Wikipedia hat nur geschrieben, wann dieser Mensch geboren ist. Beim Todesdatum steht bis heute (22. September 2022, 20.00 Uhr ): Unbekannt. Doch der Betreiber der Synchrondatenbank, Arne Kaul, hat es herausgefunden. Gestorben ist Rohnstein am 12. August 1973 in München. Geboren ist Konrad Paul Rohnstein am 21. Januar 1900.
Aus seiner Biografie gibt es einige sichere Daten. Er hat in Würzburg studiert und eine Doktorarbeit geschrieben und taucht im Berliner Telefonbuch von 1927 (Redaktionsschluß 15. Oktober 1926) als Rohnstein, Konrad Paul, Dr. rer. pol. auf. Die Doktorarbeit wurde am 18. Oktober 1923 bewertet. Wie, konnte ich nicht herausfinden. Im Telefonbuch gibt es auch Rohnsteins Berliner Anschrift: Falkenhagener Str. Nr. 7, Berlin-Spandau. T: 22 42.
Die Doktorarbeit trägt den Titel: „Beiträge zur wirtschaftlichen Entwicklung der deutschen Filmindustrie unter besonderer Beruecksichtigung des Kinematographentheatergewerbes“. Diese Doktorarbeit steht auszugsweise im Netz. Ich habe sie überflogen. Sie beschäftigt sich nicht, wie man vermuten könnte, mit den technischen Abläufen bei der Herstellung von Filmen, sondern nur mit deren Vermarktung in den Kinos.
In Berlin wurde am 16. September 1929 die „Rhytmographie Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ gegründet und am 30. November 1929 ins Handelsregister Berlin unter der Nummer 43259 eingetragen.
Die Gesellschaft hat ein Stammkapital von 75.000 RM und drei Geschäftsführer: 1. Ingenieur Karl Robert Blum, Berlin, 2. Kaufmann Karl Egon Martiny, Berlin, 3. Ingenieur Walter Hahnemann, Berlin. Im Scherl Adressbuch von Berlin, Ausgabe 1931 (vermutlicher Redaktionsschluß 15. Oktober 1930) habe ich auf Seite 444 den Eintrag gefunden: „Rhythmographie G. m. b. H., Phono- u. Kinotech. Ind., SW 68, Alte Jacobstr. 133.
Die Firma arbeitet auf der Grundlage der Patente von Carl Robert Blum. Blum hatte viele Berufe. Einer davon war: Erfinder. Außerdem war er Kapellmeister und Direktor des: »Mohr’schen Conservatorium für Musik«, das bereits seit 1870 existierte.
Eine der ersten Arbeiten, die die „Rhythmographie GmbH“ (vereinzelt auch in der Schreibweise: Rhytmographie GmbH) ist die deutsche Tonfassung des Filmes: „Im Westen nichts Neues“ (All Quiet on the Western Front, USA 1930, 140/125 Min.) von Lewis Milestone, der als Stumm- und als Tonfilm in die Kinos kam. In die deutschen jedoch nicht. Das wird an anderer Stelle geschildert. (Siehe Anlage Bucher Seite 26)
Die Leitung der Synchronarbeiten hatte der ehemalige Chefdramaturg der UFA: Viktor Abel. Auf der Seite der „Vergessenen Filme“ kann man studieren, wer sonst noch daran beteiligt war, diese Synchronarbeiten im Auftrag der Filmproduktionsfirma Universal durchzuführen: Max Bing (Dialogregie), Konrad Paul Rohnstein (Assistent), Werner Jacobs (Assistent Tonschnitt), Elsa Jaque (Dialogbuch). Diese Angaben habe ich nur teilweise (Abel, Bing, Rohnstein, Jacobs) überprüft.
Einen Eintrag von Viktor Abel fand ich in den Scherl Adressbüchern von Berlin. Die Ausgabe von 1929 (Redaktionsschluß 15. Oktober 1928) enthält den Eintrag: Abel, Viktor, Filmdramaturg, Riehlstr. 11 (II) in Charlottenburg. 1931 taucht Viktor Abel mit gleicher Berufsbezeichnung in Berlin Zehlendorf, in der Lindenallee 4 auf. Geboren ist er am 2. Dezember 1892 in Kiev, das in jener Zeit zum Russischen Kaiserreich gehörte.
Nach der Machtübergabe an die Nazis wurde am 9. August 1933 eine neue Gesellschaft gegründet: »Lüdtke, Dr. Rohnstein & Co. Sitz: Berlin«.
Diese wurde am 3. November 1933 unter der Nr. 78867 in das Berliner Handelsregister eingetragen: „Lüdtke, Dr. Rohnstein & Co.Berlin“. (OHG) Gesellschafter sind: Kaufmann: Alfred Lüdtke, Produktionsleiter: Dr. rer pol. Konrad P. Rohnstein und Ingenieur: ErichLuschnath, sämtlich in Berlin. Zur Vertretung sind nur je zwei gemeinschaftlich ermächtigt.
Anmerkungen (2022): Viktor Abel war nach den Nazi Kriterien Jude. Seine letzte Wohnanschrift in Berlin war: Lindenallee 4 in Berlin-Zehlendorf. (Heute: Lindenthaler Allee 4). Am 21.10 1941 wird Viktor Abel nach Lódz deportiert und dort ermordet. Kaufmann Alfred Lüdtke, Teilhaber der Firma »Lüdtke, Dr. Rohnstein & Co«, ist im Scherl Adressbuch von 1927 mit dem Eintrag: »Lüdtke, Alfred, Kaufm., Cöpenick, Flemmingstr. 16, II, Postscheck=Kto 109 373« auf Seite 2086 eingetragen. Durch die Aufteilung Berlins bei Kriegsende liegt Köpenick im russischen Sektor von Berlin. Konrad Paul Rohnstein verläßt bei Kriegsende Berlin und gründet in München die »Rohnstein Film GmbH«, die sich wiederum mit der Synchronisation ausländischer Filme beschäftigt. Dort entsteht die deutsche Fassung des Hitchcock Films »Spellbound« dessen deutsche Fassung den Titel »Ich kämpfe um dich« bekommt. In Deutschland kommt er am 29.2.1952 ins Kino.
Abschrift aus der Westböhmische Tageszeitung, Nr. 209 , Pilsner Tageblatt vom 31. Juli 1950, Seite 3. Überschrift Frauen suchen Gold — Am laufenden Band. – Können sie auf den schwarzen Strich sprechen.
„Kinder, wißt ihr das Neueste, Walters Onkel kommt heute!“ „Wie bitte?“ Kinder, wißt ihr das Neueste, Walters Onkel kommt heute! Kinder, wißt ihr das Neueste, Walters Onkel kommt heute!!“ Immerzu sagt das eine schöne blonde Frau und blickt dabei finster ins Ungewisse und sieht und hört mich nicht. „Kinder, wißt ihr das Neueste, Walters Onkel kommt heute!“
Ich fliehe, in frommer Scheu vor dem Wahnsinn, und kombiniere: es wird ihr was zu Kopf gestiegen sein, vielleicht enttäuschte Liebe. Man steht das jetzt so oft: Frauen phantasierend durch die Straßen laufen. Da stockt mein Fuß.
Wieder sitzt da eine Frau und redet in einem fort: „Bleibt doch noch hier, zu euren Männern kommt ihr früh genug, ob ihr sie früher oder später ärgert, bleibt einerlei!“ Aha, denke ich, meine Kombination stimmt also: Die Liebe ist daran schuld. Aber der Blick dieser Frau ist eigentlich gar nicht so verstört. Sie schaut fast munter und keck mich an, und wie ich genauer hinsehe, entdecke ich befreit die wohlbekannten Züge Lotte Werkmeisters. „Ja aber, gnädige Frau?“ „Augenblick, bin gleich fertig, ich muß das erst richtig raus haben: Bleibt doch noch hier, zu euren Männern kommt ihr noch früh genug. Nachher spreche ich auf den schwarzen Strich.“ „Wie bitte?“ „Wir sprechen auf den schwarzen Strich.“
Und dann wird Frau Werkmeister auf einmal ganz menschlich: „Tja, es ist oft die rrreinste Filigranarbeit, lassen Sie sich unser Rhythmonom, dieses Ding mit dem schwarzen Strich, mal zeigen.“
Nun stehe ich mit Viktor Abel, der als Produktionsleiter der Warner Bros. Film hier unumschränkter Herrscher ist, und mit Dr. Rohnstein, seiner linken und rechten Hand, vor dem „Rhythmonom“ und betrachte den senkrechten schwarzen Strich, an dem langsam auf einem hell erleuchteten Band die Worte „Mäuschen=mit=dem=Grübchenknie“ Vorüberziehen. Da stehen nun drei solcher Rhythmonome, vor jedem steht ein Sprecher, hier Gustav Wallauer, da Ilse Baerwald, dort Peter Ihle, auf jedem Rhythmenband kommt ein schöner Text angefahren, und jeder spricht nun sein Verslein, jedes Wort in dem Moment, da es über den schwarzen Strich gleitet. Und es entsteht das schönste Dreigespräch.
Und ein Mikrophon nimmt getreulich alles auf und liefert es zum Tobis. „Tja“, flüstert mir Lotte Werkmeister ins Ohr, „das ist Sprechkunst am laufenden Band.“ Und wissen Sie, wozu das alles? Ganz einfach. Hier wird zu einem fertigen amerikanischen Tonfilm, „Goldsucher auf dem Broadway“ heißt er — Frauen suchen da das Gold —, der deutsche Text gesprochen.
Damit aber die deutschen Worte genau auf die Mundbewegungen der amerikanischen Darsteller im Film passen, hat man schon dementsprechend übersetzt. Zum Beispiel ein Schlager: „Keeping the wolf from the door“ im Deutschen: „Ich bin ein Wolf, sieh dich vor.“ Also fast gleich in der Lautbildung. Oder es sagt einer im Film: „can you imagine.“ Im deutschen Text heißt das: „Denken Sie mal an.“ Da hat man genau dieselbe Lippenbewegung. Probieren Sie’s vorm Spiegel aus. Und da fällt auch zeitlich beim deutschen „Sie“, und das ma von „imagine“ genau auf das i vom deutschen „Sie“, und das ma von „imagine“ genau auf das ma vom deutschen „mal“. Im Redefluß ist nämlich die Mundstellung bei i und a ziemlich dieselbe. Jeder kann sich da denken, daß das Uebersetzen ein schweres Stück Arbeit ist, denn der deutsche Text muß außerdem noch denselben Rhythmus wie der amerikanische haben.
Der Text (oder auch die Noten für den Schlager) wird dann mit Hilfe eines sog. Rhythmographen auf das Rhythmenband geschrieben, genau in dem Abstand, wie es die Sprache im Film erfordert, und er wird — wie schon erwähnt — in demselben Moment gesprochen, wo er über den schwarzen Strich gleitet. Der Kapellmeister muß mithin genau so dirigieren, wie die Noten über den schwarzen Strich hinweggeben. Das stellt freilich an die Kunst der Sprecher und des Orchesters ungeheure Anforderungen, aber das Ergebnis ist überraschend. Da das Rhythmenband im Rhythmonom synchron — das heißt gleichzeitig — mit dem Film läuft, deckt Sprache und Musik genau mit den Bewegungen im Film.
Ich habe den Film auf der Leinwand gesehen, und entfernt hinter einem Vorhang hörte ich die Schauspieler vor dem Rhythmonom dazu sprechen und war erstaunt, auch nicht das geringste Abweichen des Tons vom Bilde feststellen au können. „Wieviel Prozent hat der Film?“, frage ich den Tonregisseur Zander. „Es wird alles gesprochen.“ Also 100 Prozent Ton, wie man das so schön sagt, 100 Prozent Geräusch, 100 Prozent Musik natürlich, 100 Prozent Farbe und 100 Prozent Bild, macht zusammen 500 Prozent. Moderne Mathematik! Und 100 Prozent Lotte Werkmeister.
Man läßt den Wiedergabapparat laufen, um das Ergebnis einer Tagesarbeit sich anzuhören. Da kommen natürlich die Szenen in willkürlicher Reihenfolge, dazwischen mal Schlager. Auf einmal aber gellt eine Frauenstimme grauenhaft, erschütternd durch den Saal: „Herrgott, ist das Weib dumm!!“ Bei dumm hebt sich die herzzerreißende Stimme und will sich vor Entsetzen fast überschlagen. Und schmunzelnd, mit herabgezogenen Mundwinkeln, hört sich Lotte Werkmeister ihr köstliches Produkt an. Und Lotte selbst hat mir auch noch was zu sagen: „Nehmense das von vorhin nicht so genau: zu euern Männern kommt ihr früh genug, ob ihr sie früher oder später ärgert, bleibt einerlei. Wissen Sie, ich ärgere meinen Mann nicht, wir verstehen uns blendend. Was hat man denn sonst schon von dem bißchen Leben? Nun ja, is doch wahr! Stimmt’s nicht?“
Der Hunger nach guten Stoffen von Viktor Abel, Wien. 10.397 Zeichen
“Soeben erscheint im Sensen=Verlag Wien=Leipzig, verfaßt von Viktor Abel, ehem. Chefdramaturgen der Ufa, ein Buch „Wie schreibe ich ein Filmmanuskript?“ Mit Erlaubnis des Verlages entnehmen wir dem Buche den nachfolgenden Abschnitt.
