Streits Haus Hamburg

PDF Streits Repplinger

013015016IMG_4013Fotos Jens MeyerBy-nc-sa_color

Schlechte Vorstellung

KINO Bei der Streit’s-Schließung scheinen die Rollen klar: Böser Vermieter kündigt armem Betreiber. Aber die Sache liegt anders

VON ROGER REPPLINGER

In dieser Geschichte geht es um Tradition, um Verpflichtung und um Verteilung. Die Verteilung von Geld und Moral. Für die Verteilung von Letzterem fühlen sich Journalisten verantwortlich, oft, um die weiter ungestörte Verteilung des Geldes, auch an den Verlag, für den sie schreiben, zu gewährleisten. Im Kern geht es um das Kino Streit’s am Jungfernstieg, das im März 2013 schließen wird – zumindest schreibt das das Abendblatt und es ist nicht gesagt, dass das Abendblatt damit richtig liegt.

Kino mit Tradition

Das Kino hat Tradition, das Haus, in dem das Kino sitzt, hat mehr Tradition als das meiste in dieser Stadt. Dass der Jungfernstieg wurde, was er ist, hat mit dem Streit’s und der Familie Streit zu tun. Im Mai 1837 eröffnete Christian Streit „Streit’s Hotel“, und machte es, so würde man heute sagen, zu einer „Topadresse“.

1842, als Hamburg in Flammen aufging, wurde das Haus gesprengt, um zu verhindern, dass sich der Brand weiter ausbreitete. Im Jahr 1843 wurde es wieder aufgebaut. Im Jahr 1925 kauften Bertha und Ludwig Vogt „Streit’s Hotel“. Die Herren Christoph, 78, und Peter Reimers, 44 Jahre alt, Vater und Sohn, heute Geschäftsführer der Streit’s Grundstücksgesellschaft, sind Nachfahren der Familie Vogt.

Mitte der 1950er-Jahre wurde aus dem Hotel ein Bürogebäude, und in den Speisesaal ins Parterre, kam ein Kino, das Streit’s. Eröffnung war im Dezember 1956. Das Streit’s war ein Premierenkino: Hardy Krüger, Romy Schneider, Barbara Streisand, Liza Minelli und Hans Albers waren hier, Clint Eastwood bekam hier 1995 den Douglas-Sirk-Preis des Hamburger Filmfestes. Das Streit’s betrieben internationale Filmverleiher wie J. Arthur Rank und ab 1975 der 20th Century Fox. Der Laden brummte.

Brummen ist endlich. „Wir haben zwei Insolvenzen erlebt“, sagt Peter Reimers. Die erste legte Heinz Riech hin, dessen Ufa ab 1980 auch das Streit’s betrieb. Vom insolventen Riech wanderte das Kino 2002 zur Lübecker Kieft-Gruppe. Die hielten auch nicht lange durch. „Das war dann die zweite Insolvenz“, sagt Peter Reimers, und man hört seiner Stimme an, dass das Kino was anderes ist als die vielen anderen Mieter, die er hat, „und zwar zum Teil seit 30, 40 Jahren – ganz ohne Probleme“.

Im Jahr 2004 stieg die australische Kino-Holding Greater Union Cinemas, zu der auch die Cinestar Germany gehört, bei Kieft & Kieft ein, und übernahm das Streit’s, „unter der Bedingung, dass wir die Miete senken“, sagt Christoph Reimers. Die Greater Union Cinemas gehört einem Konzern namens Amalgamated Holdings Limited (AHL), ein Name wie aus einem Bond-Film. Weil sich die Reimers dem Kino verpflichtet fühlen, senkten sie die Miete.

Das Abendblatt erzählt in seinem Text, dass am Jungfernstieg „Vermieter gewerbliche Mieten von 200 Euro und mehr für den Quadratmeter verlangen“, ohne die Reimers zu nennen, die dann im nächsten Satz als „kaufmännisch denkende Eigentümerfamilie“ vorkommen, deren Entscheidung, den Mietvertrag auslaufen zu lassen, „verständlich und nachvollziehbar“ sei.

