ein halbes Jahr und es war nicht möglich eine Legalisation zu erwirken aus verschiedenen Gründen . . . die mir entfallen sind . . . auf jeden Fall . . . habe ich dann meinem Onkel (Anmerkung 2014:  Dr. Isidor Kahn, verheiratet mit Bianca Kahn geb. Henschel, einer Tochter von Jeremias Henschel, Wohnort Den Haag), der Konsul von Portugal war und in Holland lebte geschrieben, ob er mir helfen kann. Er sagte mir ja . . . er schrieb mir ja, das kann ich machen . . . aber du musst selbst hier herüberkommen, dann wird alles erledigt. Naja ich will nicht weiter darüber reden . . . dass nichts erledigt wurde. (lacht) aber es kam ein Freund meiner Eltern nach Holland um zu hören . . . wie es in Brasilien aussieht, denn er hatte ein Einreisevisum von Brasilien bekommen in Antwerpen von dem Generalkonsul von Brasilien . . . und da hab ich ihn gefragt . . . wie haben sie das gemacht . . . da sagt er einen ganz kleinen Betrag hat er eingezahlt was er in Brasilien wiederbekommen würde und dadurch hat er das sogenannte Kapitalistenvisum bekommen und . . . ist reingekommen . . . und ich hab mir sehr bedankt bei diesem Mann, denn ich bin zwei Tage später nach Antwerpen gefahren und hab dort den Vizekonsul nach dem . . . nach diesem Kapitalistenvisum gefragt und der hat mir dann den Rat gegeben zu heiraten wieder hinzukommen und er würde mir dann das Kapitalistenvisum geben.

Also meine Frau ist dann nach Holland gekommen zusammen mit meinen Eltern und ihren Eltern und da wurde geheiratet in Holland . . . in Haag . . . übrigens wo auch die Prinzessin Juliana geheiratet hat . . . aber das nur nebenbei . . . auf jeden Fall sind wir dann zwei drei Tage später nach Antwerpen gefahren um das Visum zu erhalten aber der Vizekonsul sagt mir . . . es tut mir furchtbar Leid . . . ich kann ihnen das Visum nicht mehr geben, denn es kommt kein Mensch mehr nach Brasilien rein . . . kein Deutscher . . . oder kein Jude ich weiß das nicht mehr genau . . . Hilde Streit: kein Deutscher. . . auf jeden Fall . . . ein Deutscher nicht wahr . . . es war gesperrt . . . vom Außenministerium . . . da hab ich zu dem Vizekonsul gesagt . . . hören sie mal zu ich bin da in einer fürchterlichen Lage, ich kann in Holland nicht bleiben, ich kann nicht nach Deutschland rein, wo ich sofort ins Konzentrationslager gekommen wäre, also was soll ich machen . . . er sagte, ich kann ihnen leider nicht helfen . . . da sagte ich dann . . . kam ich auf die gute Idee und bat ihn mich vorzustellen dem Generalkonsul . . . was geschah . . . dem Generalkonsul habe ich meine Geschichte erzählt . . . und dieser gute Mann hat uns glücklicherweise das Kapitalistenvisum gegeben zusammen mit einem Brief ans Aussenministerium und mir eine Kopie übergeben von diesem Brief . . . in dem unsere Geschichte beschrieben wurde . . . das er keine andere Möglichkeit hatte, als mir das Visum gegen die Anordnung des Ida Maraties (Schreibweise ?) . . . also des Aussenministeriums zu erteilen . . . Aber die brauchte ich nicht, denn wir sind glatt in Rio angekommen . . . Somit fing unsere Geschichte in Brasilien an. Frage: Sie hatten mir gesagt . . . es hätte auch so die Möglichkeit gegeben, daß sie mit einer Ausnahmegenehmigung nach Deutschland für drei Tage fahren und hatten dafür einen bestimmten Ausdruck genannt. Können sie das noch mal erzählen? Rolf Arno Streit: ”Das ist ein . . . ich weiß nicht mehr genau wie das hieß . . . auf jeden Fall war das . . . wurde das Leuten . . . auch Juden erteilt . . . (lautes LKW Geräusch) . . . Frage: Einfach noch mal von vorne . . . diese Ausnahmegenehmigung . . . Rolf Arno Streit: “Diese Einreisegenehmigung für zweidreivier Tagen wurde Juden auch gegeben, um zum Beispiel die Eltern zu beerdigen oder irgend welche . . . aus irgendwelchen Anlässen und diese hab ich mir auch erhofft zu erhalten . . . aber hab sie nicht erhalten . . . bin von dem Konsul in Amsterdam (Hilde flüstert vor: gewarnt worden . . . gewarnt worden) . . . nicht gewarnt worden . . . erstmal rübergerufen worden . . . da hat er mir dann gesagt . . . das es leider nicht möglich ist . . . ich soll . . . die Einreisegenehmigung ist nicht bewilligt worden . . . und da hab ich gesagt zu ihm . . . das könnten sie mir doch auch am Telefon gesagt haben . . . und darauf hin gab er mir keine Antwort . . . also ich bin wech gegangen . . . verärgert . . . und er ist mir nachgelaufen . . . der Konsul . . . Hilde: das war ja deutscher Boden, nech . . . das Konsulat . . . Rolf Arno Streit: „Konsulat war Deutscher Boden . . . da kam der . . . da kam mir der Konsul nachgelaufen ich soll um gotteswillen nicht nach Deutschland einwandern ohne diese Genehmigung, denn ich käme sofort ins Konzentrationslager . . . na daraufhin haben wir dann in Holland geheiratet . . . wie ich schon gesagt habe . . . ” Frage: Hätte man denn mit dieser Genehmigung den Nazis eigentlich trauen können? Rolf Arno Streit: “Das kann ich ihnen nicht sagen (lacht), weil ich das nicht erlebt habe . . . aber ich weiß von Leuten, die rübergegangen sind und wieder rausgekommen sind . . . zwei drei Tage um Eltern zu beerdigen . . . oder irgendwas, aber ich hätte es gewagt, wenn ich das bekommen hätte. In Deutschland geheiratet zu haben . . . wäre für mich einfacher gewesen . . . als in Holland . . . bei meiner Tante, bei der ich gelebt habe. Frage: Sie sind dann zu dritt aufm Dampfer von Amsterdam ? oder von Antwerpen . . . Hilde Streit: zu zweit zu zweit . . . Rolf Arno Streit: “Zu zweit sind wir gefahren . . . denn mein Bruder war ja schon hier. Carl Heinz Streit: ”Ich war ja drüben geblieben.“ Rolf Arno Streit: “Wir sind gefahren mit einem deutschen Dampfer . . . mein Vater hat uns eine Passage geschenkt mit der Monte . . . sie cerra campus (Schreibweise ?) Rolf Arno Streit: „ si cerra campus war das auch nicht . . . Hilde Streit: Nee das war ein sehr schönes Schiff . . . das war das schönste an der ganzen Reise . . . Rolf Arno Streit: „Cap Norte . . . das war die Cap . . . Cap Norte . . . das war die Cap . . . wir sind mit der Cap Norte wieder nach Brasilien gefahren.“ Frage: Nen Hamburg Süd Schiff ne?Rolf Arno Streit: “Hamburg Süd Schiff“ Hilde Streit: „Das schönste von der ganzen Reise .“

Rolf Arno Streit: “Das war ein Schwesternschiff der Cap Polonio . . . und dann sind wir drüben abgekommen . . . wieder hier in Rio . . . und dann ging die Arbeit los . . . das war nicht einfach . . . ich persönlich habe Klavier gespielt abends für eine . . . für einen Club . . . nicht jeden Abend aber Sonnabend und Sonntag auf jeden Fall . . . und einmal die Woche und dann hab ich eine Anstellung bekommen als Aufseher in einer Eimerfabrik . . . da waren Ratten . . . die Eimer wurden teilweise gemacht aus . . . Hilde Streit: Marmeladen . . . Marmeladendosen . . . also großen Marmeladengefässen und die Ratten, die haben sich dabei . . . davon . . . dadurch ernährt . . . aber wenn die Maschinen zur Mittagszeit abgestellt wurden  . . . dann liefen mir die Ratten über die Füsse . . . (lacht) . . . das entspricht der Wirklichkeit . . . aber ich bin dort geblieben . . . einige Monate, bis ich dann den Entschluß gefasst habe, wieder rüberzufahren . . . nach Europa . . . also nach Holland, um zu heiraten . . . weil ich immer meine Versprechungen im Leben gehalten habe und so auch diese . . . nun sind wir sehr glücklich verheiratet schon über 50 Jahre . . .

Hilde Streit: “Dreiundfünfzig“ . . . (lauter LKW).

Frage:. Die fünfzig Jahre sind nicht mehr drauf.

Rolf Arno Streit: “Wir haben schon unsere goldene Hochzeit hinter uns und sind schon dreiundfünfzig Jahre verheiratet. Gottseidank geht es uns heute gut . . . wir sind glücklich . . . wir haben zwei Kinder . . . leider ist eine gestorben . . . ..