Viel geliebt und viel geschmäht, hat sich im Laufe der letzten drei Jahrzehnte der Film die Welt erobert, in der er von Jahr zur Jahr mehr Bedeutung und Einfluß gewinnt.
In den dem abendländischen Kulturkreis angehörenden Produktionsländern, die für uns allein in Frage kommen, werden im Laufe eines Jahres durchschnittlich ungefähr tausend Spielfilme herausgebracht, und die Anzahl der erworbenen Manuskripte ist noch weit größer, denn nicht jeder angekaufte Stoff wird auch wirklich „gedreht“.
Man sollte nun meinen, daß diesem Bedarf ein genügend großes Angebot an guten Manuskripten gegenüberstünde. Weit gefehlt! Der Weltbedarf an guten Filmstoffen kann zur Zeit auch nicht annähernd gedeckt werden, aber die Betonung liegt auf dem Wörtchen „gut“. Wie gewaltig der Hunger nach interessanten, ideenreichen Manuskripten ist, beweist schlagend der Ausspruch eines erfolgreichen Filmautors: „Hollywood braucht im Jahre 300 gute Filmideen, und uns allen zusammen fallen nicht mehr als d r e i ein!“
Zehntausend, wenn nicht hunderttausend Manuskripte werden eingereicht. Und wie gering ist der Prozentsatz der Manuskripte, die überhaupt diskutabel sind!
Dabei werden die Ansprüche des Kinopublikums von Mal zu Mal größer, bessert sich der Geschmack des Publikums immer mehr. Zuerst vielleicht nur der Geschmack der „gebildeten“ und „intellektuellen“ Kreise. Aber allmählich breitet sich der Wunsch nach Steigerung des Niveaus wellenförmig aus, erfaßt immer weitere Kreise.
Vergessen wir nicht, daß wir in einer Zeit der vorher noch nie erlebten Umschichtung und Erweiterung der Kulturbedürfnisse leben. Und wenn das Kino sich nicht den Forderungen seiner Besucher nach g u t e n Filmen anpaßt, dann kann es zu einer Katastrophe der Filmindustrie kommen.
Was aber heißt ein g u t e r Film?
Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten, weil der Film ja nicht Tausenden von Menschen gefallen muß wie ein Bild, oder Zehntausenden wie das Theater, auch nicht Hunderttausenden wie ein gutes Buch, sondern mit Millionen Menschen aus allen Kreisen, aus den verschiedensten Schichten der Bevölkerung, aus den unterschiedlichsten Gegenden der ganzen Welt rechnen muß.
Wie ist es möglich, Millionen, die doch so verschieden sind in ihren Wünschen, Gefühlen, Gedanken und Lebensumständen, auf ein einzigen Nenner zu bringen? (Und der Film braucht, um rentabel zu sein, diese Menschenmillionen!)
Die Filmproduzenten mußten naturgemäß auf den Ausweg kommen, d i e Themen zu behandeln, die a l l e Menschen angehen und interessieren, a l l e n Menschen bekannt und verständlich sind. Da es sich dabei nur um fünf, sechs ewige Urmotive handelt, war es unausbleiblich, daß der Film bei seinem Bestreben nach einer möglichst breiten Basis nur selten einen Schritt abseits vom Wege des Gewohnten und Gewöhnlichen ging.
Der so entstandene Normal= und Standardfilm übt zwar vorläufig noch seine Anziehungskraft auf Millionen Menschen aus, aber die verschiedenen Filmgesellschaften, die ja zumeist von guten Kaufleuten geleitet werden, beginnen zu erkennen, daß es auf diesem Weg auf die Dauer nicht weitergehen kann. Man versucht, die alte Ware zumindest in neuer Verpackung zu bringen.
Mit wahren Wundern an Ausstattung, mit der Anwendung neuer technischer Erfindungen, mit ausgefallenen Milieus versucht man es. Und immer wieder gelingt es findigen Köpfen, Altes in neuem Gewand zu zeigen.
Aber das alles wird auf die Dauer nicht genügen. Nur von der innerlichen Erneuerung des Manuskriptmaterials her kann eine anhaltende Belebung des Publikumsinteresses erzielt, eine allmähliche Erstarrung vermieden werden.
Die Filmindustrie darf nicht weiter auf den ausgetretenen Wegen wandeln.
Neue Wege wagt sie aber nicht zu gehen, weil sie fürchtet, daß die „breite Masse“ ihr auf diesen Wegen nicht folgen wird.
Das Publikum drückt seine Wünsche nach dem, was es sehen will, nur dadurch aus, daß es dem Kinotheater fern bleibt oder ihm in Mengen zuströmt, je nach dem, ob die Filme, die man ihm bietet, es befriedigen oder nicht.
Diese Ausdrucksmöglichkeit ist das einzige Barometer, das die Filmindustrie hat, die demnach lediglich durch die Kassenrapporte die Publikumsstimmung kontrolliert und registriert.
Da der Film zwar an und für sich eine Kunst ist, aber durch die Art seiner Herstellung und die Art seiner Verbreitung weit mehr als jede andere Kunstgatttung auf die Hilfe der Industrie angewiesen ist, so ist der Film — wie jedes Industrieerzeugnis — auf kaufmännischen Gewinn gestellt.
Hier setzt der Kampf zwischen Kaufmann und Künstler ein. Der Kaufmann lehnt künstlerische Filme zumeist ab, weil er an Hand der Kasseneingänge feststellt, daß die künstlerischen Filme nur selten finanzielle Erfolge sind. Andrerseits haben aber die am Film schaffenden Künstler das Bestreben, dem Volke K u n s t zu bringen.
Nun darf man dabei nicht außer acht lassen, daß sich der Film nicht wie Musik und Malerei an eine begrenzte Gemeinde kunstverständiger Menschen wendet, sondern an die „Masse“, die man erst zur Kunstbetrachtung und zum Kunstgenuß erziehen muß.
Bei der bisherigen mangelhaften oder nicht ausreichenden Erziehung und Vorbildung hat die „breite Masse“ vom Wesen der Kunst keine oder keine richtige Vorstellung.
Alle Bemühungen der Literatur= und Kunsthistoriker haben im Verlauf von Jahrhunderten nur in geringem Maße vermocht, das Volk zur Kunst zu erziehen.
Und der Film, dieses jüngste Kind in der Reihe der Künste, soll, ehe es noch richtig laufen und sprechen kann, von heute auf morgen dort Erfolge erzielen, wo seine begabten Onkel und Tanten zum größten Teil versagt haben!
Nun wäre es natürich falsch, daraus den Schluß zu ziehen: was nicht einmal den großen Künsten gelungen ist, wird die junge Kunst bestimmt nicht erreichen.
Man soll nicht nachlassen in dem Bestreben, den Film aus den Niederungen emporzuheben. Und die Aber es darf nicht s p r u n g w e i s e , sondern es kann und muß nur s c h r i t t w e i s e geschehen. Bewußt oder unbewußt beginnt die Industrie zum Teil diesen Weg bereits zu gehen. Sie hat in letzter Zeit (durch die Kassenrapporte) festgestellt, daß sie ihre „Ware“ nicht mehr als billigen Massenartikel, sondern als Qualitätsware herstellen muß.Qualität bedeutet noch nicht Kunst, wenn sich auch diese beiden Begriffe in der Praxis der Filmherstelllung meist decken. Der Qualitätsfilm kann — braucht aber nicht ein künstlerischer Film zu sein. Qualität wird erreicht: 1. durch begabte Darsteller, 2. durch sorgfältig vorbereitete, gediegene Aufnahmen, 3. durch ein gutes Manuskript.
Die S c h a u s p i e l e r können durch die K u n s t d e r D a r s t e l l u n g ein einfaches Thema auf ein hohes Niveau heben.
Der Regisseur und seine künstlerischen und technischen Mitarbeiter können einen Film durch die K u n s t d e r B i l d f or m u n g zu hoher Qualität steigern.Der Autor aber bietet ihnen allen die Basis, auf der sie bauen können, bringt das Material, mit dem sie schaffen müssen. (Wir werden später mehr darüber hören.)Wenn aber der Regisseur und Darsteller in dieser Weise vom Autor abhängig sind, dann können sie zwar durch ihre Arbeit und ihre Kunst eine Q u a l i t ä t s b e s s e r u n g des Films erzielen, doch eine E r n e u e r u n g des Films — abgesehen vom Technischen — können sie ohne Hilfe des Autors nicht erreichen. Jeder ehrlich ringende Künstler im Film will loskommen von der Schablone, in der wir stecken. Wir wollen nicht mehr die üblichen Magazin=Liebesgeschichten, die ewigen Verwechslungen und die Erfüllung längst überholter Wunschträume vorgesetzt bekommen. Wir wollen N e u e s , N e u e s , N e u e s !!!
Erneuerung im Filmstoff und damit des Films überhaupt bedeutet aber nicht Andersmachen um jeden Preis, bedeutet nicht Grübeln über Theorien, sondern ganz einfach: Bessermachen durch Entkitschung, Vermenschlichung, durch größere Lebensnähe.
Der Nachwuchsautor braucht sich nur die erfolgreichsten Filme der letzten Zeit in Erinnerung zu rufen und sie in Gedanken ein wenig zu analysieren, um zumindest in großen Umrissen zu erkennen, wie diese Erneuerung des Filmbuches vor sich gehen soll.
Diese Filme, denen zum großen Teil auch ein voller äußerer kommerzieller Erfolg zuteil wurde, von denen die ganze Welt — in Valparaiso ebenso wie in Helsingfors — spricht, waren zumeist keine künstlerisch revolutionären Filme, keine Werke, die mit aller Gewalt „anders“ sein wollten. Sie wirkten auch auf den „einfachen Mann“ und hielten sich ihrem ganzen Aufbau zufolge an die Motive und Wirkungen, die seit vielen Jahren ausprobiert und als „richtig“ anerkannt wurden.
Aber die alten Schläuche sind auf köstliche Art mit neuem Wein gefüllt!
Zum Teil sind es Lustspiele, die sich gar nicht besonders anspruchsvoll geben, die aber übersprudeln von überlegenem Witz und von aus dem Menschlichen strömendem wirklichem Humor, unter Verzicht auf Schwank und Burleske.
Zum Teil sind es ganz schlichte Liebesgeschichten, die auf jede verkitschte, neckisch=süße Verniedlichung verzichten, die an Stelle des sentimentalen Klischees Erlebnisse setzen, die dir und mir ebenso hätten passieren können, die Menschen von Fleisch und Blut zeigen statt Puppen!
Zum Teil sind es Schicksale starker Persönlichkeiten, deren Charaktereigenschaften beispielgebend auf uns wirken und deren Tat uns in beglückender Art erregen.
Mag auch vieles, ja das meiste von dem, was man heute im Kino sieht, unzulänglich und unbefridigend sein, ein wirklich guter Film kann Mut und Kraft geben und die Gewißheit, durch unermüdliches Streben allmählich herauszugelangen aus der Wüsteneie der heutigen Normalprduktion.
Hier geht der Weg!
Viktor Abel
Abschrift aus dem Buch: »Wie schreibt man einen Film?« Es handelt sich dabei um das 2. Kapitel unter dem Titel: »Der Hunger nach guten Stoffen« Das Buch ist 1937 im Sensen=Verlag, Wien Leipzig, erschienen. Die Anschrift des Sensen Verlags war 1937 die Sensengasse Nr. 4, in Wien IX.
Im Vorwort schreibt Viktor Abel:
„Hier habe ich ein fabelhaftes Buch“, sagt ein kleiner Bub zu seinem Vater, wenn man das gelesen hat, kann man schwimmen!“
Diese Arbeit ist kein wissenschaftliches Lehrbuch, keine Lessingsche Dramaturgie, sondern nur ein kleiner Wegweíser für den Film=Laien, für den Nachwuchs, für die vielen jungen Kräfte, die zum Film streben, ohne zu wissen, wie sie in dieses „Traumland“ (das kein Schlaraffenland ist) gelangen können.