Gereizter Tonfall

Der Artikel führt dazu, dass die Reimers mit Journalisten nicht gerne reden, und ihre Stimmen einen gereizten Ton bekommen. „Wir haben dem Kino 60.000 Mark zur Verfügung gestellt“, sagt Peter Reimers, und „wir haben“, sagt Christoph Reimers, „die Miete um 54 Prozent reduziert“. Es gab, so Christoph Reimers, „keine Mieterhöhung in den vergangen Jahren. Seit wann genau, Peter?“ Kurze Pause. „Seit 14 Jahren“, sagt Peter Reimers.

Für rund 100.000 Euro ist im vergangenen Jahr eine digitale 3-D-Anlage eingebaut worden, steht da. Cinestar hatte bei der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein GmbH einen Antrag auf Förderung gestellt, im November 2010 wurden 13.300 Euro bewilligt, aber nie abgerufen, denn es gibt eine „Zweckbindung der geförderten technischen Ausstattung für fünf Jahre“, sagt Helen Peetzen, die Sprecherin der Filmförderung. Und damit wäre nicht gegangen, was das Abendblatt über die Pläne von Cinestar schreibt: „Die moderne Kinotechnik soll jetzt – neben dem Mobiliar – in anderen Cinestar-Filmtheatern Verwendung finden.“ Vielleicht wussten die vorausschauenden Cinestar-Verantwortlichen schon 2010, dass es in fünf Jahren das Streit’s nicht mehr gehen wird.

Verschwindet das Mobiliar, ist es darum nicht schade. Denn Cinestar hat nichts in dasselbe investiert. In den 17 Jahren seit der Übernahme haben andere Kinos vier Mal ihre Bestuhlung gewechselt. Nicht das Streit’s.

Keine Investitionen

Auf der Herrentoilette im Untergeschoss ist mal an der Eingangstür der Griff abgegangen – vom engagierten Personal wurde ein Behelfsgriff angebracht. Und einen schwarzen Fleck, in der Mitte der Leinwand gibt’s seit ein paar Monaten auch. „Das wussten wir nicht“, sagen die Reimers. Über die Investitionen von Cinestar sagt Peter Reimers: „Die haben nur einen Teppich ausgewechselt und die Beschriftung.“

Die Reimers sind mit Cinestar „unzufrieden“, und das heißt, in nicht-hanseatisches Deutsch übersetzt: Sie sind sauer. Nicht zuletzt darauf, wie Cinestar-Geschäftsführer Oliver Fock das Auslaufen des Vertrags kommentierte: „Wir, die Cinestar-Gruppe“, so zitieren ihn die Kollegen des Abendblatts, „sind sehr traurig darüber, dass sich der Vermieter dafür entschieden hat, unseren Mietvertrag nicht zu verlängern.“ So hat das Abendblatt die Rollen verteilt: Die bösen Vermieter, die hohe Mieten erzielen wollen, und die traurigen Kinobetreiber, die sich nicht entmutigen lassen.

Ist nun wirklich im März 2013 Schluss, wie es im Abendblatt steht? Die Reimers widersprechen nicht. Gleichzeitig sagen sie, „dass sie interessante Konzepte verfolgen“ und „interessante Gespräche führen“. Und dass es ihnen um die Konzepte geht, und nicht „um jede Mark“. Cinestar ist nicht der einzige Kinobetreiber, den es gibt: Heinz Lochmann zeigt im Passage-Kino, von dem die Betreiber einer anderen Kino-Kette behauptet hatten, an diesem Standort sei ein Lichtspielhaus nicht rentabel, dass es geht.

28.12.2012 taz Nord Hamburg Aktuell 200 Zeilen, ROGER REPPLINGER S. 24 nur in taz-Teilauflage

IMG_3013

„Was verboten ist, das macht uns grade scharf“ (Biermann)

PDF Was verboten ist das macht uns grade scharf

„Was verboten ist, das macht uns grade scharf“. Leserbrief zu einem Artikel von Klaus Hillenbrand in der Taz vom 29.12.2015 „Ein böses Buch kehrt zurück“milpferd_einauge

betrifft: “Ein böses Buch kehrt zurück”

