„Wir können die Herrschenden nicht zwingen, die Wahrheit zu sagen, aber wir können sie zwingen, immer unverschämter zu lügen.“
Bernward Vesper, Ergänzungen zu die Reise aus der Ausgabe letzter Hand. Dezember 1979, Seite 13.
Kategorie: 1938
Im Wald ist der Bär braun Nur im Eis ist der Bär weiss
Wikipedia schreibt:
“Bereits 1973 – also noch in der Amtszeit Bauers – wies der Filmhistoriker Wolfgang Becker (1943–2012) darauf hin, dass Alfred Bauer in der Reichsfilmintendanz gewirkt hat und dort einer ihrer beiden Referenten war. Auf diese enge Verstrickung mit der Reichsfilmintendanz und damit zum NS-Propagandaapparat machten auch Hans Christoph Blumenberg (1993), Felix Moeller (1998) und Tereza Dvořáková und Ivan Klimeš (2008) aufmerksam, ohne dass es zu Reaktionen der deutschen oder internationalen Presse gekommen wäre.“
Aus dem Buch: Zur politischen Ökonomie des NS-Films von Wolfgang Becker, Berlin, Verlag Volker Spiess 1973: Seite 199 “ . . . Allgemeiner Stellvertreter des Reichsfilmintendanten war Dr. Walther Müller-Goerne, Referent in der Reichsfilmkammer bis zu seiner Ernennung. Ihm war die Regelung des gesamten Geschäftsganges übertragen: Besetzungsfragen, Vertragsabschlüsse, Einsatzkontrolle, Filmgestaltung usw.. Unterstützt wurde Müller-Goerne hierbei von Dr. Alfred Bauer, der ebenfalls Filmkammer-Referent (Fachschaft Film) war. Siehe: 539)
[Anmerkung 539: Die Beurteilung der Partei-Kanzlei lautete: “Eifriger SA-Mann (BDC-PKC Akte Bauer). Bauer selbst sprach von einem „nachweislich erzwungenen Partei-Eintritt“
(Vgl. die Rechtfertigungsschrift Bauers: “Wie entstand ein Film im Nazi-Deutschland“ vom August 1945, die allerdings wenig informativ ist, da sie lediglich den Leistungssteigerungserlaß wiedergibt; Ufi-Ffm 21/088)]
Der Hamburger Mantel 1905 – 2020
Hamburger Mantel (ganz links). Im Mantel Tante Püppi (mit Strohut). Foto von 1905. Fotograf unbekannt Foto der Familie Hirte. Im Kinderwagen Annelise Hirte. Dahinter ihre Eltern. Nicht auf dem Foto: Weitere fünf Kinder.
Hamburger Mantel (Mitte) Foto Werner Hensel 1938 Foto links unten Werner Hensel (1940)
Foto rechts unten Hamburger Mantel 1953
Foto links Jens Meyer (1982)
Fotos Werner Hensel 1940 – 1953
Mantel (Hamburg)
Zitronen
Foto von Walter Kellinghusen (Photograph) Hamburg Bergedorf. Das Adressbuch von Hamburg gibt als letzte Wohnanschrift (1936) Hamburg Bergedorf, Wentorferstrasse 23 an. Die Nachforschungen haben ergeben, daß er 1936 verhaftet und in das Gefängnis in Hamburg Bergedorf eingeliefert wurde. Sein Vater war Rechtsanwalt. In der Haft hat er sich das Leben genommen. Der § 175 wurde erst am 11. Juni 1994 aus dem StGB Deutschland ersatzlos gestrichen.
Fotografiert von Rudolf Heinrich Meyer 1928.
