Keine Kritik: ALLE HAIFISCHE HABEN ZÄHNE oder Mackie Messer Brechts Dreigroschenfilm

Keine Kritik: Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm

Pressevorführung 23.8.2018 Abaton, 131 Min. Uraufführung beim Filmfest München 2017 Regie: Joachim Lang, Kamera: David Slama, Drehbuch: Joachim Lang Verleih: Wild Bunch Germany, Start am 13. 09. 2018

Ein Haifisch ohne Zähne

Erkenntnisse aus dieser Pressevorführung sind:

1 Kommt man als letzter Beobachter in die Pressevorführung, dann weiß man genau, wie viele Leute schon drin sitzen. Ich trage mich mit Nummer 19 ein.

2 Überraschend wenig Leute.

3 Als ich die zweite Tür des Abatons passiert habe, schallt mir der Haifisch entgegen, der Zähne hat, was ja eigentlich nichts besonderes ist denke ich, weil ja jeder Haifisch Zähne hat. Wieso sollte der von Brecht eigentlich keine haben? Naja.

Schon an der Zahl der auf der Bühne versammelten Schauspieler und Statisten kann man unschwer erkennen: Es handelt sich bei diesem Produkt um einen deutschen Förderfilm, der nicht billig war. Und bei dem sofort die alte Frage aufkommt, was ist nun besser, die Bühnenfassung oder der Film?

Es ist wie bei der Geburt eines Kaninchens oder der eines Pinguins. Was oder wen das kleine Kaninchen oder der kleine Pinguin zuerst sieht, hält das Kleine für ihre/seine Mutter.

So auch die Brecht Leser und die Brecht Zuschauer. Haben sie zuerst die literarische Vorlage gelesen, nach der das Buch verfilmt wurde, finden sie das Druckerzeugnis besser und umgekehrt.

Bei Romanen ist es ähnlich. Nur hat Brecht kaum Romane geschrieben. Und schon ist der deutsche Schulmeister wieder da. Bei mir auch. Diesmal kommt der Schauspieler der den Brecht spielt, Lars Eidinger, dran.

Ihm wurde die undankbare Aufgabe zuteil, dass er die dargestellten Filmproduzenten und natürlich uns, die Zuschauer, darüber aufklären soll, dass ein Bühnenstück etwas anderes sei, als der Film. Wow! Welche Erkenntnis! Und die hat Brecht selber gehabt?

Oder hat er sie irgendwo abgeschrieben? Auch das kommt zur Sprache. Das muß beim Auswendig Lernen der vorgetragenen >angeblichen< Brecht Zitate für den Schauspieler Lars Eidinger ein schweres Stück Arbeit gewesen sein. Was ihm der Drehbuchautor, der auch die Regie gemacht hat, da zum Auswendig Lernen gegeben hat. Und so präsentiert er die Zitate auch. Er sprudelt sie heraus. Aber eben auswendig gelernt. Sein Wissen über Brechts Zitate lässt den Zuschauer im Sitz erstarren.

Nein, was der Mann alles weiß! So vieler profunder Kenntnisse hätte es für den Zuschauer gar nicht bedurft. Er kann es ja eh nicht überprüfen. Wer hat schon einen beleuchteten Kugelschreiber dabei, so wie die Filmkritiker von früher, die diese Zitate im dunklen Kino mitschreiben konnten. Sie könnten es natürlich mit heutiger Elektronik aufnehmen. Aber das ist in jeder Pressevorführung verboten.

Und dann auch noch immer eine brennende Zigarre im Gesicht. Ich beobachte mich dabei, wie ich im Laufe des Filmes immer mehr darauf achte, ob die Anschlüsse mit der Zigarre auch stimmen. Ich denke mir, das muss nicht einfach gewesen sein, einen Schauspieler durch den Film laufen zu lassen, der eine brennende Zigarre im Mund hat. Die Länge der Zigarre ist das Problem. Entdeckt der Zuschauer, dass sie in der Anschlusseinstellung nicht die gleiche Länge hat, wie in der Einstellung davor, dann ist er enttäuscht und glaubt auch den Rest nicht mehr.

