Hallo Wiebeke, natürlich weiss ich von der Klassenjustiz. Aber ein solches Erlebnis derselben hatte ich schon lange nicht mehr. Die Schriftsätze des Anwaltsbüros des Staates, gegen den ich Klage eingereicht hatte, machten vor allem eins deutlich: Nach vielen Seiten Blödsinn folgt eine Seite voller Wahrheit. Auf der letzten Seite jedes ihrer Schriftstücke, das mir vom Gericht übermittelt wurde, waren die Namen jener Personen genannt, die sich mit diesen Verfahren eine goldene Nase verdienen. Ich werde diese Seite als PDF in meinen Brief an Dich einfügen.
Aber nun zu dem Erlebnis vom 16. Mai 2023 Aktenzeichen 16 K 5062/21 vor dem Verwaltungsgericht Hamburg. Um das Ergebnis kurz vorweg zu nehmen:
Wir haben verloren.
Und damit meine ich nicht nur mich, sondern auch alle anderen Kleinunternehmer, die der Ankündigung von Peter Altmaier (CDU) und Olaf Scholz (SPD) im täglichen Fernsehen gefolgt waren und auf ihre Ansagen vertraut haben: Schnell und und unbürokratisch sollte die Hilfe bei all Jenen ankommen, denen die Ausübung ihres Gewerbes staatlicherseits untersagt wurde.
Spielplätze, Kitas, Kinos und Hotels wurden geschlossen und mit der Schließung der Kinos und Hotels, war ich von meinen Einnahmequellen abgeschnitten. Du weißt warum.
Seit dem Zeitpunkt als das Geld geflossen war, beschäftigte ich mich nun mit der Herstellung von Papieren, gefühlte hundert Seiten, um die IFB – die Hamburgische Investitions- undFörderbank davon zu überzeugen, daß ich durch die staatliche Schließung der Kinos und der Hotels in Hamburg keine Einnahmen aus meiner Gewerbetätigkeit mehr hatte.
Die Fragen dieser Bank, die ja im Auftrag des Hamburger Senates handelt, gehen ins Unendliche. Was sie alles wissen wollen, wovon damals niemals die Rede war. Es fehlte eigentlich nur noch die Forderung der IFB, das man ihr beweisen müsse, das es überhaupt eine Pandemie gegeben habe.
Dabei ist es bei mir leider ganz einfach. Meine Altersrente beträgt monatlich 720,00 €. Davon kann ich grade meine Miete bezahlen und habe noch Geld für Strom, Wasser und Telefon übrig. Schon seit dreissig Jahren, mit einem Jahr Unterbrechung, habe ich deswegen ein Gewerbe angemeldet und ausgeübt.
Meine Einnahmen aus meinem Gewerbe betrugen monatlich 1.666,00 € inklusive der Mehrwertsteuer, macht zusammen 2.386,00 €. Das war vor der Pandemie. Alles sauber belegt.
Sogar die 40,00 €, die von der Altersrente für Krankenversicherung abgezogen werden. Apropos Altersrente. Wenn ich das Unwort höre, werde ich wütend. Mit meinem Alter hat das nichts zu tun. Ich nenne es Rentenbetrug. Bei Gelegenheit schicke ich Dir mal meine Tabelle mit der Aufstellung, wieviel Geld ich seit 1963 in die Rentenkasse eingezahlt habe.
Ich war selbst überrascht. Hätte ich das Geld auf ein Sparbuch mit 3 % Zinsen und nicht in die Rentenversicherung eingezahlt, dann hätte ich heute keine Geldsorgen. Aber Du hast Recht, das gehört hier nicht her. Und dennoch, bei Gelegenheit schicke ich Dir mal meine Aufstellung. Fein säuberlich seit 1963 ausgerechnet. Natürlich mit beiden Einzahlungen (AG + AN). Abzug vom Lohn und Arbeitgeberanteil. Und davon durchschnittlich 18 % an die Rentenversicherung »abgeführt«.
Zurück zu den Einnahmeausfällen, die ja nicht durch die Pandemie entstanden sind, sondern durch die Verbote des Staates, die mich daran gehindert haben, meiner gewerblichen Tätigkeit weiter nachzugehen.
Also stellte ich einen Antrag für die Einnahmeausfälle, die in den nächsten drei Monaten zu erwarten seien: Eine einfache Rechnung. 1.666,00 € pro Monat x 3 Monate = 4.998,00 €. Im Ergebnis ein Antrag über 5.000,00 €. Und schwupps wurden 7.000,00 € bewilligt. 4.500,00 und 2.500,00 € von Hamburg und vom Bund.
Unbürokratisch und schnell. Ich war tatsächlich überrascht. Das gab es noch nie. Und richtig. Die Schließung der Kinos und der Hotels dauerte tatsächlich sechs Monate, wie die Verantwortlichen von Bund und Land offenbar geahnt hatten. 1.666,00 € x 6 Monate macht 9.996,00 €. Das fehlende Geld von 2.996,00 € wurde teilweise aus Hamburger Steuergeldern ausgeglichen: 2.000,00 € kamen durch eine sog. »Neustarthilfe« auf mein Konto. Der fehlende Rest von 1.000,00 € kam von meinem Sparbuch für Notfälle. Jetzt darf kein Notfall mehr kommen. »Emptibox« hätte meine Mutter gesagt.
Meine Aufstellung, gefertigt für die IFBSenatsbank, ist sehr einfach. Von der Rente von 720,00 € zieht die Rentenkasse 40,00 € für Krankenversicherung ab, bleiben 680,00 € über. Von den Einnahmen aus dem Kino und dem Hotel werden 19 % Mehrwertsteuer abgezogen und ans Finanzamt überwiesen. Übrig bleiben 1.400,00 € aus Gewerbebetrieb.
Eine einfache Rechnung, die eigentlich jeder verstehen müsste, der mindestens die Hauptschule geschafft hat. Nicht jedoch die Hamburger Staatsbank IFB ― Hamburgische Investitions- und Förderbank — am Besenbinderhof 31.
Übrigens auch die Bank, die alle drei Jahre im Auftrag der Stadt Hamburg überprüft, ob mein Einkommen für das Bewohnen einer Sozialbauwohnung — Paragraf 5 Schein Wohnung ― nicht vielleicht doch zu hoch ist.
Im Verwaltungsrat dieser staatlichen Bank sitzt, bzw. saß Frau Senatorin Dr. Dorothee Stapelfeld (SPD) als Vorsitzende. Als sie noch nicht im Ruhestand war, habe ich ihr über die rüden Methoden dieser IFB Bank einen Brief geschrieben, dem sogar ein Antwortschreiben ihres Referenten folgte.
Sogar eine Art »Bewilligungsbescheid« folgte der Überweisung von 7.000,00 €, der, wie ich später feststellen mußte, das Papier nicht wert ist, auf dem es gedruckt ist. Und vor allem: weder von mir, noch von der Gegenseite unterschrieben wurde. Das wird einen Grund haben, wie ich damals schon vermutet hatte.
Der Richter des Verwaltungsgerichtes war im Termin ein freundlicher Mann. Er hatte sich alle Unterlagen, gefühlte hundert Seiten, zu denen ich aufgefordert worden war, genauestens angesehen und am Beginn der Verhandlung eine Art Zusammenfassung vorgetragen, wie sich die Ereignisse aus seiner Sicht zugetragen hatten. Zugeschaltet auf einer Videowand, die beiden Herren aus Köln, die sich hier, natürlich nur für ihre Firma ― Deloitte Legal GmbH ― die goldenen Nasen verdienen.
Dem Richter der Kammer 16 des Verwaltungsgerichtes, so stellte ich bald fest, hatte vor allem mein Einkommensteuerbescheid der Finanzverwaltung von 2019 nicht gefallen. Ich war davon ausgegangen, das ein Beamter in der Justizbehörde, die Sprache eines Beamten aus der Finanzbehörde ohne Weiteres versteht, was, wie ich in dem Termin feststellen mußte, aber leider nicht der Fall war.
Das hat vor allem mit der ersten Seite meines Einkommensteuerbescheides des Finanzamtes für 2019 vom 23.11. 2020 zu tun, auf dem sich die leicht mißverständliche Formulierung des Finanzamtes Hamburg Mitte befindet:»Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer«.
Es handelt sich bei dieser genannten Zahl jedoch nicht um die Einkünfte, wie dieser Begriff suggeriert, sondern vielmehr um den verbleibenden Gewinn des Unternehmens.
Das ergibt sich aus dem Formblatt des Finanzamtes (Anlage G – Einkünfte aus Gewerbebetrieb), das eindeutig darauf hinweist, das in dieses Formblatt die erzielten Gewinne des Unternehmens eingetragen werden sollen. Oder aber, mit einem vorgesetzten Minuszeichen, die Verluste des Unternehmens. Im Einkommensteuerbescheid 2019 wurden nun 1.129,00 € mißverständlich als Einkünfte aus Gewerbebetriebausgewiesen. Und dort findet sich auch die Vermutung des Richters, daß hier der ganz große Beschiss stattfände. Wie es denn möglich sei, dass aus Umsatzerlösen von 24.219,50 € die genannte Summe von 1.129,00 € im Einkommensteuerbescheid werden könne?
Meiner Beteuerung, es handle sich bei der im Bescheid genannten Summe nicht um die Einkünfte aus Gewerbetrieb, sondern um den Reingewinn, der übrig geblieben sei, weil eine Spende des Vorjahres noch abzuziehen war, die im Vorjahr nicht abgezogen werden konnte, konnte er keinen Glauben schenken. Nach der sog. 20 % Regelung werden die Spenden, die im Vorjahr (2018) nicht geltend gemacht werden konnten im Folgejahr (2019) vom Gewinn abgezogen. So wurde aus einen Reingewinn von 3.280,00 € im Jahr 2019 der Reingewinn von 1.129,00 €.
Obwohl sich die genannten Zahlen beide auf der ersten Seite des Einkommensteuerbescheides 2019 befinden, konnte dies den Richter nicht überzeugen. Auf die Idee, daß ein beamteter Richter am Verwaltungsgericht einen Einkommensteuerbescheid nicht lesen kann, den ein Beamter der Finanzbehörde erstellt hatte, war ich vor Prozessbeginn leider nicht gekommen. Und konnte deshalb das ausgefüllte Formblatt (Anlage G) nicht erneut im Termin vorlegen, das diesen Umstand nochmals erklärt hätte. (Überschrift im Formblatt: Gewinn als Einzelunternehmer). Die »Goldenen Nasen aus Köln« wussten vermutlich ganz genau, was sie tun und lassen müssen, um dem ausgeplünderten Staat die erschwindelten Beihilfen zurück zu holen und natürlich auch damit sie selber keinen »Liquiditätsengpass« erleiden. »Liquiditätsengpass« ist ein Lieblingswort der Firma »Deloitte Legal GmbH«aus Köln.
Dazu kann ich nur anmerken: Einen solchen Flüssigkeitkeitsengpass kann es ja nur geben, wenn Flüssigkeit vorhanden ist. Wenn aber sechs Monate lang keine Flüssigkeit vorhanden ist, kann es auch zu keinem Engpass derselben kommen. Nur Unternehmen, die über die entsprechende Rücklagen verfügen, können eine Zeit überbrücken, in denen sie keine Einnahmen haben.