Pause Kassettenwechsel

Rolf Arno Streit: “Mein Vater und mein Onkel betrieben auch die Scala am Schulterblatt, das war ein Tanzlokal . . . das größte Tanzlokal von Hamburg . . . dazu gehörten auch die . . . das eine Ballhaus Filmzauber und ein Ballhaus Uhu und noch andere, die mir entfallen sind . . . auf jeden Fall war das ein Zweigunternehmen von den Schauburgen . . . Frage: Sind sie da mit ihrer Frau auch Tanzen gewesen? Hilde Streit: “Ne wir waren . . . da waren wir noch gar nicht verheiratet.”Frage: Man kann ja auch tanzen, ohne verheiratet zu sein. Rolf Arno Streit: “Wir haben uns da sehr gut amüsiert . . . als junge Leute . . . aber mit meiner Frau war ich nie da, denn da . . . damals war das schon nicht mehr möglich . . . ich glaube, die sind auch später abgestossen worden . . . das entsinne ich aber nicht mehr genau. Auf jeden Fall haben wir jungen Leute uns sehr gut da in der Scala amüsiert. Obwohl wir noch nicht achtzehn Jahre alt waren . . . und eines Tages . . . fällt mir grade ein sind wir . . . bin ich mit verschiedenen Freunden dahin gegangen und da sagte ein Mann von der Kapelle, es kommt Jung-Jerusalem . . . und das hat der Freund mir wiedererzählt . . . ich sag, was hat er gesagt? Jung-Jerusalem . . . also Antisemitismus . . . das war vor der Nazi Zeit . . . da kam dann mein Onkel Hermann Urich-Sass hinein und dem hab ich das erzählt . . . der ist dann raufgegangen zur Kapelle hat gesagt wer hat gesagt ist Jung Jerusalem . . . .da wollte sich erst keiner melden und da hat er gesagt, ich entlasse die ganze Kapelle, wenn ich nicht sofort weiß, wer das gesagt hat. Da hat er sich gemeldet. Und den hat er sofort rausgeschmissen. Der ist dann zu Gericht gegangen und wollte sein Gehalt haben . . . das nicht bezahlt worden ist . . . da musste ich als Zeuge . . . vor Gericht treten um zu beweisen . . . also um zu  . . . auszusagen . . . um auszusagen, daß er das gesagt hatte und er hat es auch zugegeben . . . aber er wollte sein Gehalt haben . . . da hat der Richter gesagt . . . er entschuldigte sich damit . . . er wollte einen Spaß machen , . . . da hat der Richter gesagt . . . wenn sie einen Spaß machen wollten . . . dann müssen sie auch die Konsequenzen dafür bezahlen . . . und wir haben den Prozess gewonnen. Hilde Streit: ”Aber denn hat er gesagt, wie alt du bist“ . . . Rolf Arno Streit: „Dann fragte er mich noch, wie alt ich bin, da hab ich mein Alter gesagt, sechzehn Jahre oder fünfzehn Jahre . . . sechzehn Jahre war ich wohl und da sagt er . . . ja dagegen ist doch die Oberschulbehörde wahrscheinlich angegangen, dass sie mit sechzehn (lacht) Jahren sich schon in solchen Lokalen aufhalten. Dann habe ich zu ihm gesagt, ich bin geschickt worden von meinem Vater . . . (lacht) der der Inhaber der Scala war, um nachzusehen, ob da alles in Ordnung ist. Hilde Streit: ” . . . der hat davon gar nicht gewußt” Rolf Arno Streit:” . . . mein Vater aber wußte gar nichts davon, denn er war sehr strenge . . . im Gegensatz zu Hermann, der viel mehr Verständnis für solche Angelegenheiten hatte (lacht)..und..ich weiß nicht mehr genau, wie das ausgelaufen ist . . . auf jeden Fall mein Vater hat mich nicht bestraft, weil wir ja den Prozess gewonnen haben . . . Ja das war alles, was ich über die Tanzlokale berichten kann . . . da war glaub ich noch ein Lokal Filmzauber und auch der Faun . . . der hatte den selben Eingang . . . also Nebeneingang . . . vom Lessing Theater . . . da waren sie auch . . . der war auch . . . der gehörte auch zu den sogenannten Freudenhäusern . . . Frage: (an Carl Heinz Streit) Wissen sie noch was aus ihrer Jugend, was da so berichtenswert wäre? Carl Heinz Streit: “Mit der Scala möchte ich noch bemerken, daß . . . und abends in die Scala war das Wort, das sie gebraucht haben als Propaganda . . . das ist . . . die Scala bestand auch in Berlin . . . die Berliner . . . sind dagegen an gegangen und da haben sie es umbenannt. Anstatt und abends in die Scala und wieder in die Scala . . . .aber sonst aus Berlin wüßte ich nichts mehr zu berichten”. Frage: Mußten sie nun auf den jüngeren Bruder immer aufpassen? Carl Heinz Streit: “Nein (lacht) ich war in Berlin und er hat in Hamburg gelebt . . . ne ganze Zeit lang.”Frage: Ja aber vorher doch Carl Heinz Streit: “Vorher? nein wir haben uns immer sehr gut verstanden” Rolf Arno Streit: “Ich hätte mir auch nicht reinreden lassen von meinem älteren Bruder . . . aber wie mein Bruder eben gesagt hat . . . betont hat . . . wir waren immer nicht nur Brüder sondern auch Freunde und haben alles gemeinsam erlebt und . . . ” Frage: Sie hatten mir erzählt, sie waren dann später bei zwei Konkurrenzfirmen ja eigentlich eingestellt als . . . Rolf Arno Streit: “Also ich war bei der Columbia angestellt als Direktor für . . . für den Staat Minas Gerais und hab dort gearbeitet etwa 14 Jahre . . . da wurde mir ein Angebot gemacht von der United Artists mit höherem Gehalt . . . zu United Artists gegangen “(lauter LKW) . . . Frage: Ich glaub, das müssen wir ganz nochmal haben . . . das müssen wir noch mal von vorn haben. Rolf Arno Streit: “Also ich war circa 14 Jahre Direktor bei der Columbia . . . Columbia Pictures of Brazil . . . für Minas Gerais . . . später war ich Direktor bei der United Artists . . . auch für Minas Gerais . . . weil sie mir ein größeres Gehalt geboten hatten . . . und daraufhin bin ich dann . . . in eine Firma . . . zu einer Firma gegangen, die brasilianische Filme vertrieben hat . . . Sie sind zu mir gekommen und haben mich gebeten, die Sache zu übernehmen, was ich auch getan hab . . . weil ich dort etwas mehr verdient habe . . . ich bin immer nach . . . ich war immer ein guter Rechner . . . so ist es mir auch diesmal passiert. . . Frage: (an Carl Heinz Streit) Sie waren in der gleichen Zeit auch bei der Konkurrenzfirma . . . sie haben sich doch wahrscheinlich mit ihrem Bruder immer um die Kinotermine streiten müssen, wer nun die besten Kinotermine bekommen hat . . . Carl Heinz Streit: Nein . . . der Hauptkunde hier in Belo Horizonte . . . Hilde Streit (über den LKW Lärm . . . Jetzt gehts los, jetzt kommen die alle zurück. Dies ist hier an sich ruhiger, denn dahinten wohnen die armen Leute, die haben alle keine Autos . . . ” Carl Heinz Streit: ”Nein wir haben uns immer sehr gut verstanden und der Hauptkunde hier in Belo Horizonte war die Cineteatro Minas Gerais, der Hauptinhaber ist ein gewisser Luciano . . . gewesen, der vor kurzem . . . vor vier Wochen gestorben ist . . . ist der . . . einer der reichsten Männer der Welt . . . der Welt nicht, von Brasilien. . . man schätzt ihn auf über drei Billionen Dollar . . . die er hinterlassen hat . . . aber er hat auch . . . man sagt ihm nach . . . er hätte noch dreissig uneheliche Kinder . . . Hilde Streit: ”Die streiten sich nun alle mit den ehelichen”. Carl Heinz Streit: ”Ja ja . . . ehelichen sind zwei Kinder und eine . . . ein angenommenes Kind . . . also drei haben das Hauptrecht, die kriegen schon den . . . die . . . Departe . . . ” Hilde Streit: “Teil den Teil der Mutter, die vor drei Jahren ungefähr gestorben ist . . . ” Frage: (zu Carl Heinz Streit) Können sie noch mal sagen, bei welcher Firma sie im Verleih tätig waren. Carl Heinz Streit: “Bei der Universal Pictures . . . die hat hier gehiessen Universal Film SA . . . da war der Konzern von Carl Laemmle. Carl Laemmle war . . . die Universal Pictures in den Staaten die ausserdem das größte Atelier in Los Angeles haben . . . ich glaub, sie haben das selbst gesehen, das Atelier . . . es war das größte der ganzen Welt . . . ” Rolf Arno Streit: “Also bei den Filmfirmen war das so das jedes Jahr eine neue Produktion herauskam. Bei der Columbia waren es meistens so etwa fünfzig Filme, die die Filmtheaterbesitzer . . . haben abnehmen müssen. Es wurde dann zur Hauptsache mit Festpreisen gemacht und immer zweidrei Filme prozentual vermietet. Das heisst die Filmfirma war beteiligt an dem Umsatz der Theater mit fünfzig . . . sogar sechzig Prozent . . . oder ein Film wie zum Beispiel ich komm nicht mehr auf den Namen . . . auf jeden Fall Großfilme (Hundegebell) wurden auch vermietet bis zu siebzig Prozent. Das war natürlich Wucherei, aber die Leute konnten nicht anders, sie mußten es machen . . . da hat da . . . zu diesem Zweck haben wir Fiskale geschickt . . . Fiskale . . . die Übersetzung sind . . . Schrecker ? Hilde Streit: Fiskale ist auf der ganzen Welt . . . ist das richtig . . . nein Kontrolleure . . . Kontrolleure das ist es . . . die haben mit einer Zahluhr die Zahl der Besucher feststellen . . . und das war immer ne sehr unangenehme Sache, denn die . . . naja ich will darüber lieber nicht sprechen . . . es hat keinen Zweck . . . auf jeden Fall haben die Kompanien sehr gut verdient, sowohl an den Filmen, die zu Festpreisen vermietet wurden oder eben prozentual . . . das war unser Hauptberuf . . . die Festpreise festzusetzen . . . denn es gab Kinos . . . die hatten fünfhundert Plätze und wenig Einwohner und im Gegensatz zu anderen großen . . . die hatten eben viel mehr Besucher . . . und da wurden die Festpreise natürlich viel höher . . . gemacht . . . Haben sie sonst noch irgendwelche Fragen zu stellen? Frage: Ja, wie viele Kinos im Bereich waren. Rolf Arno Streit: “Es waren wohl . . . nicht Kinos . . . Plätze meinen sie . . . also Städte . . . Städte ja . . . das waren so annähernd hundert Städte, die wir von Minas Gerais . . . bearbeiten mußten . Carl Heinz Streit: “Ich glaub es waren mehr sogar”. Hilde Streit: ”Hunderzwei.” Carl Heinz Streit: “Es waren so hundertundsechzig meiner Ansicht nach“. Frage: Und wieviel Kinos gab es so in jeder Stadt? Kann man das so . . . Carl Heinz Streit: In den kleinen Städten ein Kino.  Rolf Arno Streit: “Wenn es zwei gab, dann wurde uns . . . viel . . . das sehr erleichtert . . . denn wenn der eine nicht zahlen wollte, dann ist man zum anderen gegangen und der hat dann überboten und der hat dann die Filme bekommen. Frage: Kann man sagen, daß es ungefähr zwei bis dreihundert Kinos . . . Carl Heinz Streit:” . . . In Minas Gerais? viel mehr . . . ”Rolf Arno Streit: “Sogar in . . . nur in Belo Horizonte gab es so annähernd . . . Carl Heinz Streit: “zwanzig . . . ”Rolf Arno Streit:” . . . zwanzig bis fünfundzwanzig Kinos . . . das ist Minas Gerais der zweitgrößte Staat von Brasilien . . . ich möchte sagen . . . das es so groß war . . . so groß ist wie Deutschland . . . Hilde Streit: “Größer . . . ” Carl Heinz Streit: “Ich glaube noch größer”. Frage: Die Bundesrepublik hat heute noch . . . ich glaube noch 3100 Kinos . . . wieviel? dreitausendeinhundert . . . in Deutschland? . . . Ja jetzt . . . in der Bundesrepublik. Rolf Arno Streit: ”Ja also ich kann es nicht genau sagen, wieviel es hier gibt, aber sicherlich nicht dreitausend . . . aber vielleicht sogar dreivierhundert . . . ich weiß es nicht genau, die wir zu bearbeiten hatten, ich sprech nicht von Brasilien sondern von nur vom Staate Minas Gerais . . . ” Frage: Sie sind nach dem Kriege 1952 wieder nach Deutschland gekommen um die Wiedergutmachung durchzusetzen. Können sie da mal nen bißchen was erzählen, wie das so passiert ist alles . .