Aber sie haben es mit einem Trick gemacht. Einen, den ich ihnen auch empfohlen hätte. Man fotografiert den Brecht Schauspieler, Lars Eidinger, immer sorgsam nur von vorne und niemals von der Seite. Man korrigiere mich, falls ich eine solche Einstellung übersehen habe.

Und so kommen sie damit durch: kaum Anschlussfehler nachzuweisen. Die Zigarrenlänge stimmt. Der Schnitt von Alexander Dittner unterstützt diese Arbeit, in dem auch er streng darauf achtet, dass nach einer Einstellung mit Zigarre immer eine ohne Zigarre folgt. Bravo! Eine stolze Leistung.

Nein. Richtig langweilig ist der Film nicht. Zumal, wie dieses deutsche Volkshochschulkino wieder mit Titeln und Zeitanzeigen glänzt, die uns vorzutäuschen versuchen, die im Film nach gespielten Situationen (z.B. vor Gericht und die Premiere) hätten sich alle so abgespielt, wie sie der Film hier darstellt, was ohne Überprüfung am Schneidetisch (gibt es so was noch?) mit Fug und Recht bestritten werden kann.

Eindrucksvoll wird das Premiere Publikum von oben gezeigt. Und dann klatschen die noch alle so toll in den Kostümen. Nein! Was für eine Überraschung!

Geradezu schlampig jedoch ist ihnen das Einfügen der bekannten Originalaufnahmen aus dem >Blutmai< Film von Piel (Phil) Jutzi von 1929 geraten. Hier wird dieser Film, merkwürdiger Weise im falschen Format, falscher Geschwindigkeit und ohne Hinweis auf die Autoren gezeigt.

Wo waren die Redakteure mit ihrem Bildungsauftrag? Sonst wollen sie uns doch immer zeigen, was sie schon alles gesehen und gelesen haben.

Wer herauszufinden versucht, wo dieser eingeschnittene Stummfilm herkommt, der da so merkwürdig verzerrt über die CinemaScope Leinwand flimmert, trifft bei der Recherche auf so manche Absonderlichkeit:

Da fällt man unwillkürlich über den Internet Text des Zeughaus Kinos (DHM) in Berlin, das den Film >Blutmai 1929< so vorstellt: Filmamateure der Kommunistischen Partei filmten diesen sogenannten Blutmai 1929 – ihr Film 1. Mai – Weltfeiertag der Arbeiterklasse enthält die einzigen, heute immer wieder zitierten Bewegtbilder von gewalttätigen Straßenkämpfen in der Weimarer Republik.“

Der Regisseur, der Kameramann und der Produzent des Filmes bleiben unerwähnt. *

Das “sogenannte“ hat das Zeughaus Kino in Berlin selber hinzugefügt. Wir sind an die “sogenannte DDR“ erinnert. Ob sie auch die Wortschöpfung “Bewegtbilder“ erfunden haben, entzieht sich meiner Kenntnis. Wichtig scheint dem Zeughauskino aber der Hinweis darauf, das diese Demonstration verboten war: „….forderte der Polizeieinsatz während der verbotenen Demonstration am 1. Mai 1929 in Berlin zahlreiche Todesopfer.“

Von wem die Demonstration verboten wurde, wer erschossen wurde und vom wem, ist ihnen nicht erwähnenswert. Da scheint es eine merkwürdige Übereinstimmung zwischen Zeughaus Kino und der Produktionsfirma dieses Filmes zu geben. Bravo! Aber komisch sieht es schon aus, wenn ein Stummfilm nicht formatgerecht und in falscher Geschwindigkeit projiziert wird. Und Joachim Krol singen lassen, das geht gar nicht. Was bleibt?