Text zu einer Buchkritik in der taz von

Klaus Hillenbrand, Dienstag 29.12. 2015

Was verboten ist, das macht uns grade scharf

hat Wolf Biermann der SED gesungen (entnehme ich meiner Schallplatte Philips twen, Neuss West, Biermann Ost, erschienen im September 1965 „Keiner tut gern tun, was er tun darf, was verboten ist, das macht uns grade scharf!“). Die Buchkritik geht in die falsche Richtung. Denn die kommentierte Neuauflage dieses Buches von Adolf Hitler kommt ungefähr vierzig Jahre zu spät. Wäre sie im gleichen Jahr erschienen wie diese Schallplatte, dann hätte die Herausgabe eine Funktion haben können, die über den Reiz des Verbotenen hinausgegangen wäre. „„Was verboten ist, das macht uns grade scharf“ (Biermann)“ weiterlesen

Alle Welt tuts – der Leidensweg eines VOBO Kurzfilmes

Tieresehendichan3Schließlich bin ich Beamter Der Leidensweg eines Vobo Kurzfilmes. Wenn der Namensvetter mit 450 Kopien “startet“ (wie die Branche das so nennt), dann ist das schon was.

Pdf Volkszählungsfilm

Abseits dieser Geldmenge vollzog sich in den letzten Monaten ein anderer “Kinogroßversuch“. Mit über 80 Kopien wurde der Anti-Volkszählungsfilm “Alle Welt tuts“ in den Kinos gezeigt. Finanzierung, Produktion und Vertrieb gleicht eher einem Abenteuerroman. Wie immer wenn Linke in diesem -ihrem- Lande daran gehen, etwas herzustellen, dann gibt es diese ständigen Wiederholungen: Erstens ist kein Geld da und zweitens ist es auch zu spät, um etwas aufzutreiben. Übrig bleibt nur die Idee. Diesmal Ideenmacher Thomas Amman und Niels Bolbrinker. Der eine hat grade in einem Fernsehbeitrag gezeigt, wie leicht die Geldautomaten der Hamburger Sparkasse zu überlisten sind. Statt nun dies Wissen, wie jeder vernünftige Mensch, für sich zu behalten und in Zukunft immer über genügend Bargeld zu verfügen, was macht er? Für ein vergleichsweise jämmerliches Honorar einen Magazinbeitrag.

Die Folge: Die Hamburger Sparkasse kündigt das Konto. Beleidigt über so viel Öffentlichkeitsarbeit. Kein Konto, kein Überziehungskredit für den VOBO Kurzfilm. Ohne Geld bekommt man keinen Rohfilm, kein Kopierwerk arbeitet umsonst, keine Kamera kann gemietet werden. Es ist März und die Volkszählung steht vor der Tür. Während viele noch überlegen, ob sie sie reinlassen, sitzen Amman und Bolbrinker am Küchentisch und überlegen, wie das nötige Geld zu beschaffen ist. Am Stichtag – wir erinnern uns – es sollte der 25. Mai (1987) sein – sollen die Kopien in den Kinos laufen. Im nächsten Monat lernen sie eine Menge: Über sog. Rohfilm, “Selbstverwaltete Filmförderung“ über “kommunale“ und “Beamtenkinos“, über Bürokratie und “linke alternativ-Bürokratie“ und auch über den Beifall, mit dem man nicht rechnet.

Der “Hürdenlauf“ der Finanzierung beginnt in Hamburg. Beim “selbstverwalteten“ Hamburger Filmbüro e. V.. Seit der Gründung 1979 hat sich dieses Büro zu einem “sozialdemokratischen Musterprojekt“ entwickelt.

Kein Geschäftsführer, kein Buchhalter, keine Schreibkraft, die nicht mindestens die Fähigkeit von Politikern haben – nämlich Werbung zu machen, ohne etwas von der Sache zu verstehen. Am linken Rand der SPD – aber eben doch SPD. Fraktionszwang. Für spontane Politik ist kein Platz. Reden werden gehalten: In der Zeitung muß es stehen, am besten, wenn noch ein Bild dabei ist. Da geht es nur zuletzt um Film. Da müssen die richtigen Formulare ausgefüllt werden.