Rolf Arno Streit: “Nein ich bin das erste Mal nach Deutschland gefahren . . . geflogen . . . 1949 . . . um die Wiedergutmachung zu regulieren . . . und hab mit Romahn und Schümann ein Abkommen getroffen, das Sass . . . Urich-Sass, also die Erben Urich-Sass . . . ein Drittel von allem was vorhanden war . . . auch was sie nachher an . . . an Wohnungen gekauft haben oder . . . gebaut haben . . . und ein Drittel Hugo Streit . . . die Familie und ein Drittel Romahn und Schümann zusammen. Das war eine aussergerichtliche Einigung . . . wenn sie das nicht gemacht hätten, dann wäre ich natürlich zu Gerichtsjustiz gegangen und hätte vielleicht mehr vielleicht weniger erfahren . . . aber es war ein günstiges Abkommen für beide Teile. Denn die Romahn und Schümann haben sich meinem Vater gegenüber bei der Ausreise . . . bei seiner Auswanderung anständig gezeigt . . . sie haben ihm Zuwendungen gemacht . . . die sie nicht nötig gehabt hätten . . . und da hat mein Vater zu mir gesagt . . . wenn du rüber fährst und die Sache in Ordnung bringst . . . berücksichtige dass . . . dass sie anständig gewesen sind . . . was ich auch getan habe . . . wir hätten natürlich alles haben können . . . übernehmen können . . . aber es war schon richtig so . . . (LKW Geräusch) . . . hinzukam, daß niemand von unseren Familien wieder nach Deutschland zurück gehen wollte, um die . . . um das Unternehmen zu führen . . . deshalb hab ich das so gemacht und das war auch im Einverständnis mit meinem Vater und meinen . . . den Urich-Saß Erben geschehen. Frage. Sie haben dann auch für den Manfred Hirschel noch ein Telefongespräch mit der Klara Esslen geführt über das Waterloo Theater . . . Können sie darüber noch mal was erzählen? Rolf Arno Streit: “Ja das Waterloo Theater gehörte irgendwie Manfred Hirschel . . . der ist verheiratet gewesen mit meiner Tante . . . der Schwester meines Vaters . . . und der bat mich als ich rüberging auch mal mit der Frau Esslen, die das Kino irgendwie bekommen hatte, wie weiss ich heute nicht mehr und mich mit der zu unterhalten zwecks Wiedergutmachung und diese Frau ist mir unverschämt gekommen und da hab ich das dann meinem Onkel geschrieben, dass ich leider für ihn nichts tun kann, denn ich hab genug mit meinen Sachen zu tun und außerdem ist sie unverschämt gewesen . . . hat mir gesagt . . . vorgelogen . . . Sachen, die ich nicht glaubte und mein Onkel, der hat später selbst die Sache durchgeführt und hat auch eine Entschädigung bekommen . . . Wie die gewesen ist, weiß ich nicht . . . ” Frage: Wenn sie heute beide an Deutschland denken . . . was . . . welche Gefühle haben sie da? Rolf Arno Streit: “Es war einmal sehr schön . . . sehr schön . . . wir sind in Deutschland geboren worden, waren Deutsche und obwohl schon in früheren Zeiten . . . ein Antis . . . ein gewisser Antisemitismus herrschte   . . . aber als dann die Nazis kamen . . . nicht wahr..und dann der Durchbruch des Antisemitismus gewesen ist . . . da war . . . da waren wir froh als wir draußen waren. Carl Heinz Streit: „Das was geschehen ist, das kann man nicht mehr vergessen. War zuviel und deswegen sind die meisten auch nicht wieder zurückgegangen nach Deutschland. Hilde Streit: „Nein, ich glaub, sehr wenige zurück gegangen nach Deutschland.“ Carl Heinz Streit: “Sehr wenige” Rolf Arno Streit: “Sehr wenig Leute . . . Juden sind zurückgegangen nach Deutschland. Einige, die nichts hier werden konnten sind zurückgegangen um dort Stellung zu bekommen . . . was vielleicht auch möglich gewesen war, aber die meisten sind hier geblieben, weil sie hier ihre zweite Heimat gefunden haben . . . . Hilde Streit: ”Wir sind zum Beispiel eine der wenigen, die überhaupt noch Deutsche geblieben sind, die anderen sind alle keine Deutschen mehr. Fast alle. Von unseren Bekannten bist du wir und Einsturz aus . . . ” Rolf Arno Streit: “ . . . naja aber es gibt natürlich diverse Deutsche, die wir nicht kennen, die auch Deutsche geblieben sind . . . also deutsche Juden . . . sind Deutsche geblieben. Aber wenig. Wir haben das Recht, das brasilianische Recht erworben durch unsere Anwesenheit von über fünfzig Jahren hier und wir haben ausserdem noch die Möglichkeit nach Deutschland zu reisen . . . ohne Visum und so weiter . . . Carl Heinz Streit: “Wir haben ausserdem brasilianische Kinder . . . ich persönlich bin mit einer Brasilianerin verheiratet . . . wir haben so gut wie die selben Rechte (lauter LKW) eines Brasilianers Frager: Bitte noch mal ohne LKW Carl Heinz Streit: ”Wo wo soll ich anfangen?” Hilde Streit: ”Das du ne brasilianische Frau hast . . . ne Carl Heinz Streit: ”Außerdem haben wir brasilianische Kinder und ich persönlich bin mit einer Brasilianerin verheiratet und dadurch haben wir die selben Rechte wie ein Brasilianer. Nur das wir nicht Präsident der Republica werden können . . . Präsident von Brasilien . . . Hilde Streit: “Man kann auch kein Briefträger werden. Irgend etwas kann man nicht werden, was sehr wichtig ist. Rolf Arno Streit: ”Auf jeden Fall haben wir sehr viel mit durchgemacht, besonders deswegen . . . besonders in den Jahren als meine Eltern noch nicht hier waren. Es wurde ja immer schlimmer und schlimmer und mein Vater wurde gehetzt von der Gestapo und hat sich geflüchtet auf Landstrassen und auch auf Böden von Freunden . . . Boden heisst das da oben . . . ganz oben . . . da hat er geschlafen . . . er hatte einen Bekannten bei der Gestapo war, der ihm gut gesonnen war und der hat ihm immer berichtet, wenn er weggehen müßte, denn es kam eine . . . Nazi . . . Nazi Razzia und die wollten ihn abholen . . . da ist er gottseidank . . . dem ist er gottseidank entgangen eben durch diesen Bekannten bei der Gestapo . . . wenn ich den Namen wüßte würde ich ihn sagen, um ihm nochmal zu danken für alles . . . das was er für meinen Vater getan hat . . . er wird aber gar nicht mehr leben . . . und dadurch hat mein Vater sich gerettet vor dem Konzentrationslager. Ja “(Autogeräusche) Hilde Streit: “Sonst ist es eigentlich leiser hier”. Frage: Sonst hört man es vielleicht nicht so, wenn man nicht darauf achtet. Hilde Streit: “Dann finde ich es immer leiser als bei uns”. Carl Heinz Streit: “Bei uns hinten hört man überhaupt nichts “ (Warum sind wir da damals nicht hingegangen?) Frage. Wie oft waren sie jetzt nach dem Kriege in Deutschland? Rolf Arno Streit: “Ich war nach dem Kriege sieben oder achtmal in Deutschland, fünfmal wegen der Wiedergutmachungsgeschichten und Hilde Streit: Wie oft waren wir da . . . Rolf Arno Streit: Das darfst du ja nicht sagen. Hilde Streit: „Warum nicht?“ Rolf Arno Streit: “ . . . (lacht) und flüstert . . . weil wir noch eine Einreise haben wollen.“Hilde Streit Achso.(lacht) Rolf Arno Streit: „Bringen sie das bitte nicht mit rein.(lacht)“ Hilde Streit: „Achja wir wollen ne Einreise haben“ Frage: Es gibt doch so Einladungen auch . . . Hilde Streit: „Ne Einladung vom Senat.“ Frage: Die haben gerade dieses Jahr wieder so ein Programm aufgelegt. Hilde Streit: „Ja eben, denn fahren wir wieder hin.“ Rolf Arno Streit: „Ja ich persönlich hab geschrieben, ich war schon in Deutschland . . . und deshalb würde mir das nicht . . . beschieden . . . aber meine Frau . . . die noch nicht in Deutschland war. (Hilde Streit lacht) wird . . . da meine Frau noch nicht in Deutschland war . . . “ Hilde Streit: „Das ist doch gar nicht mehr drauf.“ Rolf Arno Streit: „Natürlich ist das drauf“ Hilde Streit: „Achja.“ Frage: Wir legen das da nicht vor. Hilde Streit: „Das wird abgeschnitten.“ Rolf Arno Streit: „Da meine Frau noch nicht in Deutschland war, hoffe ich vielleicht durch sie meine neue Einreise zu bekommen.. (lacht) ich persönlich würde so gerne meine Spesen übernehmen, wenn der Senat sie für meine Frau übernimmt“ (LKW Geräusche) Frage. Über den Spesen war der LKW drüber . . . Ich sag . . . über den Spesen war der LKW drüber . . . Rolf Arno Streit: LKW ? Frage: Lastkraftwagen . . . ich weiß nicht wie sie das Dietmar Bruns: Camioao Hilde Streit: Camiao Er spricht ja perfekt Portugisiesch. Rolf Arno Streit: „Soll ich das wiederholen?“ Hilde Streit: „Lieber nicht.“ Rolf Arno Streit: „Ist schon drauf? Ajah Haben sie sonst irgendwelche Fragen zu stelle?“ Frage: Was wir vorhin ja nicht hatten, war den Eisenstein . . . das wir darüber vielleicht noch mal reden, das der Eisenstein ja mit dem Potemkin . . . in den Schauburgen gezeigt hat und das es ja bei der Ufa mehr sone . . . nationale Ausrichtung gab . . . das man so bestimmte Filme nicht mehr gezeigt hat . . . später . . . es gab später “Im Westen nichts neues” der durfte ja bei der Ufa nicht gezeigt werden und der lief dann in den Schauburgen, wissen sie darüber irgendwas noch? Rolf Arno Streit: “Im Westen nichts neues“ war wohl einer der größten Filme, der je hergestellt wurde und ich glaube, er wurde in den Schauburgen gezeigt, aber ich kann das nicht mit Bestimmtheit behaupten . . . ich entsinne, das wir den Film gesehen haben in London . . . wir sind . . . mein Vater hatte eine Einladung bekommen nach London zur Eröffnung eines . . . des größten Theaters von London . . . ich glaub es hieß Empire Palace . . . da wurde der Film “Im Westen nichts neues” “Gone with the wind” aufgeführt Hilde Streit/ Carl Heinz Streit: „Das ist “Vom Winde verweht” Rolf Arno Streit: „Ach das ist Vom Winde verweht. Wie hieß denn der im Westen nichts neues auf Englisch?“ Frage: “All quiet at.” Carl Heinz Streit: “All quiet at the on the eastern front” . . . Hilde Streit: “Und warum durfte das nicht aufgeführt werden? Frage: Das war . . . nicht national gesonnen . . . die haben behauptet das war Gegenpropaganda. Carl Heinz Streit: Remarque Remarque. Rolf Arno Streit: “Ich glaub es war der Film, vielleicht war es auch Gone with the wind . . . ich weiss es nicht. Carl Heinz Streit: „Der kam später, den haben wir in Brasilien gesehen. Hilde Streit: „Ja den haben wir in Brasilien gesehen“ Rolf Arno Streit: „Ja also es war der Film im Westen nichts neues mit dem der . . . mit dem das neue Kino in London eröffnet wurde, da sind wir rübergefahren . . . das entsinnst du noch . . . ” Frage: Ich hab noch eine ein bißchen schwierige Frage. Wie das mit dem Antisemitismus in Deutschland los ging . . . wie ist das bei ihnen gewesen . . . ich mein mehr so das religiöse . . . war das jüdische ne Religion oder war das ne bestimmte Weltanschauung oder waren sie mehr Deutsche oder . . . Rolf Arno Streit: “Wir waren mehr Deutsche als Juden. Wir sind sehr . . . frei . . . liberal erzogen worden, aber wir waren bewußte Juden . . . wir waren wie man sagt Zweitagjuden . . . wir sind nur zweimal im Jahr in die Synagoge gegangen . . . das war zum Neujahrsfest und zum Versöhnungsfest . . . Roshoshone (Schreibweise?) war das Jahresfest und Jomkippur (Schreibweise?) war das Versöhnungsfest . . . oder ist das Versöhnungsfest das auch hier gehalten wird in Brasilien. Aber wir hatten natürlich Unannehmlichkeiten . . . in Deutschland . . . ich hatte eine ziemliche Affäre wegen eines christlichen Mädchens und . . . hatte dadurch sehr große Unannehmlichkeiten . . . (LKW Geräusche) über die ich mit nicht auslassen möchte. Auf jeden Fall . . . die Nazis waren hinter mir her und ich konnte nur durch Selbstverteidigung dem Schlimmsten entziehen . . .  Frage: Wie war das in der Familie ihres Großvaters . . . War das stärker oder weniger stark? Rolf Arno Streit: “Sie sprechen jetzt von der Religion, von der Religiösität? Meine Großmutter war eine sehr religöse Jüdin, mein Großvater nicht. Aber meine Großmutter hatte auch einen jüdischen Haushalt, es wurde dort nur koscher gegessen . . .Hilde Streit: „Haben sie erzählt mit dem Schweinefleisch? . . . “ Rolf Arno Streit: ” . . . ja und mein Großvater, der war sehr . . . sehr wenig religiös . . . und aß sehr gerne Schweinefleisch . . . das kam zweimal im Jahre vor . . . das meine Großmutter von Morgends bis Abends . . . eben an den gehobenen Feiertagen in der Synagoge gewesen ist . . . dann ist er schnell ins Restaurant gegangen und hat dort wunderbares Schweinefleisch gegessen . . . (lacht) Ja . . . Was wollen sie sonst wissen?” Wollt ihr ein bisschen stehen . . . Pause 31. 07. 1990