Wird das Publikum diese Mogelpackung annehmen, die doch in einer ARD Tagesschau nach der Premiere des Films auf dem Münchner Filmfest 2017 als “furios“ gefeiert wurde? Nein, die vom Fernsehen hauen keinen aus der gleichen Firma in die Pfanne. Aber: sie sollten bei der ARD zukünftig daran denken, dass “Eigenlob stinkt“. Das Wort ihres Lobes >furios< habe ich extra im Duden (Fremdwörterlexikon) nachgesehen. Dort sind zwei Erklärungen zu finden:

a) wütend, hitzig

b) mitreissend, glänzend.

Nein. Wütend, hitzig und mitreissend ist der Film nicht geworden. Vielleicht passt das Wort glänzend, aber auch da habe ich meine Zweifel.

* Anmerkung : Der Film kam unter verschiedenen Titeln heraus: >Blutmai 1929< und >1. Mai – Weltfeiertag der Arbeiterklasse< waren zwei davon.) Die Länge wird meist mit 222 m/35 mm, das Format mit 1:1,33 angegeben, s/w, stumm. Regie führte Piel (Phil) Jutzi (Mutter Krausens Fahrt ins Glück). Der Kameramann war Erich Heintze und der Produzent Willy Münzenberg. (Alle drei waren durchaus keine Amateure, die findet man eher beim Zeughaus Kino in Berlin unter der Mail Anschrift: Info@dhm.de erreichbar). Eine Kopie gibt es bei der SDK (Stiftung Deutsche Kinemathek) und beim Bundesarchiv in Berlin. Nur für den Fall, das jemand mal das Original suchen sollte. Jens Meyer 28. 8. 2018pdfStinki Mueller meint1

GEGEN DAS REMARQUE-FILMVERBOT von Kurt Tucholsky

PDF Gegen das Remarque Verbot

GEGEN DAS REMARQUE-FILMVERBOT von Kurt Tucholsky

(Eine Umfrage der >Deutschen Liga für Menschenrechte<)

Der nordische Barde Goebbels hat in seinen Kundgebungen wiederholt darauf hingewiesen, dass der Remarque-Film ein >Geschäft< sei. Das ist dieser Film sicherlich – im Gegensatz zu den Fridericus-Erzeugnissen, die über und unter Gebühr rein ideale Ausstrahlungen Baldurs zu sein scheinen.

Filme sind Erzeugnisse einer Industrie, gehemmt durch eine Zensur, die im Interesse der herrschenden Klasse funktioniert. Trotzdem gibt es gute und schlechte Filme.

Die Nationaille hat aus unlauteren Beweggründen gegen diesen Film protestiert. Es ist bedauerlich, dass ein Pazifist wie Friedrich Wilhelm Foerster Verwirrung in die Reihen des Pazifismus getragen hat, indem er sagt: >Das Szenario stellt eine tendenziöse Auswahl seitens einer Art von sentimentalem, ja oft weinerlichem Pazifismus dar, bei dem der Abscheu gegen den Krieg nicht aus den Tiefen der moralischen Menschennatur kommt, sondern aus dem Nervensystem, dem Magen, dem Schlafbedürfnis . . . <

Aus dem Nervensystem! Nur aus dem Nervensystem? Wir haben oft zu Foerster gehalten. In diesem Falle ist dem Vorsteher eines kleineren katholischen Moralamtes nur zu wünschen, dass er einmal in die Lage kommt, nur aus dem Nervensystem gegen den Krieg protestieren zu müssen – also etwa nach achtundvierzigstündigem Trommelfeuer.

Noch der niedrigste Pazifismus hat gegen den edelsten Militarismus tausendmal recht! Es gibt kein Mittel, das uns nicht recht wäre, den Moloch des Kriegswahnsinns und des Staatswahnsinns zu bekämpfen.

Der Tod der zehn Millionen ist sinnlos gewesen – sie sind für nichts gefallen.