Dem ernsthaft sich Bemühenden soll Schritt für Schritt gezeigt werden, seine Ideen und Einfälle auch ohne „Atelier Erfahrung“ so zu gestalten, daß sie den Anforderungen entsprechen, die von den Filmfirmen an ein Manuskript gestellt werden.„Leute vom Bau“ werden aus meinen Ausführungen nicht viel lernen. Das Buch wendet sich an den Laien, an den Außenstehenden, an den, der noch nie ein Filmmanuskript geschrieben, oder richtiger gesagt, der noch eines angebracht hat.Ich bitte meine Leser, nicht voller Ungeduld sich gleich auf das Praktikum zu stürzen, sondern a l l e K a p i t e l i n d e r g e g e b e n e n R e i h e n f o l g e zu lesen. Schloß Laxenburg
September 1937
V. A.
Anmerkungen 2022:
1. Das Schloß Laxenburg liegt 8 km entfernt von der Wiener Stadtgrenze und gehörte bis 1918 den Habsburgern. Dann wurde diesen das Schloß weggenommen. Neuer Eigentümer des Schlosses Laxenburg wurde der »Kriegsgeschädigtenfonds«. Nach dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht im März 1938 wurde der Ort Laxenburg in den Stadtbereich von Wien eingegliedert.
2. Wann Viktor Abel aus Wien vor den Nazis geflüchtet ist, habe ich nicht herausgefunden. Jedenfalls hat er 1941 in Prag einen Ausweis beantragt.
3. Wenn man den Suchmaschinen glauben kann, dann hat das Haus in der Sensengasse 4, in dem der Sensen — Verlag 1937 untergebracht war, den Krieg überstanden. Links daneben in der Sensengasse steht ein Neubau der Uni Wien. Ob es den »Sensen — Verlag« in Wien noch gibt, habe ich nicht herausgefunden. In den Angeboten der Antiquariate ist das jüngste Buch aus dem »Sensen — Verlag« von 1984.
ja, das ist so eine Sache. Und wie ich darauf komme? Naja. Wer 1964 eine handwerkliche Ausbildung begonnen hatte, dem wurden bestimmte Aufgaben gestellt, um zu prüfen, ob es der Lehrling auch Wert war, ausgebildet zu werden. Wer als Klempnerlehrling angefangen hatte, der konnte mit den Dackelfüßen punkten. Die anderen wurden zur Werkzeugausgabe geschickt, um die Gewichte für die Wasserwaage zu holen. Heute gibt es Suchmaschinen, die einem die Dackelfüße erklären.
Na zuallererst sind es die Schreibfehler, die uns immer wieder in die Irre führen. Du erinnerst Dich, wie die Rechtschreibhilfe aus einem Urich einen Ulrich gemacht hat?
Ja, so ähnlich ist es auch mit der Rhythmographie. Das wäre eine gute Fernsehquizfrage: Wieviele „has“ sind in Rhythmographie? Die richtige Antwort lautet: Manchmal zwei und manchmal drei. Da kommt so einiges zusammen. Wenn mein Freund Peter O. nicht wäre, die Pandemie und die viele Zeit, die man dadurch hat, dann wäre das alles weiter im Dunkel. Aber jetzt ist alles hell. Manche Sachen sind weiterhin nebelig und unklar.
Naja. Vielleicht fange ich doch mal vorne an. Du erinnerst Dich an die Deutsche Fassung von »Im Westen nichts Neues?« Da hat es bei mir angefangen. Ich hab sie nicht gezählt, die Dissertationen und Hausarbeiten, die über die Herstellung dieses Filmes verfasst wurden.
Es gibt eine Methode, mit der ich glaube, herausfinden zu können, wie ich begreifen kann, wenn ich etwas nicht verstehe. Die beste Methode in Bezug auf meine Person ist, den Versuch zu unternehmen einer anderen Person, die es genauso wenig versteht wie ich, eine Sache zu erklären.
Hast Du diese Methode auch schon mal ausprobiert? Wenn der Versuch geglückt ist, was manchmal vorkommt, dann verstehe ich hinterher auch selber einen Vorgang, den ich vorher selbst nicht verstanden habe.
Im Netz hatte ich den Hinweis gefunden, das die Deutsche Fassung des Filmes von Lewis Milestone 1929 in Berlin hergestellt wurde. Die Angaben, die dort genannt wurden, habe ich überprüft. Alles korrekt.
Bis auf eine entscheidenende Kleinigkeit, die aber doch eher nebensächlich ist: Die Anschrift der Firma, die diese Fassung angeblich hergestelllt haben soll, lautet »Am Halleschen Ufer«.
Eine Hausnummer fehlt. Wer, so wie ich, mal in Berlin Zeitungen ausgetragen hat, weiß wie chaotisch das System der Straßen und ihrer Nummernvergabe ist. Viele Straßen gibt es mehrfach in den verschiedensten Ecken der Stadt. Vermutlich ist deshalb die Hausnummer vom Halleschen Ufer weggelassen worden.
Meistens hat alles einen Grund. Jedenfalls habe ich die infrage kommenden Jahre durchgesehen und keine Rhythmographiefirma in dieser Straße gefunden. Wo er oder sie das wohl abgeschrieben hat?
Die Quelle der Adressbücher: Nur um den Nachwachsenden zu helfen, die solche Adressbücher gar nicht mehr kennen: Es gab in den Zeiten, die schon lange vergangen sind, mindestens zwei Sorten Adressbücher:
1. Sortiert: Das eine Mal nach den Nachnamen der Bewohner und das 2. andere Mal nach den Hausnummern, von den Häusern, in denen diese Bewohner wohnen. Namentlich. Natürlich fehlt auch die Angabe des Stockwerks nicht.
Sogar der Besitzer oder die Besitzerin des Hauses wird bis 1970 mit einem Kürzel (E) oder (+) angegeben. Manchmal sogar mit seinem oder ihrem Wohnsitz. Sehr hilfreich. Dennoch braucht es zur Suche viel Geduld. Bestimmte Eigenheiten brechen in Berlin immer wieder durch. Die »Alte Jacobstraße« findet sich nicht, wie man annehmen könnte, unter dem Buchstaben A, sondern unter dem Buchstaben J: wie Jacobstrasse, alte. Daraus wird jedoch in Berlin keine Regel. Mal so, mal so.
Sonntags gab es in den Berliner Zeitungen die Wohnungsanzeigen. Bei den anstehenden Wohnungsbesichtigungen ist es mir mehrfach gelungen, zwar in der richtigen Straße, aber im falschen Bezirk zu landen. Wir sind dann im Horstweg, im Falkplan, den auch keiner mehr kennt, im Planquadrat K 14 gelegen, gelandet. In der deutschen Geschichte gibt es eine Menge Horste, deren Rufe oft nicht gut sind. Den Horstweg gabs es nur einmal in Berlin. Welcher Horst der Namensgeber war, habe ich nie nachgesehen. Bleibt nur noch anzumerken, daß in der Anzeige von einem »Gartenhaus« zu Lesen war. Eine sehr romantische Vorstellung hatte sich bei mir eingeschlichen. Pustekuchen. Von wegen Garten.
Noch mal zurück zur Numerierung. Auch mit der Art zu Zählen ist es in jedem Stadtteil in Berlin anders: Mal grade und mal ungerade Zahlen auf verschiedenen Seiten, mal auf der einen Seite runter und auf der anderen rauf, sodaß es passieren kann, das die Nummer 300 und gegenüber, auf der anderen Straßenseite der Nummer 1 dieser Straße ist. Dann passiert es auch noch, das eine Zählweise in einer Straße wechselt, wenn die Straße in einen anderen Stadtteil kommt. Dieser Wirrwarr setzt sich natürlich auch in dem Scherl Adressbüchern von 1919 – 1945 fort.
Es gibt und gab zwar die Straße: »Hallesches Ufer«, aber keine Straße mit Namen: »Am Halleschen Ufer«. Vorsichtshalber wurde in der Veröffentlichung der vergessenen Filme keine Hausnummer genannt. Im Straßenverzeichnis der Straße „Hallesches Ufer“ aus den Jahren 1929, 1930, 1931 und 1932 habe ich keinen Eintrag einer Firma gefunden, die irgendwas synchronisiert hat. Das „Hallesche Ufer“ geht von der „Belle Alliance Brücke“ bis zur „Schöneberger Straße“.
Aber Du willst ja auch keine endlose Vorträge lesen. Also, Sprung nach vorn: Ich habs gefunden, was ich gesucht habe! Zunächst mit Hilfe meines Freundes Peter O. Sein Ratschlag war folgender: 1. Eine Suchmaschine. (Ich hab searx.org gewählt, die gefällt mir zurzeit am besten, die ist nicht so neugierig, wie die anderen). 2. In die Suchmaschine eingeben: Deutscher Reichsanzeiger. Dann erscheint die Universität Mannheim. Sehr praktisch mit dem Suchfeld. 3. Eingeben: Lüdtke Rohnstein. 4. Es erscheinen zehn Hinweise u. a. Dt. RAnz 1933 , S. 258/7. 5. DtRAnz 1938, S. 40/6. Diese Kurzhinweise sind elektronisch gelesene und ausgedruckte Texte aus dem Reichsanzeiger zu dem eingegebenen Suchbegriff. Um den ganzen Text, der zu diesen Auszügen gehört, lesen zu können folgt: 6. zurück zu Pkt. 2. (s. oben) 1. Links zur Digitalausgabe, Ausgabe nach Jahr anklicken; hier kannst Du jetzt den gesamten Text lesen; S.= Seite, die Zahl hinter dem Schrägstrich, vermute ich, ist die Spaltenangabe, weiß ich aber auch nicht genau. Ich grüße, Peter O.
Ich fand den Text sehr hilfreich und habe ihn mir ausgedruckt und neben den Bildschirm gehängt. Du brauchst das vermutlich gar nicht. Für Dich sind das gewiß Olle Kamellen. Auf diese Weise ist es mir gelungen die Anmeldung der Firma: Rhytmographie Gesellschaft mit beschränkter Haftung vom 30. November 1929 auf Seite 3 unter der Nr. 43259 zu finden. Abschrift Text: “Rhytmographie Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Sitz: Berlin. Gegenstand des Unternehmens: Die Verwertung von gewerblichen Schutzrechten und Anmeldungen auf dem Gebiete der Rhythmographie (!), d. h. dem Gebiet der Aufnahme und Wiedergabe von rhythmischen Bewegungsfolgen phonischer und optischer Art. Stammkapital 75 000 RM. Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Der Gesellschaftsvertrag ist am 16. September 1929 errichtet und am 14. November geändert. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so erfolgt die Vertretung durch zwei Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen. Zum Geschäftsführer bestellt ist: 1. Ingenieur Karl Robert Blum, Berlin, 2. Kaufmann Karl Egon Martiny, Berlin,3. Ingenieur Walter Hahnemann, Berlin Auffällig finde ich, das in der Eintragung im Handelsregister zwei verschiedene Schreibweisen nebeneinander bestehen. Im Scherl Adressbuch von 1931 von Berlin habe dann auf Seite 444 den Eintrag gefunden: Rhythmographie G.m.bH., Phono – u. Kinotechn. Ind. SW 68, Alte Jacobstr. 133. Die Angabe, wann der Redaktionsschluß für diese Ausgabe 1931 war, konnte ich in dem Adressbuch nicht finden. Ein ähnliches Adressbuch aus dem gleichen Jahr aus Karlsruhe gibt als Redaktionsschluß für die 1931 Ausgabe den 15. Oktober 1930 an. Man kann also davon ausgehen, dass die Firma Rhythmographie GmbH diese Räume in der Alten Jacobstraße 133 schon 1930 bezogen hatte. Einen weiteren Eintrag aus dem Handelsregister fand ich über die gleiche Seite im Netz. Der Eintrag ist vom 19. Juni 1930. Unter der Nummer 43259 ist der Text veröffentlicht: Rhythmographie Gesellschaft mit beschränkter Haftung Dem Erich Radsack in Berlin und dem Dr. Willi Matthias in Berlin Lichterfelde=Ost ist Prokura erteilt, daß jeder berechtigt ist, die Gesellschaft gemeinsam mit einem Geschäftsführer zu vertreten. Karl Egon Martiny ist nicht mehr Geschäftsführer. Eine weitere Eintragung findet sich im Telefonbuch von Berlin in der Ausgabe 1931 auf Seite 157 (Branchen Telefonbuch) Rhythmographie G.m.b.H., SW 68 , Alte Jacobstr. 133. T. A 7 Dönh. 3272 Wann Konrad Paul Rohnstein nach Anfertigung seiner Doktorarbeit nach Berlin umgesiedelt ist, konnte ich nicht herausfinden. Ein erster Eintrag findet sich im Telefonbuch von 1927 (Vermutlicher Redaktionsschluss 15. Oktober 1926).