Rolf Arno Streit am Klavier: Aus Werbezwecken hat man einen Schlager gemacht, den Schauburg Schlager, der den Zuschauern . . . ne ich hab falsch gemacht, können wir noch mal machen?  Ich werde ihnen jetzt den Schauburg Schlager vorspielen, der aus Werbezwecken gemacht worden ist Klavier Rolf Arno Streit singt: Kinder seid vernünftig lasst die Frau durch denn sie will noch schnell mal in die Schauburg.  Klavier Ende Wiederholung Ich werde ihnen jetzt den Schauburg Schlager vorspielen, der aus Werbezwecken gemacht worden ist. Kinder seid vernünftig lasst die Frau durch, denn sie will noch schnell mal in die Schauburg Wiederholung Ich werde ihnen jetzt den Schauburg Schlager vorspielen, der aus Propagandazwecken gemacht worden ist. Kinder seid vernünftig lasst die Frau durch, denn sie will noch schnell mal in die Schauburg. Frage: Herr Streit sie hatten erzählt, als im Februar 1927 die Schauburg Millerntor eröffnet wurde da kam Henny Porten nach Hamburg, können sie das noch mal erzählen wie das war? Rolf Arno Streit: „Ja Henny Porten kam nach Hamburg um die Schauburg Millerntor zu eröffnen. Da haben wir sie abgeholt am Hauptbahnhof. Das war eine Menschenmenge unvorstellbar . . . nachher schrieben die Zeitungen, dass der Bahnhof mehr besetzt war von Menschen als bei der Ankunft von dem Reichspräsidenten Ebert. Ja und dann ist die Henny Porten . . . hat da ein paar Worte gesprochen in der Millerntor Schauburg und das war der Anfang der Schauburg.“ Frage: Wissen sie noch, wie der Film hiess in dem sie da gespielt hat? Rolf Arno Streit: Nein, das weiss ich nicht. Das weiss ich nicht. Frage: Dann sind ja auch in den Schauburgen die Filme von dem Eisenstein gezeigt worden. Können sie das noch mal erzählen? Rolf Arno Streit: „Von Eisenstein ist gezeigt worden . . . wie ich erinnere . . . der Film . . . der Film Potemkin . . . sonst wüßte ich nicht, welche Filme dort aufgeführt worden sind.“ Frage: Wollt ich noch mal nachfragen . . . es lief ja (Flugzeug) . . . es lief ja in den Schauburgen auch der erste Tonfilm . . . dieser Ton war ja nicht sehr lang. Können sie mal sagen wie das ausgehen hat? Rolf Arno Streit: “Der Film hiess “Ich küsse ihre Hand Madam” mit Harry Liedtke und Marlene Dietrich. Innerhalb des Films wurde dann das Lied gesungen . . . vom Blauen Engel ne . . . ich weiß nicht mehr genau . . . es wurde ein Lied gesungen . . . der nicht nachher wie die allgemeinen Tonfilme gespielt ist sondern durch Grammophonübertragung.“ Carl Heinz Streit: „Plattensystem Plattensystem . . . nachher kam das Optik System auf Das war der Jazzsinger mit Al Jolson.“ Frage: Wann war das? Carl Heinz Streit: „Das war gleich danach . . . ich weiss nicht mehr welches Jahr es war.“ Frage: Das war denn schon der richtige Tonfilm. Carl Heinz Streit: „Das war der richtige Tonfilm . . . der optische Tonfilm ja . . . der erste optische Tonfilm“. Frage: Das hat ja bestimmt damals auch ne Menge Geld gekostet. Wissen sie was sowas kostete . . . son Tonfilmapparatur? Carl Heinz Streit: „Die Tonfilmapparatur . . . nein das weiß ich nicht.“ Rolf Arno Streit: „Ja die waren irrsinnig teuer. Wenn . . . das war die erste Schauburg, die damit ausgerüstet . . . die . . . die Tonfilmübertragung gehabt hat.“ Carl Heinz Streit: „ Die optische.“Rolf Arno Streit: „Und dann hintereinander wurden die anderen Schauburgen auch damit . . . versehen . . . Aber wie teuer das war . . . das war ein ungeheurer . . . ungeheuer teuer . . . aber wie teuer kann ich leider nicht mehr sagen. Frage: Es gab ja lange auch einen Streit zwischen den Stummfilmleuten und den Tonfilmleuten und die Stummfilmleute haben ja immer gesagt, das wär gar keine Kunst, das wär irgendwie nur . . . irgendwas anderes. Rolf Arno Streit: „Nun naja . . . die sind mit ihrer Meinung ja nicht durch gekommen denn jetzt gibt es ja nur noch Tonfilme . . . Also das glaub ich nicht, das die damit durch gekommen sind . . . Das so etwas existiert hat, das erinner ich auch . . . aber wird naürlich sofort abgeblasen