Nachträglich muß die trauernde Mutter, die trauernde Frau, müssen die Reklamefachleute für den nächsten Krieg, diesem Gemetzel, das selbst der Papst >ehrlos< genannt hat, einen Sinn unterlegen – was die Hinterbliebenen angeht, so brauchen sie diesen Trost: es ist so schwer, sonst weiterzuleben . . . Ehre der Trauer. Schmach dem Kriege!

Wir brauchen keine Kartenkunststücke, die uns den angeblichen Sinn dieses Wahnsinns vormachen sollen.

Und darum ist uns jeder, jeder Film recht, der der Menschheit den Krieg auch in seinen niederen Formen, gerade in seinen niedrigsten Formen vorführt. Mussolini zeigt seinem Volk nur die Fahnen und nichts als das – Remarque zeigt uns die Fahnen und den Rest: die Zerfetzten und die Taumelnden, die Blutenden und die Zerschossenen – und wer sich daran begeistern will, der mag es tun.

Wir andern rufen gegen die Weltenschande: Nieder mit dem Kriege!

K.T. (Kurt Tucholsky). Erstveröffentlichung in der Mensch (Die Menschenrechte. Organ der Liga für Menschenrechte. Berlin) vom 20. März 1931. Zitiert nach Gesamtausgabe Kurt Tucholsky. Drei Bände. Band III. 1929 – 1932. Dünndruck. Seite 809.Tieresehendichan3

Clara Esslen Heinz B. Heisig und die Volkshochschule 16. Oktober 1938

Das Ende einer Legende. Heinz B. Heisig – Ein Widerstandskämpfer

25 Filmbeispiele zeigen: Wer gut mit den Nazis kooperiert (Clara Esslen, Heinz B. Heisig, VHS) braucht kein Mitglied zu werden. „Clara Esslen Heinz B. Heisig und die Volkshochschule 16. Oktober 1938“ weiterlesen

Mein Vater und der Hamburger Aufstand

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Vom Steuerberater zum Millionär. Die Geschichte ist so ähnlich wie die vom Tellerwäscher zum Millionär. Nur realistischer. Der Mann um den es hier geht, ist von Beruf Steuerberater. Er nennt sich Steuersyndicus und ist arbeitslos. In der Zeit, als auch mein Vater arbeitslos ist. Sie wohnen im gleichen Ort. Er und mein Vater. In Bergedorf. Mein Vater hat eine Lohnstatistik angelegt. Wieviel er im Monat verdient. 1921 bekommt er monatlich 125,00 RM. 1922 steigt sein Gehalt auf 200,00 RM monatlich. Aber schon im April 1922 verdient er das doppelte 400,00 RM. Im Dezember 1922 bekommt er schon 7.000,00 RM. Im Oktober 1923 ist sein Gehalt schon auf 313.842.800.00,00 Reichsmark angestiegen. Dann die Gehaltskürzung. Im Dezember 1923 bekommt er nur noch 52,00 RM. Was ist da passiert? Hat er beim Hamburger Aufstand im Oktober 1923 mitgemacht? Grund genug hätte er ja gehabt. Aber kein Zeitzeuge berichtet davon.

Der Steuerberater, von dem hier berichtet wird, ist offensichtlich einem anderen, einem erfolgreichen Weg gefolgt, der ebenfalls in Hamburg Bergedorf möglich war. 1927 tritt er als Steuerberater in eine Firma ein, die zwei jüdischen Kaufleuten gehört. Er arbeitet sich hoch. 1932 ist er bereits Prokurist dieser Firma, die zu diesem Zeitpunkt bereits, durch diverse Neubauten, eine marktführende Position im Kinogewerbe in Hamburg hat. Er wird zu Verhandlungen nach Berlin geschickt. Zusammen mit einem der Inhaber dieser Firma. Sie verhandeln mit der großmächtigen UFA über eine Beteiligung oder einen Verkauf. Während der Verhandlungen nimmt sich einer der beiden Inhaber am 27. Januar 1933 das Leben. Die Verkaufsverhandlungen werden abgebrochen. Die UFA ist der Meinung, dass der Verkaufspreis dieser Firma in den nächsten Monaten weiter fallen werde.