Ein Kleinunternehmer, der als Rentner sich nebenbei noch was dazu verdient, so wie ich, hat natürlich keinerlei Rücklagen in dieser Höhe mit deren Hilfe er solche Einnahmeausfälle überbrücken könnte. So stehe ich vor einer ganz anderen Situation und mit mir natürlich alle anderen Kleinunternehmer.
Werden die Kinos und Hotels staatlicherseits geschlossen, kann ich keine Programmtexte für das Kino schreiben und verkaufen und keine Kontierungen vornehmen und verkaufen, weil beide Betriebe gezwungen wurden, ihre Geschäfte zu schließen.
Das wissen die Leute der IFB und die »Goldenen Nasen aus Köln« natürlich ganz genau und behaupten dennoch das Gegenteil. Und sie kommen damit durch, wie ich am Dienstag Gelegenheit hatte zu erleben.
Wiebeke, ich kann Dir nur raten, hüte Dich vor Menschen mit Doppelnamen. Da ist immer irgend was faul. Und wenn es nur die Tatsache ist, daß diese Doppelnamenmenschen lieber der IFB und ihren »Goldenen Nasen« glauben, die gebetsmühlenartig, in jeden der von ihnen verfassten Schriftsätze ihre falschen Behauptungen wiederholen:Man habe vor der Pandemie keine 20 Stunden pro Woche gearbeitet und die Rente von 720,00 € sei höher als die 1.400,00 €, die aus dem Gewerbebetrieb erzielt wurden. Für diese Art Rechnung bedarf es sicher keines Studiums von zehn Semestern Jura sollte man meinen. Doch hier scheint jener Satz zur Geltung zu gelangen, daß eine falsche Behauptung durch ständige Wiederholung Glaubwürdigkeit erlangt.
Im Verlauf dieser Auseinandersetzung habe ich erlebt, auf welche Weise die IFB ― Hamburgische Investitions- und Förderbank ― eine Anstalt des öffentlichen Rechts vorgeht:
1) Die IFB, die städtische Bank teilte mit, ein Widerspruch, der abgewiesen wird, kostet 50 € in Worten: fünfzig Euro. 2) Ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht dauert lange. 3) Die IFB kann sich das Geld, ohne langen Prozesse, schnell vom Deinem Konto zurückholen. Es bedarf nicht mal eines Mahnbescheides. Oder eines Gerichtsurteiles. Natürlich nur, wenn eine Deckung auf dem Konto vorhanden ist. Und damit ist die Welt dann wieder in Ordnung. Das hast Du sicher nicht gedacht, oder? Und jetzt kommst Du. Ich hoffe, daß Du mehr Erfolg hast und denk immer an die Elektrolüte aus dem Film »Herr Lehmann und die Goldenen Kölner Nasen«, J.
Ist mir aus meiner fernen Sicht nicht aufgefallen. Nun ist es wohl weg, das Druck- und Verlagshaus des A. Caesar Springer. Meine Erinnerungen sind vielfältig: Mein Großvater, August Holler, arbeitete dort zuletzt als Briefkastenonkel und Archivar, und ich konnte ihn dort besuchen und eine kostenlose Zeitung mitnehmen: Hamburger Echo, Hamburger Abendblatt mit der bunten Seite. Der Opa arbeitete ursprünglich für das Hamburger Fremdenblatt, Broschek-Verlag, mehr als 50 Jahre. Er redigierte Bücher, las Korrektur, war das „Hamburg-Gedächtnis“ des Verlags, und er schrieb Bücher, u.a. Die alten Hamburger Friedhöfe. Nach dem Krieg war es schwer für die Hamburger Zeitungen. Springer drängte auf den Markt, Geld war kaum da, der Anzeigenmarkt umkämpft. Der alte Broschek mogelte bei der Zahl der Auflage, um höhere Anzeigenerlöse zu gewinnen. Springer merkte das und drohte Broschek mit Prozess und Skandal, wenn er, Broschek, ihm nicht das Fremdenblatt verkaufte. Broschek stimmte notgedrungen zu.
Das Fremdenblatt wurde daraufhin eingestellt und blieb nur als Erinnerungszeile unter dem Titel des Abendblattes erhalten. Springer entledigte sich der meisten Angestellten und schickte sie zur Arbeitslosenversicherung, So wollte er auch mit meinem Opa verfahren. Pikantes Detail: Das Fremdenblatt hatte einen Pensionsfonds, der höher war als der Kaufpreis des Fremdenblattes. Den hatten sich die Arbeiter und Angestellten bei Broschek verdient und dafür eingezahlt. Springer strich diesen Pensionsfonds (ca. 2 Mio. Mark) lautlos ein und war daraufhin in der Lage, sein schmutziges Zeitungsimperium aufzubauen.
Mein Großvater klagte als Einziger gegen die Einziehung des Pensionsfonds, auf die Weiterbeschäftigung und seine rechtmäßige Rente aus dem Fonds und er bekam in allen Punkten Recht. Leider hat es die Justiz damals versäumt williger Weise, Springer für diesen Großdiebstahl haftbar zu machen und zu bestrafen. Es wäre der Hamburger Zeitungslandschaft und den Lesern und Leserinnen vieles Schlechte erspart geblieben. Pidder Holler 15. September 2021
Fragen an Wolfgang Abendroth zum Deutschland von 1929 – 1932 Abschrift /Auszüge aus den Seiten 116 – 140
Wie wurde der Faschismus innerhalb der SPD beurteilt? (Seite 116)
Innerhalb der SPD gibt es keine einheitliche Analyse; auch nicht in der Führungsspitze: Sie beschränkt sich auf verbale Randbemerkungen und verzichtet auf den Kampf gegen Zerfall des bürgerlichen Rechtsstaates aus Angst vor dem totalen Faschismus. Die SPD übersieht dabei, daß sie, indem sie durch immer neue Kapitulationen auf die aktive Vertretung der Arbeiterinteressen verzichtet, die Randschichten der abhängigen Arbeiter, also einerseits junge Erwerbslose, die noch kein Klassenbewußtsein haben, andrerseits Angestellte, in eine Verzweiflungssituation hineinstößt, in der diese Schichten durch die faschistische Massenbewegung manipulierbar und ihr zugetrieben werden. Die SPD redet zwar immer wieder gegen den Faschismus und gegen diese Massenbewegung, aber sie bildet kein Gegengewicht, da sie in der Praxis auf die energische Verteidigung der Arbeiterinteressen und der demokratischen Verfassungsnormen verzichtet. Im Gegenteil, sie kopiert die Totalitarismustheorien – sie werden damals noch nicht so bezeichnet, sind dem Inhalt nach aber mit denen der Gegenwart identisch. Die SPD behauptet nämlich, daß Kommunismus gleichbedeutend sei mit Faschismus, daß auch der Kommunismus eine Diktatur gegen die Arbeiter sei und daß die Arbeiter sowohl gegen den Faschismus wie auch gegen den Kommunismus kämpfen müßten. Dies ist der rechtssozialdemokratische Standpunkt, der Standpunkt des Parteivorstandes und die Position der preußischen und hessischen Staatsregierung. In beiden Ländern sind ja die Sozialdemokraten immer noch an der Regierung, in Preußen bis zum 20. Juli 1932, in Hessen bis zum bitteren Ende. (Seite 117 )
Wurde
die Totalitarismustheorie auch in der linken SPD vertreten? (Seite
117)
Auf dem linken Flügel der SPD artikulieren sich sehr verschiedene Positionen, ohne daß es zu einer einheitlichen Theorie kommt. Das reicht von dem linkssozialdemokratischen Theoretiker Arkadij Gurland bis zu Ernst Eckstein (141) usw. Anhand der Zeitschrift Klassenkampf kann man die verschiedenen Auffassungen genau verfolgen. Eine Strategie oder eine Konzeption wird nicht entwickelt, weil die klassenpolitische Grundlage des Faschismus nicht analysiert wird. Gelegentlich wird die Politik der UdSSR unterstützt; trotzdem wagt es keiner, sich von der antibolschewistischen, wir würden heute sagen: Totalitarismus-Konzeption der rechten Sozialdemokratie zu distanzieren. Das bedeutet – trotz aller Einheitsfront-Forderungen-, daß man darauf verzichtet, eine (Seite 117) gemeinsame strategische Position mit den Kommunisten zu finden und sich ihnen als möglicher ernstlicher Bündnispartener anzubieten, so daß deren Sozialfaschismus-Theoreme überzeugend hätten überwunden werden können. So widerlegt sich der linkssozialdemokratische Standpunkt, soweit es ihn als eigenständige Theorie überhaupt gibt, in der Praxis selbst. Im Gegensatz zur KPD und zur SPD orientiert sich die KPO an einer sehr realistischen Analyse des Faschismus, die vor allem von August Thalheimer entwickelt worden ist“ . . . (Seite 118)
(Seite
120)
“In der Analyse Thalheimers, das will ich nochmals hervorheben, ist das Problem der faschistischen Massenbewegung jedenfalls richtig entwickelt. Wir haben solche faschistischen Massenbewegungen im Jahre 1923 in der Inflationskrise, als die verschiedenen völkischen Gruppen zur Massenbewegung werden, und auch ab 1929 in der großen Weltwirtschaftskrise, als die NSDAP aufzusteigen beginnt. Die Faschismus-Analyse Thalheimers ermöglicht es auch, die richtigen politischen Konsequenzen zu ziehen in der Weise, daß gegen eine solche Massenbewegung nur das machtvolle und geschlossene Auftreten der Arbeiterklasse helfen kann, so daß diejenigen Teile der abhängig Arbeitenden, die in ihrer Verzweiflung dazu neigen, zu den Faschisten überzugehen, politisch an die Arbeiterklasse gebunden werden und die Arbeiterklasse sich zu einer wirkungsvollen Alternative gegen die monopolkapitalistische Herrschaft entwickelt. Dies erkannt zu haben, ist das Verdienst Thalheimers und später auch Trotzkis. Die Richtigkeit von Thalheimers Analyse zeigt sich in Frankreich im Jahre 1934, in Spanien ab 1934/36, denn dort werden die faschistischen Massenbewegungen durch die Arbeiterklasse , die einheitlich auftritt, zunächst zurückgeworfen“ . . . (Seite 121)
(Seite
122 Mitte)
“Die Brüning-Diktatur ist zwar keine faschistische, sondern eine obrigkeitsstaatliche Diktatur zugunsten des Großkapitals und die SPD ist ganz gewiß nicht sozialfaschistisch, also ganz gewiß nicht der Hauptgegner der Arbeiterklasse. Die Sozialfaschismus-Theorie ist also in jeder Beziehung Unsinn. Sie verhindert, daß die wichtigste Vorbedingung der Einheitsfront erfüllt wird: Druck der Mitglieder und der Funktionäre auf die sozialdemo-kratische Parteiführung und Führung der Gewerkschaften. Aber man muß dabei bedenken, daß diese Theorie dem äußeren Anschein nach dauernd bestätigt wird. Die Sozialdemokratische Partei führt den Wahlkampf 1930 noch mit Parolen wie »Verteidigt die Verfassung gegen die ständige Aushölung der Verfassung durch Brüning; verteidigt den Lebenstandard der Arbeiterklasse gegen die ständige Reduzierung des Lebensstanddards mittels Notverordnungen«. Und diese gleiche Sozialdemokratie stimmt unmittelbar nach der Einberufung (Seite 123) des Reichstages für die Notverordnungen Brünings. Aus Angst vor dem Ansteigen der faschistischen Stimmen und der drohenden Diktatur kapituliert die sozialdemokratische Führung nun völlig vor der obrigkeitsstaatlichen Diktatur, die sie soeben noch als ihren Feind bezeichnet hatte. Und in der SPD sind nach dem Wahlerfolg der Nationalsozialisten auf Kosten der bürgerlichen Parteien alle so entsetzt, daß selbst in den linken Parteieinheiten und unter den linken sozialdemokratischen Abgeordneten es zunächst niemand wagt, gegen die Führung aufzutreten. Eben dieser Tatbestand verstärkt wiederum innerhalb der KPD die These vom Sozialfaschismus. Allmählich sammeln sich in der SPD – wenn auch nur vorübergehend – wieder die Kräfte, die gegen diesen Kurs opponieren. Daher wird die Zahl der Reichstagsabgeordneten größer, die für die Verteidigung der Verfassung gegen ihre ständige Verletzung durch die Regierung Brüning eintreten. Es werden auf unterer Ebene auch verschiedene Einheitsfront-Aktionen durchgeführt, allerdings lokal begrenzt. Insgesamt aber bleiben die Vorbehalte gegeneinander bestehen: es bleibt die sozialdemokratische Kapitulation vor Brüning, es bleibt die Vorstellung der Kommunisten vom Sozialfaschismus. Das geht schließlich so weit, das Reichspräsident von Hindemburg einen noch deutlicher obrigkeitsstaatlich orientierten Reichskanzler an die Macht bringt, von Papen, daß von Papen der Sozialdemokratie die letzten Machtpositionen, die sie noch hatte, zerschlägt (146) – und daß auch dann die Sozialdemokratie nichts anderes zu tun weiß, als nach Staatsgerichtshof zu rufen. Das ist lächerlich.“ . . . (Seite 123)
(Seite
125) Wie
verhielt sich die Studentenschaft in dieser Zeit politisch?