Frage: Es gab dann noch . . . den Film ”Im Westen nichts neues” über den ersten Weltkrieg . . . ein amerikanischer Film, der in den Ufa Kinos weder synchronisiert noch gezeigt werden durfte oder sollte. Und der ist ja in den Schauburgen gelaufen . . . Können sie darüber noch mal was sagen: Rolf Arno Streit: „Ja das war ein großer Erfolg . . . aber . . . viel mehr kann ich auch nicht darüber sagen. Er wurde in den Schauburgen gespielt und das weiss ich, das erinner ich, daß mein Vater uns sagte . . . es war ein ganz großer Erfolg . . .  “ Frage: Zur Premiere waren sie . . . waren sie . . . zur Premiere des Films . . . Rolf Arno Streit: „Sicher waren wir zur Premiere des Films . . . aber Einzelheiten kann ich nicht sagen . . . denn das liegt ja schon viele . . . viele Jahre zurück“. Frage: Herr Streit . . . können sie noch mal erzählen, wie sie von Rio nach Belo Horizonte gekommen . . . wann das war.Rolf Arno Streit: „Wir sind angekommen . . . das sagte ich schon im Jahre 1936 . . . mein Bruder und ich . . . Später sind meine Eltern gekommen . . . im Jahre 1938 . . . und wie bekannt ist Rio eine der heißesten Städte der Welt . . . wir haben hier im Sommer . . . Hitze . . . bis zu über 40 Grad im Schatten . . . das konnten meine Eltern nicht vertragen . . . deshalb sind wir nach Belo Horizonte übersiedelt, welches ungefähr achthundert Meter hoch liegt und dadurch . . . einen Filter . . . ein besseres Klima hat. Ich will ihnen jetzt mal kurz mal Belo Horizonte zeigen, was wir von oben hier sehen können.Hier das ist Belo Horizonte (Die sagen immer bello).“ Frage: So sah es doch 1941 bestimmt noch nicht aus . . . das war . . . Rolf Arno Streit: Das möchte ich noch mal sagen. Belo Horizonte, als wir hierher kamen 1941 . . . hat circa hundertfünfzigtausend Einwohner . . . jetzt . . . hat Belo Horizonte etwa drei Millionen Einwohner . . . also ist größer als Hamburg . . . . . . . . . . . . Pause . . . . . . Fotoansichten Carl Heinz Streit: „Dieses Foto ist aufgenommen bei dem Fotografen Bieber, der einstmals der größte Fotograf in Hamburg war. Dies ist mein Vater, dies ist mein Bruder Rolf und dies bin ich. Wie sie sehen habe ich vergessen, das Taschentuch in die Tasche zu stecken und hab dadurch von meinem Vater eine große Tadelung bekommen . . . (Wiederholung) Das hab ich ihnen dann zugedacht. Carl Heinz Streit: „Dieses hier ist die Familie Urich-Saß . . . Mein Onkel Hermann Urich-Saß, meine Tante Hedwig Urich-Saß, meine Cousine Vera . . . schon verstorben . . . mein Vetter Horst Urich-Saß und mein Vetter Jürgen Urich-Saß . . . auch schon verstorben . . . „Wiederholung Carl Heinz Streit: „Dies ist die Familie Urich-Sass . . . Das ist meine Tante Hedwig Urich-Saß . . . schon verstorben, das ist die Tochter Vera . . . auch schon verstorben . . . mein Onkel Hermann Urich-Saß verstorben . . . Jürgen Urich-Saß . . . auch verstorben . . . der einzige überlebende der Familie ist mein Vetter Horst Urich-Saß, der in Mexiko und in den Staaten lebt.“Jetzt kommt das nächste Foto Carl Heinz Streit: „Dieses sind meine Eltern, mein Vater und meine Mutter. Beide auch schon verstorben.“ Dies sind meine Großeltern Frida Henschel und Jeremias -genannt James Henschel . . .Eins ist da noch zwischen . . . ein Kinderfoto „Dies ist mein Bruder Rolf Arno Streit und dies bin ich Carl Heinz Streit . . . das ist aufgenommen vor circa . . . 70 Jahren . . . aufgenommen vor circa 70 Jahren . . . (1990) Rolf Arno Streit und Carl Heinz Streit (ca. 1920)Da war ich sieben . . . und mein Bruder 6 Jahre alt“. Etwas älter. Rolf Arno Streit: Mein Bruder ist ja ein Jahr älter als ich . . . Der Bruder oder selbst. Rolf Arno Streit: „Jein . . . mein Bruder ist ja ein Jahr älter als ich . . . der kann ja nie jünger werden . . . Gut ja . . . „Das Bild mit dem Motorrad.Aber das ist aber so klein. Geht los. Hilde Streit: „Also ich bin einmal . . . einmal in meinem Leben Motorrad gefahren hab keine Ahnung gehabt und der hinter mir gesessen hat hat immer gesagt bremsen und dann hab ich nicht gewußt, wie zu bremsen und hab immer mehr Gas gegeben . . . Frage:  Das Foto ist in Hamburg aufgenommen?. Hilde Streit: „Ja ist in Hamburg aufgenommen worden . . . aber wo kann ich nicht mehr sagen —„Rolf Arno Streit: „Bebelallee ? Wie lange muß das her sein, Hansa Strasse?“ Rolf Arno Streit: Dieses Bild ist aufgenommen auf der Hochzeitsfeier von meiner Tante Grete und von dem Onkel Hermann . . . der ist vielleicht fünfundzwanzigsechsundzwanzig Jahre alt gewesen und meine Tante war ja in den zwanziger . . . Anfang zwanzig . . . sie war die Schwester meiner Mutter . . . ist leider beim ersten Kind verstorben . . . bei der Geburt des ersten Kindes . . . Dies hier ist mein Großvater James und meine Großmutter Frida . . . Dies hier ist mein Vater Hugo Streit . . . und meine Mutter Sophie Streit . . . Hier ist ein Familienbild der Familie Streit . . . das wurde aufgenommen in . . . soweit ich erinnere in den Schauburg Studien . . . es war ein Freund meines Vaters . . . der in den Schauburgen . . . in den Läden der Schauburgen Fotoateliers betrieb . . . Auf diesem Bild sehen sie die ganzen Brüder meines Vaters . . . hier mein Vater . . . hier ein Bruder Max ein Bruder Richard , Bruder Albert . . . ein Bruder John . . . das war der älteste . . . Frauen und die Kinder . . . hier ist die Schwester Grete Hirschel mit ihrem Mann . . . und hier ist noch Franz Traugott, der Prokurist meines Vater geworden ist . . . mit seiner Frau Bianca . . . die vor einigen Jahren mit neunundneunzig . . . Jahren gestorben ist . . . . Hier sind lauter . . . Frage: Den Manfred . . . ist der auch da drauf zu sehen . . . Manfred Hirschel . . . Ist der Manfred Hirschel auch da drauf zu sehen? Rolf Arno Streit: „Hier ist Manfred Hirschel . . . Dies hier ist ein Familienbild der Familie Streit.Und zwar wurde das aufgenommen . . . wenn ich mich nicht irre . . . zum siebzigsten Geburtstag meines Großvaters Jakob Streit . . . Hier sehen sie meine Eltern . . . mein Vater Hugo Streit und meine Mutter . . . hier bin ich . . . schlecht getroffen . . . hier ist Max . . . Richard . . . Albert . . . John . . . Bianca . . . und Grete . . . alles geborene Streits mit ihren Männern . . . hier sitzen die ganzen Kinder . . . also meine Cousinen und meine Cousins . . . hier ist mein Bruder noch zu sehen. ,, . . . Dies hier ist auf