Die Einreichfristen müssen eingehalten werden. Da muß die Richtung stimmen. Da werden Politik-Karrieren angefangen. Und wenns nicht in die richtige Richtung geht, da gibt es eine Menge Vorschriften, mit denen unliebsame Projekte und Personen beiseite geschoben werden können. Nein – kein Geld für die VOBO Film. Erstens, der Einreichtermin ist verstrichen. Zweitens, das Gremium hatte bereits einen ähnlichen Film kurz vorher abgelehnt. Wie man es gewohnt ist, zum Schluß wird die Ablehnungsbegründung auch noch solidarisch: Man würde ja privat gerne wollen . . . aber leider.

Der Vorstand – wie bei vielen Vereinen – ähnlich mutig auf die Frage, wie sich denn das Filmbüro e. V. in der Volkszählung selber verhalten wolle. Im Valentin Musäum hängt die Antwort an der Wand: “Mögn täten wir schon wollen, aber dürfen haben wir uns nicht getraut.“ Schließlich kann man nicht vor der Bürgerschaftswahl für die SPD werben und hinterher die Herren in die Pfanne haun. Für Hamburg heißt die Schlußfolgerung: Wer 10 Mille Subvention haben will, muß die hohen Herren der Politik bei Laune halten. Grade machen hat auch seinen Preis. Gratisangst? Vielleicht. Zum Ausprobieren reicht der Mut nicht.

Kein Geld vom Hamburger Filmbüro e. V.. Also eine Antrag an Netzwerk Hamburg. Nur leider geht das Gerücht, die hätten zurzeit überhaupt keine Gelder frei. Zeit ist knapp, also erst mal angefragt, ob das Gerücht stimmt. Dafür sind die “Alternativ-Banker“ wieder zu fein. Sie bestehen auf einem Antrag.

In drei Wochen trifft sich der Vergabeausschuß, der über den Antrag befindet. Netzwerk Berlin hat mehr Geld. Manfred Herold mit Berliner Wohnsitz übernimmt die Verhandlungen. Geld ist da. Zuständig, so befindet der Netzwerkgutachter in Berlin ist zunächst einmal Hamburg. In sechs Wochen tagt der nächste Vergabeausschuß “Netzwerk Berlin“. Die “Berliner Abteilung“ übersendet der “Hamburger Filiale“ einen Fragenkatalog. Der sieht so aus, wie 1980 Fragebögen ausgesehen haben. Wie denn die Produzenten politisch einzuschätzen seien, ob Hamburg das Projekt unterstützen würde, wenn es Geld hätte und ähnlich hypothetische Fragen. Die Volkszählung findet doch auch in Berlin statt? Der Einwand zieht nicht. Konzepte werden verschickt und begutachtet. Hamburg begutachtet und verweist mangels Masse nach Berlin zurück.

Nach 6 Wochen hin und her, findet der “Antragsannehmer“ von Netzwerk Berlin das Konzept sei sehr schlecht und ausserdem sei es ja viel zu spät für den Film. Aber: nach ihm gehe es ja nicht. Inzwischen auch das Ergebnis des Landes NRW in Mühlheim. Auch hier – wie in Hamburg – die formale Begründung. Man würde ja gerne den Film fördern, aber man könne nicht. Die Einreichfristen wären verstrichen. Welche Kinos in Berlin denn diesen Kurzfilm zeigen werden?

Der Verleih in Hamburg war in der Zwischenzeit fleissig. Es gibt zehn: Bali, Filmkunst 66, Filmbühne, Sputnik, Movimento, Eiszeit, Notausgang, Xenon, Graffiti, und Kino im Kob. Die sollen die Leute von Netzwerk anrufen. Machen sie aber leider nicht. Hin und her. Sitzungen, Anhörungen. Dann die erste Finanzhilfe. Ein Verein aus Kreuzberg spendet 1.000,00 DM. Auch Netzwerk Berlin ist inzwischen so weit, es kommen 4.000,00 DM.

