Eine Besatzung im Streik

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Kurt Tucholsky. SO VERSCHIEDEN IST ES IM MENSCHLICHEN LEBEN (I) (14. April 1931)

«Das Englische ist eine einfache, aber schwere Sprache. Es besteht aus lauter Fremdwörtern, die falsch ausgesprochen werden». (Kurt Tucholsky, Seite 833, Dritter Band der Gesamtausgabe)

PDF Tucholsky So verschieden ist es

SO VERSCHIEDEN IST ES IM MENSCHLICHEN LEBEN!

Neulich habe ich alte Jahrgänge des <Brenner> gelesen, einer Zeitschrift, die in Innsbruck erschienen ist und wohl noch erscheint . . . Das war eine merkwürdige Lektüre.

Es gibt eine Menge verhinderter Katholiken, meist sind es Juden, denen ist die katholische Kirche nicht katholisch genug, oder sie erscheint ihnen überhaupt nicht als katholisch. Ich mag mich nicht gern mit der Kirche auseinandersetzen; es hat ja keinen Sinn, mit einer Anschauungsweise zu diskutieren, die sich strafrechtlich hat schützen lassen.

Mit so unhonorigen Gegnern trete ich nicht gern an. Was aber jene verhinderten Katholiken angeht, die es gern sein möchten, es aber nicht sein können und die darunter leiden, wie nur ein Mensch leiden kann: es sind das nicht nur die forschen Konvertiten, die da toben. Es ist noch etwas andres.

Da ist eine ganze Literaturgattung, die schlägt der Welt ununterbrochen das <Neue Testament> auf den Kopf und wundert sich, daß es nicht gut klingt. Das höchste Pathos blüht hier; kaum einer kann gewaltigere Töne finden als der, der aufzeigt: Siehe, die Welt lebt nicht, wie Christus es gelehrt hat. Es gibt nur noch ein Pathos, das höher ist: das ist das Pathos über Christus hinweg.

Im <Brenner> nun, dessen Sauberkeit, Tapferkeit und Reinheit nicht bezweifelt werden kann, gehts hoch her. Und dabei ist mir etwas aufgefallen.

Da ist zum Beispiel Theodor Haecker, ein Schriftsteller von beachtlichem Format, wenn man nicht genau hinsieht. Wenn man aber genauer hinsieht, dann zeigt sich unter dem Lärm der donnernden Moralpauken ein kleiner Mann, der es dem Hermann Bahr aber ordentlich gibt, und, auf einmal, Hosianna, Amen und Ite missa est, sind wir mitten im fröhlichen Gezänk eines Literaturcafés. Frommer Schwannecke. Es scheint, als ob diese Sorte Literaten sich erst religiös sichern müssen, bevor sie loshacken.

Sie haben nie begriffen, daß es christlich, mehr: daß es philosophisch wäre, zu schweigen und vorüberzugehn. Ja, wenn ein Gläubiger aufschreit und dem Wahnwitz der Welt einen Spiegel entgegenhält, von dem jene nachher sagt, es sei ein Zerrspiegel, weil sie nicht glauben kann, daß sie so gemein aussähe! Wer dieses aber allmonatlich, regelmäßig und mit hitziger Wonne tut: der ist kein Christ, und wenn er zehnmal den ganzen Kierkegaard übersetzt hat. Der ist genau dasselbe wie Hermann Bahr, nur mit umgekehrtem Vorzeichen.

Und schließlich ist psychopathische Lebensuntüchtigkeit noch kein Christentum, und <das Böse> ist kein Schimpfwort. Wenn einer mit seinem Leben und nun gar mit dem Leben nicht fertig wird, so wird solch ein Anblick dadurch nicht schöner, daß er sich auf die Bibel beruft.

Die geheime Wonne, dem andern aber ordentlich eins zu versetzen, wird hier durch Moralinsäure legalisiert und durch eine verfälschte Himmelssüßigkeit, die nach Sacharin schmeckt und durchaus von dieser Erde stammt. Das Ziel ist vielleicht gut; die Kämpfer sind es mitnichten. Und die Hälfte ihrer Religion besteht in der Verachtung der Ungläubigen; das hält warm und ist ein schönes seelisches Unterfutter.