dem Eiffelturm . . . hier sitzt meine Mutter . . . mein Vater . . . mein Bruder Carl Heinz und ich . . . das sind die ersten langen Hosen . . . die wir in Paris von meinen Eltern geschenkt bekommen haben . . . das erinner ich noch . . . hier auf diesem Bild sehen sie meine Großeltern Frida Henschel und James Henschel . . . mit ihrer Tochter Bianca Henschel . . . aufgenommen in Wiesbaden . . . Die ist ein Familien . . . dies ist ein Bild meiner Eltern mit meiner Großmutter . . . “ LKW nochmal alles ? Frage: nur das letzte.Bild Rolf Arno Streit: „Dies ist das Bild meiner Eltern, mein Vater . . . meine Mutter . . . meine Großmutter Frida Henschel . . . und weitläufige Verwandte . . . im Hintergrund sehen sie unseren Cadillac Wagen . . . das war der erste Cadillac von Hamburg . . . und hatte Aufsehen erregt . . . hier ist noch zu sehen unser Chauffeur . . . .Ja das ist mein Vater . . . Auf diesem Bild sehen sie meinen Vater im Hintergrund ein Flugzeug . . . wo das gewesen ist, kann ich ihnen leider nicht mehr sagen .. . . dies sind meine Eltern Hugo Streit und Sophie Streit mit der Schauburg Zeitung . . . Jedes Kino . . . jedes Kino . . . also jede Schauburg hatte eine . . . hat eine . . . hat eine Zeitung bekommen . . . die gleichzeitig ein Programm von dem jeweiligen . . . Film . . . enthalten hat . . .  Hier sehen sie mein Vater Hugo Streit . . . und Hermann Urich-Saß . . . sein Kompagnon . . . die beiden haben die Schauburgen und den ganzen Konzern gemeinsam aufgebaut . . . Auf diesem Bild sehen sie meine Großeltern Frida und James Henschel . . . mein Vater . . . Hugo Streit und meine Mutter Sophie Streit . . . am Europäischen . . . vor dem Europäischen Hof in Baden Baden . . . Auf diesem Bild sehen sie unser Haus in der Rothenbaumchaussee . . . im Vordergrund stehen . . . steht die Familie . . . und hier ist der Cadillac . . . noch einmal richtig zu sehen . . . .Dies ist ein Bild aufgenommen in Rio de Janeiro . . . da sind wir soweit erinnerlich nach Petropolis raufgefahren . . . dies ist meine Frau und dies bin ich . . . Rolf . . . auf diesem Bild sehen sie mein Hochzeitsbild mit meiner Frau . . . die in Holland in Haag . . . gefeiert wurde . . . weil ich seinerzeit nicht mehr nach Deutschland zurückkehren konnte . . . ohne Gefahr zu laufen ins Konzentrationslager zu . . . zu kommen. Da haben wir bei meiner Tante, die damals in Holland lebte . . . Bianca . . . unsere Hochzeit gefeiert . . . Zu der Hochzeit sind die ganzen Verwandten . . . auch meine Großeltern . . . James und Frida . . . auch meine Eltern und die Eltern meiner Frau herübergekommen . . . Tja . . . dies ist ein kleines Bild in Monte Carlo aufgenommen . . . ich ersehe daraus nur . . . mein Großvater James und meine Großmutter Frida . . .  ein Moment . . . Alte Postkarte Cap Norte Dies ist ein Bild von der Cap Norte . . . das Schwesternschiff von der Cap Polonio . . . mit dem wir . . . meine Frau und ich nach der Hochzeit wieder zurückgefahren sind nach Rio . . . zurück bin nur ich gefahren . . . meine Frau habe ich aber mitgenommen . . . Hilde Streit: Dankeschön (lacht) . . . . . . Dies war auch ein Bild . . . hier ist der Betrüger drauf . . . das will ich gar nicht zeigen . . . Frage: Das ist auch von der Überfahrt. Rolf Arno Streit:“ . . . das ist auch der Betrüger drauf.“ Frage: Dann machen wir die Zwischenstation in Portugal noch. Rolf Arno Streit: Was ist das denn . . . Frage: Portugal. Rolf Arno Streit: „In Lissabon Sierra Campus . . . 1937 . . . Auf diesem Bild . . . soll ich anfangen . . . Auf diesem Bild sehen sie meine Großeltern Streit Jakob und Trude . . . .(Strassenbahngeräusche) . . . Auf diesem Bild sehen sie meine Eltern auf der Cap Polonio . . . sie besuchten uns zu jener Zeit in Rio . . . sie besuchten uns im Jahre 1937 . . . nein das kann nicht sein . . . sie sind damals aus Amerika zurück gekommen . . . ich entsinne das nicht mehr ganz genau. . . Hier sehen sie meine Eltern Hugo und Sophie Streit mit den Eltern meines Vaters Trude und Jakob Streit . . . mein Bruder Carl Heinz und ich als der jüngere . . . auf dem Bild erscheine ich der Höhe wegen als der ältere . . . aber in Wirklichkeit bin in der jüngere   . . . hier auf diesem Bild sehen sie meinen Bruder mit seiner Amme . . . das bin ich . . . da . . . da arische Musiker nicht mehr für Juden spielen durften . . . spielen durften haben wir eine jüdische Kapelle gegründet . . . . den Namen Catus . . . ich war der Kapellmeister . . . dies sind alles jüdische Musiker . . . wir spielten sehr viel auf jüdischen Festen . . . privater Natur und auch . . . entsinne ich ein Henry Jones Logenball . . . Henry Jones Logenball . . . Hernry Jones Loge war eine jüddische Loge und die hat dann jedes Jahr ein großes Fest gegeben auf dem wir gespielt haben . . .  Frage: Buenos Aires steht da hinten drauf. Rolf Arno Streit: Buenos Aires . . . die haben gar nichts mit uns zu tun . . . : Ja dann sind wir durch. Frage. Das ist auch schon Buenos Aires Rolf Arno Streit: „Nein das ist Travemünde. Travemünde . . . Ah ja . . . (Hundegebell im Hintergrund) Rolf Arno Streit: „Auf diesem Bild sehen sie wie die Menschen früher am Strand angezogen waren. Dieses Bild zeigt den Strand von Travemünde. Mein Vater im Badeanzug meine Mutter in der Badeho . . . anzug. Mein Onkel . . . alle gut gekleidet . . . hier bin ich und hier ist mein Bruder Carl Heinz Das ist 19 . . . und etwa 1913 gewesen . . . so ging man an den Strand . . . ne eben nicht . . . ich hab mich geirrt . . . es waren keine Badeanzüge . . . es waren Anzüge mit steifen Kragen . . . Eckenkragen . . . meine Mutter in einem eleganten Sommerkleid . . . mit Hut und die Amme hier mit dicken Brüsten zu sehen. Frage: Und das andere Foto . . . können wir das noch sehen?Rolf Arno Streit: „Hier sehen sie wiederum am Strand von Travemünde die ganze Familie in ihren besten Kleidungsstücken . . . „Frage. Da waren laute Kinder, wollen wir das noch mal haben ja einmal Rolf Arno Streit: „Auf diesem Bild sehen sie die ganze Familie wie sie damals vor circa achtzig Jahren am Strand von Travemünde . . . erschienen.“ Hilde Streit: „Jetzt wenn sie in Rio sehen . . . wie die Leute da schwimmen . . . „Frage: Ich glaube, das genügt auch. Ist es alles schön Herr Kameramann? Brasilianisch wird jetzt geredet. Die Fragen stellte Jens Meyer, Kamera hat Dietmar Bruns gemacht

