Europäischer Hof Baden-Baden (Deutschland) Jeremias Henschel

Die Fotos entstanden am 18. Oktober 1930 vor dem Hotel >Europäischer Hof< in Baden-Baden.

Foto eins (von oben): Das jüdische Kinobesitzer Ehepaar Frida und Jeremias (genannt James) Henschel (von links nach rechts).

Foto zwei: Das jüdische Kinobesitzer Ehepaar Frida und Jeremias Henschel mit ihrer Tochter Bianca Henschel.

Foto drei: Sophie Streit (geb. Henschel. Tochter von Frida und Jeremias Henschel), Frida Henschel, Jeremias Henschel und der Kinobesitzer Hugo Streit (Henschel Film und Theaterkonzern OHG), der  mit Sophie Streit verheiratet war. Alle Personen sind geborene Hamburger.

Die Ausnahme  ist Frida Henschel (geb. Blumenthal), die in Lübeck geboren ist. Sie hatten alle die deutsche Staatsangehörigkeit, bis die Nazis an die Macht kamen. Jeremias und Frida Henschel flüchteten zunächst  zu ihrer Tochter nach Den Haag, wo diese mit dem Rechtsanwalt und Konsul von Portugal Dr. Isidor Kahn verheiratet war.

Dort starb Jeremias Henschel. Frida Henschel flüchtete anschließend nach Mexiko und starb später in New York. Bianca Henschel heiratete und überlebte den Holocaust als Bianca Kahn.

Die Fotos stammen von Rolf Arno Streit (Enkel von Frida und Jeremias Henschel), dem die Flucht nach Belo Horizonte in Brasilien gelang.Hugo Streit (Teilhaber des >Henschel Film- & Theaterkonzerns OHG) auf dem Hamburger Flughafen (Deutsche Luft Hansa).

Er steht vor einem Flugzeug der Firma >Junkers<, die ihn nach London bringen soll. Dort besucht er im >Alhambra< Kino die Premiere der amerikanischen Originalfassung (Die Tonfassung) des Filmes von Lewis Milestone >All quiet on the western front< (Im Westen nichts Neues), der später in zwei seiner Hamburger Kinos >Schauburg< wochenlang gezeigt wird.

Die weissen Mäuse waren Herrn Goebbels offensichtlich ausgegangen. Die UFA, unter deutschnationaler Führung von Alfred Hugenberg, hatte sich geweigert, die  Tonfassung  dieses Filmes  deutsch zu synchronisieren und in ihren Kinos zu zeigen.

Der Autor des Romanes (Im Westen nichts Neues) kam aus Osnabrück, der Vater des Produzenten des Filmes kam aus Laupheim bei Ulm. Der Film lief in London in zwei Kinos: Dem >Alhambra< und dem >Royal Cinema< im Londoner Westend.

In Deutschland wurde der Film verboten und durfte später nur noch in sog. geschlossenen Vorführungen gezeigt werden. Nach der Machtübergabe an die Nazis am 31. Januar 1933 wurde er endgültig verboten. Vermutlich, weil die Kriegsvorbereitungen nicht gestört werden sollten.

Erst am 14. März 1952 gelangte der Film, der ursprünglich eine Länge von 140 Minuten gehabt hatte, in einer gekürzten Fassung mit neuer Synchronisation in die westdeutschen Kinos.

Die erste deutsche Synchronfassung von „All Quiet on the Western Front“ (Im Westen nichts Neues) wurde von der Firma: „Rhythmographie GmbH, Alte Jacobstr. 133 “ 1930 in Berlin hergestellt.

Die Leitung der Synchronarbeiten hatte der ehemalige Ufa Chefdramaturg Viktor Abel. Viktor Abel war nach  Nazidefinition Jude und war am 2. Dezember 1892 in Kiev geboren, das in dieser Zeit zum Russischen Kaiserreich gehörte. Am 21.10. 1941 wurde er nach Lodz deportiert und dort ermordet. Die Filmgeschichte hat ihn vergessen.

Belle Alliance
Hamburg Altona. Belle Alliance. Vorführung Lebender Photographien und Kaiser-Café Postkarte vom Mai 1906

Henschel Film- und Theaterkonzern in Hamburg OHG / KG

HorstUrichSassUSA1990Horst Urich Sass (Sohn des Kinobesitzers Hermann Urich Sass) in dem Garten  seines Hauses in den USA. Beverly Hills, 719 N. Alpine Drive. Foto 1990. (geb. 1. Februar 1914 in Hamburg). Gestorben am 19. April 2000 in Beverly Hills.

CarlHeinzStreitCarl Heinz Streit, (geb. am 26. August 1911 in Hamburg, gest. am 24. April 2002 in Belo Horizonte/Brasilien). Das Foto wurde 1990 in der Wohnung seines Bruders (Rolf Arno Streit) in Belo Horizonte gemacht.

1936 ist er, zusammen mit seinem Bruder Carl Heinz aus Hamburg geflohen. Carl Heinz und Rolf Arno Streit sind die Söhne des Hamburger Kinobesitzers Hugo Streit, dem 1938 die Flucht aus Hamburg, aus Deutschland gelungen ist.

Seine Firma  Henschel Film- und Theaterkonzern war damals schon „arisiert“ (enteignet) und  von den beiden „Nutzniessern“ Paul Romahn und Gustav Schümann übernommen worden.

„Bezahlt haben sie nichts dafür. Dafür hat schon die NSDAP gesorgt, dass den Juden kein Geld zugeflossen ist“. (Rolf Arno Streit 1990 Belo Horizonte.)  RolfArnoStreit1990Rolf Arno Streit, (geb. am 9. August 1912 in Hamburg, gestorben am 15. Februar 1993 in Belo Horizonte/Brasilien). Geflohen aus Deutschland 1936.

Der Henschel Konzern war eine OHG, die von Hugo Streit und Hermann Urich Sass gegründet worden war. Die OHG betrieb in Hamburg die Schauburg Kinos.

Nach dem Selbstmord von Hermann Urich Sass, am 27. Januar 1933, wurde die Gesellschaft in eine KG umgewandelt, in die die Erben Urich Sass, (seine Ehefrau Hedwig Urich Sass und seine Kinder, Horst, Hans Jürgen und Vera Urich Sass) eintraten.Nilpferd7By-nc-sa_color

Schauburg1936Schauburg Kino, Mönckebergstrasse 8 in Hamburg beim Hauptbahnhof. Die Aufnahme von dem Eingang des Kinos entstand am 31. Januar 1936 (Deutschland Start des Filmes Anna Karenina). Repro: Reinhold Sögtrop.

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Nachtrag: David Urich Sass und Annita Urich Sass

Peter Offenborn hat es herausgefunden (nach der Kultussteuerkartei der Jüdischen Gemeinde Hamburg ). Der Vater von Hermann Urich Sass war David Urich Sass, geb. am 05. Mai 1861 in Lemberg (Galizien), das damals zu Österreich gehörte. Gestorben am 24. Januar 1922 in Hamburg (Beerdigt auf dem Jüdischen Friedhof in Hamburg Ohlsdorf).

Bevor Hermann Urich Sass bei der Kino Firma >J.Henschel< arbeitete, war er Angestellter der Firma Max Blancke & Co . Film- Import/Export, Eimsbütteler Chaussee 112, später Dammthorstrasse 27, deren Inhaber er später wurde). Die Familie wohnte zuletzt in der Schlüterstrasse 1. Später – nach der Emigration der Kinder – wohnte Hedwig in der Grindelallee 23 b. Neumark. Die Mutter von Hermann Urich Sass, war Annita Urich Sass, geb. Italiener, geb. am 17. Juli 1863 in Hamburg. Annita Urich Sass wurde am 17. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert u1nd am 18.12. 1942 dort ermordet.               

Nachtrag 2020: Lange war nicht klar, wann dass unten abgebildete Foto der Belegschaft der Schauburg Hauptbahnhof entstanden ist. Der Aufmarsch der Belegschaft am 1. Mai in der Mönckebergstrasse 8, vor dem Schauburg Kino. Das abgebildete Plakat auf dem Foto des des Filmes „Du kannst nicht treu sein“ Regie: Franz Seitz (Senior),  mit der Schauspielerin Lucie Englisch und dem Schauspieler Hermann Speelmans, wurde am 08. Februar 1936 von der Zensur freigegeben und hatte seine Uraufführung am 11. Februar 1936. (Quelle: Filmportal.de).