Viel Rauch um diesen Brenner. Schade um die reine Flamme.

Der Zustand der gesamten menschlichen Moral läßt sich in zwei Sätzen zusammenfassen: We ought to. But we don’t.

Wenn Stefan Zweig einen erkälteten Magen hat –: schreibt er sich dann etwas auf die eigne Bauchbinde –?

Das Englische ist eine einfache, aber schwere Sprache. Es besteht aus lauter Fremdwörtern, die falsch ausgesprochen werden.

Scharfe Sozialkritiker sind in ihren Nicht-Vaterländern sehr beliebt, nur dürfen es grade keine Kommunisten sein.

Sonst aber hat es der Deutsche gern, wenn der Amerikaner die amerikanische Kultur demoliert; wir haben uns immer sehr für die Freiheit der andern interessiert.

Man kann jeden schreibenden Menschen bis ins Mark daran erkennen, wie er das Wort <ich> setzt. Manche sollten es lieber nicht setzen. Hitler setzt es. «Wenn ich in Deutschland spreche, so strömen mir die Menschen zu . . . » Der Ton ist vom Kaiser entlehnt, und das Ganze hat etwas Gespenstisches: denn dieses <ich> ist überhaupt nicht da. Den Mann gibt es gar nicht; er ist nur der Lärm, den er verursacht.

Die einen haben nichts zu essen und machen sich darüber Gedanken, das kann zur Erkenntnis ihrer Lage führen: und das ist dann Marxismus; die andern haben zu essen und machen sich keine Gedanken darüber: und das ist dann die offizielle Religion. So verschieden ist es im menschlichen Leben! (Peter Panter, Die Weltbühne, 14. April 1931, erste Buchveröffentlichung in LL=Lerne Lachen ohne zu weinen)

Die Suchmaschine übersetzt: We ought to. But we don’t. = Wir sollen. Aber wir tun es nicht. Wikipedia schreibt: Ite missa est = spätlatteinisch für Gehet hin, ihr seid gesandt, wörtlich geht, das ist die Entlassung bzw. Geht, sie ist gesandt. In der deutschsprachigen Fassung Gehet hin in Frieden, ist es der Entlassungsruf am Ende der heiligen Messe im römischen Ritus. Er wird vom Diakon oder Zelebranten gerufen, die Gläubigen antworten mit Deo gratias. Dank sei Gott, bzw. Dank sei Gott dem Herrn.

(Die beiden Sätze (Das Englische ist eine einfache, aber schwere Sprache. Es besteht aus lauter Fremdwörtern, die falsch ausgesprochen werden.) sind herausgerissen aus dem Text: So verschieden ist es im menschlichen Leben. Aus Kurt Tucholsky. Gesammelte Werke, Band III, 1929- 1932, Dünndruckausgabe, Seite 832-834. Zuerst erschienen unter dem Namen Peter Panter, Die Weltbühne, vom 14. April 1931.)

Abschrift eines Textes von David Stewart Hull (1961)

Herbert Selpin
Walter Zerlett-Olfenius (Drehbuchautor)

pdfMordSelpin Joseph Wulff

pdfMordanSelpinWürgemale am Hals

PDF Abschrift David Stuart Hull (Zeichen32.317)

(Zeichen 31.972) FalschheitenVorname Fritz! Abschrift: David Stewart Hull, Berkely USA, veröffentlicht in der Zeitschrift »Film« Heft 3 im August / »September 1963. Herausgegeben von Hans Dieter Roos und Werner Schwier. Es handelt sich dabei um eine Übersetzung des Artikels, der vom Autor David Stewart Hull (auch David Stuart Hull) durchgesehen und von der Redaktion der Zeitschrift »Film« gekürzt wurde. Der Aufsatz ist zuerst in der Zeitschrift „Film Quarterly“ im Sommer 1961 abgedruckt worden. „Abschrift eines Textes von David Stewart Hull (1961)“ weiterlesen

Alle Welt tuts – der Leidensweg eines VOBO Kurzfilmes

Tieresehendichan3Schließlich bin ich Beamter Der Leidensweg eines Vobo Kurzfilmes. Wenn der Namensvetter mit 450 Kopien “startet“ (wie die Branche das so nennt), dann ist das schon was.