Da er sich als Dr. rer. pol. ins Telefonbuch eintragen lässt, ist zu vermuten, das er diesen Titel also zu diesem Zeitpunkt bereits hatte. Im Netz habe ich Teile seiner Dissertation (Beiträge zur wirtschaftlichen Entwicklung der deutschen Filmindustrie, Universität Würzburg 1922) lesen können. Er beschäftigt sich dort keineswegs mit technischen Fragen der Filmherstellung. Der Eintrag lautet: Rohnstein, Paul. Dr. rer. pol. Falkenhagener Str. 7, Spandau, T 22 42.
Unter der Nr. 78867 ist am Freitag , d. 3. November 1933 im Handelsregister eingetragen: Lüdtke, Dr. Rohnstein & Co., Berlin, Offene Handelsgesellschaft seit 9. August 1933. Gesellschafter sind: Kaufmann Alfred Lüdtke, Produktionsleiter, Dr. rer. pol. Konrad P. Rohnstein und Ingenieur Erich Luschnath, sämtlich Berlin. Zur Vertretung sind nur je zwei gemeinschaftlich ermächtigt.
Aus den Adressbüchern kommen noch ein paar Erkenntnisse, die sozusagen nebenbei entstanden sind:
Die Wohnanschrift von: Alfred Lüdtke, Kaufmann, Cöpenick, Flemingstr. 16- 17 II. Stock. Max Bing, Regisseur, Charlottenburg, Dernburgstr. 45, (Mitarbeit an der Deutschen Fassung von »Im Westen nichts Neues«) Viktor Abel, Dramaturg, bei der UFA 1933 entlassen, weil er Jude war. Er leitete die Synchronarbeiten der deutschen Fassung von »Im Westen nichts Neues«.
Es gibt einige neue Erkenntnisse und viele neue Vermutungen. Immer wieder stelle ich fest: Da wären doch noch viele Fragen gewesen, die man hätte stellen können, die aber offensichtlich nicht gestellt wurden.
Bei Wikipedia gibt es das Geburtsdatum von Konrad Paul Rohnstein. Offensichtlich hat die Neugier nicht gereicht um bis 2022 herauszufinden, wann er gestorben ist. Im Netz gibt es eine Angabe von einer Barbara mit dem selben Nachnamen, die ebenfalls mal in Berlin Spandau gewohnt hat. Auch die wurde vermutlich nicht gefragt, ob sie vielleicht die Tochter von Konrad Paul Rohnstein (geb. 1900) ist . Ich hoffe nur, daß ich nicht zu viele Abschreibefehler gemacht habe. Aber die wirst Du dann ja sicher finden, so wie immer, J.
In die Schauburg am Millerntor wurde 1927 zu beiden Seiten der Leinwand eine Oskalyd Kino Orgel eingebaut. Die Oskalyd Kino Orgel war eine Erfindung von Dr. Oskar Walcker und Dr. Hans Lüdtke aus Berlin. Oskalyd ist ein aus den Namen Oscar Walcker und Hans Lüdtke zusammengesetzter Kunstbegriff, schreibt Wikipedia. Ich habe mir die Patente angesehen und bin aufgrund dieser Patente zur Überzeugung gelangt, das Wikipedia hier einen Treffer gelandet hat.
Eine weitere Erfindung von Dr. Hans Luedtke aus Berlin Tempelhof und dem Dipl.- Ing . Fritz von Opel in Berlin Charlottenburg (Patentnummer 604 495) betrifft die Anmeldung eines Patentes für: „Tastatur für Zwecke der Klangauslösung, der Klangaufzeichnung und für Registrierzwecke, insbesondere bei orgelartigen Instrumenten.“
Ein weiteres Patent (Nr. 603 202) hat Dr. Hans Luedtke aus Berlin Tempelhof für ein „Orgelartiges Musikinstrument“ angemeldet, das vom 17. Dezember 1930 ab im Deutschen Reich patentiert ist.
Es gibt meinerseits die Vermutung, das dieser Dr. Hans Lüdtke aus Berlin Tempelhof mit jenem Lüdtke identisch ist, der zusammen mit Dr. Konrad Paul Rohnstein als Besitzer der Firma: Rhythmographie GmbH, Berlin SW 68, Alte Jacobstr. 133 (Eintrag im Scherl Adressbuch von Berlin von 1930-1938, später habe ich nicht nachgesehen) genannt wird.
So ist das manchmal mit Vermutungen: Sie bleiben Vermutungen. Aber dann findet man doch irgendwann eine richtige Information. Die findet sich im Handelsregisterauzug vom 3. November 1933. Die Gründung einer OHG wird angezeigt: Unter der Nr, 78867: Lüdtke, Dr. Rohnstein & Co . Berlin: Offene Handelsgesellschaft seit 9. August 1933. Gesellschafter sind: Kaufmann Alfred Lüdtke, Produktionsleiter, Dr. rer. pol. Konrad P. Rohnstein und Ingenieur Erich Luschnath, sämtlich in Berlin. Zur Vertretung sind nur je zwei gemeinschaftlich ermächtigt. Diese Information verdanken wir der Universität Mannheim, die diese Daten ins Netz gestellt hat.
Eine weitere Vermutung meinerseits ist der Tatsache geschuldet, das dieser Lüdtke in der Firma Lüdtke, Rohnstein & Co nirgends einen Vornamen hinterlässt. Weiter könnte man vermuten, das dieser Lüdtke gar nicht existierte und sich eine andere Person dahinter verbirgt. Auch diese Vermutung war nur eine Vermutung, die sich nach weiteren Recherchen als falsch herausstellt.
Das hätte beispielsweise der Dramaturg Viktor Abel gewesen sein können, der laut Quellenlage einen großen Anteil an den Sychronarbeiten für den Film „Im Westen nichts Neues“ hatte.
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Das ist doch gut wenn man Freunde hat. So einen wie Peter O., der den Deutschen Reichsanzeiger kennt, den die Universität Mannheim ins Netz gestellt hat. Der hat herausgefunden, das der Lüdtke, Alfred Lüdtke hiess. 1933 findet sich unter der Nummer 78867 am Freitag, d. 3. November 1933 folgender Eintrag im Deutschen Reichsanzeiger: „Lüdtke, Dr. Rohnstein & Co, Berlin. Offene Handelsgesellschaft seit 9. August 1933. Gesellschafter sind: Kaufmann Alfred Lüdtke Produktionsleiter, Dr. rer. pol. Konrad P. Rohnstein und Ingenieur Erich Luschnaht, sämtlich in Berlin. Zur Vertretung sind nur je zwei gemeinschaftlich ermächtigt. Auch Wiederholungen sind manchmal erlaubt.
Am 17. Februar 1938 ist unter der Nummer A 91847 eingetragen: Lüdtke & Dr. Rohnstein. Ingenieur Erich Luschnath, Berlin, ist aus der Gesellschaft ausgeschieden. Der Gesellschaftsvertrag ist geändert bez. Fortsetzung bei Tod oder Ausscheiden eines Gesellschafters. Kaufmann Erich Starke, Berlin, hat Prokura. Er vertritt gemeinschaftlich mit einem der beiden Gesellschafter Lüdtke oder Dr. Rohnstein. Bleibt nur noch herauszufinden, wann und von wem die Firma ursprünglich gegründet wurde.
Leider befindet sich auf der Internet Seite der TAZ nur die Überschrift des Artikels, nicht aber der Text, den Renate Kemper damals (am 30. 04. 1992) auf Seite 25 der TAZ Hamburg veröffentlicht hatte. Dem, so hatte ich gedacht, müßte doch mal abgeholfen werden und habe den Artikel von der Papier Ausgabe dieser Zeitung abgeschrieben. (Ohne irgend wen zu fragen. Worauf ich aber auch nicht stolz bin.) Die Überschrift lautete:
Konjunktur und Krisen der neuen »Lustbarkeit«
Im Untertitel stand:
Auf dem Höhepunkt seines Kinobooms in den 20er und 30er Jahren besaß Hamburg zwar keinerlei Filmindustrie dafür aber 72 Lichtspielhäuser / Der damals erfolgreichste Hamburger Kinounternehmer, James Henschel, wurde von den Nazis enteignet.
Seit Jahren präsentiert sich Hamburg gerne als glänzender Medien- und Filmstandort. Das war nicht immer so. Im Jahre 1929 beklagte der Hamburger Regisseur Carl Heinz Boese in einem offenen Brief, daß Hamburgs Filmwirtschaft nicht mehr sei als ein „Provinzgeschäft“. Was die Filmindustrie betraf war diese Bemerkung mehr als untertrieben: In der Hansestadt existierte nur eine einzige Produktionsstätte. Mangels ausreichender Aufträge mußten die Vera – Filmwerke an der Alsterkrugchaussee zudem 1930 Konkurs anmelden.
Als Kinostadt konnte sich Hamburg jedoch sehen lassen. Auf dem Höhepunkt ihres Kinobooms zählte die Hansestadt 72 Kinos, die damals preußischen Nachbarbezirke Wandsbek und Altona nicht mitgerechnet. Neben den kleinen Vorstadtkinos prägten vor allem luxeriös ausgestattete Lichspielhäuser in den Vergnügungsvierteln St. Georg und St. Pauli die Kinowelt. Aber auch die Arbeiterquartiere Barmbek (7 Kinos), Neustadt (6 Kinos) und Eimsbüttel (5 Kinos) wiesen eine hohe Kinodichte auf.
Das attraktive Lichtspielgewerbe war in Hamburg zwischen vier Unternehmen aufgeteilt. Dem süddeutschen Konzern Emelka gehörten vier größere Filmtheater, darunter das älteste Hamburger Kino, Knopfs Lichtspielhaus am Spielbudenplatz. Die Hirschel-Gruppe betrieb vier Lichtspiele und die UFA als reichsdeutsches Filmflagschiff des rechtskonservativen Medienzars Alfred Hugenberg besaß hier sechs große Filmpaläste.
Mit dem am 22. Dezember 1929 eröffneten Ufa-Palast, Ecke Dammtorstraße/Valentinskamp, erregte der Konzern erhebliches Aufsehen. Das 2667 Plätze Kino integrierte sich in den modernen Gebäudekomplex des „Deutschlandhauses“ zu dem Tanzcafes und Büros gehörten. Die Lokalpresse bejubelte den Bau als „größtes Filmtheater des europäischen Kontinents“.
Daß hinter dem glanzvollen Projekt auch ein sozialpolitisch kalkuliertes Sanierungskonzept steckte, offenbarte Oberbaudirektor Gustav Leo bei der Eröffnung. Mit dem Kino, so Leo, sei „das Rückgrat für die Gestaltung eines neuen, an breiten Straßen hochragenden Geschäftsgebietes anstelle des hygienisch, baulich und sozial bedenklichen Gängeviertel geschaffen“.
Als führendes Hamburger Kinounternehmen etablierte sich schließlich der Henschel-Konzern mit sieben modernen Schauburgen. Betreiber waren Hermann Urich-Saß und Hugo Streit, Schwiegersöhne des Hamburger Kinopioniers James Henschel. Nachdem Henschel sich 1918 aus dem Geschäft zurückgezogen und seinen Kinopark an die UFA verkauft hatte, etablierten seine Schwiegersöhne Mitte der zwanziger Jahre durch die Übernahme älterer und den Bau moderner Theater ihre eigene Kinokette. In den Schauburgen fanden jeden Monat Filmveranstaltungen der Arbeiterbewegung statt. Neben gängiger Kinokost kamen auch sowjetische Filme wie Eisensteins Panzerkreuzer Potemkin ins Programm.
Trotz prosperierender Kinobautätigkeit klagten die Betreiber beständig über ihre ruinöse Finanzlage. Die hohen Abgaben der sogenannten Lustbarkeitssteuer belasteten vor allem in den besucherschwachen Sommermonaten die Kassen. Als von städtischer Seite keine Senkung der Steuer in Aussicht gestellt wurde, griffen die Kinobesitzer zu einem drastischen Mittel: Sie traten 1922 in einen Steuerstreik. Fünf Wochen blieben in Hamburg alle Kinos geschlossen.
Erst nachdem der Senat einer geringen Steuersenkung zugestimmt hatte, öffneten sich wieder die Pforten. Gerne hatten sich die Stadtoberen zu diesem Kompromiß nicht hergegeben, stellte die Lustbarkeitssteuer doch eine gue Einnahme für das Staatssäckel dar.