Das Foto muß also am 1. Mai 1936 entstanden sein. Da waren die ursprünglichen Eigentümer des Schauburg Kinos schon enteignet. „Arisiert“, wie die deutschen Nazis diesen Vorgang der Enteignung genannt haben.  Die neuen „Besitzer“ der Schauburg Kinos, SA Mann Gustav Schümann links und SA Mann Paul Romahn rechts. 1936

Rothenbaumchaussee 149
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Rothenbaumchaussee 149

Foto links oben (Farbe): Aufgenommen am 6. April 2020Foto rechts (mit Cadillac): Aufgenommen (1935) Fotograf Rolf Arno Streit. Foto unten: Rothenbaumchaussee 149 in Hamburg, Auf dem Balkon: Rolf Arno Streit (9. August 1911- 15. Februar 1993) . Fotograf (sein Bruder) Carl Heinz Streit (26. August 1911 – 24. April 2002)

Aus dem Hamburger Adressuch ergibt sich der Grundstücksverlauf von 1924-1959 für das Grundstück in der Rothenbaumchaussee (ab 1939 in der abweichenden Schreibweise Rotenbaumchaussee):

Nachtrag 2024:

1924-1925 gehoert das Haus einem Quast, W. 1926 einem Oppenheim O.. (Otto)

Laut Telefonbuch und Adressbuch von 1928 ist Otto Oppenheim Getreidemakler in Firma Otto Oppnheim & Co. Inhaber der Firma sind Otto Oppenheim und Carl Glaser. Firmensitz ist laut Telefonbuch in der Kaiser Wilhem Straße 40. 1927 – 1939 gehört das Haus Oppenheim, Frau O., die 1939 mit der Adressangabe: Oppenheim, Frau O. Kopenhagen auftaucht. 1941 gibt es dann einen neuen Besitzer mit Namen Meincke (Dr. med dent Zahnarzt). Für die Jahre 1932 und 1933 sind als Mieter eingetragen: Streit, H. in Fa. Henschel- Film & Theaterkonzern. Ab 1935 gibt es einen Eintrag im Adressbuch, die Besitzerin Frau Oppenheim sei über die Adresse H. A. Klahn, Lupinenkamp 12 ereichbar. H. A. Klahn (Heinrich August Klahn) ist von Beruf Hausmakler. Für das Jahr 1940 habe ich kein Adressbuch im Netz gefunden. Im Adressbuch von 1941 gibt es den Eintrag, der neue Besitzer (E) ist ein Meinecke, W., Dr. med. dent. Zahnarzt. Das Haus daneben (Nr. 151) gehoert 1941 dem Frauenarzt, Dr. med ‚Barfurth. W.

Aus dem Adressbuch von 1959 ergibt sich: Grundstücksbesitzer (149) ist weiter Meinecke, W. Dr. med dent. Zahnarzt. Und das Haus (151) gehört weiterhin dem Barfurth. W. (+) J.

Friedrichstrasse 225 Gedenktafel für Karl Wolffsohn

Gedenktafel201701-02-1Wer die Gedenktafel für Karl Wolffsohn in der Friedrichstrasse 225 sucht, sollte sich nicht täuschen lassen. „Friedrichstrasse 225 Gedenktafel für Karl Wolffsohn“ weiterlesen

Vom Nachttisch geräumt: Im Banne der roten Hexe von Werner Dütsch

Greta Garbo

 

 

 

 

 

 

PDF Im Banne der roten Hexe

Vom Nachtisch geräumt: Werner Dütsch “Im Banne der roten Hexe -Kino als Lebensmittel“ (Verlag Königshausen & Neumann Würzburg). Manches Mal begegnen mir Bücher, nach deren Lektüre ich das Gefühl habe, dass sie mir schon lange gefehlt haben. Deren Fehlen mir aber bis dahin gar nicht aufgefallen war. Ein solches Buch ist das von Kurt Scheel: “Ich & John Wayne“ (Edition Tiamat, Verlag Klaus Bittermann, Berlin 1998 vergriffen). (**)

Und ein solches ist auch das von Werner Dütsch “Im Banne der roten Hexe – Kino als Lebensmittel“ (Königshausen & Neumann Verlag, Würzburg-2016-auch dieses Buch ist vergriffen) (*). Das Wort vergriffen klingt positiv. Bekomme ich doch den Eindruck: Alle gedruckten Bücher wurden an die Leserin gebracht, auf welche Weise auch immer. Oft ist es jedoch nur die geringe Auflage, in der ein solches Buch auf dem Markt gelangt. Werner Dütsch schreibt, wie er als Kind gelernt hat, mit dem Kino umzugehen. Eben Kino als Lebensmittel. Schon an den Filmtiteln erkenne ich, Werner Dütsch ist ein paar Jahre älter als ich. Da gibt es viele mir unbekannte Filme und einige, mit denen ich meine Kindheit verbracht habe, fehlen dagegen.

Besonders vermisst habe ich das Fehlen von “Bambi“ und später Burt Lancaster, wie ihm Gary Cooper in “Vera Cruze“ die Geschichte vom verlorenen Zinnsoldaten erzählt. Weiterhin scheint es Unterschiede zu geben, was die Aufmerksamkeit von Kindern erregt, besonders die zwischen den Kindern, die katholisch und jenen die evangelisch oder gar ohne jede Religion aufgezogen wurden. Alle Sorten Kinder beherrschen die Abgrenzung gegen die Erzieherwelt mit ihrem Empfehlungen, aber die katholisch erzogenen Kinder, so kommt es mir vor, haben es doch viel einfacher, als die evangelisch Erzogenen. Schon mehrfach sind mir Menschen im Leben begegnet, denen die Klassifizierungen des katholischen Filmdienstes als Kinder in Fleisch und Blut übergegangen sind.

Ein ehemaliger Freund von mir (katholisch erzogen) wusste immer ganz genau, welche Filme seine Neugier erregten. Die Filme von 1 bis 2 E wurden sofort aussortiert (Egal was). Interessant wurde es für ihn immer erst ab Nummer: (2EE = Für Erwachsene mit erheblichen Vorbehalten). Richtig Interessant die Filme, die ab Nr. 3 und 4 klassifiziert wurden (3 = Vom Besuch wird abgeraten, 4 = Abgelehnt. Der Film zersetzt Glauben und Sitte).

Wir evangelisch aufgezogenen Kinder hatten es leider nicht so einfach, aber manchmal gab es auch in Hamburg Schaukästen bei den wenigen katholischen Kirchen, in denen die Empfehlungen der Konkurrenzkirche zu lesen waren. Es gibt Sätze in dem Buch von Werner Dütsch, in die ich mich sofort verliebt habe. Auf Seite 123 steht so einer. Vermutlich findet dieser sofort Eingang in meinen angehäuften Zitateschatz und ich bin von dem Vorsatz begleitet, diesen bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit zu zitieren, was viele Freunde von mir als quälend empfinden. (Keine Freundschaft ist ohne Qual lange auszuhalten). “Als die Bücher noch Zeit hatten auf ihre Leser zu warten, erwarb ich, auch Jahre nach ihrem ersten Erscheinen, erste Filmbücher.“ (S. 123).

Angesichts der Filmbücher, die ich im Laufe der letzten fünfundzwanzig Jahre angesammelt habe, beschleicht mich heute das Gefühl, das die Zeit, in denen die Bücher noch Zeit hatten, auf ihre Leser zu warten, lange vorbei ist. Kein Mensch, außer mir, schaut sie noch an und liest sie, was ich irgendwie schade finde. Aber offenbar eignen sie sich heute mehr als Dekoration fürs Kino oder für das Foyer. Dabei sind auch solche Bücher, auf denen der kleine Werner Dütsch damals als Kind aufmerksam wurde. “Das Erinnern an ein damals ganz unsichtbares Kino wach zuhalten gelang keinem Buch so sehr wie Lotte Eisner mit Dämonischer Leinwand.

Gibt es ein Werk, das so sehr geholfen hat, verschwundene Filme herbeizuwünschen und so mitgeholfen hat, diese Filme auch wieder aufzufinden?“ (S. 123) Es gibt noch viele Stellen des Buches, die es wert wären zitiert zu werden: “Den Zoom als moralisches Problem wird es erst Jahre danach geben.“ (S.127). In einige der Sätze von Werner Dütsch kann ich mich richtig reinschmeissen: “Das galt für alle verabscheuungswürdigen Vorgänge und bei Jungens vor allem für die Selbstbefleckung mit der Aussicht auf Schwindsucht und Schwachsinn.“ (S. 129)

Ja, ja. Die Filmkritik. Die Liebe zu dieser Zeitschrift verbindet uns. Noch heute schaue ich in die Sammelbände um die Verrisse zu geniessen, mit denen sie Filme, besonders die der heimatlichen Produktion, bedacht haben. Sonja Ziemann und Rudolf Prack, der Schrecken meiner Jugend und dann das: “Eine polnisch-deutsche Überraschung: Sonja Ziemann, die es dreizehn Filme lang mit Rudolf Prack ausgehalten hat, in der achte Wochentag.“ (S. 132). Leider ist mir dieser Film damals nicht untergekommen. Und heute wollte ich ihn vermutlich auch nicht sehen.