In
den Jahren 1928/29 stehen die Studenten – auch die jüdischen –
fast alle rechts, sei es obrigkeitsstaatlich-monarchistisch, sei es
faschistoid oder schon faschistisch. Die letzteren sind im
Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund organisiert.
Die Studenten, die sich für Demokratie und Marxismus entscheiden,
bilden bis 1928/29 eine extrem kleine Minderheit; Zentren dieser
Gruppen sind damals Frankfurt und Berlin.“
(Seite 128)“. . . Wir alle (Walter Fisch, Oskar Müller, Emil Carlebach, Anton Döring u .a.) sehen, daß der Staatsstreich in Preußen unmittelbar bevorsteht. Welchen Sinn konnte der Regierungswechsel von Brüning zu Papen haben, wenn nicht den, die SPD völlig auszuschalten? Aber uns ist auch klar, was diese Entwicklung für die Arbeiterbewegung zu bedeuten hat – und also wollen wir Aktionen vorbereiten. Es kommt der 20. Juli 1932; Die SPD hat in Frankfurt im Hippodrom zu einer Versammlung aufgerufen. Anton Döring, der Chef der sozialdemokratischen militärischen Organisationen, will ebenso kämpfen wie die kommunistischen Genossen. Auf beiden Seiten besteht der Wille zum gemeinsamen Kampf. Wir sitzen mit den Genossen von den militärischen Organisationen, mit denen wir noch aus der Studentenbewegung verbunden sind, zusammen in der Wohnung der sozialdemokratischen Stadtverordneten Elsa Bauer, die der gesellschaftliche Mittelpunkt der sozialdemokratischen Intellektuellen war. Dorthin kamen oft Sinzheimer, Paul Tillich und andere. Auch Kommunisten sind an diesem Abend dort versammelt. Wir alle hoffen, daß jetzt losgeschlagen wird. Wir nehmen an, daß sich die Frankfurter Polizei neutral verhalten wird, und hoffen, daß die Darmstädter Polizei bei diesen Kämpfen auf unserer Seite steht. Bei allen herrscht ein entschlossener Wille zur Einheitsfront-Aktion. Die KPD macht der SPD zentral, d. h. nicht nur in unserem Bezirk, das Angebot, einen gemeinsamen Generalstreik und Abwehrkampf zu organisieren. Die Führung der SPD lehnt ab; sie sagt, sie werde sich streng legal verhalten und den Staatsgerichtshof anrufen; im übrigen müsse die richtige Antwort bei den nächsten Wahlen am 31. Juli gegeben werden. Auf der Versammlung im Hippodrom gibt es Pfeifkonzerte, als die Entscheidung der SPD-Führung bekannt wird. Bei uns macht sich Verzweiflung breit, Döring ist völlig resigniert. Denn spontan war zunächst eine Einheitsfront entstanden, nicht nur in Frankfurt, sondern in vielen Städten. Sie war nun wieder zerstört.“ . . . (Seite 129)
(Seite
129)Wenn aber die Arbeiter am 20. Juli 1932 bereit
waren, eine Einheitsfront zu bilden und zu kämpfen, wie es es dann
zu erklären, daß sie der Parteiführung der SPD folgten?
“Am 20. Juli sind die Arbeiter in den Militärorganisationen beider Parteien, in der Antifaschistischen Aktion und in der Eisernen Front, zum bewaffneten Kampf entschlossen. Auch Döring, Chef der Eisernen Front, will kämpfen, weil er weiß, daß seine Arbeiter hinter ihm stehen. Doch dann kommt der Befehl von oben, daß nicht gekämpft werden darf. Dieser Befehl setzt sich sofort durch, weil die Arbeiter nach der langen Periode vorher glauben, daß sie ohne ihre Führungen und ohne ihre Organisationen nicht mehr handeln, geschweige denn die bestehenden Organisationen sprengen und andere an ihre Stelle setzen können. Das unterscheidet diese Situation völlig von der der Jahre 1918, 1919/20 sowie von der Lage der Jahre 1922/23. Und so wird in der SPD-Veranstaltung im Hippodrom zwar gebrüllt und gepfiffen, als die sozialdemokratischen Abgeordneten sagen, daß die Parole »Kampf gegen den Staatsstreich« unsinnig sei und fallen gelassen werden müsse und daß die Wahlen das Entscheidende seien. aber das Schimpfen und Pfeifen bleibt folgenlos. (Seite 130 Mitte)
Man
sieht, es existieren Ansätze von Gegenbewegungen, aber sie waren
nicht autonom. Es waren keine revolutionären Bestrebungen. Man mußte
aus der Verteidigung heraus kämpfen, das
entsprach der Stimmung unter den Arbeitern. Der Ausgang der
Reichstagswahlen im Juli 1932 zeigt einen Tiefpunkt des
Stimmenanteils der Arbeiterbewegung und den Höhepunkt des Einflusses
der NSDAP vor der Machtergreifung . Denn nun schwillt das
Selbstbewußtsein der Nationalsozialisten an, und also laufen ihnen
die kleinbürgerlichen Massen
zu – das Selbstbewußtsein der Arbeiterbewegung ist im Vergleich
dazu gering. Zwar gehen die Stimmen der Kommunisten nicht zurück,
sondern wachsen sogar noch, während die Zahl der SPD-Wähler leicht
zurückgeht. Aber die Mobilisierung der Wähler zur Wahlbeteiligung
ist sehr groß, und die neuen Wähler engagieren sich nicht zugunsten
der früheren Partei Papens, also des Zentrums, erst recht
nicht zugunsten der liberalen bürgerlichen Parteien, der
Staatspartei oder der DVP. Diese Parteien sind im Bewußtsein der
Wähler überholt, deshalb stimmen sie für die NSDAP. (153)
(Seite
131) Nach den Reichstagswahlen bleibt von
der Einheitsfront-Bewegung nichts übrig. Das Urteil, das der
Staatsgerichtshof in Sachen »Preußen gegen Reich« fällt, ist ein
Kompromiß ohne praktische Bedeutung. (154)
Mit der Ablehnung des
Einheitsfront-Angebotes der KPD durch die SPD war die
Entscheidungsschlacht verloren. Daß die KPD ein solches Angebot
machte, war ein großer, aber nur vorübergehender Fortschritt.
Daß dieses Angebot abgelehnt wurde, hatte einen deutlichen
Rückschlag in der Stimmung der kommunistischen Parteimitglieder zur
Folge. Die Sozialfaschismus-Theorie schien abermals bestätigt zu
sein und lebte wieder auf. Umgekehrt hatte die Sozialfaschismus
Theorie der Kommunisten für die Sozialdemokratie die Funktion, eine
gemeinsame Arbeit mit den Kommunisten ablehnen zu können. Dieser
ganze negative Mechanismus verschärft sich in der folgenden Zeit.
Der kommunistische Funktionär, der den gemeinsamen Abwehrkampf
gewollt hat und meist arbeitslos ist, sagt sich, die SPD fördere den
Faschismus sogar dann noch, wenn sie selbst betroffen sei. Inzwischen
ist die KPD zu einer Partei
der Arbeitslosen
geworden, denn parallel zu ihrer Sozialfaschismus-Theorie praktiziert
sie weiter die RGO-Politik.“ (S. 131) .
. .
(Seite
137 Mitte) “Ich war damals
Gerichtsreferendar am Oberlandesgericht Frankfurt in der letzten
Station vor dem 2. Staatsexamen. Ich kannte sehr viele Referendare,
die Mitglieder
der NSDAP waren und nach den Wahlen im November 1932 aus der Partei
austraten. Sie hatten darauf gesetzt, daß die Nationalsozialisten an
die Macht kommen würden. Und da es nur ein sehr kleines Angebot an
Juristenstellen gab, hatten sie gedacht, daß sie rasch aufsteigen
könnten, wenn sie in der NSDAP seien. Nun verließen sie die Partei
auf dem schnellsten
Wege. Ein für kleinbürgerliche Massen typisches Verhalten: sie
schwankten wie ein Rohr im Winde. Kaum
war der 30. Januar 1933 da, waren natürlich alle wieder in der
NSDAP. Und noch viele andere kamen
dazu. Die Stimmenrückgänge in der Zwischenphase waren ein
Zersetzungselement, denn eine faschistische Partei lebt vom
dauerhaften Aufstieg; sie hat ja sonst nicht zu bieten.
An
den Kommunalwahlen in Thürigen Anfang Dezember 1932 läßt sich
dasselbe beobachten. Hier verloren die Nationalsozialisten sogar im
Vergleich zu den Novemberwahlen erheblich an Stimmen. Vom
Monopolkapital her gesehen war es somit nur folgerichtig, eine
Petition an Hindenburg zu richten und zu verlangen, er möge Hitler
zum Kanzler machen. Die Petition wurde von Schacht. Thyssen usw.
unterzeichnet; nur wenige hielten sich fern und schlossen sich erst
(Seite 137) später
an (165).