Am ersten Mai 1933 ist es dann so weit. Der Prokurist einer jüdischen Firma wird Mitglied der NSDAP. Schon bald wird die Firma ihm gehören. Und so kommt es dann auch. Zu seinem Leidwesen können die restlichen Besitzer aus Deutschland fliehen. 1943 sind die meisten Kinos dieser Firma durch Bombenangriffe der Allierten zerstört. Der Prokurist investiert das angehäufte Geld in Immobilien. Von denen er 1945 eine Reihe sein eigen nennt. Eins in der Adolphstrasse 22 (heute Herbert Weichmannstrasse 22), vier in Husum (fast eine ganze Strasse in der Volquard Paulstrasse 18/20/22/24), eins in Flensburg, in der Moltkestrasse 38, zwei  in Wyk auf Föhr, das Kurhotel, Sandwall 23 und das Haus Daheim, Sandwall 60, eins in Ahrensburg in Hollstein, Jungborn 20. Alle Häuser ohne Bombenschaden. Nein, arm sind sie nicht geworden in den 12 Jahren. Auch dem Herren, der sie bei der „Arisierung“ (Enteignung) so gut unterstützt hatte, ging es nach dem Kriege nicht schlecht. Er sammelte in diesem 12 Jahren eine Menge Geld ein. Ein Haus an der Elbchaussee 99 (heute Elbchaussee 454), ein Haus in Kampen auf Sylt, Lerchenweg 5 („Paradieschen“). Ein Kino in Kiel am Dreiecksplatz. Achja. Da war doch was? Die Wiedergutmachung. Eine Kinobesitzerin in Hamburg meinte, sie hat nichts wieder gut zu machen. Die Justiz im Nachkriegsdeutschland ist auf ihrer Seite. Dafür musste sie nicht einmal in die Nazipartei eintreten. Im Gegenteil. Sie hat eben nur die Gunst der Stunde genutzt. Mein Papa hatte 1945 immerhin noch das Büchlein mit der Gehaltsstatistik, das er seinem Sohn hinterlassen hat.IMG_6176Hamburg Bergedorf, Glindersweg 47 Foto vom 23. Mai 2018. Hier wohnten meine Eltern von 1937 – 1967. Und ein Foto von 1952.Glindersweg1952P1040974Hamburg Bergedorf, Karolinenstrasse 10 (Heute Möllers Kamp 10). Hier wohnte der genannte Steuerberater. Später kaufte er zusammen mit seinem „Kameraden“ ein Haus in der Adolphstrasse 22 (Heute Herbert Weichmannstrasse 22) in Hamburg Uhlenhorst. Unter dem haben sie es nicht gemacht.P1040973P1040985By-nc-sa_colorNilpferdeinaugeFotos Jens Meyer

Aufnahmen vom 23. Mai 2018IMG_6212P1050014P10500581950 haben die beiden Arisierer es fast geschafft. In der Adolphstrasse 22 (heute Herbert Weichmannstrasse 22), einen Steinwurf entfernt von der Alster, besitzen sie ein Villa. Eine Villa mit sechs Wohnungen. Versteckt hinter Bäumen. Wie sichs gehört. Von den enteigneten zwölf Kinos der jüdischen Besitzer gibt es nur noch eins. Die restlichen Kinos wurden von allierten Bomberpiloten zerstört. Die vorhandenen Trümmergrundstücke, einstmals im Besitz des Henschel Film und Theaterkonzerns,  überlassen sie gerne dem Wiedergutmachungsprozess. Die Flüchtlinge von damals wollen in dieses Land nicht zurückkehren. Einige von ihnen, denen man die deutsche Staatsangehörigkeit weggenommen hatte, beantragen die Deutsche Staatsangehörigkeit neu. Und bekommen sie. Einer von ihnen will die deutsche Staatsangehörigkeit nicht wiederhaben. Das ist die Ausnahme.Tieresehendichan3