Mit der Weltwirtschaftskrise und der finanziell aufwendigen Einführung des Tonfilmes stand der Kinowirtschaft Ende der zwanziger Jahre ein erneuter Tiefschlag bevor. Gerade das Arbeiterpublikum, dem das Kino zum Theater des kleinen Mannes geworden war, mußte in Zeiten harter Rezession und Arbeitslosigkeit auf jeden Pfennig im Haushaltsbudget achten. Da blieb für den Kinobesuch – Eintrittspreise von 60 Pfennig bis 1,80 Reichsmark- nichts übrig. Die Besucherzahlen sanken rapide.
Die Umstellung auf den Tonfilm wiederum erforderte für viele Kinos eine kostenaufwendige Installation neuer Klanggeräte – Investitionen, die sich nur die finanziell stabilen Kinokonzerne leisten konnten, nicht jedoch die kleinen Eckkinos der Vororte. Viele dieser oft in Familienregie betriebenen Kleinkinos mußten Anfang der dreißiger Jahre schließen.
Ungeachtet aller Krisen und Konjunkturschwankungen überdauerte eine andere Hamburger Filminstitution die Jahrzehnte. Mit dem Ziel, den Film als Kultur- und Bildungsmedium zu nutzen, gründeten hanseatische Honorationen die Kulturfilmgesellschaft Urania.
In ihrem Kino in der Fehlandtstraße zeigte die Vereinigung belehrende Filmstreifen wie Schiller – eine Dichterjugend oder Sumatra, das Land der 1000 Freuden. Zeichnete sich Hamburgs Filmförderungspolitik jener Zeit dadurch aus, eben keine zu sein, so galt dies nicht im Falle der Urania. Mit Beharrlichkeit umwarb Urania-Leiter Lichtwarck Vertreter städtischen Behörden, um finanzielle Aufbauspritzen für seinen Kulturverein zu erhalten. Von solchen Subventionen konnte der ebenfalls nichtkommerzielle, aber der KPD nahestehenden Volks-Film-Verband nur träumen.
Auch nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wußte sich die Urania schnell anzupassen. Bereits eine Woche nach Bildung des neuen Hamburger Senates kam es auf Einladung Lichtwarcks zu freundschaftlichen Gesprächen zwischen der Urania und Senatsvertretern. Ein Jahr später kooperierte die Vereinigung bereits mit dem nationalsozialistischen Kampfbund für deutsche Kultur.
Heute führt die Urania als Kulturelle Film- Vortragsgesellschaft ein Schattendasein in Hamburgs Filmlandschaft. Das Kino in der Fehlandtstraße brannte Mitte der siebziger Jahre ab.
Für andere Filmschaffende in der Hansestadt verlief der politische Führungswechsel weniger reibungslos. James Henschel, Kinounternehmer der ersten Stunde wurde 1939 aus Hamburg zwangsausgewiesen, weil er Jude war. Den Schauburg-Ring seiner Schwiegersöhne Urich-Saß und Streit hatten bereits 1933 zwei ehemalige Geschäftsführer des Konzerns übernommen.
Beide traten wenig später in die NSDAP ein, der Name Henschel verschwand aus dem Handelsregister. Nachdem sich die sogenannte „Arisierung“ jüdischer Betriebe auch auf das lukrative Kinogewerbe erstreckt hatte, errang der Film in den weiteren Jahren als Propagandainstrument ohnehin nur zweifelhafte Verdienste.
Ein Dokumentarfilm über die Geschichte des Henschel-Unternehmens läuft im 3001: Siehe Kinotips
Kinotips: Auf den Spuren von Hamburgs Kinogeschichte fahndeten Reinhold Sögtrop und Regisseur Otto Mayer. Vom Henschel-Konzern als einstmals größtem Kinounternehmen (s. Text oben) ist nach seiner „Arisierung“ 1933 und dem Krieg nichts übrig geblieben. Der Video-Film Leute, seid vernünftig, laßt die Frau duch, denn sie will noch schnell mal in die Schauburg, läßt nicht nur das Bild vergangener Glanztage neu entstehen. (3001, 6.5. 21 Uhr)
Abschrift eines Artikels aus der Hamburger Rundschau vom 5. Dezember 1991 Nr. 50, Seite 13 von Otto Meyer
Auf der Suche nach Henschel
Die verdrängte Geschichte des jüdischen Kinounternehmers Henschel
Mit vielen Hamburger Kinos selbst ging auch deren Geschichte in den Trümmern des zerfallenden Nazi-Deutschlands unter. Eine Ausstellung im 3001 Kino in der Schanzenstraße erinnert nun an den ehemaligen jüdischen Kinobesitzer James Henschel. VON OTTO MEYER
Die Ausstellung zeigt brisante Fotos und Dokumente von 1905 bis 1938. Die Nazis und die von Ihnen begünstigten Kinobesitzer haben einen großen Anteil daran, daß keiner in der Stadt mehr weiß, wo beispielsweise das Lessingtheater stand, wie sein Erbauer 1912 hieß, wer das Waterloo Theater in der Dammtorstraße baute und wo es stand, wem das Passage Theater in der Mönckebergstraße gehörte.
Nur ganz wenige wissen, daß Hamburger Kinogeschichte in dieser Pionierzeit ohne deutsche Juden gar nicht möglich gewesen wäre. Henschel war einer von ihnen und einer der größten Kinobesitzer mit den schönsten und geräumigsten Kinos. Und James Henschel (Jeremias) war einer der ersten, der in Hamburg Kinos gemacht hat. Keine Kneipen, wie die von Eberhard Knopf, in denen gelegentlich die Leinwand runtergelassen wurde, um die Trinker ein wenig abzulenken.
„Feste“ Häuser, die ausschließlich der Vorführung von „lebenden Photographien“ dienten. Das „Helios Theater“ wurde im Dezember 1905 in Altona/Große Bergstraße Nr. 11-15 eröffnet. Ein Jahr später das „Belle Alliance“. Schulterblatt 115, mit 1.400 Sitzplätzen.
(Anmerkung 2022): Das wußte ich damals noch nicht. Es wurde nicht ein Jahr später, sondern bereits einen Monat später im Januar 1906 eröffnet.).
(2. Anmerkung von 2022): Ulrich Mott hat noch mehr neue Informationen: Das Belle Alliance Kino wurde am 28. April 1906 eröffnet. Im Staatsarchiv hat er diese Information gefunden: „Herr Henschel, Gr. Bergstr. 11 wohnhaft, zeigt dem Polizei-Amt an, daß er vom 28.4.06 ab in den Nachmittags- u. Abendstunden in dem Lokal Belle-Alliance, in welchem die erforderlichen Einrichtungen bereits getroffen sind, lebende Photographien vorzuführen beabsichtige.“ (Staatsarchiv 423-31_37 (Akten der Feuerwehr Altona).
Das führt zu folgenden Überlegungen: Da Henschels Pachtvertrag am 1. Januar 1906 begann, wurde der Ballsaal in den folgenden Monaten in einen Kinosaal umgebaut, bis das Kino am 28. April 1906 eröffnet werden konnte.Es wurde von 15.00 Uhr bis 1.00 nachts gespielt. Oft waren mehr als achttausend Besucher pro Tag im Kino. Der schlechteste Tag war der 3. Juli 1906: Die gesamte Tageskasse des Belle Alliance betrug 56 Mark – alle anderen Zuschauer hatten sich lieber den Brand der Michaeliskirche angesehen.
Henschel baute in Wandsbek das erste Filmtheater Welt, das ausschließlich für Kinozweecke bestimmt war. Für 550.000,00 Mark wurde in der Wandsbeker Chaussee das „Palast Theater“ errichtet.
(Anmerkung 2022): Auch das wußte ich damals nicht. Es wurde gar nicht in Wandsbek, sondern in der Hamburger Straße in Hamburg gebaut. Der Fehler geht auf einen Artikel von Hermann Lobbes in einer Ausgabe der Lichtbildbühne (LBB) von 1930 zurück. Da hat dann immer einer vom anderen abgeschrieben. Ich auch.
Einer der gewaltigsten Saalbauten jener Zeit mit einer Gesamttiefe von 86 Metern und einem lichten Durchmesser von 70 Metern. 1916 kaufte James Henschel das Passage Theater in der Mönckebergstraße und das Lessingtheater am Gänsemarkt 46/48. Eigentlich hätten es „Grammophonautomaten-Salons“ werden sollen. Aber bei einem Besuch von James und Friderike Henschel in Paris schlug Friderike vor, doch „Ciné“ zu machen. Die lange Schlange vor einem solchen hatte beide überzeugt.
Die UFA wurde 1918 gegründet.
(Anmerkung 2022): Auch diese Angabe stimmt nicht. Die UFA wurde 1917 auf Veranlassung der Reichsregierung gegründet, die 8 Millionen als Startkapital bereit stellte. Dr. Klaus Kreimeier weist in seinem Buch: »Die UFA Story« auf Seite 462 auf einen geheimem Kontrollvertrag hin: “Den Einfluß des Reiches sicherte ein geheimer Kontrollvertrag, der in einem Schreiben des Kriegsministeriums an den Reichskanzler vom 18.4.1918 erläutert wird. Darin werden die Aktionäre Frenkel und Wassermann ausdrücklich als »Strohmänner« aufgeführt, hinter deren Zeichnungen das Reichskapital von 7 Millionen Mark »verborgen« sei. Laut Kontrollvertrag hätten sich die Gründer verpflichtet, »gegen alle Maßnahmen zu stimmen, die den Regierungsvertretern, die zu Sitzungen eingeladen werden müssen, nicht recht sind«. Das hat 1987 Wolfgang Mühl-Benninghaus herausgefunden. (Dissertation 1987 Humboldt Universität Berlin (Ost)).
Es war Ludendoff, der 1917 die Gründung einer großen deutschen Filmgesellschaft gefordert hatte. Viele Generäle waren der Meinung, sie hätten den Ersten Weltkrieg mit einer besseren Propaganda gewinnen können. Die Ufa sollte alles machen: Filme produzieren, Kinos betreiben, Kinoausstattung verkaufen. In Hamburg trat sie an James Henschel heran: „Entweder Sie verkaufen uns ihre Kinos, oder wir bauen selber Kinos und machen Ihnen Konkurrenz“, berichtete der Enkel Rolf Arno Streit. Henschel verpachtete.
(Anmerkung 2022): Auch das wußte ich nicht besser. Es war alles viel komplizierter.
Die James Henschel GmbH wurde am 29.11.1919 eine Tochtergesellschaft der UFA. Fünf Theater: Das „Palast Theater“ und das „Zentral Theater“, das „Lessing Theater“, die „Harvestehuder Lichtspiele“, das „Passage Theater“ und das „Zentral Theater“ gingen an die UFA. Die Grundstücke Gänsemarkt 46/48, Hamburger Straße 5/7 und Wandsbeker Chaussee 162 waren noch bis 1938 im Eigentum der James Henschel GmbH und sind vermutlich bis heute im Eigentum der Erben von James Henschel.
(Anmerkung 2022): Auch das wußte ich 1991 nicht besser. Ursache ist vor allem der angebliche Datenschutz, der seit 1972 die Einsicht in die deutschen Grundbücher verhindert.
Auch wenn die Gestapo in Zusammenarbeit mit dem Oberfinanzpräsidenten Hamburgs das „inländische Vermögen“ von James Henschel enteignet hat. Beispielhaft ist auch die Geschiche der legendären „Schauburg Kinos“. Die Schwiegersöhne von James Henschel, Hermann Urich Sass und Hugo Streit, die bereits seit 1914 gemeinsam die Geschäfte der Firma Henschel führten, wurden per Vertrag mit der UFA als Geneneraldirektoren übernommen. Auch wenn die Gestapo in Zusammenarbeit mit dem Oberfinanzpräsidenten Hamburgs das „inländische Vermögen“ von James Henschel enteignet hat. Beispielhaft ist auch die Geschiche der legendären „Schauburg Kinos“. Die Schwiegersöhne von James Henschel, Hermann Urich Sass und Hugo Streit, die bereits seit 1914 gemeinsam die Geschäfte der Firma Henschel führten, wurden per Vertrag mit der UFA als Geneneraldirektoren übernommen.
(Anmerkung 2022): Auch das wußte ich 1991 nicht besser. Nicht nur Hermann Urich Sass und Hugo Streit wurden übernommen, sondern auch das gesamte Personal der Firma Henschel. Dafür hatte sich James Henschel stark gemacht, dass alle Mitarbeiter von den Neugründung, der „J.Henschel GmbH“ übernommen wurden.
1925 schieden sie aus dieser Tätigkeit aus und gründeten den „Henschel Film- & Theaterkonzern“. Innerhalb von vier Jahren (1926-1930) wurden acht neue Kinos gebaut (Schauburg Millerntor, Schauburg Barmbek, Schauburg Hammerbrock, Schauburg St. Georg, Schauburg Nord, Schauburg Wandsbek, Schauburg Hamm, Apollo Theater). Vier weitere Kinos: Schauburg Hauptbahnhof (später Barke), Schauburg Uhlenhorst, Burg Theater, Schauburg Altona (früher Helios Theater) wurden übernommen . Am 27. Januar 1933 starb der Henschel Schwiegersohn Hermann Urich Sass.