Clara Esslen Heinz B. Heisig und die Volkshochschule 16. Oktober 1938
Das Ende einer Legende. Heinz B. Heisig – Ein Widerstandskämpfer
25 Filmbeispiele zeigen: Wer gut mit den Nazis kooperiert (Clara Esslen, Heinz B. Heisig, VHS) braucht kein Mitglied zu werden. „Clara Esslen Heinz B. Heisig und die Volkshochschule 16. Oktober 1938“ weiterlesen
Eine teure Flucht
Was kostet 1938 ein Pass? „Eine teure Flucht“ weiterlesen
Führungszeugnis 1938 für die Kinobesitzerin Rosa Hirschel
Es wäre komisch, wenn es nicht so ernst wäre: Im März 1938 beantragt die enteignete Hamburger Kinobesitzerin Rosa Hirschel (»Neues Reichstheater« im Neuen Steinweg 70/71 enteignet (arisiert) 1934 und des »Theater am Nobistor«, Reeperbahn 161) bei dem »Polizeipräsident in Hamburg« ein polizeiliches Führungszeugnis. „Führungszeugnis 1938 für die Kinobesitzerin Rosa Hirschel“ weiterlesen
Bruno Tesch wird gegen Louise Schröder ausgetauscht
Henschel Film- und Theaterkonzern in Hamburg OHG / KG
Horst Urich Sass (Sohn des Kinobesitzers Hermann Urich Sass) in dem Garten seines Hauses in den USA. Beverly Hills, 719 N. Alpine Drive. Foto 1990. (geb. 1. Februar 1914 in Hamburg). Gestorben am 19. April 2000 in Beverly Hills.
Carl Heinz Streit, (geb. am 26. August 1911 in Hamburg, gest. am 24. April 2002 in Belo Horizonte/Brasilien). Das Foto wurde 1990 in der Wohnung seines Bruders (Rolf Arno Streit) in Belo Horizonte gemacht.
1936 ist er, zusammen mit seinem Bruder Carl Heinz aus Hamburg geflohen. Carl Heinz und Rolf Arno Streit sind die Söhne des Hamburger Kinobesitzers Hugo Streit, dem 1938 die Flucht aus Hamburg, aus Deutschland gelungen ist.
Seine Firma Henschel Film- und Theaterkonzern war damals schon „arisiert“ (enteignet) und von den beiden „Nutzniessern“ Paul Romahn und Gustav Schümann übernommen worden.
„Bezahlt haben sie nichts dafür. Dafür hat schon die NSDAP gesorgt, dass den Juden kein Geld zugeflossen ist“. (Rolf Arno Streit 1990 Belo Horizonte.) Rolf Arno Streit, (geb. am 9. August 1912 in Hamburg, gestorben am 15. Februar 1993 in Belo Horizonte/Brasilien). Geflohen aus Deutschland 1936.
Der Henschel Konzern war eine OHG, die von Hugo Streit und Hermann Urich Sass gegründet worden war. Die OHG betrieb in Hamburg die Schauburg Kinos.
Nach dem Selbstmord von Hermann Urich Sass, am 27. Januar 1933, wurde die Gesellschaft in eine KG umgewandelt, in die die Erben Urich Sass, (seine Ehefrau Hedwig Urich Sass und seine Kinder, Horst, Hans Jürgen und Vera Urich Sass) eintraten.
Schauburg Kino, Mönckebergstrasse 8 in Hamburg beim Hauptbahnhof. Die Aufnahme von dem Eingang des Kinos entstand am 31. Januar 1936 (Deutschland Start des Filmes Anna Karenina). Repro: Reinhold Sögtrop.
Nachtrag: David Urich Sass und Annita Urich Sass
Peter Offenborn hat es herausgefunden (nach der Kultussteuerkartei der Jüdischen Gemeinde Hamburg ). Der Vater von Hermann Urich Sass war David Urich Sass, geb. am 05. Mai 1861 in Lemberg (Galizien), das damals zu Österreich gehörte. Gestorben am 24. Januar 1922 in Hamburg (Beerdigt auf dem Jüdischen Friedhof in Hamburg Ohlsdorf).