Das Interview mit Rolf Arno Streit, Hilde Streit und Carl Heinz Streit fand am 30. und 31. Juli 1990 in Belo Horizonte, Brasilien statt. Rolf Arno und Carl Heinz Streit sind die beiden Söhne des Kinobesitzerehepaars  Sophie (geb. Henschel)  und Hugo Streit, der zusammen mit seinem Kompagnon Hermann Urich Sass den Henschel Film und Theaterkonzern leitete und besaß. Das Unternehmen wurde in der Nazizeit enteignet (arisiert  nannten die deutschen Nazis das Verfahren). Die Nutzniesser hießen Paul Romahn und Gustav Schümann, ehemalige Angestellte des Henschel Film und Theaterkonzerns.

Interview Jens Meyer

Anmerkung 2017. Der Mann, der  Carl Heinz Streit in Brasilien sofort angestellt hat, war Al Szekler (in dieser Schreibweise). *Al Szekler war Direktor der Firma Universal Film SA Brasilien. Jens Meyer 2020

Belo Horizonte 31. Juli 1990. Von links nach rechts: Carl Heinz Streit, Rolf Arno Streit und seine Ehefrau Hildegard Käthe Streit, geb. Sochaczewer, geb. am 9. August 1913, gest. 1993. Foto Jens Meyer

Belo Horizonte Brasilien 1990
Hilde Streit Carl Heinz Streit
Hildegard Käthe Streit, geb. Sochaczewer. geb. 9. August 1913 in Hamburg. Gest. 1993 in Belo Horizonte (Brasilien). Rolf Arno Streit. geb. 26. August 1911 in Hamburg. gest.15. Februar 1993. In Belo Horizonte. (Brasilien)
Tier
Carl Heinz Streit 1990

Nebenbei bemerkt: Bavaria Film AG Franz Seitz

Gefunden in dem Buch: Joseph Wulf, Theater und Film im Dritten Reich, Ullstein Verlag, Mai 1983, Seite 390 – 391.

«SA-Mann Brand» Bericht über den Film gleichen Titels in: Völkischer Beobachter vom 16.6.1933. SA-Mann Brand; Produktion: Bavaria AG.; Drehbuchautoren: Joseph Dalmann und Joe Stöckel; Regie: Franz Seitz; Darsteller: Heinz Klingenberg, Otto Wernicke, Elise Aulinger, Rolf Wenkhaus, Joe Stöckel, Max Weydner, Manfred Pilot, Wastl Witt, Hedda Lembach, Helma Rückert, Fritz Greiner, Magda Lena, Vera Liessem, Adolf Lallinger, Otthein Haas, Theo Kaspar, Philipp Weichand, Rudolf Frank, Rudolf Kunig; Musik: Toni Thoms; Prädikat «Künstlerisch besonders wertvoll, volksbildend».

«Freitag abend kam es anläßlich der Erstaufführung des Filmes <SA-Mann Brand> zu Beginn der Vorstellung zu einem Zwischenfall. SA-Gruppenführer Beckerle teilte dem Publikum mit, daß die Reklameplakate von einem polnischen Maler angefertigt seien. In Anbetracht der Tatsache, daß der Besitzer des Kinos (Gloria Palast) seinem Wunsche, die Plakate zu entfernen, nicht nachgekommen sei, forderte er die erschienenen SA und SS-Mitglieder auf, den Raum zu verlassen. Die Anwesenden kamen diesem Verlangen sofort nach. Daraufhin wurde die Vorstellung abgebrochen.» Frankfurter Zeitung vom 18.6.1933; über die antijüdische Betätigung desselben Adolf Beckerle während des Krieges, als er Gesandter in Bulgarien war, siehe Léon Poliakov – Joseph Wulf: Das Dritte Reich und seine Diener, Berlin 1956, S. 11, 48-49, 53 und 56-58.

Hier irrte der SA Gruppenführer Adolf Beckerle: Das Plakat stammte von dem Grafiker Julius Ussy Engelhardt, geb am 18. September 1883 in Bindjey, Sumatra. So ist das, wenn man keine Ahnung hat.

Originalton Filmportal.de: “Franz Seitz sen. wurde am 14. April 1888 in München geboren. Nach dem Schulabschluss absolvierte er zwei Jahre lang eine private Schauspielausbildung bei Franz Jacobi vom Münchner Hoftheater. Unter dem Pseudonym „Franz Felix“ stand er anschließend an diversen bayerischen Theatern auf der Bühne. Ab 1908 hatte er ein dauerhaftes Engagement am Nürnberger Volkstheater. Zu dieser Zeit begann er auch als Regisseur zu arbeiten und inszenierte Stücke unter anderem in Innsbruck und Eisenach. Bis 1918 folgten weitere Engagements, zunächst in Regensburg, wo er ebenfalls Regie führte, dann am Münchner Volkstheater. 1919 wurde er ins Ensemble des Münchner Residenz Theaters berufen. Zu dieser Zeit lernte er auch seine spätere Ehefrau kennen, die Bühnenschauspielerin Anni Terofal.“ “Wir erleben den SA-Mann Brand in seiner Familie. Der Vater ist Sozialdemokrat, aber die Mutter heimlich auf des Sohnes Seite. Ihnen gegenüber wohnt eine Witwe, die sich kümmerlich mit ihrem Jungen durchs Leben schlägt. Hitlerjunge ist er, eine Uniform will er haben, und so näht seine Mutter nachts, um das Geld für ein Braunhemd aufzutreiben. Brand ist gut Freund mit ihm und nimmt ihn unter seinen Schutz, der in diesem Kommunistenviertel sehr nötig ist. Wir sehen das lichtscheue Gesindel, das mit allen Mitteln, mit List und Waffen versucht, die Reihen der SA zu sprengen. Aber immer werden sie rechtzeitig von einer Kommunistin gewarnt, die ihr Herz an den SA-Mann Brand verloren hat. Wir erleben die Überfälle der Kommune, sahen die Gegenwehr der SA und fühlen noch einmal diese ganze Zeit der Hetze, der Unsicherheit und des Verrates nach. Da wird nach Aufhebung des Uniformverbotes ein Propagandaumzug gemacht. Hitlerjunge Erich marschiert zum ersten Male in Uniform, da trifft ihn eine tückische Kugel. Behutsam bringt ihn Brand der gefaßten Mutter. Jede Hilfe kommt zu spät. Mit den Worten: «Ich geh jetzt zum Führer», haucht er sein junges Leben aus. – Und draußen dröhnt die Marschmusik der SA. Überraschend ist der Tag der nationalen Erhebung da. Deutschland ist frei.“ “Zu Seitz‘ regelmäßigen Darstellern gehörte der von der Bühne kommende Komiker Weiß-Ferdl, mit dem er zwischen 1928 und 1933 sechs Filme drehte. Danach wurde der ebenfalls vom bayerischen Theater kommende Volksschauspieler (und Regisseur) Joe Stöckel sein Stammschauspieler, wenn auch häufig in Nebenrollen. Die beiden arbeiteten bis 1937 bei 17 Filmen zusammen; Stöckel schrieb gemeinsam mit Joseph Dalmann meist auch die Drehbücher. So auch bei dem NS-Propagandafilm „SA-Mann Brand“ (1933), der ohne offiziellen Regierungsauftrag entstand und von Seitz in einer Art vorauseilendem Gehorsam inszeniert wurde. Stöckel schrieb sich darin die humorige Nebenrolle eines gutmütigen Hausbesitzers zu, der unter der Fuchtel seiner die Nazis ablehnenden Frau steht. Der Film war jedoch weder beim Publikum, noch bei der Kritik ein Erfolg.“ Bleibt noch anzumerken, dass Filmportal.de zwar bemerkt, dass der Film nicht im „Regierungsauftrag“ entstanden ist, aber nicht schreibt, wann die Dreharbeiten statt fanden. Aus anderer Quelle kommt die Angabe, die Dreharbeiten hätten von Mitte April bis Ende Mai 1933 stattgefunden. In der Zeit hatte die NSDAP vermutlich wichtigeres zu tun, als Franz Seitz einen Filmproduktionsauftrag zu erteilen.