(Anmerkung2022): Das wußte ich schon besser. Hatte allerdings dem Sohn Horst Urich Sass versprochen, das ich den Selbstmord seines Vaters erst nach seinem und dem Tod seiner Fraui Ciedra Urich Sass bekannt machen würde.An dieses Versprechen habe ich mich gehalten.
1936 flüchteten seine Söhne Horst Urich Sass, Rolf Arno Streit und Carl Heinz Streit nach Südamerika. James Henschel flüchtete im August 1938 zusammen mit Ehefrau Friderike nach Holland und starb dort ein Jahr später. Friederike Henschel flüchtete in die USA und ging nach New York. Die Henschels wurden der Staatsangörigkeit für „verlustig“ erklärt und das „inländische Vermögen“ nach dem Tode James Henschels 1938 beschlagnahmt. Die neuen „Besitzer“ der Schauburgen waren die ehemaligen Angestellten von James Henschel: Paul Romahn und Gustav Schümann, beides NSDAP-Mitglieder.
(Anmerkung 2022): Sie waren nicht nur NSDAP Mitglieder, sondern auch „Mitglieder“ der SA. Das wußte ich 1991 noch nicht.
Im Sommer 1943 hatten sich Hitlers Kino Geschenke auch für die Beschenkten erledigt. Von 12 ehemaligen Schauburgen entkam nur eines dem Bombenhagel der Alliierten. Den Schlager „Kinder laßt die Frau durch, sie will noch in die Schauburg . . . „ gibt es nur noch auf alten Schellackplatten. Die Geschichtswerkstatt in Barmbek hat sie wiedergefunden. Der Fotograf Reinhold Sögtrop, der die Henschelausstellung mit organisiert hat, hofft mit dieser Ausstellung auch noch weiter Zeitzeugen zu finden, die vielleicht noch Bilder aus der Frühzeit der Schauburgen und der Henschel Kinos haben.
Otto Meyer*
(*Manchmal muß man auch die anderen Vornamen benutzen, die einem die Eltern gegeben haben, weil man sonst keine Gelder von der Filmförderung bekommt).
Diese erstaunlich aktuellen Bemerkungen zur Filmzensur in Amerika veröffentlichte Fritz Lang, der morgen 100 Jahre alt geworden wäre, im Dezember 1947 von Fritz Lang
(Wieder veröffentlicht in der Taz am 04.12.1990)
“Vor etwa zwanzig Jahren machte ich einen Film. Er hieß Frau im Mond und sollte den Flug einer großen Rakete durch den Weltraum, ihre Landung auf dem Mond und die anschließenden Abenteuer der Mannschaft bei der ersten Erkundung der Mondoberfläche zeigen. Es war ein Film über die Kühnheit des Menschen im Angesicht des Unbekannten. Er wurde von den Nazis aus dem Verkehr gezogen, und die Gestapo konfiszierte die Modelle meines Raumschiffs.
Willi Ley, einer meiner technischen Berater, flüchtete aus Deutschland, um in den Vereinigten Staaten Raketenexperte zu werden; Professor Oberth hingegen blieb und benutzte die Entwürfe bei der Entwicklung der teuflischen V2 – Bomben. Nicht immer sind die Folgen der Zensur so spektakulär.
Ich glaube nicht an Zensur. Es gibt Zeiten, zum Beispiel während eines Krieges, in denen sie geboten scheint, aber bestenfalls ist sie ein notwendiges Übel. Versuche einer Mehrheit oder einer Minderheit, der Masse des Volkes ein Denkmuster aufzuzwingen, führen nur zu allgemeiner Unwissenheit, Mißverständnissen und einem Desaster für alle, sowohl für die Möchtegernlehrer als auch die falsch belehrte Öffentlichkeit.
Freie Diskussion, die Hitze der Auseinandersetzung und die weite Verbreitung von Informationen sind das Lebenselixier einer Demokratie. Wir müssen stets auf der Hut sein, diese Freiheiten und Privilegien nicht in fremde Hände zu geben. Keine Gruppe kann das Denken für uns erledigen. Um mit Lord Acton zu sprechen: Macht korrumpiert, und totale Macht korrumpiert total.
Es scheint selbstverständlich, mündigen und gebildeten Bürgern die größtmögliche Vielfalt von Erfahrungen und Meinungen zu gewähren. Nur durch die Darstellung neuer Ideen kann unsere Zivilisation sich weiterentwickeln. Doch es liegt in der Natur der Sache, daß die Zensur das Unbekannte ablehnt. Zensoren gehen auf Nummer sicher. Im Namen von Gesetz und Ordnung und Moral weisen sie neuer diee Ideen als subversiv zurück.
Wir alle haben, in unterschiedlichem Ausmaß, eine bestimmte Antipathie gegenüber Veränderungen, die dem tiefsten aller Instinkte entspringt: dem Selbsterhaltungstrieb. Das trifft besonders auf ältere Menschen – sowohl konservative als auch liberale – zu. Ihre Ansichten, zu denen sie in früheren Jahren gekommen sind, als sie für Eindrücke besonders empfänglich waren, verhärten sich.
Wie sagte Michael Blankfort in einem seiner Romane: „Reform ist der Traum der Jugend und der Alptraum des Alters.“ Der Weg wahrer Sicherheit und echten Fortschritts liegt weder im blinden Annehmen noch in der uneingeschränkten Ablehnung neuer Ideen; diese müssen genau geprüft, auf die Probe gestellt und, wenn sie es wert sind, übernommen werden. Die Zensoren würden uns das Recht verweigern, das Neue zu erforschen. Zensur – sei es nun von Büchern, Theaterstücken oder Filmen – ist niemals ein wirkungsvolles Mittel im Kampf gegen soziale Mißstände, es sei denn im negativen Sinne.
In begrenztem Maße und für eine kurze Zeit verhindert sie vielleicht die Verbreitung von Ideen oder Plänen, die zu gefährlichen Reaktionen unter den Unmündigen, Ungebildeten oder Verantwortungslosen führen könnten. Doch die Menschen begegnen solchen Ideen nicht allein in Literatur, Theater und Film; sie sind ihnen im täglichen Leben ständig ausgesetzt.
Wenn man behauptet, daß solche Gedanken nicht existieren, und der Kunst die ehrliche Auseinandersetzung damit verwehrt, behandelt man die Zuschauer wie Kinder. Aber vielleicht ist das die Idee, die hinter der steht: das Publikum in einem Zustand der Unreife zu halten, damit es leichter zu beeinflussen und zu beeindrucken ist.
Zensur hat noch kein gesellschaftliches Übel behoben. Verbrechen sind verboten (zensiert!), aber sie verschwinden nicht aus dem Leben unserer Nation. Auch Krankheit oder Armut lassen sich nicht dadurch abschaffen, daß man wegschaut. Solche Übel sind zurückzuführen auf gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedingungen; die Vorstellung, daß Menschen arm sind, weil sie faul sind, oder daß sie einfach aufgrund von Charakterschwächen kriminell werden, ist so überholt wie die Lehre von der Erbsünde, der sie entstammt.
Kriminalität läßt sich nicht bekämpfen, indem man sie verschweigt; vielmehr muß man ihre Ursachen erforschen und, wenn sie offengelegt sind, beseitigen. Das ist seit Urzeiten die Funktion des Theaters, das von den Konflikten zwischen Charakteren sowie zwischen Charakter und Umwelt lebt. Theater ist nur dann überzeugend, wenn die Motive des Handelns wirklich begriffen und gezeigt werden. Suchen wir also nach Motiven, und wenn wir ihnen nachgehen, werden wir die dringenden Probleme unserer Zeit und unserer Gesellschaft erhellen können. Hat der Filmproduzent mehr statt weniger Freiheit, wird er in der Lage sein, die Ursachen der Kriminalität zu beleuchten und den Weg für Reform und Fortschritt zu ebnen.
Angeblich mit der Absicht, das Publikum vor Obszönitäten zu bewahren, erschweren Zensoren häufig die offene Auseinandersetzung mit Sexualität; allzu oft besteht ihr Erfolg bloß darin, Sex lächerlich zu machen, indem sie ihn auf eine schmusige Angelegenheit zwischen Erwachsenen reduzieren. Zur Zeit werden die Kinder in der Schule offener und direkter mit sexuellen Themen konfrontiert als erwachsene Kinozuschauer.
Im Klassenzimmer hat man erkannt, daß Sexualität mehr ist als eine Anzüglichkeit; sie ist ein essentieller Bestandteil des gesunden Lebens einer Nation. Wie immer liegt die Gefahr nicht darin, die Wahrheit zu sagen, sondern Halbwahrheiten zu verbreiten.
Manchmal wird gesagt, Filme – als eine Form der Unterhaltung – sollten ernsthaftere Themen meiden. Wie Hollywood jedoch aussah, als das geschah, beschrieb der Kritiker Otis Ferguson folgendermaßen: “Witzemacher eilten herbei und bombardierten das Publikum mit Wortspielen und Situationskomödien, die nicht mehr waren als der clevere Abklatsch des gedämpften Lachens im Varieté.“
Echte, entspannende Unterhaltung kann niemals in einem Vakuum gedeihen; die Kunst Dostojewskis, Zolas, Dickens‘, Shaws und Hunderter anderer beweist das genaue Gegenteil. Filme müssen ihre Kraft aus dem Leben ziehen, denn nur als Abbild der sich ständig verschiebenden gesellschaftlichen Strukturen und Konflikte bleiben sie interessant, stimulierend und können, durch die Darstellung sozialer Probleme, Lösungen andeuten.
Die Anhänger der Zensur sind der Ansicht, die Masse des Volkes sei unmündig. Sie meinen, daß die Menschen aufgrund mangelnder Bildung in Bereichen wie Politik, Gesellschaft oder Sexualität nicht in der Lage sind, sich dem schädlichen Einfluß von Büchern, Theaterstücken etc. zu entziehen, die mit politischen oder einfach pornographischen und kommerziellen Hintergedanken geschrieben wurden.
Es ist pure Heuchelei zu behaupten, daß die Allgemeinheit unreifer sei als jene, von denen sie regiert wird – insbesondere diejenigen, die ohne jedes öffentliche Mandat ihren Weg in die Zensurbehörden finden.
Die von einer Minderheit diktierte Zensur von Ideen ist etwas ganz anderes als die von der Mehrheit des Volkes getragenen Gesetze gegen Obszönität; und es muß betont werden, daß Unsittlichkeit und Pornographie im Film denselben gesetzlichen Verboten unterliegen wie Cartoons, Bücher, Bühnenshows und Zeitschriften.
Wo der Geschmack oder die Moral verletzt werden, hat die Polizei die Macht einzuschreiten, und das Publikum wird von den Gerichten ausreichend geschützt.
Es gibt eine Gruppe in der Gesellschaft, die für die Einflüsse von Kinofilmen besonders empfänglich ist, nämlich die Kinder und Jugendlichen, deren Status eine genauere Betrachtung erfordert.
Kinder sind sehr phantasievoll, offen für neue Ideen und haben wenig Rüstzeug, um die tiefere Bedeutung des Gesehenen zu verstehen. Darum brechen die Zensoren nur allzu gerne eine Lanze für sie; mit billigen Phrasen wie „Gift für die Gedanken der Jugend“ verunklaren sie die ganze Angelegenheit. Untersuchungen von Psychologen und Sozialarbeitern haben gezeigt, daß die Befürworter der Zensur die möglichen Gefahren für Kinder bei gewöhnlichen Filmvorführungen überbewerten.
Sie belegen, daß Kinder im Kino vor allem das aufnehmen, was ihnen aus ihrer Umgebung bereits bekannt ist. Die Studien zeigen auch, daß der gefährlichste Effekt von Filmen mit den Aspekten der gegenwärtigen Zensur gar nichts zu tun hat. Das Gefährlichste an ihnen ist vielmehr die Schaffung einer Traumwelt, in der es Belohnungen ohne die entsprechenden Anstrengungen gibt und angesichts derer die Kinder den wirklichen Lebenskampf nicht begreifen lernen. Sexuelle Anspielungen sind für sie eher langweilig als aufregend, erst für Jugendliche wird die sexer dieuelle Komponente wichtig.