Dieser
Druck der Monopolherren war notwendig, denn wer konnte garantieren,
daß die kommunistische Führung eines Tage nicht doch lernen würde,
die Einheitsfront-Politik systematisch und
konsequent zu handhaben? Hier kann man noch einmal an einem konkreten
Beispiel die Grenzen der Faschismus-Analyse Thalheimers zeigen. Die
NSDAP ist nicht aus eigener Kraft – wenngleich toleriert von der
herrschenden Klasse – zur Macht gelangt, sondern
sie kommt mit Hilfe
der herrrschenden Klasse, die Druck auf die Spitze des
Staatsapparates ausübt, an die Macht. Und zwar zu einem Zeitpunkt,
da ihr Einfluß zurückgeht.“ (Seite
138)
(Seite
138 unten)
“Dann kommt der 30. Januar 1933, an dem Hitler die Macht an sich reißt, und alles ist aus. Es ergeht wieder ein Einheitsfront-Angebot der KPD, und die SPD lehnt abermals ab. Die KPD verfolgt diese Politik – allerdings schwankend – bis zur Notverordnung weiter, die nach dem Reichstagsbrand vom 27. Februar 1933 erlassen wird (167) und die Verhaftung Tausender Kommunisten zur Folge hat. Und dann gibt es wieder einen totalen Rückschlag nach ultralinks, als die Gewerkschaftsführung ab März 1933 in Etappen vor den Nationalsozialisten kapituliert und schließlich zu ihnen überläuft: Der 1. Mai 1933 ist nur der Schlußpunkt hinter der ganzen Entwicklung, die bereits im März 1933 begonnen hat. Die Gewerkschaften erklären zunächst, sie wollten mit den Sozialdemokraten nichts mehr zu tun haben, sie hielten sich nicht mehr für eine klassenkämpferische Organisation, sondern wollten mit der NSBO verhandeln und die Regierung Hitler unterstützen. Am 14. April ruft die Führung des ADGB die Arbeiter auf, am 1. Mai, dem »Tage der nationalen Arbeit« nicht klassenkämpferisch und nicht im Namen der internationalen Arbeiterbewegung zu demonstrieren, sondern die Rede Adolf Hitlers anzuhören und die »nationale Erhebung« zu unterstützen. (168). (Seite 139)
Auch die Führung der Sozialdemokraten leistet nur halbherzig Widerstand. Als nämlich der Reichstag zusammentritt, um über das Ermächtigungsgesetz (169) zu beraten, das immerhin von der SPD abgelehnt wurde, wagt der sozialdemokratische Abgeordnete Otto Wels nicht, daran zu erinnern, daß 81 gewählte Abgeordnete der Kommunistischen Partei das Parlament nicht betreten dürfen und – soweit sie nicht der Polizei und der SA entkommen konnten – in »Schutzhaft« sind. er erwähnt diesen Tatbestand mit keinem Wort. Er erwähnt nur ganz am Rande, daß es besser wäre, wenn die – etwa 12- sozialdemokratischen Abgeordneten, die inzwischen verhaftet und ins KZ gebracht wurden, im Reichstag anwsend wären. Daß fast alle kommunistischen Abgeordneten ebenfalls im KZ saßen, interessierte ihn nicht. Dem war vorausgegangen, daß der Versuch der Berliner Sozialistischen Arbeiterjugend, illegale Organisationen vorzubereiten, von ihrem damaligen Reichsleiter Erich Ollenhauer verboten worden war.
(Seite
140) Es wurde sogar mit dem Ausschluß aus
der SPD gedroht für den Fall, daß solche Versuche weiter
vorangetrieben würden. Der Parteivorstand der SPD forderte
schließlich von der SAJ, ihre Organisationstätigkeit so lange
einzustellen, wie dies der Polizeipräsident von Berlin verlange.
Außerdem beschloß der Parteivorstand der SPD aus der
Sozialisitischen Internationale auszutreten, weil dieser die
Unwahrheit sage, wenn sie behaupte, es gäbe in Deutschland so etwas
wie
Konzentrationslager.(170) Die Rückwirkung dieser Politik der
Parteiführung der SPD auf kommunistische Arbeiter und Funktionäre
kann man sich leicht vorstellen. Als dann am 2. Mai 1933 die
Gewerkschaftsführung abgesetzt wird, hätte man trotz allem selbst
für sie kämpfen müssen. (171). Aber konnte man das von einem
sozialdemokratischen Arbeiter erwarten, dem die Gewerkschaftsführer
tags zuvor noch erzählt haben, der müsse für Hitler demonstrieren
und nicht nur die Kommunisten, sondern auch die Sozialdemokraten
preisgeben?“
Anmerkungen:
(141)
Ernst Eckstein war Rechtsanwalt in Breslau und zunächst führendes
Mitglied der Breslauer SPD; 1931 wurde er Mitbegründer der SAP und
kam in deren Parteivorstand. 1933 wurde er verhaftet und im Mai 1933
zu Tode gefoltert; vgl. Hanno Drechsler, a.a.O., S 363(
(146)
Gemeint ist von Papens Staatstreich in Preußen vom 20. Juli 1932;
vgl. Karl Dietrich Bracher, a. a. O., S. 582 ff.
(153)
Die NSDAP erlangte 13,75 Mio. Stimmern und hatte somit ihren
Stimmenanteil in knapp zwei Jahren von 18,2 % auf 37,5 % erhöht. Der
Stimmenanteil der SPD sank von 24,5 % auf 21,6 %. Für die KPD
stimmten 5,3 Mio. Wähler, ihr Stimmenanteil erhöhte sich somit von
13,1 auf 14,3 % ; vgl. Alfred Milatz, a.a.O., S. 142 f.
(154) In dem Urteil des Staatsgerichtshofes vom 25.10.1932 wurde die endgültige Absetzung der SPD-Regierung in Preußen zwar für ungültig erklärt, die vorübergehende Verschiebung der sachlichen Zuständigkeiten auf den Reichskommissar aber als zulässsig anerkannt; vgl. Karl Dietrich Bracher, a.a.O.., S. 637 ff.
(165)
Vgl.George F. W. Hallgarten,
Hitler, Reichswehr und Industrie. Zur Geschichte der Jahre 1918-1933,
Frankfurt/Main 1962, S. 108 f.
(166) Kurt von Schleicher löste am 3. Dezember1932 von Papen als Reichskanzler ab. Zum Kabinett Schleicher vgl. Karl Dietrich Bracher, a.a.O., S. 677 ff.
(167)
Notverordnung zum Schutze von
Volk und Staat vom 28. 2.1933
(RGBlI S.
141)
(168)
Vgl. Hans-Gerd Schumann,
a.a.O., S. 58 f
(169) Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich vom 24.3.1933 (RGBlI S. 141)
(170)
Vgl.
für dieser Periode der sozialdemokratischen Politik: Erich Matthias
und Rudolf Morsey, Das Ende der Parteien 1933, Düsseldorf 1960. S.
151 ff.
(171) Am 2. Mai 1933 stürmten SA und SS die Häuser der Freien Gewerkschaften und die Redaktionsbüros der freigewerkschaftlichen Presse. Führende Gewerkschaftsfunktionäre und Redakteure der Gewerkschaftspresse wurden in Schutzhaft genommen; vgl. Hans Gerd Schumann, a.a.O., S. 70 ff.
Interview mit Walter T. am 29. März 2011 (10.198 Zeichen) Geboren am 6. Oktober 1935J.M.: Wann genau sind sie geboren?
W.T.:
Am 6. Oktober 1935.
J.M.:
Erinnern sie da aus ihrer Kindheit noch irgendwas, was sie da noch
erlebt haben? War das schon hier in dieser Siedlung?
W.T.: Ich hab hier . . . also in dieser Siedlung nachdem ich aus der Klinik gekommen bin mit meiner Mutter gelebt bis . . . ich zu meinem Vormund gekommen bin . . . Und da war ich also . . . da war ich neun . . . vorher war ich . . . wie die Verhaftung war ich achteinhalb. J.M.: Wann war genau die Verhaftung?
W.T.: Müsste ich in irgendwelchen Sachen gucken . . .
J.M.:
Steht auch vorne an der Tür . . . das war 1944 . . .
W.T.:
Das war 1944, das war im Frühjahr.
J.M.:
Wie alt waren sie da?
W.T.:
Da war ich achteinhalb.
J.M.:
Achteinhalb . . . und entsinnen sie da noch irgendwas? Auch vorher
noch was, was sie so als Kind noch erlebt haben oder so ?
W.T.: Also hier in der Berner Siedlung war ja . . . praktisch sone Insel, wo es nicht ganz so schlimm war . . . umging . . . ich weiß wir mußten irgendwann kriegten wir son Ding an die Hauswand, da mußten wir dann zu bestimmten Tagen ne Fahne reinstecken, meine Eltern hatten aber kein Geld für ne Fahne, ham sie gesagt, ne und ham sich denn . . . so ein . . . das kleinere häßliche zusammengenäht . . . nur um der Vorschrift genüge zu tun . . . das sind so Sachen . . . also das da denn sowas hing, warum sie ne kleinere, das hab ich natürlich nicht erst später . . . hintergekommen. Man macht sich ja also auch nicht so viel Gedanken . . . als Kind . . . da hat man andere Probleme . . . denn die Probleme, die die Erwachsenen hatten, mit dem Regime, da erfuhren wir nichts von. Durften wir nichts von erfahren, denn es war ja so . . . Spielkameraden wo . . . die aus dem Hause wo also NS begeistert waren und wenn ich mit dem über was geredet hätte was ich wenn ich was gewußt hätte . . . dann hätte der das seinen Eltern . . . und dann wär das schlimm gewesen. In der Schule waren also einige der Lehrer auch darauf aus die Kinder in die Richtung auszufragen, abzuklopfen vor allen wo man wußte, aus welchem Haus sie kommen . . . Mein Vater war hier im Gemeinderat und da wußte man natürlich, wo er steht, politisch und wurde man natürlich angebohrt von Lehrern . . . hab ich es bewußt nicht mitgekriegt ich konnte ja auch nichts sagen, weil ich nichts wußte. Das war also bewußt. so . . .
J.M: Haben ihre Eltern dieses Haus gebaut? Oder ?
W.T.: Nein dies ist eine Genossenschaft . . . eine . . . in den zwanziger Jahren gegründet . . . wurde . . . der sogenannte Gartenstadtgedanke . . . war geplant . . . das wurde also sehr viel in Eigenhilfe gemacht und das man dann später das in eigen ist es als übernehmen konnte. Und denn kamen aber die erste große Wirtschaftskrise und dann ging das nicht mehr und dann wurde das in eine Genossenschaft umgewandelt . . . ich meine, das gesagt wurde da . . . hat hier . . . je . . . eine Sparkasse oder die . . . na wie heisst sie noch die Landwirtschaftliche Geschichte . . . die hat also hier . . . auch im . . . im Buut (?) und auch am Bahnhof und so weiter auch noch die Felder zum Teil noch bewirtschaftet über einen Pächter und die haben also . . . Geld auch reingeschossen und dann Genossenschaft . . . es wird also nie mehr Eigentum Es wurde hier sehr viel in Eigenhilfe gemacht, die Strassen zum Teil wurden planiert und mit Grand und so weiter . . . Asphalt und so was gabs damals ja alles oder war nicht nötig, kamen paar Begrenzungssteine und das wars dann. Es wurden zum Teil für die Fussböden noch aus dem Wald der zum Teil noch . . . was gerodet wurde, zum Teil sollen Fußbodenbretter selbst gesägt worden sein, die anderen, die Häuser, die da hinten sind, diese Putzbauten da haben sie also selbst Mauersteine gebacken, in der Scheune, wo jetzt das Volkshaus ist, da war ne Scheune und da wurde zum Teil also die Steine selbst fabriziert und denn verbaut, also sehr viel in Eigenhilfe . . . aber . . .
