Hallo Eugen heute wieder nur ein Bild, das ich in einer französischen Filmzeitschrift gefunden habe. Ich finde, das passt gut in unsere Zeit, J.
Kategorie: Rußland
Apropos Konrad Paul Rohnstein
PDF Apropos Konrad Paul Rohnstein4355 (III)
Wikipedia hat nur geschrieben, wann dieser Mensch geboren ist. Beim Todesdatum steht bis heute (22. September 2022, 20.00 Uhr ): Unbekannt. Doch der Betreiber der Synchrondatenbank, Arne Kaul, hat es herausgefunden. Gestorben ist Rohnstein am 12. August 1973 in München. Geboren ist Konrad Paul Rohnstein am 21. Januar 1900.
Aus seiner Biografie gibt es einige sichere Daten. Er hat in Würzburg studiert und eine Doktorarbeit geschrieben und taucht im Berliner Telefonbuch von 1927 (Redaktionsschluß 15. Oktober 1926) als Rohnstein, Konrad Paul, Dr. rer. pol. auf. Die Doktorarbeit wurde am 18. Oktober 1923 bewertet. Wie, konnte ich nicht herausfinden. Im Telefonbuch gibt es auch Rohnsteins Berliner Anschrift: Falkenhagener Str. Nr. 7, Berlin-Spandau. T: 22 42.
Die Doktorarbeit trägt den Titel: „Beiträge zur wirtschaftlichen Entwicklung der deutschen Filmindustrie unter besonderer Beruecksichtigung des Kinematographentheatergewerbes“. Diese Doktorarbeit steht auszugsweise im Netz. Ich habe sie überflogen. Sie beschäftigt sich nicht, wie man vermuten könnte, mit den technischen Abläufen bei der Herstellung von Filmen, sondern nur mit deren Vermarktung in den Kinos.
In Berlin wurde am 16. September 1929 die „Rhytmographie Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ gegründet und am 30. November 1929 ins Handelsregister Berlin unter der Nummer 43259 eingetragen.
Die Gesellschaft hat ein Stammkapital von 75.000 RM und drei Geschäftsführer: 1. Ingenieur Karl Robert Blum, Berlin, 2. Kaufmann Karl Egon Martiny, Berlin, 3. Ingenieur Walter Hahnemann, Berlin. Im Scherl Adressbuch von Berlin, Ausgabe 1931 (vermutlicher Redaktionsschluß 15. Oktober 1930) habe ich auf Seite 444 den Eintrag gefunden: „Rhythmographie G. m. b. H., Phono- u. Kinotech. Ind., SW 68, Alte Jacobstr. 133.
Die Firma arbeitet auf der Grundlage der Patente von Carl Robert Blum. Blum hatte viele Berufe. Einer davon war: Erfinder. Außerdem war er Kapellmeister und Direktor des: »Mohr’schen Conservatorium für Musik«, das bereits seit 1870 existierte.
Eine der ersten Arbeiten, die die „Rhythmographie GmbH“ (vereinzelt auch in der Schreibweise: Rhytmographie GmbH) ist die deutsche Tonfassung des Filmes: „Im Westen nichts Neues“ (All Quiet on the Western Front, USA 1930, 140/125 Min.) von Lewis Milestone, der als Stumm- und als Tonfilm in die Kinos kam. In die deutschen jedoch nicht. Das wird an anderer Stelle geschildert. (Siehe Anlage Bucher Seite 26)
Die Leitung der Synchronarbeiten hatte der ehemalige Chefdramaturg der UFA: Viktor Abel. Auf der Seite der „Vergessenen Filme“ kann man studieren, wer sonst noch daran beteiligt war, diese Synchronarbeiten im Auftrag der Filmproduktionsfirma Universal durchzuführen: Max Bing (Dialogregie), Konrad Paul Rohnstein (Assistent), Werner Jacobs (Assistent Tonschnitt), Elsa Jaque (Dialogbuch). Diese Angaben habe ich nur teilweise (Abel, Bing, Rohnstein, Jacobs) überprüft.
Einen Eintrag von Viktor Abel fand ich in den Scherl Adressbüchern von Berlin. Die Ausgabe von 1929 (Redaktionsschluß 15. Oktober 1928) enthält den Eintrag: Abel, Viktor, Filmdramaturg, Riehlstr. 11 (II) in Charlottenburg. 1931 taucht Viktor Abel mit gleicher Berufsbezeichnung in Berlin Zehlendorf, in der Lindenallee 4 auf. Geboren ist er am 2. Dezember 1892 in Kiev, das in jener Zeit zum Russischen Kaiserreich gehörte.