Bevor Hermann Urich Sass bei der Kino Firma >J.Henschel< arbeitete, war er Angestellter der Firma Max Blancke & Co . Film- Import/Export, Eimsbütteler Chaussee 112, später Dammthorstrasse 27, deren Inhaber er später wurde). Die Familie wohnte zuletzt in der Schlüterstrasse 1. Später – nach der Emigration der Kinder – wohnte Hedwig in der Grindelallee 23 b. Neumark. Die Mutter von Hermann Urich Sass, war Annita Urich Sass, geb. Italiener, geb. am 17. Juli 1863 in Hamburg. Annita Urich Sass wurde am 17. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert u1nd am 18.12. 1942 dort ermordet.
Nachtrag 2020: Lange war nicht klar, wann dass unten abgebildete Foto der Belegschaft der Schauburg Hauptbahnhof entstanden ist. Der Aufmarsch der Belegschaft am 1. Mai in der Mönckebergstrasse 8, vor dem Schauburg Kino. Das abgebildete Plakat auf dem Foto des des Filmes „Du kannst nicht treu sein“ Regie: Franz Seitz (Senior), mit der Schauspielerin Lucie Englisch und dem Schauspieler Hermann Speelmans, wurde am 08. Februar 1936 von der Zensur freigegeben und hatte seine Uraufführung am 11. Februar 1936. (Quelle: Filmportal.de).
Das Foto muß also am 1. Mai 1936 entstanden sein. Da waren die ursprünglichen Eigentümer des Schauburg Kinos schon enteignet. „Arisiert“, wie die deutschen Nazis diesen Vorgang der Enteignung genannt haben. Die neuen „Besitzer“ der Schauburg Kinos, SA Mann Gustav Schümann links und SA Mann Paul Romahn rechts. 1936
Foto links oben (Farbe): Aufgenommen am 6. April 2020 – Foto rechts (mit Cadillac): Aufgenommen (1935) Fotograf Rolf Arno Streit. Foto unten: Rothenbaumchaussee 149 in Hamburg, Auf dem Balkon: Rolf Arno Streit (9. August 1911- 15. Februar 1993) . Fotograf (sein Bruder) Carl Heinz Streit (26. August 1911 – 24. April 2002)
Aus dem Hamburger Adressuch ergibt sich der Grundstücksverlauf von 1924-1959 für das Grundstück in der Rothenbaumchaussee (ab 1939 in der abweichenden Schreibweise Rotenbaumchaussee):
Nachtrag 2024:
1924-1925 gehoert das Haus einem Quast, W. 1926 einem Oppenheim O.. (Otto)
Laut Telefonbuch und Adressbuch von 1928 ist Otto Oppenheim Getreidemakler in Firma Otto Oppnheim & Co. Inhaber der Firma sind Otto Oppenheim und Carl Glaser. Firmensitz ist laut Telefonbuch in der Kaiser Wilhem Straße 40. 1927 – 1939 gehört das Haus Oppenheim, Frau O., die 1939 mit der Adressangabe: Oppenheim, Frau O. Kopenhagen auftaucht. 1941 gibt es dann einen neuen Besitzer mit Namen Meincke (Dr. med dent Zahnarzt). Für die Jahre 1932 und 1933 sind als Mieter eingetragen: Streit, H. in Fa. Henschel- Film & Theaterkonzern. Ab 1935 gibt es einen Eintrag im Adressbuch, die Besitzerin Frau Oppenheim sei über die Adresse H. A. Klahn, Lupinenkamp 12 ereichbar. H. A. Klahn (Heinrich August Klahn) ist von Beruf Hausmakler. Für das Jahr 1940 habe ich kein Adressbuch im Netz gefunden. Im Adressbuch von 1941 gibt es den Eintrag, der neue Besitzer (E) ist ein Meinecke, W., Dr. med. dent. Zahnarzt. Das Haus daneben (Nr. 151) gehoert 1941 dem Frauenarzt, Dr. med ‚Barfurth. W.