Eine teure Flucht

Was kostet 1938 ein Pass? „Eine teure Flucht“ weiterlesen

Führungszeugnis 1938 für die Kinobesitzerin Rosa Hirschel

Es wäre komisch, wenn es nicht so ernst wäre: Im März 1938 beantragt die enteignete Hamburger Kinobesitzerin Rosa Hirschel (»Neues Reichstheater« im Neuen Steinweg 70/71 enteignet (arisiert) 1934 und des »Theater am Nobistor«, Reeperbahn 161) bei dem »Polizeipräsident in Hamburg« ein polizeiliches Führungszeugnis. „Führungszeugnis 1938 für die Kinobesitzerin Rosa Hirschel“ weiterlesen

Henschel Film- und Theaterkonzern in Hamburg OHG / KG

HorstUrichSassUSA1990Horst Urich Sass (Sohn des Kinobesitzers Hermann Urich Sass) in dem Garten  seines Hauses in den USA. Beverly Hills, 719 N. Alpine Drive. Foto 1990. (geb. 1. Februar 1914 in Hamburg). Gestorben am 19. April 2000 in Beverly Hills.

CarlHeinzStreitCarl Heinz Streit, (geb. am 26. August 1911 in Hamburg, gest. am 24. April 2002 in Belo Horizonte/Brasilien). Das Foto wurde 1990 in der Wohnung seines Bruders (Rolf Arno Streit) in Belo Horizonte gemacht.

1936 ist er, zusammen mit seinem Bruder Carl Heinz aus Hamburg geflohen. Carl Heinz und Rolf Arno Streit sind die Söhne des Hamburger Kinobesitzers Hugo Streit, dem 1938 die Flucht aus Hamburg, aus Deutschland gelungen ist.

Seine Firma  Henschel Film- und Theaterkonzern war damals schon „arisiert“ (enteignet) und  von den beiden „Nutzniessern“ Paul Romahn und Gustav Schümann übernommen worden.

„Bezahlt haben sie nichts dafür. Dafür hat schon die NSDAP gesorgt, dass den Juden kein Geld zugeflossen ist“. (Rolf Arno Streit 1990 Belo Horizonte.)  RolfArnoStreit1990Rolf Arno Streit, (geb. am 9. August 1912 in Hamburg, gestorben am 15. Februar 1993 in Belo Horizonte/Brasilien). Geflohen aus Deutschland 1936.

Der Henschel Konzern war eine OHG, die von Hugo Streit und Hermann Urich Sass gegründet worden war. Die OHG betrieb in Hamburg die Schauburg Kinos.

Nach dem Selbstmord von Hermann Urich Sass, am 27. Januar 1933, wurde die Gesellschaft in eine KG umgewandelt, in die die Erben Urich Sass, (seine Ehefrau Hedwig Urich Sass und seine Kinder, Horst, Hans Jürgen und Vera Urich Sass) eintraten.Nilpferd7By-nc-sa_color

Schauburg1936Schauburg Kino, Mönckebergstrasse 8 in Hamburg beim Hauptbahnhof. Die Aufnahme von dem Eingang des Kinos entstand am 31. Januar 1936 (Deutschland Start des Filmes Anna Karenina). Repro: Reinhold Sögtrop.

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Nachtrag: David Urich Sass und Annita Urich Sass

Peter Offenborn hat es herausgefunden (nach der Kultussteuerkartei der Jüdischen Gemeinde Hamburg ). Der Vater von Hermann Urich Sass war David Urich Sass, geb. am 05. Mai 1861 in Lemberg (Galizien), das damals zu Österreich gehörte. Gestorben am 24. Januar 1922 in Hamburg (Beerdigt auf dem Jüdischen Friedhof in Hamburg Ohlsdorf).