Merkwürdig fand ich dagegen, dass eines meiner Lieblingsbücher, das von Joe Hembus (zwei verschiedene Ausgaben): “Der deutsche Film kann gar nicht besser sein“ bei ihm nicht auftaucht. Sollte er das damals übersehen haben? Oder war er schon zu tief in den Sumpf der Filmkunst in den Filmclubs abgesunken? Auch da stelle ich Ähnlichkeiten fest.

Gewundert habe ich mich auch darüber, dass meine ersten Filme, so wie “Bambi“ (oh wie habe ich da geweint, als Bambis Mutter da im Wald verbrannt war, oder eben die schon beschriebene Einstellung aus “Vera Cruz“, als dieser überhebliche Offizier sich über die Tischmanieren von Burt Lancaster mokiert und dann von Gary Cooper mit seiner Geschichte von seinem verlorenen Zinnsoldaten zurecht gewiesen wird, bei ihm nicht auftauchen. Es fehlt der Trick, den uns Truffaut in “Taschengeld“ noch mal gezeigt hat, den wir aber als Kinder schon kannten (wie man als Kind ohne Geld über den Notausgang ins Kino kommen kann). (***) Vermutlich hat auch Werner Dütsch diesen Trick gekannt und genutzt.

Nur seine Erziehung (die katholische), so vermute ich, solche Tipps, solche Straftaten (Erschleichung einer Leistung) bekannt zu machen, verbietet ihm, diese zu gestehen, denn nicht alles kann im Beichtstuhl vergeben werden.Da kann man doch mal sehen, wie lange die ganze Sache mit der Erziehung schon geht und wie lange sie anhält.

Bleibt anschließend nur die Frage, wie kommen die Kinder heute ohne Geld ins Kino? Fahrradputzen und Flaschen sammeln bringen nicht die heutig nötigen Summen in kurzer Zeit zusammen und im übrigen sammeln die altersarmen Rentner den Kindern die Flaschen weg. (Trittin ist schuld, ein bißchen jedenfalls).

Da bleiben den lieben Kleinen nur das Internet und ihre großen Festplatten. Ob sie danach noch Lust auf Kino haben, ist eher doch die Frage. Und dann werden sie sicher auch nicht auf dieses gelungene Buch von Werner Dütsch stoßen. Weil alle dort geschilderten Erlebnisse und Erfahrungen von der nächsten Generation nicht mehr gemacht werden können. Schade eigentlich. Der Verlag sollte es nachdrucken. Und dabei den einen Absatz, der zwei Mal im Buch auftaucht, eliminieren. Hamburg. d. 30. September 2016 Jens Meyer

(*) ISBN: 978-3-8260-5897-4Autor: Dütsch, Werner Erscheinungsjahr: 201619,80 EUR (**) ISBN: 3-89329-012-6Ich & John Wayne Lichtspiele (ISBN: 978-3-8260-5897-4 Autor: Scheel, Kurt Erscheinungsjahr: 1998 Preis heute (Antiquariat, z.B: zvab.com) zwischen 14,00 – 23,00 €) (***) PS: Bei nochmaligem Lesen stelle ich fest. Der Trick ist doch da. Aber leider so verschwurbelt, dass ich (und vermutlich die Kinder) ihn kaum erkennen oder gar nachmachen können. (S.20). Die Truffaut Variante aus dem Film “Taschengeld“ ist eindeutig die bessere.

Thalia Kino Die goldene Maske
Die goldene Maske im Thalia Kino Grindelallee 116 in Hamburg . Foto von John Holler (1957)
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Meckis Abenteuer beim wilden Stamm der Arbeiter

pdf Mecki beim wilden Stamm der Arbeiter

Beim Aufräumen wieder gefunden: Ein Vorwort für einen Filmkatalog, der zwar erschienen ist. Allerdings ohne das Vorwort. Die Zeit war damals (1982) noch nicht reif. MECKIS ABENTEUER BEIM WILDEN STAMM DER ARBEITER                      Die Wende: Die Wende ist schon da. Wir haben sie nur noch nicht bemerkt. Letzte Woche auf dem Arbeitsamt. Um 8.00 Uhr machen die auf. Ich bin um 8.05 Uhr an dem Nummernzieher. Meine Nummer 451. „Meckis Abenteuer beim wilden Stamm der Arbeiter“ weiterlesen

Ein Brief vom 14. August 1933 von Leopold Gonser.

PDFBrief von Leopold Gonser

„Wer die Macht hat, hat das Recht“ Ein Brief aus Lübeck

Auszug aus einem der Briefe, die Leopold Gonser (Kinopächter der Stadthallen Lichtspiele in Lübeck, zusammen mit Ernst Robert und Wilhelm Markmann) am

14. August 1933 (Lübeck) an den Verband der Norddeutschen Lichtspieltheaterbesitzer in Hamburg schrieb. „Ein Brief vom 14. August 1933 von Leopold Gonser.“ weiterlesen

WER MIT DEM TEUFEL AUS EINEM NAPF ESSEN WILL, BRAUCHT EINEN LANGEN LÖFFEL, von Stinki Mueller (August 1996)

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PDF Wer mit dem Teufel aus einem Napf essen will

»Wer mit dem Teufel aus einem Topf essen will, der muß einen langen Löffel haben«, meint David Volksmund. Jetzt hat dieser Herr wieder einmal Recht behalten. Zurzeit jagt eine Kriegserklärung die nächste in dem Kampf um das lukrative Grundstück an der Friedensallee 7 (in Hamburg Altona). Absender dieser Kriegserklärungen ist eine Firma in Ahrensburg mit der beziehungsreichen Firmenabkürzung GEG. 

Beziehungsreich, weil ein sozialdemokratisches Gewerkschaftsunternehmen diesen Namen (GEG) über lange Zeit bewahrte. (Gross Einkaufs Genossenschaft)

Doch wer den heutigen Kriegs- und Frontverlauf erkennen will, muß den Werdegang und die Geschichte der Personen verstehen, die da heute der Bevölkerung und den Konkurrenten den Krieg erklären.

Die Genossen der SPD, (darf man die heute überhaupt noch so nennen, fällt mir beim Abschreiben im Jahre 2014 ein), (die da mit dem kurzen Löffel an Teufels Tisch sitzen), sind seit 1979 gefördert und stabilisiert worden.

1979 da war der “Genosse” (Torsten Teichert SPD), der jetzt die Bauinteressen des Bodenspekulanten vertritt, noch Vorsitzender des Filmclubs in Neumünster.

Heute heißen diese Menschen: “Investoren”, das Wort ist modern und verschleiert so den eigentlichen Sachverhalt. Sie lassen angeblich Geld für sich arbeiten. Aber das hätten die SPD Genossen doch wissen müssen, das Geld nicht arbeiten kann.

Sie könnten die Firma, die sie aus Bielefeld geholt hatten, einfach als reichen Bodenspekulanten bezeichnen.

Doch fängt man am besten von vorne an: 1979. In der Stadt gibt es viele Bodenspekulanten neben Herrn Mayr, die prächtig mit den sozialdemokratischen Regierungen zusammenarbeiten. Sie heißen Büll & Liedtke, Deyhle und eben auch Mayr. Jeder, der viel Geld hat und es in Hamburg vermehren möchte, dem wird das Stadttor weit aufgetan.

Nicht verwunderlich in der Tradition. Die Kaufleute hatten schon damals das meiste Geld mit dem Verkauf und der Verschiffung von Sklaven gemacht.

Nur zur Partei der “Arbeiterbewegung” scheinen diese Leute nicht recht zu passen. Deswegen wurde das Wort ja auch geändert, vom Bodenspekulanten zum Investor. Hört sich besser an und bleibt das gleiche. Doch normaler Weise treten diese “Investoren” offen auf. Mit den Geschäften von Herrn Mayr verhält es sich anders. Er hat die Genossen seit Jahren für sich eingespannt, sie besorgen ihm die Grundstücke, sie sorgen dafür, dass der Mietzins immer pünktlich kommt, sie verwalten seine Immobilien, sie halten dem “Investor” die Schwierigkeiten mit der Öffentlichkeit vom Hals.                                           Foto Jens Meyer(rechts der Architekt Peter Wiesner von me-di-um, der den Umbau der alten Zeise Halle geplant und geleitet hat.  Sehr gelungen – mit zwei kleinen Ausnahmen – der große Saal des Zeise Kinos). (Links ein Unbekannter). Fotos Jens Meyer.Tieresehendichan3

By-nc-sa_colorSelbst bei Mietausfällen, muss er nicht um seine Gewinne bangen, denn die Genossen haben ihm städtische Bürgschaften besorgt. Es handelt sich um ein gut funktionierendes Beziehungsgeflecht, das nach außen abgeschirmt ist und von denen alle am Geschäft beteiligten Vorteile haben, so daß es schwer ist, aus dem Beziehungsgeflecht auszubrechen, wenn man keine finanziellen Nachteile haben will.