Die Produktionssumme ist damit noch nicht zusammen. Aber ein Anfang. Die Bayern Grünen sagen einen Zuschuss zu. Klausel: Alle anderen Landesverbände der Grünen sollen auch bezahlen. Die AL in Berlin wird angefragt. Jemand kennt den Kassenwart dort und winkt ab, zwecklos. Bei der GAL in Hamburg tobt der Wahlkampf. Keine Zeit für den Nebenschauplatz. Doch die “Bürovorsteherin“ setzt sich sehr für das Projekt ein. Einige Bezirke bringen 1.000,00 DM zusammen.

Auf der Suche nach weiteren Geldgebern fällt dem Verleih auch die TAZ ein. Viel Papier wird gegen die Volkszählung bedruckt, warum sollten da nicht 3.000,00 DM für Kinobilder übrig sein? Die Redaktionskonferenz schmettert den üblen Bettelversuch eines “anderen Projektes“ ab. Kein Geld für Bilder.

Die Bundesgrünen sind immer nicht erreichbar. (Bisher hat nur die Bundespost an dem Projekt gut verdient. Die Telefonkosten schnellen in die Höhe.) Schließlich findet sich bei den Bundesgrünen doch eine Ansprechpartnerin. Eine Zusage kommt. Die Kinos sollen die Kopien bezahlen. Ein ungewöhnliches Ansinnen. Normalerweise kriegen sie Geld für die “Werbefilme“, die sie zeigen. Amman und Bolbrinker haben schon mal mit der Herstellung des Kurzfilmes angefangen.

Konntens wieder nicht abwarten. Inzwischen sind 12.000,00 Mark zusammen. Ungefähr die Hälfte des benötigten Geldes. Der Verleih telefoniert mit Kinos (gewerblichen und subventionierten). Erstaunliches kommt da zu Tage. Ungesehen und ohne Papier bezahlt das Kommunale Kino in Hamburg zwei Kopien. Doch auch das andere Extrem: Der Direktor des Deutschen Filmmuseums (wie sich der Leiter des Kommunalen Kinos in Frankfurt gerne nennen läßt) hat eine andere Antwort bereit: “Leider ginge das nicht – weder zeigen, noch bezahlen. Schließlich sei er Beamter im Staatsdienst.“ Ob Beamte denn keine eigene Meinung haben dürfen und ob er den Film nicht mal wenigstens vorher sehen will? “Nein, will er nicht.“

Auch die Beteuerung, dass kein Boykottaufruf im Film enthalten ist, bringt keine Zusage aus Frankfurt. Beamte sind eben Beamte. Auch in Kiel beim Kommunalen Kino gehts ähnlich ab. Man will darüber diskutieren und meldet sich wieder. Der Verleih wartet vergeblich auf den Rückruf. Schließlich meldet sich der Verleih wieder in Kiel. Die zuständige Sachbearbeiterin ist leider in Urlaub gefahren. Eine Ansichtskopie wird geschickt. Innerhalb einer Woche sollen sie diese ansehen und bei Nichtgefallen zurückschicken. Die Woche vergeht. Keine Kopie kommt. Also wird der Film in Kiel gezeigt. Denkste. Der Stichtag ist vorüber (25. Mai 1987), die Kopie kommt zurück. Kleiner Zettel: “Film konnte leider nicht gezeigt werden. Er kam zu spät“.

Mit dem Mut ist das so eine Sache. Offener dann doch die Leute vom Cinema Quadrat in Mannheim. Ihr Büro ist direkt im Rathaus Mannheim (E5). Wenn sie den Kurzfilm zeigen, werden die Zuschüsse gestrichen. Das ist ihnen die Sache nicht wert. Das kann man akzeptieren. Lieber so, als windelweich. Die Kollektive unter den Kinos gibts ja auch noch. Der chronische Geldmangel bestimmt ihre Arbeit. In Freiburg und Stuttgart wird so richtig demokratisch entschieden. Ob man noch mal wieder anrufen kann? Der Programmausschuß tagt am Montag. Mit Freiburg klappts dann noch. Mit Stuttgart nicht.