Bevor Hermann Urich Sass bei der Kino Firma >J.Henschel< arbeitete, war er Angestellter der Firma Max Blancke & Co . Film- Import/Export, Eimsbütteler Chaussee 112, später Dammthorstrasse 27, deren Inhaber er später wurde). Die Familie wohnte zuletzt in der Schlüterstrasse 1. Später – nach der Emigration der Kinder – wohnte Hedwig in der Grindelallee 23 b. Neumark. Die Mutter von Hermann Urich Sass, war Annita Urich Sass, geb. Italiener, geb. am 17. Juli 1863 in Hamburg. Annita Urich Sass wurde am 17. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert u1nd am 18.12. 1942 dort ermordet.               

Nachtrag 2020: Lange war nicht klar, wann dass unten abgebildete Foto der Belegschaft der Schauburg Hauptbahnhof entstanden ist. Der Aufmarsch der Belegschaft am 1. Mai in der Mönckebergstrasse 8, vor dem Schauburg Kino. Das abgebildete Plakat auf dem Foto des des Filmes „Du kannst nicht treu sein“ Regie: Franz Seitz (Senior),  mit der Schauspielerin Lucie Englisch und dem Schauspieler Hermann Speelmans, wurde am 08. Februar 1936 von der Zensur freigegeben und hatte seine Uraufführung am 11. Februar 1936. (Quelle: Filmportal.de).

Das Foto muß also am 1. Mai 1936 entstanden sein. Da waren die ursprünglichen Eigentümer des Schauburg Kinos schon enteignet. „Arisiert“, wie die deutschen Nazis diesen Vorgang der Enteignung genannt haben.  Die neuen „Besitzer“ der Schauburg Kinos, SA Mann Gustav Schümann links und SA Mann Paul Romahn rechts. 1936

Rothenbaumchaussee 149
Creativecommons.org
Rothenbaumchaussee 149

Foto links oben (Farbe): Aufgenommen am 6. April 2020Foto rechts (mit Cadillac): Aufgenommen (1935) Fotograf Rolf Arno Streit. Foto unten: Rothenbaumchaussee 149 in Hamburg, Auf dem Balkon: Rolf Arno Streit (9. August 1911- 15. Februar 1993) . Fotograf (sein Bruder) Carl Heinz Streit (26. August 1911 – 24. April 2002)

Aus dem Hamburger Adressuch ergibt sich der Grundstücksverlauf von 1924-1959 für das Grundstück in der Rothenbaumchaussee (ab 1939 in der abweichenden Schreibweise Rotenbaumchaussee):

Nachtrag 2024:

1924-1925 gehoert das Haus einem Quast, W. 1926 einem Oppenheim O.. (Otto)

Laut Telefonbuch und Adressbuch von 1928 ist Otto Oppenheim Getreidemakler in Firma Otto Oppnheim & Co. Inhaber der Firma sind Otto Oppenheim und Carl Glaser. Firmensitz ist laut Telefonbuch in der Kaiser Wilhem Straße 40. 1927 – 1939 gehört das Haus Oppenheim, Frau O., die 1939 mit der Adressangabe: Oppenheim, Frau O. Kopenhagen auftaucht. 1941 gibt es dann einen neuen Besitzer mit Namen Meincke (Dr. med dent Zahnarzt). Für die Jahre 1932 und 1933 sind als Mieter eingetragen: Streit, H. in Fa. Henschel- Film & Theaterkonzern. Ab 1935 gibt es einen Eintrag im Adressbuch, die Besitzerin Frau Oppenheim sei über die Adresse H. A. Klahn, Lupinenkamp 12 ereichbar. H. A. Klahn (Heinrich August Klahn) ist von Beruf Hausmakler. Für das Jahr 1940 habe ich kein Adressbuch im Netz gefunden. Im Adressbuch von 1941 gibt es den Eintrag, der neue Besitzer (E) ist ein Meinecke, W., Dr. med. dent. Zahnarzt. Das Haus daneben (Nr. 151) gehoert 1941 dem Frauenarzt, Dr. med ‚Barfurth. W.