Wären wir in Italien und wären die Geschäfte geheim, dann würden wir es Mafia nennen. Geheim ist es nicht, aber doch schwer zu durchschauen. Dazu muß man weit zurück gehen.

In das Jahre 1979. Damals soll es in der Hamburger SPD einen frischen Wind gegeben haben. Es gab einen Bürgermeister, der sich mit den Hamburger Elektrizitätswerken (HEW) in Sachen Atomkraft angelegt hatte und unter seinen Genossen als Linker galt.

Foto Henning Scholz 22. November 1991
Foto Henning Scholz 22. November 1991

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Auch in Sachen     Kultur war er damals unterwegs. Nach München. Dort wollten sich Filmschaffende nicht mehr von der CSU und Herrn Strauß schikanieren lassen. Herr Hans Ulrich Klose lockte sie mit Geld und Selbstverwaltung nach Hamburg. In kurzer Zeit waren sie in Hamburg und bereiteten hier das Filmfest der Filmemacher 1979 vor.

Auch das lange geforderte Kommunale Kino Hamburg “Metropolis” wurde endlich verwirklicht.

Als Pioniere der ersten Stunde trafen wir uns regelmässig in der Admiralitätsstrasse an einer Tischtennisplatte. Alles schien möglich. Damals. Keine Teilung in Dokumentarfilmer, Spielfilmer, linke Verleiher, Experimentalfilmer. Ein Verein der Filmemacher wurde gegründet. Anne Kubina und Helga Bähr übernahmen die Arbeit und verhandelten mit den entsprechenden Behörden über die Selbstverwaltung der Fördermittel.

Das erste Filmfest wurde trotz kurzer Vorbereitung, aber dank vieler engagierter Helfer ein großer Erfolg. An Geld für unsere Arbeit hatten wir damals nicht gedacht. ZeiseGiessereigemaltvonMaxKuchel1918(Max Kuchel hat dieses Bild gemalt. Davon gibt es Postkarten. Das Original hängt im Altonaer Museum)

Helga Bähr wurde zur gewählten Geschäftsführerin. Zusammen mit Anne Kubina streiften sie durch die Viertel auf der Suche nach geeigneten Räumen für die neue selbstverwaltete Filmförderung. Da fiel ihnen die leerstehende Propeller Fabrik von Theodor Zeise auf. ZeisePropeller3In dieser Fabrik mit den anhängenden Wohnhäusern in der Friedensallee und in der Bergiusstrasse in Hamburg Altona, Ottensen, war es 1979 zu Ende gegangen. 1979 war es mit den Propellern zu Ende gegangen, denn Schiffe wurden in Hamburg kaum noch gebaut, also auch keine Schiffspropeller. Hundert Jahre lang hatten hier Arbeiter unter mörderischen Bedingungen gearbeitet.    (siehe Malerei).

Der Quarzsand, die hohen Temperaturen des Bronze Gusses, der Staub, die giftigen Gase, der Dreck. Viele gaben ihr Leben oder waren schon bald Frührentner, die sich nicht lange ihrer Rente freuen konnten.

Die Besitzer investierten über 10 Jahre lang nicht mehr, sondern schöpften lieber die Gewinne ab. Konkurs. Ein Teil der Arbeiter wurde vom Panzerbau der Firma Blohm und Voss übernommen. ZeisePropeller1(Anmerkung 2014: Das wußten damals nur Wenige, das auf der anderen Seite der Elbe bei Blohm und Voss, kaum noch Schiffe, aber dafür der Panzer “Leo” gebaut wurde. „Unser Leo“, wie er liebevoll genannt wurde und wird.)

Die vorhandenen Maschinen waren Schrott und wurden folgerichtig verschrottet. Zu dem Gelände gehörten mehrere Hallen, ein Bürogebäude, einige Wohnhäuser und eine Halle gegenüber.

(Anmerkung 2014: In die wurde später ein Möbelhaus (Dombeck) eingebaut, dann verkauft und anschließend von Peter Jorzick in ein Medienhaus umgebaut, heute Sitz der Hamburger Filmförderungs GmbH). Die Firmeninhaber von Zeise hatten aus der Fabrik und Wohnungen für die Arbeiter viel Geld rausgezogen und kaum welches wieder hineingesteckt. So waren die Wohnhäuser in einem erbärmlichen Zustand. Nur das Verwaltungsgebäude war in einem passablen Zustand. Die beiden Damen vom Filmbüro e. V. Helga Bähr und Anne Kubina verliebten sich in das Anwesen und mieteten es an, um es mit den zugesagten Geldern zu einem Filmhaus umbauen zu lassen. zeisepropellerrohlingHinter ihnen standen die berühmten (Hark Bohm: ”Unsere Kameras werden nicht schweigen”) und weniger berühmten Filmemacher (Thomas Mitscherlich) mit Hamburger Wohnsitz. Doch schon bald ging der erste Besitzer des Anwesens – ein Klempnermeister – pleite, weil er beim Kauf aus der Konkursmasse von Zeise nicht auf den Zustand der Häuser geachtet hatte. Die jahrelang nicht ausgeführten Instandsetzungen frassen ihn, bzw. seine Ersparnisse auf. Zudem waren auch die Mieter gewechselt.

Ein Teil der Zeise Arbeiter, die sozusagen bei Zeise Wohnung und Arbeit hatten und deswegen in ihren Forderungen gegenüber ihrem Vermieter (der gleichzeitig ihr Arbeitgeber war) zurückhaltend gewesen waren, zogen weg und machten Platz für Leute, die sich keine kaputten Fenster, keine feuchten Wände, keine Ofenheizung gefallen lassen und die wissen, wie man eine Mietminderung durchführt.

In der Hälfte aller Wohnungen wurde nach kurzer Zeit die Anmerkung 2021Miete gemindert. Das Gelände kam unter Zwangsverwaltung und die ins Grundbuch eingetragenen Banken brachten es zur Zwangsversteigerung.

Und hier beginnt nun die eigentlich – sehr unrühmliche – Geschichte der SPD, die quasi mit dem Geld eines Bodenspekulanten die Spekulation mit einem Grundstück verhindern wollten. Heute, rückblickend scheint das ziemlich blauäugig gewesen zu sein, oder naiv, oder gedankenlos. (Anmerkung 2014: oder alles zusammen)

Aber schließlich hatte man einen fähigen Schwaben mit der richtigen Parteizugehörigkeit direkt aus dem Büro des SPD Bürgermeisters (das war inzwischen ein andrer) auf den Posten des Geschäftsführers des Filmbüros e. V. gesetzt (oder wurden die gewählt?).

EingangZeiseAnneKubinaEiner mit politischem Geschick, mit dem richtigen Machtbewußtsein, der über weite Verbindungen innerhalb der Partei verfügte. Die Filmemacher standen wie ein Mann hinter Dieter Kosslick, nur am Rande gab es Nörgler und Kritiker. Aber deren Kritik war leicht zu entkräften. Sie hatten von dem inzwischen ziemlich großen Förderkuchen nichts abbekommen. Der blanke Neid.

Als die Versteigerung anstand, wollte Dieter Kosslick die Stadt (-regierung, den Senat), dazu bringen das Gebäude zu ersteigern. Rückblickend muß man sagen, daß das für alle Beteiligten die beste Lösung gewesen wäre. Der Senat wollte nicht. Wollte sich vor allem nicht festlegen. Für den Kauf wollten sie kein Geld bereitstellen. Kulturbehörde, Liegenschaft und Finanzbehörde waren mehr für die politische Lösung.

Die politische Lösung sah so aus, dass man sich selber und den anderen Sand in die Augen streut.

Ein Privatmann sollte das Gebäude ersteigern, dafür, das der neue Besitzer das auch tut, was das Filmbüro will, sichert man ihm eine Ausfallbürgschaft für die nicht gezahlten Mieten zu. Eine solche Bürgschaftserklärung einer Stadt, das ist für jeden wie Bargeld.

Herr Mayr wurde von Dieter Kosslick gefunden. Herr Mayr bekam die Bürgschaft, er teilte Dieter Kosslick sein Höchstgebot mit und Dieter Kosslick ersteigerte im Auftrag von Herrn Mayr das gesamte Grundstück. Ein Vertragswerk zwischen Mayr und dem Verein Filmbüro e. V. sicherte die ganze Situation ab. (So wurde es damals kolportiert)

Alle jubelten. Filmbüro gerettet, Mieten langfristig stabil, das Haus wurde gründlich instand gesetzt. Auch die Hallen sollten irgendwann dem Film zugute kommen. Waren doch vorher auch Pläne über einen Abriß, eine Squaschhalle und sonst noch was in die Diskussion gebracht worden.