Abschrift eines Textes von David Stewart Hull (1961)

Herbert Selpin
Walter Zerlett-Olfenius (Drehbuchautor)

pdfMordSelpin Joseph Wulff

pdfMordanSelpinWürgemale am Hals

PDF Abschrift David Stuart Hull (Zeichen32.317)

(Zeichen 31.972) FalschheitenVorname Fritz! Abschrift: David Stewart Hull, Berkely USA, veröffentlicht in der Zeitschrift »Film« Heft 3 im August / »September 1963. Herausgegeben von Hans Dieter Roos und Werner Schwier. Es handelt sich dabei um eine Übersetzung des Artikels, der vom Autor David Stewart Hull (auch David Stuart Hull) durchgesehen und von der Redaktion der Zeitschrift »Film« gekürzt wurde. Der Aufsatz ist zuerst in der Zeitschrift „Film Quarterly“ im Sommer 1961 abgedruckt worden. „Abschrift eines Textes von David Stewart Hull (1961)“ weiterlesen

Jäger des verlorenen Schatzes oder Mein Freund der Rechtsanwalt

Neulich erhielt ich Post von meinem Freund, dem Rechtsanwalt. Er hatte mal wieder telefonischen Kontakt mit der freundlichen Dame vom Grundbuchamt. Aber, leider, leider, die entsprechenden Blätter aus dem Grundbuch sind nicht auffindbar. Zufällig handelt es sich um zwei Grundstücke, auf denen früher Kinos standen. Heute sind es die so genannten Sahnegrundstücke der Hamburger Innenstadt: Dammtorstrasse 14 und Gänsemarkt 43. Die Kinos hiessen Waterloo Theater und Lessing Theater und es wird behauptet, daß sowohl die Grundstücke, als auch die Kinos die darauf standen, den Kinobesitzern selber gehörten.

Nur beweisen kann man es nicht, solange die entsprechenden Grundbuchblätter fehlen. Dagegen sind die Grundbuchblätter ab 1938 für die entsprechenden Grundstücke vorhanden. Aber auch die sind nicht jedermann zugänglich. Der Datenschutz, versteht sich. Das war nicht immer so. Bis 1970 waren die Grundbesitzer in den Adressbüchern abgedruckt. Merkwürdig, wie sie und warum daraus verschwunden sind. Da heißt es entsprechende Vollmachten zu besorgen und wer kann sich schon Vollmachten besorgen von Menschen, die von deutschen Bürgern umgebracht wurden?

Und genau da beginnt die Sache mit der Geschichte der Hamburger Kinos schwierig zu werden. Inzwischen sind seit jener Zeit zwei Generationen vergangen. Die Opfer sind tot, die damaligen Täter, die ihren Kindern eingeredet hatten, dass Sie ein Opfer ihrer Zeit waren und keineswegs Täter, und auch die Kinder, die ihrerseits zur Legendenbildung beigetragen haben, ihre Väter hätten das enteignete Eigentum rechtmäßig erworben, sind inzwischen verstorben. So ist ein nüchterner Blick auf die Hamburger Kinogeschichte heute eher möglich, als noch vor zwanzig Jahren, als ich mit den Recherchen zur Geschichte der Hamburger Schauburg Kinos begonnen habe.

Der Eigentümer, so behaupte ich, der Grundstücke Gänsemarkt 48, Büschstrasse 1, belegen im Grundbuch Neustadt Nord, Band XVI, Blatt 776, Flurbuch Nr. 818 , Grösse 270 qm und Gänsemarkt 46 und Büschstrasse 2, belegen im Grundbuch Neustadt Nord XVII, Blatt 818, Flurbuch Nr. 861, war Jeremias genannt James Henschel, geboren in Hamburg, am 5. Februar 1863, Staatsangehögikeit: deutsch, Religion: jüdisch, verheiratet mit Friderike Henschel, geb. Blumenthal, drei Kinder. James Henschel ist von Beruf Kaufmann. Im August 1938 flüchtet das Ehepaar zu Ihrer Tochter Bianca nach Holland, die sich dort mit einem portugiesischem Konsul verheiratet hat und seit dem Bianca Kahn heisst.

Ein Jahr später – am 26. August 1939 – stirbt Jeremias Henschel im Exil in Scheveningen/Holland. (Wohnanschrift von James und Frida Henschel bei ihrer Tochter Bianca Kahn und Dr. Isidor Kahn, Scheveningen, Kapelplein 7 am 8. September 1939) Am 13. Juni 1939 beantragt der Oberfinanzpräsident Hamburg bei der GESTAPO die Ausbürgerung von Jeremias Henschel. Im Monat darauf am 7. Juli 1939 beantragt die GESTAPO Hamburg bei der GESTAPO Berlin die Ausbürgerung von Friederike Henschel, geb. Blumenthal. Am 16. September 1939 ist die Bekanntmachung der Ausbürgerung von Jeremias Henschel und Friderike Henschel durch den Reichsminister sowie sofortiger Beschlagnahmung des gesamten Vermögens. Wer sich auf die Suche nach den Kinoeigentümern macht, denen die Kinos früher – vor 1933 – gehört haben, hat es nicht leicht. Die Spuren sind gründlich verwischt, die Quellen werden gehütet. So werden die nicht auffindbaren Seiten der Grundbücher zum Hüter der verlorenen Schätze und haben damit fast Kinoqualität. Jens Meyer 9. Dezember 2004

John Hansen: Vor fünfundzwanzig Jahren

Abschrift aus dem Film Kurier vom 16. August 1930

John Hansen: Vor fünfundzwanzig Jahren Hamburg im August (1930)

Im Herbst 1906 wurde ich vom Militär entlassen und eröffnete am 25. Dezember 1906 mit meinem Vater Albert Hansen zusammen auf unserem Grundstück unser Hansen-Kino, Altona, Schulterblatt 49.

Das Theater wurde unter den Klängen eines elektrischen Pianos eröffnet. Es war damals natürlich schwer, einen geübten Vorführer zu bekommen, d. h. ein mir empfohlener Vorführer verstand vom Vorführen nur etwas mehr als ich – und ich selber hatte gar keine Ahnung. Wir mußten uns die Sache daher selbst ausklügeln. Es kam natürlich auch bei den ersten Vorführungen vor, daß hin und wieder mal ein Film über Kopf oder in Spiegelschrift eingesetzt wurde. Auch das Filmkleben machte zuerst große Schwierigkeiten, aber durch die Pannen wird man klug und so eignete ich mir von der Pike auf die technischen Kenntnisse an. Ich habe später auch viele wissenschaftliche oder Reisevorführungen, wie zum Beispiel Shackleton, Swen Hedin usw. in Sälen zeigen können. Mein Vater war lange Jahre erster Vorsitzender des Hamburger Kinobesitzervereins. Auch unternahm er viele Agitationsreisen, um die Kinobesitzer in ganz Deutschland zusammenzuschließen. Die Filmbeschaffung war zu Anfang sehr schwer, da es sehr wenige Filmfabrikanten gab. Zuerst kauften wir einige 1000 Meter und jeden Tag wurde das Programm etwas anders zusammengestellt; es kehrten natürlich immer dieselben Bilder wieder. Ich habe dann, um Neuheiten zu beschaffen, mit einigen anderen Kollegen meine Filme ausgetauscht. Auch das war auf die Dauer unhaltbar und so fuhren wir schließlich nach Berlin und schlossen mit der Firma Greenbaum wöchentlich ein Programm von ca. 1500 Meter, also 8 – 10 Filme ab. Zuerst ging es sehr gut, und wir waren doch die ersten, die überhaupt wöchentlich wechselten. Bald jedoch war das Lager erschöpft und wir bekamen immer wieder dieselben Filme. So gründete ich daraufhin einen Ring von norddeutschen Kinobesitzern und übernahm den Vorsitz und den Einkauf der Programme. Es wurde jede Woche ein Programm von ca. 1500 Meter gekauft, das der Reihenfolge nach von den Mitgiledern (Mitgliedern?) gespielt wurde. Hernach hatten wir noch Theater, die von uns mieteten. Da das Verlangen nach Neuheiten größer wurde, führte ich den zweimaligen Programmwechsel ein. Dieser Ring wurde später dann durch die Fabrikantenvereinigung aufgehoben, da sie nur noch an Verleiher liefern wollten. Ich habe später nochmals einen großen Teil der Hamburger Theaterbesitzer zu einem Hansen-Ring vereinigt, bei dem wir gemeinsam unsere Filme für eine bestimmte Wochenzahl abschlossen. Dieser Ring wurde während des Krieges * aufgelöst. In Hamburg haben wir übrigens einen Kegelklub “Flimmerfritzen“ gegründet, der nur aus Kinobesitzern besteht und dessen Vorsitzender ich bin.

J o h n H a n s e n, P r o g r e ß – F i l m

*Es handelt sich vermutlich um den ersten Weltkrieg.

Eintrag im Altonaer Adressbuch von 1910: Hansen, Alb., Theater lebender Photographien, Schulterblatt 49. (Aus einem späteren Eintrag geht hervor (E), dass Albert Hansen Eigentümer des Grundstücks ist. 1930 ist Willy Heidtmann als Mitbesitzer des Grundstückes eingetragen.

Norddeutschland Am 23. November 1937 findet sich in der LBB folgende Meldung:

„Nr. 45. Eintragungen im H a n d e l s r e g i s t e r A l t o n a. 12. November 1937. Erloschen : A 2721: Hansen-Kino John Hansen und Willy Heidtmann in Altona (Schulterblatt 49). Die Gesellschaft ist aufgelöst. Die Firma ist erloschen.“

Tiere sehen Dich an (1)
Wassertum Schanzenpark

Fotos Jens Meyer