In einigen Ländern, wie zum Beispiel in England, löst man das Problem, indem man Filme als für Kinder geeignet oder ungeeignet kategorisiert. Gegen ein solches Schema spricht der unterschiedliche Reifegrad von Kindern desselben Alters, so daß die Festlegung eines bestimmten Alters, etwa von 16 Jahren, höchst willkürlich erscheint. Kontrolle durch die Eltern, auch eine Art Zensur, erfordert eine ausreichende Betreuung der Familien. Die Crux der Sache liegt darin, das Bildungs- und soziale Niveau so zu heben, daß die Kinder in einem aufgeklärten Zuhause aufwachsen.
Es kann nur katastrophal ausgehen, wenn wir wirklich eine Generation heranziehen, die mit den Realitäten des Lebens nicht vertraut ist; die, irregeführt von verlogenen Heile-Welt-Filmen und -Büchern, glaubt, daß die Welt ein Rosengarten sei, in dem alle Menschen entweder gut und vertrauenswürdig sind oder andernfalls ein böses Ende nehmen.
Das Wort “Zensor“ stammt von den Römern, aber Zensur gab es schon in vorrömischen Zeiten. Sokrates wurde ihr Opfer, bevor der Römische Senat zwei Zensoren ernannte, die über Sitten und Moral des Volkes zu wachen und Verstöße zu ahnden hatten. Damals war kein Einspruch möglich; die Zensoren hatten absolute Macht.
Ein altes lateinisches Sprichwort mag uns heute als Warnung dienen: „Quis custodiet ipsos custodes?“ – Wer soll über diejenigen wachen, die uns überwachen? Die Antwort muß lauten, daß wir als die spätere Generation über sie wachen. Wir sahen, wie sie Milton knebelten; wir sahen, wie sie Kopernikus denunzierten und Galilei einsperrten; wir sahen, wie all die Eiferer von Savonarola bis Hitler Verunstaltungen und Verstümmelungen vornahmen und Freudenfeuer aus Büchern entfachten. Den Qualm dieser Feuer haben wir immer noch in der Nase.
Ich glaube nicht an Zensur. Die gesamte Geschichte spricht gegen sie, jeder gesunde Menschenverstand straft sie Lügen. Als Amerikaner und aktiver Filmschaffender habe ich ein besonderes persönliches Interesse an der Entwicklung der Filmzensur in den Vereinigten Staaten.
Ausgehend vom unvollkommenen Zustand der Welt, wäre es unsinnig zu behaupten, daß unsere Zuschauer alle gleichermaßen vernünftig oder gebildet sind oder daß Filmemacher immer kreative Künstler wären. Nach dem Krieg von 1914 entstand – vielleicht durch die kurzsichtigen Aktivitäten von Hollywoods Öffentlichkeitsarbeitern – der Eindruck, daß das Leben dort eine einzige ununterbrochene trunkene Orgie sei und daß sich Hollywoods Lebensstil in seinen Filmen wiederspiegele.
Ein Sturm des Protestes ging durch das Land. Ausgelöst wurde er durch unzählige Beschwerden, Verbote und Resolutionen von Frauenvereinigungen, Jugendbewegungen, kirchlichen Organisationen, Veteranenverbänden und dem Senat der Vereinigten Staaten.
Angesichts des spektakulären Rückgangs der Einnahmen und der Aussicht auf eine einengende staatliche Zensur schlossen sich die führenden Größen der Filmindustrie zusammen und engagierten Will H. Hays als Verantwortlichen für die Öffentlichkeitsarbeit. Im Rahmen seines Reformprogramms entwickelte er den „Production Code“, eine Form der Selbstzensur, die – mehrfach überarbeitet – das Geschäft bis heute bestimmt; daraufhin konnten die verschiedenen Vereinigungen und Insitutionen dazu bewegt werden, ihre Forderungen nach öffentlicher Zensur fallenzulassen. Die Krise konnte gerade noch verhindert werden.
Inzwischen hat der Konflikt sich gelegt. Offensichtlich kommt es zu solch öffentlicher Empörung nicht immer nur dann, wenn der gemeine Bürger Anstoß nimmt. Genausogut können die Proteste einer lautstarken, engstirnigen Minderheit am Anfang stehen – Äußerungen derjenigen, die nur allzu bereit sind, die Zensurbehörden zu übernehmen.
Möglicherweise ist die selbstauferlegte Disziplin der Filmindustrie derzeit notwendig, um den komplexen Ansprüchen der Gesellschaft gerecht zu werden, aber selbst eine solche Regelung sollte flexibel bleiben, da Auffassungsgabe und Geschmack des Publikums sich immer wieder ändern.
Dementsprechend sollte die Johnston-Breen-Behörde, die Nachfolgeorganisation der alten Hays-Behörde, dazu gebracht werden, auf die derzeitige Filmzensur – die nicht so bezeichnet wird, aber dieselben Auswirkungen hat – zu verzichten: Im Moment werden Filme ohne Zertifikat in Theatern, die sich dem Code verpflichtet haben, nicht vorgeführt.
Wenn die Zensur aufgehoben ist, kann die Behörde die Produzenten weiterhin auf die zu erwartenden Reaktionen des nationalen und internationalen Publikums aufmerksam machen und den Filmemachern die Entscheidung über ihre Inhalte selbst überlassen.
Abgesehen vom Production Code gibt es keine Rechtfertigung für zwangsweise und rigide Zensur, wie sie heutzutage von bestimmten staatlichen und lokalen Institutionen praktiziert werden.
Eine derartige Zensur überschreitet die juristischen Zuständigkeiten dieser Behörden, denn in ihrem natürlichen Bestreben, ein möglichst großes Publikum zu erreichen, berücksichtigen die Produktionsfirmen bei der Planung ihrer Projekte bereits die Tendenzen der Zensoren. Das Verbot eines Films zum Beispiel im Staat New York hat ernsthafte finanzielle Verluste zur Folge. Mein Film Scarlet Street war ursprünglich im Staat New York, in Milwaukee und Memphis verboten, und in allen Fällen wurde das Verbot erst nach Verhandlungen aufgehoben, obwohl der Film sonst überall zu sehen war.
In Amerika gibt es heute um die 56 Millionen Kinobesucher, und was sie sehen oder nicht sehen, hängt von den Launen und Vorurteilen der sieben staatlichen Zensurbehörden in Kansas, Maryland, Massachussetts, New York, Ohio, Pennsylvania und Virginia sowie von etwa 74 Zensoren in größeren Städten ab. Die politischen Kräfte des Südens beispielsweise haben, indem sie auf einer eingeschränkten filmischen Darstellung von Schwarzen in ihren Staaten bestanden, dem gesamten Land dieses Schwarzen-Image aufgedrängt. Inzwischen sind wir soweit, daß die Produktionsgesellschaften – wegen des Drucks von Südstaatenpolitikern einerseits und der Kritik an der unangemessenen Darstellung andererseits – Schwarze bewußt aus ihren Filmen ausklammern.
Sie können es sich nicht leisten, unterschiedliche Versionen für die verschiedenen Bevölkerungsgruppen herauszubringen. Zensur ist ein unberechtigter Eingriff in die bürgerlichen Freiheiten einer großen Nation.
Ein Volk, das sich durch jahrelange Bemühungen und Widerstand gegenüber großen und kleinen Demagogen das Recht erkämpft hat, sein eigenes Schicksal zu bestimmen, wird behandelt wie ein Haufen von Minderjährigen oder staatlichen Mündeln, die geschützt, gelenkt und getäuscht werden müssen.
Aufgrund welcher Verordnung kann denen, die Europa wegen politischer oder religiöser Verfolgung verließen, oder denen, die sich vor zweihundert Jahren gegen die englische Herrschaft zur Wehr setzten, nun vorgeschrieben werden, was sie denken dürfen und was nicht?
In einem Zeitalter, in dem alles vorfabriziert wird, kann kein Volk – am wenigsten das amerikanische – es sich leisten, sich die ehrliche Meinung abgepackt, geprüft, für gut befunden und versiegelt servieren zu lassen.
Im Kino behindern solche verkehrten Bestrebungen nur die einzig legitime Zensur: die durch das Publikum. Wie jeder Produzent weiß, schöpfen die Zuschauer ihre Möglichkeiten zur Zensur vollständig aus: Ihre Reaktionen werden an den Kinokassen registriert.“
Aus dem Amerikanischen von Annette Schlichter
Der Text ist zuerst im Dezember 1947 in der amerikanischen Zeitschrift ‚Theatre Arts‘ erschienen.
Am Freitag morgens ist Ernst Lubitsch, der berühmte Filmregisseur, in Wien eingetroffen. Er hatte nur ein paar Freunde von seiner Ankunft verständigt. Die kamen auf den Bahnhof, so auch Emil Jannings. Im Hotel saß man dann gemütlich beisammen, zu Sechs bloß und Ernst Lubitsch erzählte viel Interessantes und sprach in seiner lebendigen Art Kluges und Geistreiches. Ehrlich und unbändig freute sich Lubitsch auf das Wiedersehen mit Wien, in dem er vor fünfeinhalb Jahren zuletzt weilte. Er erinnert sich gerne und mit Genugtuung daran, wie die Wiener ihn feierten und wie er damals im Mittelpunkt einer von „Mein Film“ veranstalteten Begrüßungsfeier stand. Diesmal betont Lubitsch den privaten Charakter seines Wiener Besuchs, der übrigens leider bloß kurz bemessen ist.
Meine Europafahrt trägt wirklich nur privaten Charakter. Es war mir ein Bedürfnis, wieder einmal nach Mitteleuropa zu kommen und meine lieben Freunde in London, in Berlin, in Wien und in Paris zu sehen. Daß ich dabei mich auch nach Stücken, nach Schauspielern umsehe und Eindrücke sammle, ist selbstverständlich. Aber das soll nur so nebenbei geschehen. In Wien habe ich allerdings auch mit meinem Freund Emil Jannings manches zu besprechen. Es gibt einiges für die Zeit, da Jannings wieder nach Hollywood kommt . . .
Nun bin ich schon wochenlang unterwegs. Von Hollywood nach London. Von London (im Flugzeug) nach Berlin. Von Berlin nach Kopenhagen und retour. Und von Berlin nach Wien. Dann geht es nach Budapest. Und wieder nach Berlin. Und späterhin nach Paris. Mitte Jänner muß ich bereits in New York sein, um neue Arbeit vorzubereiten.
Fest steht aber eigentlich nur, daß ich den nächsten Film mit Maurice Chevalier mache. Welcher Art das Sujet sein wird, weiß ich heute noch nicht. Möglicherweise wird man mir, wenn ich nach drüben komme, diesbezügliche Vorschläge machen.
Ich denke an ein Volksstück, das ich mit Chevalier in der Hauptrolle inszenieren möchte. Doch will ich mich gar nicht auf ein Genre festlegen. Meine Neigung ändert sich da oft. Ich bin zum Beispiel von der Tonfilmoperette zum ernsten hochdramatischen Film („Der fremde Sohn“) übergegangen, um dann neuerlich eine leichte Komödie mit unterlegter Musik zu schaffen. Sie heißt „Trouble in Paradise“ („Rummel im Paradies“) und ist mein jüngster Film, der in den Kinotheatern Amerikas und England bereits zu sehen ist.
Es ist wahrhaftig nicht leicht, jetzt mit einem Film das Richtige zu treffen und vor allem: damit Erfolg, in Besuchsziffern ausgedrückt, zu haben. Denn man täusche sich nicht darüber hinweg: in der ganzen Welt ist ein rapider Rückgang der Besucherzahl an den Vergnügungsstätten zu verzeichnen. Die Wirtschaftsnot ist schuld daran.
Man hat auch fürs Kino zu wenig Geld. Und so kommt es, daß in Amerika, speziell in New York, auch gute Filme nur wenig Zulauf haben und die Einnahmeziffern der Kinotheater um mehr als sechzig Prozent gesunken sind. In einem der größten Kinos von Los Angeles habe ich in der Abendvorstellung – an einem Wochentag- hundert Besucher gezählt.
Den Theatern geht es freilich auch nicht besser. Das Theaterviertel von New York ist gegen das Getriebe, das früher dort an den Abenden stets herrschte, als ausgestorben zu bezeichnen. Nur jene Theater, die das Allerbeste, die neue Inszenierungen, die Sensationen an Stück und Darstellung bieten, haben einigermaßen auf Kassenerfolge zu rechnen.
In der Regel ist es so, daß ein Theater, das heute mit einer neuen Revue etwa, eröffnet, ein paar Tage später seine Pforten bereits schließen muß. Nur wenige Theater können sich halten.
Dabei muß ich hervorheben, daß die New Yorker Theater sich sehr bemühen, ein abwechslungsreiches Programm zu bieten, das 97 Prozent aus neuen Bühnenwerken besteht.
In Berlin mußte ich jetzt leider die Erfahrung machen, daß es an den dortigen Theatern umgekehrt ist: man führt drei Prozent neue Stücke auf und 97 Prozent alte. Das ist meiner Meinung nach ein Fehler.