Pdf Volkszählungsfilm

Abseits dieser Geldmenge vollzog sich in den letzten Monaten ein anderer “Kinogroßversuch“. Mit über 80 Kopien wurde der Anti-Volkszählungsfilm “Alle Welt tuts“ in den Kinos gezeigt. Finanzierung, Produktion und Vertrieb gleicht eher einem Abenteuerroman. Wie immer wenn Linke in diesem -ihrem- Lande daran gehen, etwas herzustellen, dann gibt es diese ständigen Wiederholungen: Erstens ist kein Geld da und zweitens ist es auch zu spät, um etwas aufzutreiben. Übrig bleibt nur die Idee. Diesmal Ideenmacher Thomas Amman und Niels Bolbrinker. Der eine hat grade in einem Fernsehbeitrag gezeigt, wie leicht die Geldautomaten der Hamburger Sparkasse zu überlisten sind. Statt nun dies Wissen, wie jeder vernünftige Mensch, für sich zu behalten und in Zukunft immer über genügend Bargeld zu verfügen, was macht er? Für ein vergleichsweise jämmerliches Honorar einen Magazinbeitrag.

Die Folge: Die Hamburger Sparkasse kündigt das Konto. Beleidigt über so viel Öffentlichkeitsarbeit. Kein Konto, kein Überziehungskredit für den VOBO Kurzfilm. Ohne Geld bekommt man keinen Rohfilm, kein Kopierwerk arbeitet umsonst, keine Kamera kann gemietet werden. Es ist März und die Volkszählung steht vor der Tür. Während viele noch überlegen, ob sie sie reinlassen, sitzen Amman und Bolbrinker am Küchentisch und überlegen, wie das nötige Geld zu beschaffen ist. Am Stichtag – wir erinnern uns – es sollte der 25. Mai (1987) sein – sollen die Kopien in den Kinos laufen. Im nächsten Monat lernen sie eine Menge: Über sog. Rohfilm, “Selbstverwaltete Filmförderung“ über “kommunale“ und “Beamtenkinos“, über Bürokratie und “linke alternativ-Bürokratie“ und auch über den Beifall, mit dem man nicht rechnet.

Der “Hürdenlauf“ der Finanzierung beginnt in Hamburg. Beim “selbstverwalteten“ Hamburger Filmbüro e. V.. Seit der Gründung 1979 hat sich dieses Büro zu einem “sozialdemokratischen Musterprojekt“ entwickelt.

Kein Geschäftsführer, kein Buchhalter, keine Schreibkraft, die nicht mindestens die Fähigkeit von Politikern haben – nämlich Werbung zu machen, ohne etwas von der Sache zu verstehen. Am linken Rand der SPD – aber eben doch SPD. Fraktionszwang. Für spontane Politik ist kein Platz. Reden werden gehalten: In der Zeitung muß es stehen, am besten, wenn noch ein Bild dabei ist. Da geht es nur zuletzt um Film. Da müssen die richtigen Formulare ausgefüllt werden.

Die Einreichfristen müssen eingehalten werden. Da muß die Richtung stimmen. Da werden Politik-Karrieren angefangen. Und wenns nicht in die richtige Richtung geht, da gibt es eine Menge Vorschriften, mit denen unliebsame Projekte und Personen beiseite geschoben werden können. Nein – kein Geld für die VOBO Film. Erstens, der Einreichtermin ist verstrichen. Zweitens, das Gremium hatte bereits einen ähnlichen Film kurz vorher abgelehnt. Wie man es gewohnt ist, zum Schluß wird die Ablehnungsbegründung auch noch solidarisch: Man würde ja privat gerne wollen . . . aber leider.