Inzwischen hat Flebbe aus Hannover 10 Kopien gekauft. Das gibt Auftrieb. Die AG Kino hilft beim Telefonieren. Doch der amtierende Vorsitzende schaltet sich ein. Er möchte keine Bestellscheinaktion. Schließlich die Frage, was ist mit Kino Abaton im gleichen Hause? Das kann nur der Geschäftsführer entscheiden, sagen die Angestellten. Doch der ist nicht zu erreichen. Schließlich, eine Kulturveranstaltung, der Geschäftsführer des Abaton hält eine Rede. Für Filmemacher Bolbrinker ist es die Gelegenheit, den Kurzfilm anzubieten. Er findet den Film gut. Kann aber nicht allein entscheiden, das hätte nun niemand gedacht. Schließlich stimmen auch die anderen zu. Letztlich doch nur eine Formsache.

Alle Kinobesitzer fliegen an die Cote da Sur. Cannes ruft. Auf Frau Gregor vom Arsenal in Berlin hat den Flugschein schon gekauft. Sie verspricht zurück zu rufen. Der Verleih wartet – wie so oft bei den Beamtenkinos – vergeblich. Alf Boldt wäre der richtige, aber der ist noch bei den Kurzfilmtagen in Oberhausen.

Auch die Filmtheaterbetriebe Kloster & Steenwerth (York, OFF, Manhattan u. a.) in Berlin melden sich nicht wieder. Die hängen am Tropf der Filmförderungsanstalt, vermutet die Berliner Kinoszene. Er hängt so direkt am Tropf, dass er denkt, die machen Schwierigkeiten. Kein Georg Kloster. Da kommen dann doch eher die armen Kinos infrage: Sputnik, Movimento, Bali, Steinplatz und richtig, die nehmen auch Kopien. Bayern ist – wie gedacht – ein wenig erfolgreicher Versuch. München ja, zunächst die beiden Freak Kinos – Werkstatt und Maxim – und dann noch ein Kino der AG Kino.

In Regensburg sind wir wider Erwarten mit einer Kopie erfolgreich (Ostentor Kino, Werner Hofbauer). Im Augsburger Stadtkino ist der Bearbeiter gerade in Urlaub. Die Weber Broth. sind nach Cannes abgeflogen. Die anderen Mitarbeiter des Klein Konzerns haben keine Kompetenz für eine Ausgabe, die 100,00 DM überschreitet.

Wir schicken drei Ansichtskopien, mit der Maßgabe, diese bei Nichtgefallen innerhalb einer Woche zurückzusenden. Die Kopien kommen zurück, aber erst am 20. August (1987) mit einem kleinen Zettel der Buchhalterin, Kopien wurden nicht angefordert, nicht gezeigt, werden also auch nicht bezahlt. Was ist mit den Franken los, hat denen der Strauß auch schon den Schneid abgekauft? Ich beginne einen kleinen Streit.

Doch nicht nur Zustimmung, denen vom Roxy Kino in Dortmund ist unser Angriff zu seicht, sie hätten gerne was schärferes. Sie schicken die Kopie wieder zurück, aber innerhalb der besagten Woche. Das geht in Ordnung. Auch beim Arsenal Kino in Tübingen passiert eigenartiges. Die Kino Gruppe begutachtet den Film, will ihn einsetzen, aber der Vorführer hat Angst, also wird er bezahlt, aber nicht gezeigt. Gleichzeitig hat auch Zimmermann (Friedrich Zimmermann, damals Innenminister, heute tot) einen Werbefilm zimmern lassen, der bundesweit gestartet wird.

Viele Kinos weigern sich, diesen in die Werbeblöcke aufzunehmen und schicken ihn an die Agentur zurück. Wenn jetzt unser kommt, dann gibt es unterschiedliche Reaktionen:

1) Die pluralistische (Wir haben nicht für die Volkszählung geworben, also dürfen wir jetzt auch nicht gegen die Volkszählung werben) bzw., beide zu zeigen, wobei sie bei ersten Geld bekommen und beim zweiten Geld bezahlen sollen. (Was sie natürlich meistens nicht einsehen). Hier bricht das vorhandene Manuskript ohne jede Zusammenfassung ab . . .

Vom Original Manuskript übertragen von Tieresehendichan3

Jens Meyer am 15. Mai 2014

Demonstrant in Hamburg
Hachmannplatz

Betrifft: Volkszählung Stichtag 25. Mai 1987