Doch Dieter Kosslick wollte nach oben und bekam bald darauf einen Posten in NRW mit mehr Macht und mehr Geld. Ein neuer Kandidat war grade im Bürgermeister Büro frisch ausgebildet worden (Bürgermeister: Klaus von Dohnanyi / Torsten Teichert 1986 -1988). Mit Dr. und richtigem Parteibuch. Dr. Torsten Teichert. Alle warens zufrieden. (Damals).

Er setzte die Pläne seines Vorgängers um, die Zeisehallen wurden geboren. Gegenüber war in der Zwischenzeit das Medienhaus entstanden. Eine Gruppe um Peter Jorzick hatte es erworben und für ihre Zwecke umgebaut. Der größere Teil wurde finanziert, wie alle Gebäude finanziert werden: Mit persönlichen und Bankkrediten. Das hatte Peter Jorzick im Werkhof gelernt.

Das Architektenteam aus Peter Dinse, Isabell Feest und Peter Wiesner machten aus der alten Schiffspropeller Halle ein Büro- und Wohnhaus mit erschwinglichen Mieten, die noch heute nicht über 20,00 DM liegen (21. August 1996). Das sollte nun auch in den Zeisehallen passieren. Im Unterschied zu Peter Jorzick hatte aber die ”Elite” des Filmbüro keine Ahnung davon, wie man eine solche Immobilie plant, baut und letztlich verwaltet. (Rückblick 2014:  Zur selbsternannten Elite gehörte damals auch Torsten Teichert, dessen einzige Qualifikation in einem Parteibuch der SPD bestand).

In Peter Wiesner glaubte man den richtigen Architekten gefunden zu haben. Von vermieteten Flächen, von Heizkosten für eine so große Halle und von hohen Betriebskosten ahnte  (die Elite) im Filmbüro damals niemals etwas.

Auch über die Miete müsse man später mal reden. Und alle Mieter ließen sich mit den großen Plänen einschläfern. Auferstanden aus Ruinen. Vom großen Geld wurde allerorten geträumt, von einer öffentlichen Videothek der Bücherhallen, von einem großen Kino, von preisgünstigen Produktionsbüros für Film und Video, von gemütlichen Kneipen und alles setzte der Architekt Peter Wiesner, manchmal besser, manchmal schlechter, um.

Auf jeden Fall war es das Stadtgespräch bei der Eröffnung vor vier Jahren. Die Zeisehallen waren geboren. Zu welchem Preis wußte damals keiner der Beteiligten. Zwölf Angestellte und 100 Mitglieder fanden alles gut, so lange das Stück vom Kuchen für sie nicht kleiner wird.

Jetzt sind die Nebenkosten so hoch wie anderswo die Miete. Im Dachgeschoß kann man im Sommer bei offenem Fenster Hähnchen grillen und zahlt für den qm so viel, wie andere, die aber dabei auf die Alster gucken können. Und man zahlt an Jemanden, der nicht einmal selber mit Immobilien spekuliert, sondern der seinerzeit nur Puffer des Grundbesitzers ist, der das Geld klaglos weiter reicht, an einen, der sozusagen nur Geld vermehrt und ansonsten keinen Ärger hat.

Da ist es nur konsequent, daß dieser Mann den abgelegten Geschäftsführer in seinen Diensten weiterbezahlt. Der Mann hat gute Dienste geleistet und verspricht auch in Zukunft, daß er sein Geld wert ist.

Kennt er doch das Beziehungsgeflecht, auf dem diese Subventionswelt und ihre Verbindungen funktioniert aus dem FF.

Obwohl noch gar nicht klar ist, ob ein Nutzerinteresse besteht, ob überhaupt die Zeise GmbH bei ständig steigenden Mietpreisen für das Kino in die Planung des 850 Plätze Kinos einsteigt, kann man doch vorher schon mal der Öffentlichkeit und den eigenen Genossen ein wenig Angst einjagen, in dem man ihnen sagt, wenn das große Kino nicht kommt, dann geht auch das erste Kino pleite.

Ein Nutzer wird sich dann schon finden. Die Marktführer Flebbe und UFA stehen bereit zur Übernahme. Und wenn das Ding dann gelaufen ist, so der Prophet, dann wird auch Torsten Teichert, sorry Dr. Torsten Teichert aus Neumünster nicht mehr gebraucht. Es sei denn Herr Mayr möchte seinen Grundbesitz in Hamburg weiter mehren

Anmerkungen 2014: Dr. Torsten Teichert hat das Filmbüro nach 7 Jahren vor die Wand gefahren und sitzt heute da, wo er schon immer hin wollte, in der Fuhlentwiete. Eine selbstverwaltete Filmförderung gibt es nicht mehr. Dieter Kosslick hat alles richtig gemacht. Ging von Hamburg nach NRW und ist heute Direktor bei der Berlinale in Berlin. Die Filmemacher, die heute noch in der Friedensallee Anträge stellen, zeichnen sich aus durch ihr devotes Verhalten. Anmerkung 2021: Dieter Kosslick ist im Ruhestand.

Jens Meyer 8. Juni 2014By-nc-sa_colornilpferd_tumb

Vortrag für StudentInnen über den Henschel Film- und Theaterkonzern

pdf Vortrag für Studentinnen

Vortrag vom 28. Mai 2008 Auf der Suche nach dem Henschel Film und Theaterkonzern Manuskript für einen Redebeitrag vor StudentInnen der Geschichte. Als Marei B. mich von ihrer Gruppe angerufen und mit mir diesen Termin ausgemacht hat, war eine ihrer Fragen, wie ich denn auf die Spur dieser jüdischen Kinobesitzer gekommen bin? Leider muss ich da etwas ausholen. Zunächst einmal, ich bin 1946 geboren und gehöre damit zu der Generation, die von ihren Eltern keine oder falsche Antworten bekommen hat, was denn da in ihrem Beisein von 1933 – 1945 passiert ist. Unsere Generation war es gewohnt, keine Antworten auf unsere Fragen zu bekommen, bzw. in der Regel wurden wir angelogen, sowohl im allgemeinen, als auch im persönlichen. Ich war also geübt im „Angelogen Werden“.

Gleichwohl war das (auch später) immer die Generation, die Europa in Schutt und Asche gelegt hatte und sich bei meiner Generation darüber beschwerte, wenn bei einer Demonstration ein paar Fensterscheiben bei Banken kaputt gingen. Das war der Boden. Wie nun Kinos? Schon als Junge interessierte ich mich für Kino. Später brach ich ein Ingenieur Studium (bei der Ingenieur Schule für Produktions- und Verfahrenstechnik) nach drei Semestern ab und bewarb mich an der Filmakademie in Berlin (dffb).

Wir wollten Filme machen, um dieses Land aufzuwecken. Die Wahrheit zutage fördern und die Verhältnisse zu ändern, von denen wir behaupteten, dass die alten Nazis noch immer die Politik bestimmten und die (ihre) Verbrechen versteckten. Als kleiner Junge (10 Jahre) war ich stets der Meinung, dass die Kommunisten den Krieg begonnen hätten. Kein Wunder also, dass sie in dem Deutschland, in dem ich langsam größer wurde, verachtet wurden und verboten waren. Erst viel später erfuhr ich, dass es die Konservativen in Verbindung mit den Nazis waren, die den zweiten Weltkrieg begonnen hatten. So viel zur Ausgangslage.

1976 war ich mit dem Studium an der Akademie (dffb) fertig und begann mich nach einer Berufsperspektive umzusehen. Fernsehen und Film. Ein Abfallprodukt des Studiums war die Beschäftigung mit der Geschichte des Kinos. Ein Bereich, weitgehend unerforscht. Filmgeschichte besteht aus Schauspielern, berühmten Filmen, manchmal kommen die Namen von Regisseuren dazu, selten die Kameramänner und die Tonleute. Aber niemals tauchen Kinobesitzer auf. Sie sind das Unwichtigste in der Filmgeschichte überhaupt, obwohl sie doch den Filmen erst die Chance geben, das sie das Licht der Welt erblicken. Irgendwann fielen mir dann, in der gut sortierten Bibliothek der dffb, die Reichskinoadressbücher in die Hände. Das Reichs Kino Adressbuch 1934. Eine Reihe von Kinos kannte ich, viele gab es nicht mehr.

Oft waren Straßen umbenannt worden. Merkwürdig war auch, dass zwischen 1933 und 1938 viele Kinos den Besitzer gewechselt hatten. Die Sache begann mich zu interessieren. Ich habe es damals so probiert, wie sie auch heute eine solche Sache vermutlich beginnen würden. Ich bin in die Kinos gegangen und habe gefragt.

Und es kam nur Schrott dabei heraus. Ja – aber man wisse nicht. Die Zuschauer schon gleich gar nicht. Nun, das ist nicht weiter verwunderlich, habe ich mir damals gesagt. Fragen sie mal heute einen, wem das Cinemaxx gehört, oder das Streits Kino. Nur wenige wissen es. Und für den Besuch eines Kinos ist das auch nicht wichtig. Doch auch die Beschäftigten hatten keine Kenntnisse.