Der Vorstand – wie bei vielen Vereinen – ähnlich mutig auf die Frage, wie sich denn das Filmbüro e. V. in der Volkszählung selber verhalten wolle. Im Valentin Musäum hängt die Antwort an der Wand: “Mögn täten wir schon wollen, aber dürfen haben wir uns nicht getraut.“ Schließlich kann man nicht vor der Bürgerschaftswahl für die SPD werben und hinterher die Herren in die Pfanne haun. Für Hamburg heißt die Schlußfolgerung: Wer 10 Mille Subvention haben will, muß die hohen Herren der Politik bei Laune halten. Grade machen hat auch seinen Preis. Gratisangst? Vielleicht. Zum Ausprobieren reicht der Mut nicht.

Kein Geld vom Hamburger Filmbüro e. V.. Also eine Antrag an Netzwerk Hamburg. Nur leider geht das Gerücht, die hätten zurzeit überhaupt keine Gelder frei. Zeit ist knapp, also erst mal angefragt, ob das Gerücht stimmt. Dafür sind die “Alternativ-Banker“ wieder zu fein. Sie bestehen auf einem Antrag.

In drei Wochen trifft sich der Vergabeausschuß, der über den Antrag befindet. Netzwerk Berlin hat mehr Geld. Manfred Herold mit Berliner Wohnsitz übernimmt die Verhandlungen. Geld ist da. Zuständig, so befindet der Netzwerkgutachter in Berlin ist zunächst einmal Hamburg. In sechs Wochen tagt der nächste Vergabeausschuß “Netzwerk Berlin“. Die “Berliner Abteilung“ übersendet der “Hamburger Filiale“ einen Fragenkatalog. Der sieht so aus, wie 1980 Fragebögen ausgesehen haben. Wie denn die Produzenten politisch einzuschätzen seien, ob Hamburg das Projekt unterstützen würde, wenn es Geld hätte und ähnlich hypothetische Fragen. Die Volkszählung findet doch auch in Berlin statt? Der Einwand zieht nicht. Konzepte werden verschickt und begutachtet. Hamburg begutachtet und verweist mangels Masse nach Berlin zurück.

Nach 6 Wochen hin und her, findet der “Antragsannehmer“ von Netzwerk Berlin das Konzept sei sehr schlecht und ausserdem sei es ja viel zu spät für den Film. Aber: nach ihm gehe es ja nicht. Inzwischen auch das Ergebnis des Landes NRW in Mühlheim. Auch hier – wie in Hamburg – die formale Begründung. Man würde ja gerne den Film fördern, aber man könne nicht. Die Einreichfristen wären verstrichen. Welche Kinos in Berlin denn diesen Kurzfilm zeigen werden?

Der Verleih in Hamburg war in der Zwischenzeit fleissig. Es gibt zehn: Bali, Filmkunst 66, Filmbühne, Sputnik, Movimento, Eiszeit, Notausgang, Xenon, Graffiti, und Kino im Kob. Die sollen die Leute von Netzwerk anrufen. Machen sie aber leider nicht. Hin und her. Sitzungen, Anhörungen. Dann die erste Finanzhilfe. Ein Verein aus Kreuzberg spendet 1.000,00 DM. Auch Netzwerk Berlin ist inzwischen so weit, es kommen 4.000,00 DM.

Die Produktionssumme ist damit noch nicht zusammen. Aber ein Anfang. Die Bayern Grünen sagen einen Zuschuss zu. Klausel: Alle anderen Landesverbände der Grünen sollen auch bezahlen. Die AL in Berlin wird angefragt. Jemand kennt den Kassenwart dort und winkt ab, zwecklos. Bei der GAL in Hamburg tobt der Wahlkampf. Keine Zeit für den Nebenschauplatz. Doch die “Bürovorsteherin“ setzt sich sehr für das Projekt ein. Einige Bezirke bringen 1.000,00 DM zusammen.