Aus dem Adressbuch von 1959 ergibt sich: Grundstücksbesitzer (149) ist weiter Meinecke, W. Dr. med dent. Zahnarzt. Und das Haus (151) gehört weiterhin dem Barfurth. W. (+) J.

Schauburg Hamburg Hbf Januar 1936

Schauburg1936Der Film „Anna Karenina“ startete in Deutschland am 31. Januar 1936. Da war das Schauburg Kino am Hamburger Hbf schon >arisiert<, wie die deutschen Nazis und ihre Nutzniesser diese Enteignung damals genannt haben. Nutzniesser in diesem Fall Paul Romahn und Gustav Schümann. Beide Mitglieder der SA und der NSDAP. Der eine ist schon seit 1. Mai 1933 Mitglied der NSDAP.Tieresehendichan3

14. / 15. März 1931 Der Mord im Nachtbus

IMG_6069IMG_6068IMG_6074By-nc-sa_colorNilpferd7Fotos Jens Meyer

 

 

Der Mord im Nachtbus

Der erste Mord fand in einem Nachtbus der Hamburger Verkehrsbetriebe statt. In der Nacht vom 14.  auf den 15. März 1931. Kurz nach Mitternacht. Auf der Fahrt von Zollenspieker über Kirchwerder nach Hamburg. Zwölf Minuten später stiegen in Fünfhausen neue Fahrgäste ein. Der SA Sturm 14. Fünf Männer. Einer in SA Uniform. Mit dabei Albert Jansen. Dreiundzwanzig Jahre alt. Berufsangabe: Polizist. Wegen Unterstützung einer staatsfeindlichen Partei, der NSDAP, nach acht Monaten 1928 aus dem Polizeidienst entlassen. Hans Höckmair. SA Scharführer im Sturm 14, Hammerbrook. Achtundzwanzig Jahre alt. Otto Bammel, SA Scharführer im Sturm 14, Hammerbrook. Siebenundzwanzig Jahre alt. Es hat sogar einen Prozeß gegeben. Der begann 1931 vor dem Schwurgericht in Hamburg. Drei Männer wurden verurteilt. Wegen Totschlags. Albert Jansen, Otto Bammel, Hans Höckmair. Die Urteile lauteten sieben Jahre für Hans Höckmair und Albert Jansen und sechs Jahre für Otto Bammel. Das Urteil wurde am 3. November 1931 verkündet. Sie waren nicht lange im Gefängnis. Am 9. März 1933 wurden alle drei amnestiert. Aber es gibt eine Besonderheit. Als es im Mai 1945 vorbei war mit dem dritten deutschen Reich, mußten die Mörder ihre Reststrafe im Gefängnis verbüßen. Selten sowas.  Ernst Henning hat in Hamburg zwei Stolpersteine. Einen links vor dem Hamburger Rathaus und einen in Hamburg Bergedorf in der Hassestrasse 11, wo er bis zu seiner Ermordung gewohnt hat.

Es gibt ein kleines Büchlein, das über den Mord an Ernst Henning ausführlich berichtet. „Mord über Deutschland- Die Hamburger KPD und der Mord an Ernst Henning 1931“  von Martina Scheffler. Es ist erschienen im LIT Verlag Hamburg/Münster  2006. Dr. Wilhelm Hopf und kostet 14,90 €.Tieresehendichan1

Peinliche Bezirksversammlung Bergedorf (Hauptausschuss)

IMG_6055IMG_6052By-nc-sa_colorNilpferd7Fotos Jens Meyer

11. April 1955

11. April 2018KommunalarbeitonBergedorfIMG_6053IMG_6051KlausPeterEick1955Rechts: Foto Ernst Henning Strasse. Fotograf Rudolf  Heinrich Meyer.  Zwei Knaben vor der Mädchenschule in der Ernst Henning Strasse  April 1955By-nc-sa_colorNilpferd7IMG_6074IMG_6069P1040450P1040973Foto vom 23. Mai 2018Tieresehendichan1