Ja, sie wären ja im Krieg gewesen und haben gar nichts mitbekommen. Die alte Leier. Wegsehen, Lügen. Ich gab dann die Befragung von Zeitzeugen auf und sah mir stattdessen die Reichskinoadressbücher an. Da gab es einen „Henschel Film und Theater Konzern“, eine Firma mit zwölf Kinos, die sich im Laufe der Jahre von einer OHG in eine KG verwandelte und dann in einer Schauburg GmbH endete.

Mir begegneten die Namen Urich Sass und Streit. Später Romahn und Schümann. In der Filmakademie in Berlin gab es die Mikrofilme von zwei Tageszeitungen (6 x mal in der Woche), die sich ausschließlich mit Film beschäftigten. (In Hamburg gab es damals diese Mikrofilme nicht).

Die „Lichtbildbühne“ und den „Kinematograph“. Der Kinematograph gehörte dem Medienzar Hugenberg, das wusste ich, die Lichtbildbühne war weitgehend unabhängig. Also machte ich mich ran. An das Studium der Lichtbildbühne. Sechs mal die Woche, 52 Wochen und eine Menge Seiten. Nach drei Wochen war ich immer noch nicht weiter.

Eigentlich wusste ich auch gar nicht, was ich suchte. Ich wollte schon aufgeben, denn so viel Zeit hatte ich auch nicht. Das Stipendium war ausgelaufen. Also beschränkte ich mich auf historische Daten. Der 30. Januar 1933 war ein solches historisches Datum. An diesem Tag hatte der konservative Paul von Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt. Die Nazis nannten das später und heute auch noch, Machtergreifung. (Das stimmte nicht, wie ich heute weiß – 2014). Genau an diesem Tag wurde einer der beiden Kinobesitzer des Henschel Film und Theater Konzerns, Hermann Urich Sass im jüdischen Teil des Hamburger Friedhofs Ohlsdorf beerdigt.

Ich wechselte die Mikro Filme gegen die Grabplatten aus und suchte vor Ort. Und fand den Grabstein dieses Herrn. Ohne diese Zeitungsnotiz mit der Beerdigung auf dem Jüdischen Friedhof wären weiter alles nur Vermutungen gewesen. Das Grab wurde gepflegt und nach Landesbrauch kann die Pflege nicht ohne Geld erfolgen, also musste es Jemanden geben, der für die Grabpflege dieses Jüdischen Grabes bezahlte. Ich schrieb ein 19- seitiges Manuskript, in denen ich die wenigen Vermutungen über den Verbleib des Henschel Film und Theaterkonzerns unterbrachte. husass Foto Henning ScholzBy-nc-sa_color

IMG_3013-300x199Ich gab mein Manuskript in Hamburg in der Fruchtallee bei der Jüdischen Gemeinde ab und bat diese, das Manuskript an die Leute weiterzuleiten, die für die Grabkosten von Hermann Urich Sass aufkamen. Und ich hatte Glück, nach drei Monaten bekam ich Antwort aus Mexiko und aus Brasilien. Dorthin waren die entkommen, deren Väter damals dieser Kino Konzern gehörte. Es stellte sich heraus, ich hatte nicht schlecht vermutet. Die jüdischen Besitzer waren enteignet worden. Einige von ihnen waren der Deutschen Mordmaschine entkommen. Das Thema, so stellte sich heraus, war öffentlich-rechtlich nicht interessant.

Da ich beim Hamburger Filmbüro als Störenfried schon mehrfach aufgefallen war, stellte ich einen Antrag und benutzte dazu nicht meinen Rufnamen, sondern einen der beiden anderen, den mir meine Eltern mangels anderer Schätze vermacht hatten.

Und Otto Meyer hatte Glück, sein Antrag wurde mit 80 TDM gefördert. Zusammen mit dem Kameramann Dietmar Bruns fuhr ich nach Amerika (Nord und Süd) und wir befragten die Zeitzeugen. Sie haben mich gefragt, wie ich vor zwanzig Jahren darauf gekommen bin, nach diesen jüdischen Kinobesitzern zu suchen. Ich weiß es nicht. Aber als ich diese gefunden hatte, die Söhne und Töchter jener Kinobesitzer, da haben diese mir die gleiche Frage gestellt. Allerdings mit einem Zusatz. Wieso hat das so lange gedauert?

Und das ist wirklich die Frage, wieso hat es sechzig Jahre gedauert, dass sich jemand gefragt hat, wo sind die geblieben? Die Mörder von damals laufen ja noch alle frei rum. (Inzwischen nicht mehr, weil viele verstorben sind 2014). Mehrere Generationen hatten teilgenommen. Am Ende hatten sich alle Täter zu Mitläufern erklärt. Wer lange genug Krimis liest, weiß, was das große Problem des Mörders und der Mörderin ist. Das Verstecken der Leiche, insbesondere der Kopf macht Schwierigkeiten. Wir sind immer noch auf der Suche nach dem perfekten Mord und der wird mit den neuen technischen Möglichkeiten immer unmöglicher.

Anders dagegen ist es, wenn sich ganze Völker auf vielfältige Weise an diesem Mord beteiligen. Sich dann die Beute teilen und die Leichen verbrennen. Dann wird die Sache schon viel einfacher für jede/n einzelne/n MörderIn. Dann halten sie alle zusammen. Und wenn es dann noch um Leute geht, die man normalerweise nicht wahr nimmt, weil sie selbst in einem Teil des Unternehmens arbeiten, das man als Kunde nicht wahrnimmt, dann verschwinden diese Menschen fast spurlos. Oder kennen sie den Menschen, der für die Cinemaxxe die Filme aussucht? Oder gar jenen, der vor einigen Jahren noch als Besitzer jener Kinos fungiert hat?

Natürlich nicht. Manchmal begegnet ihnen die Kassiererin, manchmal der Vorführer, aber schon der Buchhalter ist dem Publikum, also uns, nicht bekannt. Eine weitere Tatsache kommt auch aus den Krimis. Verstecken lässt sich etwas am besten, wenn es mit einer anderen Sache, möglichst der gleichen Sache, zusammen liegt. Also Fleisch am besten bei Fleisch und Papier bei Papier verstecken. Diese Erkenntnisse haben eine weite Verbreitung. Wenn man also Papier nicht mehr rechtzeitig vernichten kann, dann versteckt man es besten bei anderem Papier und erfindet Vorschriften, nach denen es nicht gelesen und veröffentlicht werden darf.

Im Falle der jüdischen Mitbürger brauchte man keine Ängste zu haben. Alles gut in Archiven versteckt und erst in 50 Jahren zugänglich. Das wird bei uns Datenschutz genannt, ist aber doch nur Täterschutz. Sehr wirksam. Und natürlich: völlig absichtslos. Die Opfer, die noch lebten, waren froh, dass sie noch lebten und wollten auch nicht daran erinnert werden, wie das damals war, als man ihnen mit dem Tod drohte und die anderen vernichtet worden.

Die Filmindustrie bildet für den Teil, der sich vor der Kamera abbildet, eine kleine Ausnahme. Das Schicksal der Schauspieler war schnell aufgeklärt. Die meisten waren, so sie es konnten, geflohen, einige waren umgebracht worden und man erfuhr von ihrem Leidensweg, aber alle, die hinter der Kamera waren, mit Ausnahme vielleicht des Regisseurs und des Kameramannes waren dem Publikum nicht interessant genug, um nach ihnen zu suchen. In dieser Reihenfolge belegen Kinobesitzer den letzten Platz.

Kurz: Als ich 1987 anfing, nach den Kinobesitzern zu suchen, hatte noch niemand vor mir gesucht und deshalb natürlich auch nichts gefunden. Ich hatte am Anfang schon berichtet, dass ich als Jahrgang 1946 schon daran gewöhnt war, für den fraglichen Zeitraum von 1933 – 1945 angelogen zu werden. Schon als ganz kleiner Junge mit sechs oder sieben Jahren hatte ich den Eindruck, dass etwas ganz Schreckliches in dieser Zeit passiert war.

Dass niemand sagen konnte, wie es passiert war und niemand von denen, die um mich herum waren, war an dem Schrecklichen beteiligt, bis auf meinen Onkel (genannt Onkel Otto, genauer Dr. Otto Averdieck, Rechtsanwalt). Ein überzeugter Nazi. Ich erinnere mich nicht mehr, ob er seiner Sache noch so sicher war. Damals. Aber auf jeden Fall war er der einzige, der die Augen offen hatte, der zugab, dabei gewesen zu sein. Der von Beruf Jurist war. Das war der einzige. Im besten Falle bekam man keine Antworten, wenn man Fragen stellte und wenn man Antworten bekam, dann stellte sich später heraus, dass man angelogen worden war.