J.M.: Was war ihr Vater von Beruf?
W.T.: Der war Dreher. Heute heisst das ja Zerspanungstechniker . . . ja das hat alles ja neu Namen. Naja, er war also Dreher. Hat also gelernt bei der Vulkan Werft . . . oder . . . nen Tochterunternehmen . . . oder was weiss ich . . . mein Großvater kam aus Stettin von der Vulkan Werft . . . als Schmied und ob er nun hier sich her nach Hamburg beworben hat oder versetzt wurde, weiß ich nicht. Ich konnte ihn nicht mehr fragen. Also, der ist bevor ich geboren wurde ist der schon verstorben und wenn man anfangt sowas zu fragen , dann wäre er ja noch älter gewesen. Ne also, der war Schmied und seine drei Söhne, die mit her gekommen sind, der eine war auch Dreher und der andere war Tischler, der hat nachher . . . hier in Hamburg im Hamburg im Arbeitsamt war er tätig, hat die Tischler betreut . . . nach dem Krieg, ja das war also . . .
J.M.:
Und ihre Mutter, hat die auch einen Beruf gehabt?
W.T.: Ja, die war Kontoristin . . . sagt man dazu . . . hat man das früher wohl genannt, die hat also im Büro gearbeitet . . . und zwar in verschiedenen gewerkschaftlichen Sachen . . . in . . . das hab ich aber auch dann nur gehört . . . in Bäckerverband und nachher auch im Transportarbeiterverband und hat über die Gewerkschaftsbund also bei der Gewerkschaftsarbeit meinen Vater näher kennengelernt, der also bei der IG . . . bei der Metallarbeiterverband hiess das früher . . . Metallarbeiterverband auch ehrenamtlich tätig war so nebenbei . . . Gewerkschaft . . . den
J.M: Wissen sie noch, wo er zuletzt gearbeitet hat ?‘
W.T.:
Das hiess Spillingswerk, was die gemacht haben, weiss ich nicht. Ich
war mal mit meiner Mutter da und es war ja als Kind natürlich
faszinierend, wenn da diese Stahlspäne so vom Drehstahl . . . vom
bunten . . . sich so langsam durch den Raum schlängeln so . . . so
das war also ganz interessant, aber was er da gedreht hat . . . es
muß . . . im nachhinein kann man das so vermuten . . . also in der
überwiegend in der Rüstung gewesen sein . . . denn er war uk
gestellt . . . nannte sich das ja damals . . . also unabkömmlich im
Wehrpass war abgestempelt . . . er mußte also in der Rüstung . .
. vermutlich . . . oder für die Rüstung arbeiten.
J.M.:
Ihre Eltern waren in der Kommunistischen Partei, oder?
W.T.:
Ja, also mein Vater, soviel ich
entnehmen konnte, was man so hört, liest oder noch gefunden hat,
ja, meine Mutter kam aus der SAJ, das war die sozialistische
Arbeiterjugend, die Jugendorganisation der SPD . . . die Kinder, die
da vor waren, das nannte sich Kinderfreunde und ab einem gewissen
Alter war es die SAJ , nach dem Krieg die Falken . . . das ist also
. . . naja. Sie ist denn nachher aber in der USPD gewesen und von da
aus nachher auch in die KPD. Also so. Ob sie vorher in der SPD war,
weiss ich nicht . . . als Kind interessiert man sich nicht und
fragt da nicht nach und weiss gar nicht was das ist. So ungefähr.
Also das immer nur so im nachhinein, was man denn so zum Teil
gefunden hat in Schriften und so weiter oder . . .
J.M.:
Als ihre Eltern verhaftet wurden, da hatten sie ja gesagt, das hätten
sie noch miterlebt. Also . . .
W.T:
Ja
J.
M.: Können Sie das noch mal
schildern?
W.T.:
Ja, also mein Vater . . . der wurde von der Arbeit abgeholt, der ist
gar nicht mehr erst nach Haus gekommen. Und meine Mutter . . . wir
hatten ja auf der Strasse . . . Stück weiter . . . Fußball
gespielt . . . mit nen paar . . . und denn kam hier n Auto . . .
kam hier ein Auto vorbeigefahren . . . ich glaub das war Wanderer war
das . . . son komisches W war da vorne . . . habe ich also nachher
erst . . . das das so einen Typ gab . . . ne . . . und denn stiegen
zwei Männer in langen braunen . . . schwarzen Ledermänteln aus und
gingen ins Haus . . . da wird man natürlich neugierig und guckt . .
. aber naja . . . aber dann haben wir aber weitergespielt und dann
hat meine Mutter mich reingerufen . . . und denn sassen die beiden
Kerle da und . . . Bücherstapel . . . Bücherschrank leer geräumt.
Radio hatten sie mitgenommen . . . oder da erst mal hingestellt . . .
nachher mitgenommmen und dann also ich . . . wenn ich so die
Körpersprache meiner Mutter . . . war Alarmstufe für mich . . .
ich konnte das nicht . . . irgendwie sagen, was das nun ist . . .
aber ich wußte das Alarmstufe Vorsicht
. . . dann hat man versucht, mich auch auszufragen . . . nach
Onkel Max . . . das war der Max Heykendorf, der untergetaucht war . .
. den sie gesucht hatten . . . da hatten sie nachgefragt . . . und
noch einen . . . einen . . . einen Bruns oder Brun, aber den kannte
ich gar nicht, der soll aber hier auch übernachtet haben und
untergeschlüpft sein und tagsüber war er denn irgendwo anders so .
. . aber das habe ich als Kind nicht mit gekriegt. Ich weiss nur,
dass wir da oben ne Abseite hatten und . . . .
J.M.:
Unterm Dach?
W.T.:
Unter der Dachschräge war ne
Abseite, die hab ich jetzt rausgenommen, damit der Raum grösser wird
. . . aber (lacht) und da war so ne Ausbuchtung von dem vorderen
Fenster und da konnte man so rumkriechen und dahinter . . . da
haben denn auch welche übernachtet . . . in der Anfangszeit . . .
was ich noch genau . . . also . . . das hat man mich ausgefragt
nach allem möglichen aber . . . weiss ich nicht . . . weiss ich
nicht . . . das war . . .
J.M.:
Wissen sie noch wann das genau
war? Das war ja sicher lange bevor sie ermordet worden . . . sag ich
mal so? Oder welche Formulierung haben Sie dafür?
W.T.:
Bitte?
J.M.:
Lange bevor Ihre Eltern ermordet wurden, nehm ich mal an . . . war
das ja?
W.T.:
Ja das war an dem Tag, an dem
sie verhaftet wurden. Sie sind also Anfang 44 . . . ja dann haben
sie . . . dann hat meine Mutter gesagt . . . ich muß jetzt mal
mitfahren mit dem Auto, die haben Bücher und Radio eingepackt . . .
und Du gehst rüber zu Frau Lübcke, die wohnte denn in Nummer 23 und
heute abend dann kommt Tante Erna, die war mit ihrer Tochter, die
waren ausgebombt in Habichtstrasse Barmbek, da in der Ecke ham die
gewohnt . . . Dieselstrasse . . . waren ausgebombt . . . die hatten
wir dann hier aufgenommen . . . der Mann war als Soldat irgendwo an
der Front . . . und die war aber mit ihrer Tochter in Hamburg
gewesen, hatten da Verwandtenbesuche gemacht und sollte erst abends
nach Haus kommen. Ob . . . und das sind so Vermutungen . . . die man
hat sie bewußt da zu irgendwo zu jemand hingelockt, damit sie nicht
hier ist . . . es sind nur Vermutungen . . . das kann man nicht . .
. sagen das das so war . . . wird so zum Teil so vermutet . . . ne
das man sie bewußt hier nicht haben wollte . . . he . . . die
Beamten . . . die Bekannten, da irgendwo nen Tipp gekriegt haben .
. . lad die doch mal ei . . . so ungefähr . . . weiss ich nicht . .
. kann sein . . . ja und denn . . . kamen die nachher abends rüber
und ich wieder her und denn hab ich meine Eltern nie wieder gesehen .
. . also . . . das war also . . . mann . . . zu Anfang ist das ja
so, da denkt man . . . naja die kommen wohl irgendwann wieder . . .
aber was . . . also man weiss denn auch nicht . . . man macht sich
Gedanken . . . warum und weshalb . . . warum sind sie nicht da. warum
kommen sie denn . . . so ungefähr . . . warum lassen sie mich hier
allein . . . solche Gedanken hat man als Kind . . . denn natürlich
. . .
J.M.:
Waren sie ein Einzelkind? Oder waren da noch Geschwister?
W.T.:
Ich war als Einzelkind übrig geblieben. Ich hab also einen älteren
Bruder gehabt, der noch vor meiner Geburt gestorben ist. Damals war
ja die Kindersterblichkeit relativ groß . . . oder größer wie
jetzt . . . er hatte irgendwie . . . ne Krankheit . . . irgendwo . .
. mit Durchfall und was weiss ich nicht alles . . . und hat das also
irgendwie vielleicht auch . . . nach damaligen Gesichtspunkten . . .
nicht vielleicht nicht ganz richtig behandelt oder wie oder was aber
er ist verstorben und meine Schwester, die nach mir geboren wurde,
die ich also nur gefühlt hab, wie sie im Bauch gestrampelt hat von
meiner Mutter . . . das durfte ich dann auch, guck mal das hier . .
. das ist dein Bruder oder Schwester . . . wußte man damals noch
hatte ja damals kein Ultraschall . . . also naja . . . die ist aber
aus dem Krankenhaus gar nicht rausgekommen. Da waren also . . . das
Herz soll auf der falschen Seite gewesen sein und noch ein paar
organische Schäden, die also . . . nicht überlebensfähig waren . .
. und somit bin ich praktisch der einzigste der nachgeblieben wurde .
. . entsprechend natürlich verpiepelt von meiner Mutter. Kann man
sich vorstellen . . . ne, zwei verloren, jetzt müssen wir aber
aufpassen . . . ne . . . ich weiss, da hatten wir so komische lange
Strümpfe noch bis fast in den Sommer rein. Ich war kaum um die Ecke
habe ich sie runtergekrempelt . . . (lacht)
J.M.:
Oder das Leibchen . . .
W.T.:
Das Leibchen und diese Hemdhosen . . . das waren die Leibchen und mit
den Gummibändern . . . die wurde sofort abgemacht . . . und auf
dem Rückweg wieder . . . aber so Sachen . . . gut das waren so
Sachen . . . woran ich mich also recht genau erinnern kann . . .
hier hinten auf dem Hof . . . jetzt ist der Schuppen . . . weg . .
. . . . da stand son Schuppen dahinter war n Birnbaum und drunter .