Nach der Machtübergabe an die Nazis wurde am 9. August 1933 eine neue Gesellschaft gegründet: »Lüdtke, Dr. Rohnstein & Co. Sitz: Berlin«.
Diese wurde am 3. November 1933 unter der Nr. 78867 in das Berliner Handelsregister eingetragen: „Lüdtke, Dr. Rohnstein & Co.Berlin“. (OHG) Gesellschafter sind: Kaufmann: Alfred Lüdtke, Produktionsleiter: Dr. rer pol. Konrad P. Rohnstein und Ingenieur: Erich Luschnath, sämtlich in Berlin. Zur Vertretung sind nur je zwei gemeinschaftlich ermächtigt.
Anmerkungen (2022): Viktor Abel war nach den Nazi Kriterien Jude. Seine letzte Wohnanschrift in Berlin war: Lindenallee 4 in Berlin-Zehlendorf. (Heute: Lindenthaler Allee 4). Am 21.10 1941 wird Viktor Abel nach Lódz deportiert und dort ermordet. Kaufmann Alfred Lüdtke, Teilhaber der Firma »Lüdtke, Dr. Rohnstein & Co«, ist im Scherl Adressbuch von 1927 mit dem Eintrag: »Lüdtke, Alfred, Kaufm., Cöpenick, Flemmingstr. 16, II, Postscheck=Kto 109 373« auf Seite 2086 eingetragen. Durch die Aufteilung Berlins bei Kriegsende liegt Köpenick im russischen Sektor von Berlin. Konrad Paul Rohnstein verläßt bei Kriegsende Berlin und gründet in München die »Rohnstein Film GmbH«, die sich wiederum mit der Synchronisation ausländischer Filme beschäftigt. Dort entsteht die deutsche Fassung des Hitchcock Films »Spellbound« dessen deutsche Fassung den Titel »Ich kämpfe um dich« bekommt. In Deutschland kommt er am 29.2.1952 ins Kino.
Kurt Tucholsky. Die Informierten
Kurt Tucholsky DIE INFORMIERTEN
Zur Zeit wird etwas reichlich auf Rußland herumgehackt; es vergeht wohl keine Morgen- und keine Abendausgabe der bürgerlichen Provinzpresse, in der nicht diesem wenig inserierenden Lande eins ausgewischt wird. Zum Beispiel – im nürnberger <8-Uhr-Blatt> – so: «Stalin von seinen Kollegen verprügelt. Es wurden Rufe wie <Verräter! Betrüger>usw. laut: Stalin sprach nun die Unzufriedenen an, die auf ihn dann mit den Fäusten losgingen und ihn verprügelten. Nur ein intimer Freund und Landsmann. Stalins, Ordshonikidse, rettete ihn vor Schlimmerem. Dieser bat, sich an das Schicksal eines Robespierre und Termidore zu erinnern, der Skandal und die Unzufriedenheit innerhalb der Parteileitung dürfe nicht in die Außenwelt dringen.» Genau so. Wahr ist vielmehr: «Am 9. Danton, dem bekannten Revolutionsmonat, hat Stalin, der übrigens in Wahrheit an Lenins Stelle in Moskau einbalsamiert worden ist, die Sozialisierung aller russischen Frauen verfügt.
Davon sind insbesondere die katholischen Priester schwer betroffen worden; Trotzki, der Erfinder der Guillotine, hat seine Stellung als bayerischer Gesandter in Peking daraufhin niedergelegt. Alle Kinder in Rußland sind verhungert, der Rest wurde in Uniformen eingekleidet und muß Militärdienst tun. Kulak, der Führer der aufständischen Kulaken, hat mit Bolschew ein Bündnis geschlossen: Stalin wurde von den blutgierigen Agenten der U. A. W. G. (der russischen Geheimpolizei) verurteilt, allabendlich das nürnberger <8-Uhr-Blatt> zu lesen. An seinem Aufkommen wird gezweifelt. Die Lage in Rußland ist trostlos; es ist dort fünf Minuten vor acht.» Der Wunsch ist der Vater der Telegramme. Und es ist ein Doppelwunsch: es soll Rußland schlecht gehen, damit es den heimischen Arbeitern nicht zu gut gehe. Erstveröffentlicht unter dem Namen Ignaz Wrobel, in Die Weltbühne, vom 27. Mai 1930, Nr. 22, S. 810. Zitiert nach Gesammelte Werke, Kurt Tucholsky. Dünndruckausgabe in drei Bänden, Band III, 1929 -1932, Seite 458. Deutscher Bücherbund, Stuttgart, Hamburg.