Aus dem Adressbuch von 1959 ergibt sich: Grundstücksbesitzer (149) ist weiter Meinecke, W. Dr. med dent. Zahnarzt. Und das Haus (151) gehört weiterhin dem Barfurth. W. (+) J.
Dimitry D. Rostowsky Etikettendruckerei Oelkersallee
PDF Dimitry Rostowski Etikettendrucker
Dimitry D. Rostowsky hatte 1989 eine Etikettendruckerei in der Oelkersallee 66 (direkt neben dem Oelkers Cafe, in der Oelkersallee 64, Hamburg Altona – gleichzeitig das Duckenfeld im Oelkers Cafe: Ein Kino mit 22 Sitzplätzen). Am 12. Juli 1989 führte ich mit ihm ein Gespräch über sein Leben. Er wurde 1942 von den Deutschen aus Kiew verschleppt. Damit das nicht verschwindet, habe ich dieses Gespräch am 12. Juli 1989 protokolliert.
Nach ca. einem halben Jahr mit Zwischenstationen u. a. in Warschau und Neumünster gelangte er unter SS Bewachung nach Hamburg. Zum Zeitpunkt der Verschleppung war er 19 Jahre alt und auf einer Kunstakademie (in Kiew?). Die Deutschen haben von allen Familien, in denen mehr als zwei Kinder waren, eins nach Deutschland deportiert. Seine Schwester hatte solche Angst und hat sich unter dem Sofa versteckt. Da ist er mitgenommen worden. Die Schwester haben sie später auch noch geholt, die hat dann in einer Eisengießerei (?) (Eisenfabrik?) in Görlitz arbeiten müssen.
Er kam dann in ein Lager für „Ostarbeiter“ in der Ruhrstrasse (in Hamburg Altona). Dort waren ca. 700 Männer und Frauen vorwiegend aus der Ukraine, der UdSSR und Polen. Sie arbeiteten für 15 Reichsmark im Monat in der Sperrholzfabrik von Heinz Meyer, „Holsatia“ in der Ruhrstrasse 57 – 59 (bis 1940: Kruppstrasse 57 – 59) in Hamburg Altona (Holsatia-Werke Heinz Meyer KG Hamburg). Die Fabrik wurde im Krieg zerstört. Einige Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen haben in der Fischfabrik (Leunastrasse/Schützenstrasse) gearbeitet. Der Inhaber der Firma der Sperrholzfirma, Heinz Meyer, war ein schlimmer Nazi. Einmal hat er einen „Ostarbeiter“, der sich gewehrt hatte, bei lebendigem Leib in den Ofen gesteckt. Menschen, die krank wurden, wurden sofort der SS gemeldet. Sie wurden abgeholt und sind nie wieder aufgetaucht.
Bei dem großen Bombenangriff mit Phosphor 1943 ist Dimitry R. in einen Bunker geflüchtet, der war total überfüllt. „Ostarbeiter“ hatten normalerweise keinen Zutritt. Während der Bombenangriffe sind drei Frauen geflüchtet, sind aber von der Gestapo „geschnappt“ worden. Sie gaben an, dass ein Pole ihnen gesagt hätte, das sie zu Bauern fliehen sollten. Der Pole wurde darauf hin auf dem alten Judenfriedhof öffentlich (alle 700 Ostarbeiter/innen wurden zum Friedhof geführt) hinter der Ruhrstrasse hingerichtet. Als sie dort ankamen, war bereits eine große Grube ausgehoben.
Die SS brachte dann den Polen, der gefesselte Hände hatte, die schon ganz blau waren, weil sie blutleer waren. Die SS hat ihm dann eine Pistole ans Genick gelegt und ihn erschossen. Dimitry R. erinnert sich noch daran, das das Gehirn rausgespritzt ist. Danach mussten sie wieder an die Arbeit. Teilweise mussten zwei Schichten hintereinander gearbeitet werden. Die Verpflegung war schlecht, aber oft haben ihnen Läden in Altona etwas zu essen geschenkt. Ein Schlachter hinter der Brücke, der hat Ihnen öfter Grützwurst geschenkt. Sie hatten einen Aufdruck OST, den sie immer tragen mussten. Wer ohne angetroffen wurde, bekam Schwierigkeiten mit der SS oder der Lagerleitung.