. . hinter dem Schuppen und rundherum waren Johannisbeerbüsche
gepflanzt und in der Mitte war Rasen . . . so da konnte man Sitzen,
ohne gesehen zu werden und waren hin und wieder immer
Diskussionsrunden. Da kamen Leute, die ich nicht kannte . . . also .
. . aber eine Person, die war also . . . weil sie entsprechend etwas
größer war wie die anderen und . . . hat mich irgend wie
fasziniert . . . das war der Adolf Kummernuß . . . der spätere ÖTV
Vorsitzende . . . der Adolf Kummernuß . . . der kam mehr aus der
aus der sozialdemokratischen . . . Richtung und hier waren also auch
Kontakte zwischen den . . . obwohl die sich ja ne zeitlang . . .
was zwar idiotisch war . . . aber gut . . . praktisch bekämpft
hatten in der Hoffnung das . . . das sie nachher über die Stärkeren
sind, wenn das . . . der andere Spuk vorbei ist, aber der andere Spuk
ist stärker geworden, weil sie sich zum Teil
selbst behindert haben . . . also hier war so ne kleine Kontaktstelle
. . . ich weiss das von anderen, die hinterher gesagt haben, ja . .
. ich wir haben da auch immer mit deinem Vater und mit deinen Eltern
diskutiert und so weiter . . . Ich weiss auch, dass einige, die
damals bei der KPD waren . . . also hinterher . . . nachher gesagt
haben, ne also was die Kommunisten in Rußland machen gefällt uns
nicht, die sind dann nachher bei der . . . so ähnlich wie Herbert
Wehner, die sind dann nachher bei der SPD gelandet . . . solch gibt .
. . so einer, der hatte mich darauf hin mal angesprochen. Aber also
hier also war ne kleine Kontaktstelle und hier kamen auch . . . und
die die nach dem Krieg also auch hin und wieder . . . noch wieder
für mich gesorgt oder oder oder Behördensachen erledigt
undsoweiter . . . die Gertrud Meyer. Gertrud Meyer, die hat ja
Streiflichter aus dem Hamburger Widerstand mit der Ursel Hochmuth
geschrieben. Die Gertrud Meyer, die war mit unseren Eltern
befreundet, die kam hier öfter und wir waren auch da zu Besuch ja .
. . die hat da
J.M.:
Haben sie später mal
rausgefunden . . . wie das . . . das war ja wahrscheinlich die
Gestapo, die mit den grünen Mänteln . . . wie die da drauf gekommen
sind?
W.T.:
Es gibt dort verschiedene
Versionen oder Vermutungen. Und die Vermutungen wer dahinter stecken
könnte habe ich nie rausgekriegt, das hat man mir verweigert . . .
J.M.:
Die Akte?
W.
T.: Ne, habe ich nicht gesehen.
J.M.:
Aber es gibt eine?
W.T.:
Ja wahrscheinlich, die
Verhörsakte . . . hab ich nicht gesehen. Ne ich wollte also gerne
wissen, wer sie angeblich verpfiffen haben sollte. Gingen hier
Gerüchte in Berne rum, aber wenn ich fragte, sie wissen es nicht.
Sie hatten wahrscheinlich Befürchtung das ich dann irgendwie . . .
hochkommende Rachegefühle hab und dann da . . . aber gut. Das ist
also . . . mein Vater gehörte zu den Leuten, die kein Blatt vorn
Mund nahmen und es ist so, wenn der in der Hochbahn sass und kam von
der Arbeit und da war einer den kannte er gut aus der Bewegung heraus
oder so, dann fing er an mit dem zu diskutieren und das war immer
zieml . . . für die anderen oha Mensch Richard sei ruhig so
ungefähr . . . und manche sind also wenn sie gesehen haben, dass er
in die U-Bahn eingestiegen ist, in den nächsten Wagen gegangen, um
. . . nicht der Gefahr ausgesetzt zu sein dass da irgendwelche Leute
was mithören und sofort hinlaufen. Es kann also sein, daß diese .
. . ja ich weiss nicht ob das mutig ist . . . vielleicht auch schon
leichtsinnig zu bezeichnen, dazu geführt hat, dass ihn irgendeiner
angezeigt hat. Meine Eltern aber . . . es gibt eben auch die andere
Version, sie haben ja an dieser Widerstandsgruppe Bästler Jacobs
Absagen, mit der Gruppe haben sie zusammen gearbeitet oder waren da
mit bei und da soll einer . . . einen der gegen Franko gekämpf hat,
ein Spanienkämpfer, der soll da gefangen genommen worden sein,
umgedreht worden sein und hier nach Hamburg geschickt worden sein,
und der war denn als Maulwurf hier und hat dann verschiedene Sachen
hochgehen lassen. Das ist die andere Version.
J.M.:
Hatten sie auch mal versucht, das rauszukriegen, da irgendwie im
Staatsarchiv oder so?
W.T.:
Ne ne ich bin . . .
J.M.:
Es ist ja vielfach so gewesen, dass die Gestapo nicht so gut
organisiert gewesen ist, nicht so viele Spitzel hatte, wie es der
Staatssicherheitsdienst in der DDR hatte . . . Das die meisten durch
Denunziation aufgeflogen sind.
W.T.:
Es ist möglich, das die Version mit diesem Spanienkämpfer scheint
mir wohl die richtige zu sein. Ich weiss das nicht. Denn die wußte
ja auch verschiedene Namen und nach denen er gefragt hatte
undsoweiter.
J.M.:
Hat es denn einen Prozeß
gegeben?
W.T.:
Nein, es ist ohne Prozeß . . .
sie sind ohne Prozeß . . . sind auch nicht hingerichtet worden . .
. offiziell . . . mein Vater hatte es . . . durch die viele
Arbeit und schlechte Ernährung . . . er hat nachher in Neuengamme,
aus einem Brief geht das hervor, der er geschrieben hat . . . meinen
Großeltern, dass er wieder als Dreher arbeitet . . . und mit
Neuengamme, das habe ich dann auch mal wieder gehört und gelesen
hatte Mauser mit Häftlingen zusammen gearbeitet . . . also da hatte
er wieder als Dreher gearbeitet . . . Mauser war ja
Waffenhersteller, nicht nur Schieblehren, sondern auch Waffen . . .
also.
J.M.:
Schieblehre hab ich ja noch.
W.T.:
(lacht) Ja, ja der hat auch Waffen, Pistolen und Gewehre und so was
gebaut.
J.M.:
Im KZ?
W.T.:
Im KZ oder ausserhalb, denn
wurden sie eben irgendwo hingebracht in die Werkstatt und denn abends
wieder zurück. Da ist er also krank geworden und ist angeblich an
der Krankheit verstorben, ob er jetzt nun auch Folter ausgesetzt war
in Verhören, wissen wir nicht. Es ist zu vermuten. Bei meiner
Mutter war das so sich an Verführers Geburtstag erhängt haben, am
20. April war das glaub ich soll sich am 20. April am Bettgestell
erhängt haben. Es gibt da eben Sachen . . . die sagen, man wollte
sie erpressen, wenn sie nichts sagt, dann komm ich ins Heim, damit
wollte man sie erpressen. Sie wollte aber nichts sagen. Das ist die
einer Version und die andere Version ist an diesem Tagen wurde unter
den Wachmannschaften heftig gefeiert und gesoffen und da kam es zu
Übergriffen. Weiss ich nicht. Fuhlsbüttel. War ja Frauengefängnis
und meine Tante, in dem Haushalt bin ich ja auch groß geworden, sein
Vater war denn noch mein Vormund
(Ende
Band 1)
(Band
2)
J.M.:
Wo waren wir? Bei Detlev.
W.T.:
Ja, also bei meiner Tante, die war mit ihren Eltern . . . also mit
meinen Großeltern zusammen noch zu Leichenschau . . . und die hat
gesagt . . . so sieht keiner aus, der sich erhängt hat. Weil sie
auch schon . . . mal praktisch . . . Erhängte gesehen hat. So kann
. . . ne . . . die muß anders umgekommen sein. So . . . aber wie,
weiss man nicht . . . das war . . .
J.M.:
In welcher Schulklasse waren sie als ihre Eltern abgeholt worden sind
?
W.T.: Ich war ja in der zweiten . . . hier in der Berner Schule . . . so ich war also in der Berner Schule . . . der Lehrer, den wir hatten, der schien ziemlich . . . naja . . . neutral zu sein, aber ich weiss das nicht genau, der war . . . der war hier mit einigen zusammen in der Klasse, die immer noch in Berne wohnen . . . früherer Sportsamtsleiter Heiner Widderich . . . der wohnte hier am Ende Moschlauer Kamp . . . oder . . . Rudolf Burack,
der
Betriebsrat im Springer Verlag nachher war, mit dem waren meine
Eltern auch befreundet und der Vater war aber im Krieg gefallen naja
also, hier bin ich groß geworden . . . und ja wie das mit meiner
Mutter dann . . . weiss ich nicht . . . also . . . das war eben .
. . so offiziell, soll sie sich erhängt haben . . . und na . . .
man weiss es nicht . . .
J.M.:
Denen ist ja eigentlich nix zu glauben.
W.T.:
Ja . . . nach dem Krieg hat sich denn der Adolf Kummernuß auch ein
bißchen drum gekümmert, der hat dann über die . . . ÖTV, wie sie
dann nach dem Krieg . . . mir eine kleine Zusatzrente . . . 50,00
Mark im Monat oder so hab ich da gekriegt . . . das weiss ich noch .
. . bis ich dann selbst in die Lehre kam und denn . . .
J.M.:
Was haben sie da gelernt?
W.T.:
Ich hab ja . . . heute nennt sich das Konstruktions Mechaniker
J.M.:
Maschinenschlosser?
W.
T.: . . . Stahlbauschlosser
. . . beim
Kampnagel. Den Kranbau.
J.M.:
Hatte ich auch Leute, die in meiner Berufsschulklasse waren von
Kampnagel. Ich hab doch HDW gelernt.
W.T.: Bei Kampnagel habe ich gelernt und denn bin ich vorher hin noch mal zum Gewerkschaftshaus . . . mich bedankt . . . hab ich zum Abschied noch ne Armbanduhr geschenkt bekommen . . . und die Frage war, was machst du, was lernst du auch bei Kampnagel . . . bist denn schon in der Gewerkschaft . . . ich sach . . . ne noch nicht, aber das ist für mich also ganz klar..und denn sagte er . . . Moment, denn is er runtergegangen . . . kam er wieder mit Mitgliedsbuch . . . März schon bezahlt . . . April mußt du selbst bezahlen, sagt er, denn bist du in der Lehre . . . denn bin ich also gleich ab ersten Tag in die Gewerkschaft . . . ich bin also . . . es hat bei mir . . . wollen wir mal ein büschen zurückblenden . . . ich war ja hier . . . nachdem mein Vater verstorben war . . . mußte mein Onkel, mußte einer die Vormundschaft übernehmen . . . das hat mein Onkel gemacht . . . und dat güng aber nur , wenn ich da wohn . . . so . . . und nun ist das
J.M.:
Das war jetzt Detlevs Vater?