Damit bin ich aufgewachsen. Ich habe schon berichtet, dass ich als Kind der Meinung war, die Kommunisten wären Schuld an diesem großen Unglück mit den zwei verlorenen Kriegen und allem was dazu gehört. Ich fand es als Kind deshalb auch richtig, dass die Partei von diesen bösen Menschen verboten war. Erst später kam ich drauf, dass die, die immer so für Ruhe und Ordnung sprechen, die Konservativen, für diese Kriege verantwortlich waren und dass im Gegensatz dazu es grade die Kommunisten waren, die diese Kriege nicht wollten. Das gehört natürlich dazu.

Die KPD ist heute noch verboten, die NPD nicht. Um zu den Kinos zurückzukehren. Ich habe inzwischen eine große Menge an Wissen angehäuft über die Enteignung dieser Kinos, aber es gibt kaum Neugier danach.

Vor einigen Jahren gab es zwei Autoren, die ein sog. “Hamburger Kinobuch” vorbereitet und dann auch veröffentlicht hatten. Bei der Vorbereitung dieses Buches hatte ich beide kennengelernt und ihnen auch sämtliche Fakten, die ich zu jener Zeit wußte, zur Verfügung gestellt.

Sie haben von diesem Wissen keinen Gebrauch gemacht und so ein völlig unhistorisches Kinobuch vorgelegt. Ich hoffe, dass in ihrer Generation so was nicht mehr passiert. Auch natürlich in der Hoffnung, dass Wiederholungen nicht stattfinden werden.

 Ich danke fürs Zuhören.

Vom Original Manuskript übertragen am Montag, d. 2. Juni 2014

Vorgetragen am: 28. Mai 2008 in der Uni Hamburg, aber bisher nicht veröffentlicht  Foto Jens MeyerBy-nc-sa_colornilpferd_tumb04051942IMG_2712Stoperstein

pdfAbschrift-LBB-vom-27-Juli-1938

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PDF FritzKuhnertUFAAuszugausBEricht15Seiten

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Alle Welt tuts – der Leidensweg eines VOBO Kurzfilmes

Tieresehendichan3Schließlich bin ich Beamter Der Leidensweg eines Vobo Kurzfilmes. Wenn der Namensvetter mit 450 Kopien “startet“ (wie die Branche das so nennt), dann ist das schon was.

Pdf Volkszählungsfilm

Abseits dieser Geldmenge vollzog sich in den letzten Monaten ein anderer “Kinogroßversuch“. Mit über 80 Kopien wurde der Anti-Volkszählungsfilm “Alle Welt tuts“ in den Kinos gezeigt. Finanzierung, Produktion und Vertrieb gleicht eher einem Abenteuerroman. Wie immer wenn Linke in diesem -ihrem- Lande daran gehen, etwas herzustellen, dann gibt es diese ständigen Wiederholungen: Erstens ist kein Geld da und zweitens ist es auch zu spät, um etwas aufzutreiben. Übrig bleibt nur die Idee. Diesmal Ideenmacher Thomas Amman und Niels Bolbrinker. Der eine hat grade in einem Fernsehbeitrag gezeigt, wie leicht die Geldautomaten der Hamburger Sparkasse zu überlisten sind. Statt nun dies Wissen, wie jeder vernünftige Mensch, für sich zu behalten und in Zukunft immer über genügend Bargeld zu verfügen, was macht er? Für ein vergleichsweise jämmerliches Honorar einen Magazinbeitrag.

Die Folge: Die Hamburger Sparkasse kündigt das Konto. Beleidigt über so viel Öffentlichkeitsarbeit. Kein Konto, kein Überziehungskredit für den VOBO Kurzfilm. Ohne Geld bekommt man keinen Rohfilm, kein Kopierwerk arbeitet umsonst, keine Kamera kann gemietet werden. Es ist März und die Volkszählung steht vor der Tür. Während viele noch überlegen, ob sie sie reinlassen, sitzen Amman und Bolbrinker am Küchentisch und überlegen, wie das nötige Geld zu beschaffen ist. Am Stichtag – wir erinnern uns – es sollte der 25. Mai (1987) sein – sollen die Kopien in den Kinos laufen. Im nächsten Monat lernen sie eine Menge: Über sog. Rohfilm, “Selbstverwaltete Filmförderung“ über “kommunale“ und “Beamtenkinos“, über Bürokratie und “linke alternativ-Bürokratie“ und auch über den Beifall, mit dem man nicht rechnet.

Der “Hürdenlauf“ der Finanzierung beginnt in Hamburg. Beim “selbstverwalteten“ Hamburger Filmbüro e. V.. Seit der Gründung 1979 hat sich dieses Büro zu einem “sozialdemokratischen Musterprojekt“ entwickelt.

Kein Geschäftsführer, kein Buchhalter, keine Schreibkraft, die nicht mindestens die Fähigkeit von Politikern haben – nämlich Werbung zu machen, ohne etwas von der Sache zu verstehen. Am linken Rand der SPD – aber eben doch SPD. Fraktionszwang. Für spontane Politik ist kein Platz. Reden werden gehalten: In der Zeitung muß es stehen, am besten, wenn noch ein Bild dabei ist. Da geht es nur zuletzt um Film. Da müssen die richtigen Formulare ausgefüllt werden.

Die Einreichfristen müssen eingehalten werden. Da muß die Richtung stimmen. Da werden Politik-Karrieren angefangen. Und wenns nicht in die richtige Richtung geht, da gibt es eine Menge Vorschriften, mit denen unliebsame Projekte und Personen beiseite geschoben werden können. Nein – kein Geld für die VOBO Film. Erstens, der Einreichtermin ist verstrichen. Zweitens, das Gremium hatte bereits einen ähnlichen Film kurz vorher abgelehnt. Wie man es gewohnt ist, zum Schluß wird die Ablehnungsbegründung auch noch solidarisch: Man würde ja privat gerne wollen . . . aber leider.

Der Vorstand – wie bei vielen Vereinen – ähnlich mutig auf die Frage, wie sich denn das Filmbüro e. V. in der Volkszählung selber verhalten wolle. Im Valentin Musäum hängt die Antwort an der Wand: “Mögn täten wir schon wollen, aber dürfen haben wir uns nicht getraut.“ Schließlich kann man nicht vor der Bürgerschaftswahl für die SPD werben und hinterher die Herren in die Pfanne haun. Für Hamburg heißt die Schlußfolgerung: Wer 10 Mille Subvention haben will, muß die hohen Herren der Politik bei Laune halten. Grade machen hat auch seinen Preis. Gratisangst? Vielleicht. Zum Ausprobieren reicht der Mut nicht.

Kein Geld vom Hamburger Filmbüro e. V.. Also eine Antrag an Netzwerk Hamburg. Nur leider geht das Gerücht, die hätten zurzeit überhaupt keine Gelder frei. Zeit ist knapp, also erst mal angefragt, ob das Gerücht stimmt. Dafür sind die “Alternativ-Banker“ wieder zu fein. Sie bestehen auf einem Antrag.

In drei Wochen trifft sich der Vergabeausschuß, der über den Antrag befindet. Netzwerk Berlin hat mehr Geld. Manfred Herold mit Berliner Wohnsitz übernimmt die Verhandlungen. Geld ist da. Zuständig, so befindet der Netzwerkgutachter in Berlin ist zunächst einmal Hamburg. In sechs Wochen tagt der nächste Vergabeausschuß “Netzwerk Berlin“. Die “Berliner Abteilung“ übersendet der “Hamburger Filiale“ einen Fragenkatalog. Der sieht so aus, wie 1980 Fragebögen ausgesehen haben. Wie denn die Produzenten politisch einzuschätzen seien, ob Hamburg das Projekt unterstützen würde, wenn es Geld hätte und ähnlich hypothetische Fragen. Die Volkszählung findet doch auch in Berlin statt? Der Einwand zieht nicht. Konzepte werden verschickt und begutachtet. Hamburg begutachtet und verweist mangels Masse nach Berlin zurück.

Nach 6 Wochen hin und her, findet der “Antragsannehmer“ von Netzwerk Berlin das Konzept sei sehr schlecht und ausserdem sei es ja viel zu spät für den Film. Aber: nach ihm gehe es ja nicht. Inzwischen auch das Ergebnis des Landes NRW in Mühlheim. Auch hier – wie in Hamburg – die formale Begründung. Man würde ja gerne den Film fördern, aber man könne nicht. Die Einreichfristen wären verstrichen. Welche Kinos in Berlin denn diesen Kurzfilm zeigen werden?