Auf der Suche nach weiteren Geldgebern fällt dem Verleih auch die TAZ ein. Viel Papier wird gegen die Volkszählung bedruckt, warum sollten da nicht 3.000,00 DM für Kinobilder übrig sein? Die Redaktionskonferenz schmettert den üblen Bettelversuch eines “anderen Projektes“ ab. Kein Geld für Bilder.

Die Bundesgrünen sind immer nicht erreichbar. (Bisher hat nur die Bundespost an dem Projekt gut verdient. Die Telefonkosten schnellen in die Höhe.) Schließlich findet sich bei den Bundesgrünen doch eine Ansprechpartnerin. Eine Zusage kommt. Die Kinos sollen die Kopien bezahlen. Ein ungewöhnliches Ansinnen. Normalerweise kriegen sie Geld für die “Werbefilme“, die sie zeigen. Amman und Bolbrinker haben schon mal mit der Herstellung des Kurzfilmes angefangen.

Konntens wieder nicht abwarten. Inzwischen sind 12.000,00 Mark zusammen. Ungefähr die Hälfte des benötigten Geldes. Der Verleih telefoniert mit Kinos (gewerblichen und subventionierten). Erstaunliches kommt da zu Tage. Ungesehen und ohne Papier bezahlt das Kommunale Kino in Hamburg zwei Kopien. Doch auch das andere Extrem: Der Direktor des Deutschen Filmmuseums (wie sich der Leiter des Kommunalen Kinos in Frankfurt gerne nennen läßt) hat eine andere Antwort bereit: “Leider ginge das nicht – weder zeigen, noch bezahlen. Schließlich sei er Beamter im Staatsdienst.“ Ob Beamte denn keine eigene Meinung haben dürfen und ob er den Film nicht mal wenigstens vorher sehen will? “Nein, will er nicht.“

Auch die Beteuerung, dass kein Boykottaufruf im Film enthalten ist, bringt keine Zusage aus Frankfurt. Beamte sind eben Beamte. Auch in Kiel beim Kommunalen Kino gehts ähnlich ab. Man will darüber diskutieren und meldet sich wieder. Der Verleih wartet vergeblich auf den Rückruf. Schließlich meldet sich der Verleih wieder in Kiel. Die zuständige Sachbearbeiterin ist leider in Urlaub gefahren. Eine Ansichtskopie wird geschickt. Innerhalb einer Woche sollen sie diese ansehen und bei Nichtgefallen zurückschicken. Die Woche vergeht. Keine Kopie kommt. Also wird der Film in Kiel gezeigt. Denkste. Der Stichtag ist vorüber (25. Mai 1987), die Kopie kommt zurück. Kleiner Zettel: “Film konnte leider nicht gezeigt werden. Er kam zu spät“.

Mit dem Mut ist das so eine Sache. Offener dann doch die Leute vom Cinema Quadrat in Mannheim. Ihr Büro ist direkt im Rathaus Mannheim (E5). Wenn sie den Kurzfilm zeigen, werden die Zuschüsse gestrichen. Das ist ihnen die Sache nicht wert. Das kann man akzeptieren. Lieber so, als windelweich. Die Kollektive unter den Kinos gibts ja auch noch. Der chronische Geldmangel bestimmt ihre Arbeit. In Freiburg und Stuttgart wird so richtig demokratisch entschieden. Ob man noch mal wieder anrufen kann? Der Programmausschuß tagt am Montag. Mit Freiburg klappts dann noch. Mit Stuttgart nicht.

Inzwischen hat Flebbe aus Hannover 10 Kopien gekauft. Das gibt Auftrieb. Die AG Kino hilft beim Telefonieren. Doch der amtierende Vorsitzende schaltet sich ein. Er möchte keine Bestellscheinaktion. Schließlich die Frage, was ist mit Kino Abaton im gleichen Hause? Das kann nur der Geschäftsführer entscheiden, sagen die Angestellten. Doch der ist nicht zu erreichen. Schließlich, eine Kulturveranstaltung, der Geschäftsführer des Abaton hält eine Rede. Für Filmemacher Bolbrinker ist es die Gelegenheit, den Kurzfilm anzubieten. Er findet den Film gut. Kann aber nicht allein entscheiden, das hätte nun niemand gedacht. Schließlich stimmen auch die anderen zu. Letztlich doch nur eine Formsache.