Auch der Filmproduzent muß sich natürlich bemühen, möglichst Neues zu bringen, um das Interesse des Publikums, das noch die Kinos besucht, wachzuerhalten. Obgleich es doch so ist, daß überall das Publikum die Qualität des Films diktiert.
Wir sind bestrebt, gute Filme zu machen. Jedoch die guten und originellen finden nicht immer das Gefallen der Kinobesucher. Und dann richtet sich der Produzent nach dem „Geschmack der Menge“. Und läßt die gangbaren Filme herstellen.
Trotzdem muß man stetig auf der Suche nach neuen Stoffen für den Film sein. Und eigenartige Stoffe interessieren immer. Es kommt auch auf das Milieu an, in dem der Film spielt. Er soll farbig und symphatisch sein.
Immer noch haben die Amerikaner zum Beispiel ein Faible für Wienerisches und Pariserisches Milieu. Oder besser gesagt: für Wiener und Pariser Atmosphäre. Der amerikanische Kinobesucher fühlt sie von der Lichtspielbühne her und erquickt sich an ihr.
Für ihn bedeutet wienerische Atmosphäre Fröhlichkeit und pariserische „glamour“ das heißt Glanz. Und Fröhlichkeit und Glanz, das sind ja Dinge, nach denen sich die Menschen in dieser traurigen und trüben Zeit besonders sehnen.
Es ist auch wichtig, die Filmdarstellerschaft zeitweise zu erneuern, das Ensemble um den Star zu variieren. Als eine neue Darstellerin in meinen Filmen habe ich Miriam Hopkins, als neuentdeckten Bonviant Herbert Marshall herangezogen.
In den amerikanischen Filmateliers wird übrigens trotz der Wirtschaftskrise sehr eifrig und viel gearbeitet. In allen Studios ist Großbetrieb. Man sorgt auch dafür, daß die Qualität der Quantität die Waage hält.
Man ist auch willens, dem Tonfilm eine möglichst internationale Note zu verleihen, ihn allgemein verständlich zu gestalten, so daß es nicht nötig wird, einen amerikanischen Film in deutsch gesprochenem Dialog unterlegen zu lassen, was immer eine Verfälschung der Leistungen der Originaldarsteller, aber auch der Arbeit des Regisseurs bedeutet.
Die Tonfilmtechnik ist so ausgezeichnet und so vollendet, daß mit allerlei besonderen Nuancen gearbeitet werden kann, auch was die Photographie des Tones und Tonfalles der Sprachgebung der Schauspieler betrifft. Jede künstliche Sprechunterlage schädigt da die ursprüngliche Wirkung.
Was die Technik des Films in allgemeinen belangt, so glaubt man in Amerika, daß sich der Tonfilm in seiner jetzigen Form noch ein paar Jahre erhalten wird. Die Versuche mit dem Fernsehkino scheinen noch nicht so weit zu sein, daß man in absehbarer Zeit von einer allgemeinen Einführung des Fernsehkinos also von einer Umwälzung auf dem Gebiet der Darbietung tönender, lebender Bilder sprechen könnte.
Soweit ich derzeit in Europa herumkomme, kann ich selbstredend überall erkennen, wie schwierig auch hier die wirtschaftlichen Verhältnisse geworden sind. Aber sie erscheinen mir keineswegs schlechter als in Amerika. Ich finde sogar, daß der Kino- und Theaterbesuch verhätnismäßig besser ist als drüben.
Ich sollte in New Yorck demnächst eine Theaterinszenierung besorgen. Jedoch ich nehme vorläufig davon Abstand und will abwarten, bis die Zeiten günstigere Aussichten für ein derartiges Unternehmen bieten.
Somit bleibe ich zunächst beim Film und setze den neuen Chevalier-Film und bald darauffolgend einen zweiten Film in Szene. Inzwischen wird wieder ein Herbst angebrochen sein, der für das Wirtschaftsleben der Welt vielleicht eine Wendung zum Vorteilhafteren bringen wird, was wir doch alle innigst wünschen und ersehnen!
Und dann wird man auch mit mehr Sicherheit Pläne entwerfen und zur Ausführung bringen können, als heute!
Ernst Lubitsch
(abgeschrieben aus: »Mein Film«, Wien, Nr. 364, Im Januar beginnt es mit der Numme 314, vermutlich erschien »Mein Film« einmal in der Woche).
Anmerkungen: Der erwähnte Film „Trouble in Paradise“ kam in Österreich und in Deutschland nicht ins Kino. In Deutschland wurde der Film mit dem deutschen Titel »Sünde im Paradies«, von der Firma Paramount-Film produziert, am 3. März 1933 mit einer fadenscheinigen Begründung verboten. Die Paramount AG Berlin legte Widerspruch ein.
Die »Film Oberprüfstelle« in Berlin, bestehend aus: Ministerialrat Dr. Seeger, und den Beisitzern: Emil Lind, Paul Oskar Höcker, Clara Bohm-Schuch (M.d.R) und Wilhelm Fecht »begutachtet« den Film erneut und weist die Beschwerde der Firma Paramount-Film AG Berlin zurück. Paul Reno ist als Vertreter der Firma Paramount anwesend. Der Film bleibt in Deutschland verboten. Erst 36 Jahre später, am 4. März 1969, erlebt er eine Fernsehpremiere.
filmportal beschreibt den Film so:
“Die gerissenen Gauner Gaston und Lily lernen sich in Venedig auf ungewöhnliche Weise kennen: Nämlich bei dem Versuch, sich gegenseitig über den Tisch zu ziehen. Aber stattdessen verlieben die beiden sich ineinander und machen künftig als hochstapelndes Betrügerpärchen gemeinsame Sache. In Paris suchen sie die Nähe der reichen Witwe Mariette Colet und stehlen ihr eine wertvolle Handtasche – nur um sie ihr wenig später gegen einen beträchtlichen Finderlohn zurückzubringen. Mariette zeigt sich von dem „ehrlichen Finder“ Gaston so entzückt, dass sie ihm sogar eine Stelle als Privatsekretär gibt. Durch diese Position kann er auch Lily als Mitarbeiterin einstellen. Neues Ziel der beiden ist Mariettes Safe, in dem sie 100.000 Francs aufbewahrt. Allerdings verliebt Gaston sich überraschend in die schöne Mariette und zögert deshalb den Diebstahl immer wieder hinaus. Während Lily zusehends eifersüchtig reagiert, droht die Maskerade des Diebesduos aufzufliegen“.
wir beide wissen: Dummheit ist international. Das ist sicher keine neue Erkenntnis. Aber wenn dann an mein Ohr dringt, ein Russischer Minister hätte grade in Israel vor laufenden Kameras, etwas davon gefaselt, dass Hitler jüdisches Blut gehabt hätte, dann bin ich doch überrascht.
Überrascht vor so viel Dummheit von einem angeblichen Mitglied der Russischen Elite. Mal abgesehen davon, daß Hitlervergleiche einem Russischen Minister nicht zustehen, der soll gefälligst seine eigenen Massenmörder für solche Vergleiche heranziehen. Daran ist ja auch in Rußland kein Mangel.
Und warum immer gerade Hitler? Und dann auch noch das »jüdische Blut«, das da vergossen wird? Wie war das noch mit dem Eispickel in Mexiko? Da wären doch Stalinvergleiche viel passender gewesen. Aber das würden die Untertanen in der Heimat wieder nicht verstehen. Ich rate daher: »Hände weg von den Hitlerblutsvergleichen«.
Auf die Gefahr hin mich zu wiederholen, übrigens eine Gefahr in die ich mich immer wieder gerne begebe: Wie dumm muß dieser Mensch sein, so etwas auch noch vor laufenden Kameras und das auch noch in Israel öffentlich und nicht heimlich preis zu geben.
Da könnte man doch glatt auf die Idee kommen, das sie zwar einen Sputnik in den Weltraum und zum impfen schicken können, aber das mit den Blutgruppen der Menschheit scheint noch nicht bis in den Kreml gelangt zu sein. Einmal Blut spenden und man weiß für immer, welche Blutgruppe man wirklich hat. (z. B.: A Rh p0sitiv, im deutschen Impfpass der WHO auf Seite 18)
Und schon, schwupps hat mich der Dummkopf von Minister aus Rußland in unsere eigene Geschichte zurück geworfen. Ich habe tatsächlich nicht recherchiert, ob die Worte »Blutschande« und »Rassenschande« wirklich von den Nazis erfunden wurden. Als Erfinder sind sie ja eher nicht in die Geschichte eingegangen.
Ja, Oskar Dankner ist ein berühmter Mann. Die ganze Welt kennt ihn. Seinen Namen dagegen kennen nur Wenige. Geboren wurde er am 10. 04. 1890 in Podhajczeyki. Das gehörte 1890 zu Österreich Ungarn. Auf den ersten Blick ist er also ein ungarischer Österreicher.
Heute liegt Podhajczeyki in Polen, 330 km südöstlich von Warschau an der Grenze zur Ukraine. Die deutsche Staatsbürgerschaft hat er nicht bekommen, vielleicht auch nicht gewollt. Das hat mir die Cuxhavener Historikerin Frauke Dettmer verraten. Die, die jetzt in Rendsburg wohnt, wohin ja auch Frau Heßberg verzogen war. Du erinnerst Dich?
Jedenfalls hatte der Geburtsort von Oskar Dankner zur Folge, das er abwechselnd als Österrreicher, Tschechoslowake oder Pole bezeichnet wurde und wird. Manche schreiben auch einfach nur Galizien. Hauptsache Ausländer.
Da aber die Tschechoslowakei erst am 20. Oktober 1918 an den Start geschickt wurde, ist Oskar Dankner diesem Staat am wenigsten zuzuordnen. Von seinem Lebensweg bevor er 1920 nach Cuxhaven übersiedelte ist wenig bekannt. Er hatte vorher in Görlitz gewohnt. Vermutlich war er relativ wohlhabend.
Denn es war ihm immerhin möglich von Emmeline Wist das Grundstück in der Deichstraße 20 in Cuxhaven zu kaufen. Darauf ein Gebäude mit mehreren Wohnungen, einem Laden und einem großen Kino. Der Kaufpreis ist unbekannt. Natuerlich.
Der Eintrag im Reichs-Kino-Adressbuch lautete 1927: »Cuxhavener Lichtspielhaus, Deichstraße 20, F: 64, Gr: 1910, täglich, H, V, S, . . . 375 I: Oscar Dankner, ebenda«.
Ich hatte lange nach den Bedeutungen der Abkürzungen im Reichs-Kino-Adressbuch gesucht und herumtelefoniert. Gr: und I: konnte ich mir erklären. Aber was bedeutete: H, Kapp, V, R, S ? Ich stelle fest: Alle, die das hätten beantworten können sind schon tot. Zu den von mir befragten Kinobesitzern gehörte auch einer, dessen Vater und Großvater schon Kinos besessen hatten. Selbst da: Fehlanzeige. Schließlich hilft mir wieder nur die neuzeitliche Suchmaschine. Im Netz finde ich auch die Legende des Reichs-Kino-Adressbuches und gebe hiermit Kund und zu Wissen, was eigentlich keiner wissen will. Die Abkürzungen, die auch in der Lichtbildbühne (LBB) Verwendung finden sind:
F = Fernsprecher, Gr. = Gründungsdatum, H = Handelsgerichtlich eingetragen, R = Mitglied des Reichsverbandes Deutscher Lichtspieltheater-Besitzer e. V., V = Varieté und S = Singspiel-Konzession, B = Bühnengröße, Kap. = Kapelle, T.F. = Tonfilm-Einrichtung, P = Pächter, Gf = Geschäftsführer. Die Zahlen bei den einzelnen Theatern geben die Anzahl der Sitzplätze an; dahinter ist die Spielart, bzw. die Zahl der wöchentlichen Spieltage vermerkt. Die Hafensiedlung Cuxhaven und das Amt Ritzebüttel gehörten seit dem 31. Juli 1394 zu Hamburg. 1927 hat Cuxhaven 20.000 Einwohner. Und nun kommst Du, J.
Ich hatte da noch was herausbekommen: Die Enkelin hatte es mir erzählt. Da gab es ja in Cuxhaven, im Amt Ritzebüttel, das damals noch zu Hamburg gehörte, einen mutigen Polizisten. Das war ihr Opa. Endlich mal kann eine Enkelin auf ihren Opa stolz sein. Das kommt ja nicht so oft vor: Der Polizei Inspektor Walter Lindeman (4. August 1887-8. Januar 1971) hat den Spießrutenlauf aufgelöst. Damit hat er sich auch den Befehlen des Preussischen Innenministers Hermann Göring widersetzt, und dazu gehörte sicher eine Portion Mut, J.