W.T.: Detlevs Vater . . . und hier dieses Haus . . . was also meine Eltern . . . man muß sagen . . . die Satzung sagt, das Nutzungsrecht in grader Linie vererbbar . . . So nun war ich Erbe für dies Nutzungsrecht . . . in vielen Gartenhäusern wurden eben auch Verfolgte rausgeschmissen und wurden Nazis reingesetzt . . . hier hat der damalige Geschäftsführer . . . ich glaub Ahrens hiess der . . . oder so . . . aber . . . bin ich nicht ganz sicher, gesagt, nein (klopft auf den Tisch dreimal) . . . das schreiben wir auf den Namen von Walter T. . . nur ich war nicht wohnberechtigt . . . und ich wohnte ja auch gar nicht mehr . . . ich wohnte ja bei meinem . . . Dings . . . und denn hatten wir ja aber die Ausgebombten noch wohnen und dann nachdem . . . deren Häuser . . . die haben dann also hier gewohnt . . . praktisch als Untermieter bei mir . . . komische Konstruktion . . . aber . . . das ist wieder die andere Seite, es gab auch bei den Nazis vernünftige Leute . . . oder . . . oder . . . vernünftig kann man da nicht sagen . . . vernünftige Leute sind keine Nazis geworden . . . aber, es gab also Leute, die bißchen humaner waren . . . ne das kriegt der Sohn und so weiter . . . und deswegen bin ich nachher . . . wie ich geheiratet habe, gleich wieder hier rein . . . so lange habe ich bei meinem Onkel und Tante gewohnt . . .
J.M.:
Entsinnen sie noch wie man sie als Kind behandelt hat? Weil ja
wahrscheinlich bekannt war . . . dass.
W.T.:
Also hier in der Berner Schule war das natürlich bekannt. Aber in
dem Moment . . . also von der Verhaftung im Frühjahr bis zum Herbst
. . . bis zum Tod meines Vaters war ich hier noch an der Schule und
dann kam ich nach Oldenfelde . . . weil mein . . . die wohnten
damals in der . . . heute heisst sie Wolliner Strasse . . . früher
hiess sie Farmsener Strasse . . . wohnten in der Farmsener Strasse
und von da sind wir in der Oldenfelder Schule mit meinem Cousin . .
. mit Detlevs . . . ja Detlev ist der jüngste, da ist der
zweitjüngste Bruder . . . in einer Klasse . . . der ist also ja .
. . vier Monate jünger wie ich, ich bin im Oktober und er ist im
Februar geboren nich . . . also . . . waren wir in einer Klasse und
da wußte das keiner . . . und den Lehrern hatte man das halt eben
nicht gesagt . . . die Eltern sind . . . im Krieg umgekommen . . .
um . . . damit ich von einigen . . . und wir hatten da eine
Lehrerin, das war . . . die war so nicht ganz . . . die hat man
zwar nachher übernommen, weil es keine anderen Lehrer gab . . . aber
. . . das war sone Nazi Tante . . . aber . . . wußte man das
halt nicht erzählt. Und denn sind wir, als denn meine Großeltern
starben . . . also die Eltern von Detlevs Mutter . . . wo wir vorher
gewohnt hatten in der Wolliner Strasse . . . das war der Vater von
Detlevs Vater . . . und der hatte . . . sein Vater hatte noch zwei
Schwestern . . . die eine wohnte aber in drüben in irgendwo . . .
Riesengebirge . . . ist aber denn mit Krieg oder mit hergeflüchtet
und die andere war hier irgendwo in Norddeutschland Krankenschwester
und da hatten sie also erst den Vater von meinem Onkel . . .
praktisch hat meine Tante mit versorgt . . . der war ja allein, er
war Witwer . . . aber wie denn mein Großvater starb . . . also von
Detlevs Mutter der Vater dann konnte meine Oma da am Knill . . . mit
dem Haus und Garten nicht alllein zurecht kommen und denn haben sie
gesagt, denn ziehen wir dahin . . . und denn bin ich nach Farmsen zur
Schule gekommen. Ich weiss sie hatten . . . um jetzt noch mal wieder
auf Schule zu kommen . . . einen Lehrer hatten wir . . . das war ein
Fachlehrer . . . ich sag nicht, was der immer unterrichtet hat . . .
jedenfalls hatten wir bei dem Physik oder Chemie oder irgend sowas
. . . und wenn der aus dem Lehrerzimmer kam . . . riß er die Tür
auf: Heil Hitler, dann machte er die Tür zu, guten Morgen Jungs . .
. (lacht) also der . . . der mußte nach aussen hin . . . das sind
so Sachen . . . so einzeln Sachen, die . . . sind dann irgendwo . .
. das sind Erlebnisse . . . die hat man gespeichert . . . und das
weiss ich noch . . . ja und und den Lehrer, den wir dann in Farmsen
hatten, der war kurz vor der Pensionierung, das war auch ein Altnazi
. . . und dann hatten wir einen gekriegt . . . der war als Lehrer
sehr gut . . . war . . . inzwischen hat man sich ja politisch auch
ein bißchen . . . würde sagen . . . na . . . ein
deutsch-nationaler gewesen . . . aber kein Nazi, in dem Sinne, der
hatte noch irgendwo einen klein bißchen Land draußen in Schleswig
Holstein und ackerte da auch noch selbst und bei dem haben wir dann
verdammt viel gelernt . . . nech wir sind also . . . ich sag mal so
. . . aus der Volksschule entlassen worden . . . mit einem Niveau,
was heute die Mittelschule hat, ausser Sprachen, ausser Englisch . .
. in der Zeit, wo Englisch war, haben wir im Bunker gesessen, sag ich
immer so . . . also wir haben nicht viel Englisch gehabt . . . aber
. . . ja es kam nachher Englisch . . . aber den habe ich bewußt . .
. mich rauskatapultiert, in dem ich Mist gemacht hab und dann wurde
ich rausgeschmissen, ich wollte Englisch nicht . . . aus einem ganz
anderen Grunde . . . ich hätte zur Mittleren Reife . . . zum Oberbau
. . . hiess es ja damals und da war das Englisch Pflicht und das
wollte ich nicht . . . ich wollte, so schnell wie möglich auf
eigenen Füssen stehn, Geld verdienen, ich hatte immer son bißchen
das Gefühl, ich lieg meinem Onkel und Tante auf der Tasche. Ich
hatte zwar die . . . von der Gewerkschaft die kleine Rente und ich
hatte die Waisenrente von meinen Eltern . . . ne aber das . . . ich
wollte schnell selbst Geld verdienen . . . Das war so ein Grund,
dass ich bewußt gesagt hab, ne ich will Volksschulabschluß . . .
schnell raus in Büro . . . wollte eigentlich schon in der achten
Klasse abgehen, aber dann hat man mich aber . . . nee . . . damals
konnte man die neunte Klasse noch machen, ne ne machen wir alle. Und
der hat uns also so kann ich zwar auch nicht mehr Algebra mit zwei
Unbekannten . . . was ich gut noch genutzt hab war . . . er hat uns
Stenografie gelernt . . . das konnte ich in der Berufsschule gut
gebrauchen . . . das ist jetzt auch versandet, man braucht das
nachher nicht mehr . . . all solche Sachen hat er gemacht . . . also
das war gut . . . war ein guter Lehrer . . . muß ich schon sagen . .
. der ist mit uns auf Klassenreise gegangen . . . Fahrradtouren . . .
und all sowas ne . . . ins Zeltlager . . . Schulzeltlager . . .
und alles . . . das war also die schulische Sache . . . aber bevor
ich überhaupt wieder so bißchen sogenannten . . . an der
Gesellschaft, oder an dem Leben in der Gesellschaft mich erst wieder
mit eingebracht hat, das hat lange gedauert . . . ich hab mich also
in meinen Schmollwinkel zurück gezogen, wie man so schön sagt . .
. gut zuhaus in der Familie war es was anderes, aber nach aussen hin
immer . . . ogott . . . und sind das vielleicht auch so welche, die
son Mist gemacht haben und so weiter und . . . hat lange gedauert und
an sich hab ich da . . . oder hat mir da geholfen unser Nachbar . .
. der Sohn, der war beim Wandervogel . . . Bündische Jugend . . .
und der erzählte immer . . . hallo und machen . . . machen wir . . .
und das ist ja was . . . sag ich . . . da möchte ich mal mit . .
. ne sagte mein Onkel und Tante . . . das ist nicht im Sinne deiner
Eltern . . . wenn du so was machen willst, dann geh zu den Falken . .
. so . . . ja natürlich . . . dann hab ich da in der Klasse . . .
dann hatten wir in der Klasse einen Kameraden, der war in den Falken
. . . und denn haben wir da mal auf dem Nachhauseweg so geschnackt .
. . na dann komm doch mal mit und durch diese ganze
Gruppengemeinschaft . . . Gruppenerlebnis bin ich also so . . . das
war der Rückkehr wieder in die allgemeine Gesellschaft . . . sag ich
mal so . . . und da haben wir uns natürlich auch politisch
interessiert . . . und das war unten . . .
J.M.:
Detlev hat davon erzählt, dass die Mutter, seine Mutter immer
schlecht von den Kommunisten geredet hat irgendwie . . . ja die haben
da nen Fehler gemacht . . .
W.T.:
Ja natürlich . . . äh . . .
J.M.: Ja, sie war wohl mehr sozialdemokratisch . . .
W.T.:
Mein Großvater, meine Großeltern, von meiner Tante die Eltern, die
waren Sozialdemokraten durch und durch . . . ihr Bruder . . . ihr
ältester Bruder ist im ersten Weltkrieg schwer beschädigt worden
und ist später an diesen Kriegsschädenfolgen früher verstorben als
normal. So kann man das wohl sagen . . . dann hatte sie eben meine
Mutter, die war aber sechs Jahre älter wie sie, sie war die jüngste
und dann war da noch ein Bruder, der . . . war bei der Hamburger
Feuerwehr Brandmeister . . . und der ist also in Bremen . . . in
Bremer Einsatz . . . Hamburger haben da Bremen geholfen wie die .
. . da isser er . . . da ist ihm ein Balken ins Genick gefallen . .
. wollt er noch mal rein . . .
J.M.:
Während des Krieges?
W.T.: Ja, während der Bombenangriffe, da ist er umgekommen, der mußte aber um seinen Job zu behalten als Brandmeister bei der Feuerwehr . . . hatte er immer diese Wollhandkrabbe . . . wurde immer gesagt . . . ja . . . NSDAP Abzeichen, ja, ja, das mußte er, sonst hätte er seinen Job verloren . . .
J.M.:
Wollhandkrabbe . . .