Nach dem Krieg hat Dimitry R. „Wiedergutmachung“ bekommen. Insgesamt 15.000,00 DM. Jetzt will ihm die Rentenversicherung die Jahre der Verschleppung nicht anrechnen. Die Rentenversicherung hat behauptet, das Lager hätte es gar nicht gegeben. Er musste in einem ersten Verfahren erst einmal beweisen, dass das Lager an der Ruhrstrasse überhaupt existierte, obwohl er von der britischen Militärbehörde einen Ausweis als Deportierter hatte. Den wollte die Rentenversicherung nicht anerkennen, weil sie in Englisch ausgefüllt ist. Auch die AOK hatte behauptet, von vor 1945 keine Unterlagen mehr zu haben. Jetzt hat er zwei Zeugen beibringen müssen, die bestätigen, dass das Lager existierte und er dort interniert war. Jetzt haben sie von der Rentenversicherung nur einen Monat für 1942 angerechnet, obwohl er doch bereits Anfang 1942 von den Nazis verschleppt worden ist.
Der Fabrikbesitzer Heinz Meyer (Holsatia-Werke Heinz Meyer KG Hamburg) wollte von ihm nach 1945 einen Persilschein* haben, dass er immer gut zu den 700 „Ostarbeitern“ gewesen sei. Diesen Schein hat Dimitry R. nicht unterschrieben. Heinz Meyer wohnte in Flottbek/Othmarschen, Noerstrasse 11. (Im Adressbuch von Hamburg, Strassenverzeichnis 1951 ist als Eigentümerin des Grundstücks eingetragen: Meyer, I. später: 1952-1965: Meyer, Frau Irmg.). Als Mieter: Meyer, Heinz, Fabrikt.). Heinz Meyer ist später gestorben. Hat aber seine Fabrik zurückerhalten, die sein Sohn später übernommen hat. Der hat jetzt eine teure Villa in Hamburg Othmarschen. Nach weiteren Recherchen stellt sich heraus: Die Firma hiess: >Holsatia-Werke Heinz Meyer KG< in Hamburg.
Holsatia 1912 -1945 ist ursprünglich ein jüdisches Unternehmen das von Julius Neumann 1869 – 1930 und Erich Buchholz (1893 – 1932) gegründet wurde. (Holsatia ist das lateinische Wort für Holstein und wurde daher oft für Firmennamen benutzt): 1912 Holsatia Neumanns Spezial Möbel Fabrik, Arnoldstrasse 16 – 20 Geschäftsführer Julius Neumann. 1925 Holsatia Werke Neumann, Arnoldstrasse 22. 1926 Holsatia Werke Neumann KG auf Aktien, Arnoldstrasse 3/5. 1927 Holsatia Werke Neumanns Holzbearbeitungsfabriken Aktiengesellschaft (A.G.), Arnoldstr. 3 /5. 1928 Holsatia Werke Neumanns Holzbearbeitungsfabriken Aktiengesellschaft (A.G.), Arnoldstr. 3 /5. 1929 Holsatia Werke Neumanns Holzbearbeitungsfabriken Aktiengesellschaft (A.G.), Arnoldstr. 3 /5. 1930 Holsatia Werke Aktiengesellschaft (A.G.), Kluckstrasse 4 (E=Grundeigentümer). 1933 Holsatia Werke Aktiengesellschaft, Kluckstrasse 4 / Kruppstrasse 59. 1935 Holsatia Werke Aktiengesellschaft, Kruppstrasse 57/59.