Der Verleih in Hamburg war in der Zwischenzeit fleissig. Es gibt zehn: Bali, Filmkunst 66, Filmbühne, Sputnik, Movimento, Eiszeit, Notausgang, Xenon, Graffiti, und Kino im Kob. Die sollen die Leute von Netzwerk anrufen. Machen sie aber leider nicht. Hin und her. Sitzungen, Anhörungen. Dann die erste Finanzhilfe. Ein Verein aus Kreuzberg spendet 1.000,00 DM. Auch Netzwerk Berlin ist inzwischen so weit, es kommen 4.000,00 DM.

Die Produktionssumme ist damit noch nicht zusammen. Aber ein Anfang. Die Bayern Grünen sagen einen Zuschuss zu. Klausel: Alle anderen Landesverbände der Grünen sollen auch bezahlen. Die AL in Berlin wird angefragt. Jemand kennt den Kassenwart dort und winkt ab, zwecklos. Bei der GAL in Hamburg tobt der Wahlkampf. Keine Zeit für den Nebenschauplatz. Doch die “Bürovorsteherin“ setzt sich sehr für das Projekt ein. Einige Bezirke bringen 1.000,00 DM zusammen.

Auf der Suche nach weiteren Geldgebern fällt dem Verleih auch die TAZ ein. Viel Papier wird gegen die Volkszählung bedruckt, warum sollten da nicht 3.000,00 DM für Kinobilder übrig sein? Die Redaktionskonferenz schmettert den üblen Bettelversuch eines “anderen Projektes“ ab. Kein Geld für Bilder.

Die Bundesgrünen sind immer nicht erreichbar. (Bisher hat nur die Bundespost an dem Projekt gut verdient. Die Telefonkosten schnellen in die Höhe.) Schließlich findet sich bei den Bundesgrünen doch eine Ansprechpartnerin. Eine Zusage kommt. Die Kinos sollen die Kopien bezahlen. Ein ungewöhnliches Ansinnen. Normalerweise kriegen sie Geld für die “Werbefilme“, die sie zeigen. Amman und Bolbrinker haben schon mal mit der Herstellung des Kurzfilmes angefangen.

Konntens wieder nicht abwarten. Inzwischen sind 12.000,00 Mark zusammen. Ungefähr die Hälfte des benötigten Geldes. Der Verleih telefoniert mit Kinos (gewerblichen und subventionierten). Erstaunliches kommt da zu Tage. Ungesehen und ohne Papier bezahlt das Kommunale Kino in Hamburg zwei Kopien. Doch auch das andere Extrem: Der Direktor des Deutschen Filmmuseums (wie sich der Leiter des Kommunalen Kinos in Frankfurt gerne nennen läßt) hat eine andere Antwort bereit: “Leider ginge das nicht – weder zeigen, noch bezahlen. Schließlich sei er Beamter im Staatsdienst.“ Ob Beamte denn keine eigene Meinung haben dürfen und ob er den Film nicht mal wenigstens vorher sehen will? “Nein, will er nicht.“

Auch die Beteuerung, dass kein Boykottaufruf im Film enthalten ist, bringt keine Zusage aus Frankfurt. Beamte sind eben Beamte. Auch in Kiel beim Kommunalen Kino gehts ähnlich ab. Man will darüber diskutieren und meldet sich wieder. Der Verleih wartet vergeblich auf den Rückruf. Schließlich meldet sich der Verleih wieder in Kiel. Die zuständige Sachbearbeiterin ist leider in Urlaub gefahren. Eine Ansichtskopie wird geschickt. Innerhalb einer Woche sollen sie diese ansehen und bei Nichtgefallen zurückschicken. Die Woche vergeht. Keine Kopie kommt. Also wird der Film in Kiel gezeigt. Denkste. Der Stichtag ist vorüber (25. Mai 1987), die Kopie kommt zurück. Kleiner Zettel: “Film konnte leider nicht gezeigt werden. Er kam zu spät“.

Mit dem Mut ist das so eine Sache. Offener dann doch die Leute vom Cinema Quadrat in Mannheim. Ihr Büro ist direkt im Rathaus Mannheim (E5). Wenn sie den Kurzfilm zeigen, werden die Zuschüsse gestrichen. Das ist ihnen die Sache nicht wert. Das kann man akzeptieren. Lieber so, als windelweich. Die Kollektive unter den Kinos gibts ja auch noch. Der chronische Geldmangel bestimmt ihre Arbeit. In Freiburg und Stuttgart wird so richtig demokratisch entschieden. Ob man noch mal wieder anrufen kann? Der Programmausschuß tagt am Montag. Mit Freiburg klappts dann noch. Mit Stuttgart nicht.

Inzwischen hat Flebbe aus Hannover 10 Kopien gekauft. Das gibt Auftrieb. Die AG Kino hilft beim Telefonieren. Doch der amtierende Vorsitzende schaltet sich ein. Er möchte keine Bestellscheinaktion. Schließlich die Frage, was ist mit Kino Abaton im gleichen Hause? Das kann nur der Geschäftsführer entscheiden, sagen die Angestellten. Doch der ist nicht zu erreichen. Schließlich, eine Kulturveranstaltung, der Geschäftsführer des Abaton hält eine Rede. Für Filmemacher Bolbrinker ist es die Gelegenheit, den Kurzfilm anzubieten. Er findet den Film gut. Kann aber nicht allein entscheiden, das hätte nun niemand gedacht. Schließlich stimmen auch die anderen zu. Letztlich doch nur eine Formsache.

Alle Kinobesitzer fliegen an die Cote da Sur. Cannes ruft. Auf Frau Gregor vom Arsenal in Berlin hat den Flugschein schon gekauft. Sie verspricht zurück zu rufen. Der Verleih wartet – wie so oft bei den Beamtenkinos – vergeblich. Alf Boldt wäre der richtige, aber der ist noch bei den Kurzfilmtagen in Oberhausen.

Auch die Filmtheaterbetriebe Kloster & Steenwerth (York, OFF, Manhattan u. a.) in Berlin melden sich nicht wieder. Die hängen am Tropf der Filmförderungsanstalt, vermutet die Berliner Kinoszene. Er hängt so direkt am Tropf, dass er denkt, die machen Schwierigkeiten. Kein Georg Kloster. Da kommen dann doch eher die armen Kinos infrage: Sputnik, Movimento, Bali, Steinplatz und richtig, die nehmen auch Kopien. Bayern ist – wie gedacht – ein wenig erfolgreicher Versuch. München ja, zunächst die beiden Freak Kinos – Werkstatt und Maxim – und dann noch ein Kino der AG Kino.

In Regensburg sind wir wider Erwarten mit einer Kopie erfolgreich (Ostentor Kino, Werner Hofbauer). Im Augsburger Stadtkino ist der Bearbeiter gerade in Urlaub. Die Weber Broth. sind nach Cannes abgeflogen. Die anderen Mitarbeiter des Klein Konzerns haben keine Kompetenz für eine Ausgabe, die 100,00 DM überschreitet.

Wir schicken drei Ansichtskopien, mit der Maßgabe, diese bei Nichtgefallen innerhalb einer Woche zurückzusenden. Die Kopien kommen zurück, aber erst am 20. August (1987) mit einem kleinen Zettel der Buchhalterin, Kopien wurden nicht angefordert, nicht gezeigt, werden also auch nicht bezahlt. Was ist mit den Franken los, hat denen der Strauß auch schon den Schneid abgekauft? Ich beginne einen kleinen Streit.

Doch nicht nur Zustimmung, denen vom Roxy Kino in Dortmund ist unser Angriff zu seicht, sie hätten gerne was schärferes. Sie schicken die Kopie wieder zurück, aber innerhalb der besagten Woche. Das geht in Ordnung. Auch beim Arsenal Kino in Tübingen passiert eigenartiges. Die Kino Gruppe begutachtet den Film, will ihn einsetzen, aber der Vorführer hat Angst, also wird er bezahlt, aber nicht gezeigt. Gleichzeitig hat auch Zimmermann (Friedrich Zimmermann, damals Innenminister, heute tot) einen Werbefilm zimmern lassen, der bundesweit gestartet wird.

Viele Kinos weigern sich, diesen in die Werbeblöcke aufzunehmen und schicken ihn an die Agentur zurück. Wenn jetzt unser kommt, dann gibt es unterschiedliche Reaktionen:

1) Die pluralistische (Wir haben nicht für die Volkszählung geworben, also dürfen wir jetzt auch nicht gegen die Volkszählung werben) bzw., beide zu zeigen, wobei sie bei ersten Geld bekommen und beim zweiten Geld bezahlen sollen. (Was sie natürlich meistens nicht einsehen). Hier bricht das vorhandene Manuskript ohne jede Zusammenfassung ab . . .

Vom Original Manuskript übertragen von Tieresehendichan3

Jens Meyer am 15. Mai 2014

Demonstrant in Hamburg
Hachmannplatz

Betrifft: Volkszählung Stichtag 25. Mai 1987