Alle Kinobesitzer fliegen an die Cote da Sur. Cannes ruft. Auf Frau Gregor vom Arsenal in Berlin hat den Flugschein schon gekauft. Sie verspricht zurück zu rufen. Der Verleih wartet – wie so oft bei den Beamtenkinos – vergeblich. Alf Boldt wäre der richtige, aber der ist noch bei den Kurzfilmtagen in Oberhausen.

Auch die Filmtheaterbetriebe Kloster & Steenwerth (York, OFF, Manhattan u. a.) in Berlin melden sich nicht wieder. Die hängen am Tropf der Filmförderungsanstalt, vermutet die Berliner Kinoszene. Er hängt so direkt am Tropf, dass er denkt, die machen Schwierigkeiten. Kein Georg Kloster. Da kommen dann doch eher die armen Kinos infrage: Sputnik, Movimento, Bali, Steinplatz und richtig, die nehmen auch Kopien. Bayern ist – wie gedacht – ein wenig erfolgreicher Versuch. München ja, zunächst die beiden Freak Kinos – Werkstatt und Maxim – und dann noch ein Kino der AG Kino.

In Regensburg sind wir wider Erwarten mit einer Kopie erfolgreich (Ostentor Kino, Werner Hofbauer). Im Augsburger Stadtkino ist der Bearbeiter gerade in Urlaub. Die Weber Broth. sind nach Cannes abgeflogen. Die anderen Mitarbeiter des Klein Konzerns haben keine Kompetenz für eine Ausgabe, die 100,00 DM überschreitet.

Wir schicken drei Ansichtskopien, mit der Maßgabe, diese bei Nichtgefallen innerhalb einer Woche zurückzusenden. Die Kopien kommen zurück, aber erst am 20. August (1987) mit einem kleinen Zettel der Buchhalterin, Kopien wurden nicht angefordert, nicht gezeigt, werden also auch nicht bezahlt. Was ist mit den Franken los, hat denen der Strauß auch schon den Schneid abgekauft? Ich beginne einen kleinen Streit.

Doch nicht nur Zustimmung, denen vom Roxy Kino in Dortmund ist unser Angriff zu seicht, sie hätten gerne was schärferes. Sie schicken die Kopie wieder zurück, aber innerhalb der besagten Woche. Das geht in Ordnung. Auch beim Arsenal Kino in Tübingen passiert eigenartiges. Die Kino Gruppe begutachtet den Film, will ihn einsetzen, aber der Vorführer hat Angst, also wird er bezahlt, aber nicht gezeigt. Gleichzeitig hat auch Zimmermann (Friedrich Zimmermann, damals Innenminister, heute tot) einen Werbefilm zimmern lassen, der bundesweit gestartet wird.

Viele Kinos weigern sich, diesen in die Werbeblöcke aufzunehmen und schicken ihn an die Agentur zurück. Wenn jetzt unser kommt, dann gibt es unterschiedliche Reaktionen:

1) Die pluralistische (Wir haben nicht für die Volkszählung geworben, also dürfen wir jetzt auch nicht gegen die Volkszählung werben) bzw., beide zu zeigen, wobei sie bei ersten Geld bekommen und beim zweiten Geld bezahlen sollen. (Was sie natürlich meistens nicht einsehen). Hier bricht das vorhandene Manuskript ohne jede Zusammenfassung ab . . .

Vom Original Manuskript übertragen von Tieresehendichan3

Jens Meyer am 15. Mai 2014

Demonstrant in Hamburg
Hachmannplatz

Betrifft: Volkszählung Stichtag 25. Mai 1987