Folgende Vermutung liegt nahe: Bei dem Unternehmen von dem Dimitry Rostowsky (Dimitry Rostowsky. Zwangsarbeiter bei Holsatia. Verschleppt aus der Ukraine nach Deutschland) erzählt hat, handelt es sich vermutlich um die ehemals jüdische Fabrik, die 1912 unter dem Namen Holsatia Neumanns Spezial Möbel Fabrik, von dem jüdischen Unternehmer Julius Neumann, Arnoldstr. 16 – 20, gegründet und betrieben wurde. Der spätere Fabrikbesitzer Heinz Meyer (Firma: Holsatia-Werke Heinz Meyer KG Hamburg) wollte von ihm nach 1945 einen Persilschein*, dass er immer gut zu den 700 „Ostarbeitern“ gewesen sei. Diesen Schein hat Dimitry R. nicht unterschrieben. Heinz Meyer wohnt in Flottbek/Othmarschen, Noerstrasse 11. (Im Adressbuch von Hamburg, Strassenverzeichnis 1951 ist als Eigentümerin des Grundstücks eingetragen: Meyer, I. später: 1952-1965: Meyer, Frau Irmg.). Als Mieter: Meyer, Heinz, Fabrikt.). Heinz Meyer ist später gestorben. Hat aber seine Fabrik zurückerhalten, die sein Sohn später übernommen hat. Der hat jetzt eine teure Villa in Hamburg Othmarschen. Nach weiteren Recherchen stellt sich heraus: Die Firma hiess: >Holsatia-Werke Heinz Meyer KG< in Hamburg.
Abschrift aus:
“Jeder zweite, der in Kiel vor die Spruchkammer kam, hatte einem Juden das Leben gerettet, einen Demokraten vor dem KZ bewahrt und war ein geheimer Gegner der Nazis gewesen. Die Fragebögen wurden en masse* gefälscht. Neben der Wand mit den Tauschzetteln hingen jeden Tag die Anschläge der Militärregierung: »Wegen falscher Angaben wurde bestraft . . . «. Auf die Frage, wo der Schwarzhandel am besten gedeihe, erhielt man damals zur Antwort: am Bahnhof und vor der Spruchkammer! Da wurden – je nach Belastungsstufe – Kartoffeln, Eier, Mehl, Margarine, Hühner und Karnickel gegen »Persilscheine« getauscht. Gegen Bezahlung in Naturalien kaufte man sich frei von der Vergangenheit. Oder die alten Nazis legten einfach einen von den Spruchkammern errechneten Betrag auf den Tisch und waren von diesem Moment an keine Nazis mehr. Die als »Mitläufer« eingestuften zahlten etwa 200 RM; das juckte keinen, da das Geld ohnehin nichts wert war. Bloß die Kleinen, die Block- und Zellenleiter hat man rangenommen und als Trümmerauguste eingesetzt, während die vermögenden Pgs schon wieder in den Vorzimmern der Militärregierung saßen und auf ihre Lizenz warteten und frische Brötchen aus kanadischen Mehl aßen. Kein Wunder, daß uns die Entnazifizierung als Farce erschien!“ Wolfgang Ziemssen, ehemaliger Marineflak-Helfer in Kiel, dann Bauhilfsarbeiter, später Schauspieler. (Tonbandprotokoll) Wolfgang Ziemssen (1928 – 2012)
Wie man einen verlorenen Krieg gewinnt (Seite 280) »Persilscheine« Wolfgang Ziemssen: Zum Thema Persilscheine: Sich Freikaufen von der Vergangenheit
* Persilschein = Bestätigungen, die nach Kriegsende 1945 zu Unrecht von Mitmenschen unterschrieben wurden, die damit bestätigten, dass die Personen für ihre Verbrechen in der Nazi Zeit nicht zur Verantwortung gezogen wurden. Die ausgestellten „Zeugnisse“ hatten die Funktion, dass Ihre Vergangenheit quasi mit dem Waschmittel „Persil“ gewaschen wurde.