W.T: Ja, genauso der eine Bruder von meinem Vater, der Otto, der nachher im Arbeitsamt war, der war nach dem Krieg SPD und der hat auch . . . wie er in der . . . während der KZ Haft ist seine Frau fremd gegangen und anschliessend war die Scheidung, wie er wieder raus kam . . . und der hat als Tischler keine Arbeit gehabt und ist denn . . . weil er früher auch wandern und so weiter . . . meine Eltern waren ja auch Jugendliche . . . in Jugendbewegung gewesen . . . eben nicht in der Wandervogelbewegung . . . das war die bündische . . . aber in der Arbeiterjugendbewegung und da ist er . . . da hat man ihm einen Job angeboten beim KDF . . . das ist diese Urlaubssache . . . der Nazis Kraft durch Freude . . . nannte sich das . . . und dann hat er da Wanderungen, Touren, Reisen organisiert. und da war mein Vater . . . das weiss ich . . . die haben sich da gekanzelt . . . bloß so ungefähr . . . ja das war also so, daß einige sagten, also . . . ich muß irgendwie überleben. Dann brauchte er auch nicht zum Militär . . . und der andere On . . . äh Bruder Bruno, der war auch Dreher . . . hat auch in der Rüs . . . der hat bei Kampnagel Dreher als Dreher gearbeitet . . . die haben auch teilweise Rüstung gemacht . . . und . . . also insofern . . . ja soll man das verurteilen? . . . also das haben ja viele, um ihre Haut zu retten . . . zumindestens . . . ein bißchen mitgespielt . . .
J.M.:
Es war ja von dem . . . den Fallada noch mal gelesen . . . ja
nicht noch mal gelesen sondern jetzt grade gelesen. Der ist also in
den USA jetzt grade so . . . Kleiner Mann . . . wie heisst der noch
mal . . . Jeder stirbt für sich allein, weiß ich nicht, ob sie das
kennen. Das ist war früher mal aufgelegt, das ist die Geschichte von
zwei Eheleuten . . . Eheleuten, deren Sohn im Krieg fällt, wie man
so sagt, irgendwie . . . und wo die Mutter dann anfängt . . . dann
fangen sie an so Postkarten zu schreiben, die sie überall hinlegen
und werden dann irgendwie aber nach zwei Jahren, obwohl das ganz
heimlich läuft also werden sie festgenommen und umgebracht im Knast.
Dieses Buch ist jetzt grade wieder . . . das kommt über Frankreich,
das ist zwar schon 46 in Deutschland erschienen und ist jetzt in den
USA ein großer Renner geworden, irgendwie . . . und jetzt hab ich es
mir denn auch noch mal geholt . . . Das ist eine differenzierte
Geschichtsdarstellung von so einer Berliner Paar.
W.T.:
Ja, das sind also so . . . da bin ich ja so langsam wieder ich
zwischendurch war ich auch dreimal verschickt . . . nicht von der
Schule, dafür war ich zu schwer, obwohl ich dünn war, ich hatte
immer das Gewicht, was man in meinem Alter haben mußte, aber ich war
eben dünn . . . verschickt von der vom Komitee ehemals politischer
Gefangener hiess das zu Anfang, daraus ist die VVN hervorgegangen und
die Arbeitsgemeinschaft verfolgter Sozialdemokraten . . . die haben
sich getrennt nachher . . . zuerst waren sie zusammen . . . als
Komitee ehemaliger . . .
J.M.:
Jetzt nach dem Krieg?
W.T.:
Nach dem Krieg . . . und von diesem Komitee oder nachher war das
wohl auch schon VVN war ich drei mal in Steinbeck . . . Steinbeck bei
Buchholz, da hatten sie ein Kinderheim . . . und da wurden wir dann
. . . einmal ernährungsmässig büschen aufgepeppelt . . . wir
wurden . . . hatten da nen Lehrer, der Unterricht ging weiter . . .
also weil wir da fast sechs Wochen oder was waren . . . wär der
Schulausfall wohl zu groß gewesen . . . und dann war ich noch von
Oktober bis Dezember in Dänemark bei Draning Mölle . . .
J.M.:
In welchem Jahr war das?
W.T.:
Das war . . . das war . . . schon nach dem Krieg . . . das war . .
. wann kann das gewesen sein? 1947/48 . . . ich glaub 47 muß das
gewesen sein, von Dezember bis Weihnachten . . . Neujahr warn wir
wieder hier . . . und da war das also noch so . . . das waren alles
aus ganz Deutschland Kinder von Opfern . . . vom NS Opfern . . .
Kopenhagen auf dem Hauptbahnhof mit Blitzlicht und allem möglichen,
ging durch alle . . . alle Zeitungen da in Kopenhagen . . . und wir
waren in der Nähe von Helsingör, kleiner Ort . . . Drönningmölle,
übersetzt heisst das Königsmühle , dronning ist der König, von
der Drohne bei den Bienen . . . aber na gut, also gut . . . also in
Dronningmölle waren wir und das in einem Hotel, das einer
Reederfamilie gehörte und im Sommer aber keinen . . . deswegen von
Oktober bis im Sommer war das also nicht belegt . . . da war nur im
Sommerurlaub damals, heute macht man ja auch im Winter an der Küste
Urlaub . . . aber damals war noch, da waren wir ein Vierteljahr . . .
und das war eigenartig . . . obwohl das also bekannt war , was wir
für Kinder waren . . . wenn wir auf der Strasse mit paar waren oder
gingen und haben deutsch gesprochen wurden wir ganz schief angekuckt.
Also ja, das war eigenartig . . . obwohl sie genau wußten, dass also
wir imgrunde ja nicht zu gehörten . . . jetzt wissen sie ja, wenn
Deutsche kommen, freuen sie sich, die bringen Geld mit . Aber gut,
das war aber damals, gleich nach . . . der Zeit . . . das sind so
Sachen, die man dann in Erinnerung hat . . .
J.M.:
Wann haben sie das erste mal so erzählt, was mit ihren Eltern
passiert ist und das das Kommunisten waren?
W.T.:
Also das hab ich ja . . . praktisch immer nur durch hier und da mal
gefragt . . . man hat mir zum Beispiel nie gesagt, dass meine Eltern
nicht mehr leben . . . das hat man mir nie gesagt, das hab ich nur so
dann . . . wenn man eins und eins zusammenzieht . . . dann und denn
nachher . . . wie das also klar war . . . ich mußte also
mindestens vier mal im Jahr mit Oma zum Friedhof . . . das hat mir
die Sache so verleidet . . . ich sach also . . . ich denk mehr und
öfter an meine Eltern, wie manch einer . . . aber ich brauch nicht
irgendwo ein bestimmtes Stück Erde hinlaufen, mir drei Tränen
abquetschen und wieder nach Haus gehen, das ist dummes Zeug sag ich,
brauch ich das nicht . . . aber das ist Ansichtssache . . .
J.M.:
Da ist ein Stein auf dem
Friedhof . . . in Ohlsdorf oder wo?
W.T.:
Mein Vater ist nicht auf
Ohlsdorf, der ist da nicht hingekommen. Die hatten in Neuengamme ein
eigenes Krematorium und die Asche wurde da verstreut. Ich hab dann
mal ein paar Führungen mitgemacht . . . und hab mir das mal
angekuckt und da sacht er . . . ja hier . . . hier ist irgendwo die
Asche verstreut und meine Mutter war beigesetzt worden im Grab ihres
ältesten Bruders, der also verstorben war durch die Kriegsein . . .
verwundung, das ist nachher aufgehoben worden, die Witwe von dem, die
wollte das auch nicht verlängern und meine Mutter ist . . . hat
jetzt eine . . . die Gedenkspirale im Garten der Frauen . . . das
war mir viel wichtiger als im . . .
J.M.:
Haben sie noch . . . so . . . Erinnerungen an die 50iger und 60iger
Jahre in Deutschland, was sie da so erlebt haben in Bezug auf ihre
Eltern . . .
W.T.:
Naja, ich war dann seit . . . acht . . . seit fünfzig . . .
seit fünfzig . . . seit neunundvierzig fünfzig . . . da waren wir
im Sommer viel unterwegs . . . Urlaub im Zeltlager . . . wir haben
also sehr viele schöne Erlebnisse und gemeinsame Touren und Sachen
gemacht und das ist nachher soweit . . . und wie wir nachher grösser
wurden und die Gruppe sich auflöste . . . altersmässig . . . da
haben wir dann noch jahrelang danach Zeltlagerbetreuung für andere
Kinder gemacht also Gästekinder, die keine eigene Jugendgruppe hatte
und so weiter . . . ich hab im Zeltlager immer den Technikbereich mit
abgedeckt . . .
J.M.: Mir fällt das so ein, weil ich selber bin Jahrgang 46 und hab selber sehr viel gefragt so bei meinen ganzen Verwandten wie das so war in der Nazizeit, bin auch oft mit meinem Vater da um Neuengamme rum gefahren, aber er hat nie erzählt, was das eigentlich genau war, ja und den einzigen, den ich eigentlich hatte, der offen mit mir umgegangen ist, war mein Onkel, der warn strammer Nazi gewesen in der Zeit. Der war in Bergedorf beim Briefmarkenverein und das war der einzige, zu dem ich irgendwie Respekt hatte, alle anderen, habe ich immer gedacht, mein Gott, ihr seid da dicht dran vorbeigelaufen am Bergedorfer Bahnhof, Bergedorf West und da sind irgendwie 500.000 Menschen >umgeschlagen< worden.
W.T.:
Müsst ihr doch gesehen haben.
J.M.:
. . . und ihr habt mir erzählt, ihr hattet das nicht gesehen,
was denn noch eine Erinnerung an diese 60iger Jahre oder sowas ist,
das ich als Kind immer dachte, also die Kommunisten hätten den Krieg
angefangen, weil das waren immer die Bösen, das waren die
Bösewichter. Das das eigentlich die Nazis waren, die den Krieg
angefangen haben, das habe ich erst viel später mitgekriegt . . .
W.T.:
Den Sender Gleiwitz da überfallen haben, damit fing das ganze ja an.
Da haben wir uns natürlich in der Jugendgruppe auch mit beschäftigt
mit diesen Sachen. Und da hatten wir aber Referenten und Leute, die
uns, was wir selbst nicht wußten, doch ziemlich offen über
gesprochen haben. Der Verwandten und Bekanntenkreis, das Thema war
son bißchen tabu, wollten alle nicht gerne darüber reden,
befürchteten, dass ich vielleicht zu viel Fragen stelle oder nach
der eigenen Haltung frag, wie sie sich verhalten haben Nazis und und
und, das war also . . .
J.M.: Das war das einzige, was der Christian Geissler sagt . . . Christian Geissler, sagt ihnen das was ? Der hat son paar Romane geschrieben.
W.T.:
Wer?
J.M.:
Christian Geissler. Der ist jetzt schon längere Zeit tot, gestorben
vor drei Jahren, der hat so mehrere Romane geschrieben unter anderem
einen über die Nazizeit, in der ein Polizist die Seiten wechselt.
(Ende
Band 2)
(Anfang
Band 3)
J.M.:
Wo waren wir, ja richtig Christian Geissler und der hat . . . der
ist vor ein paar Jahren gestorben . . . ist jetzt zwei Jahre her . .
. und der hatte gesagt, das einzige was den Deutschen nach dem Krieg
geblieben ist, ist ihr Antikommunismus, den durften sie behalten
W.T.:
Den durften sie behalten. Ja, da ist was dran . . . Also was wir
damals in der Jugendgruppe durchgenommen, ein Buch das gelesen haben
. . . so auf dem Gruppenabend mal ein zwei Kapitel, bis wir das
durch hatten, das war aus der Zeit des Sozialistengesetzes, das war
ja vor den Nazis . . . wie Bismarck die verboten hatte und da hab
ich also viele Parallelen . . . wie im Hintergrund oder im
Untergrund gearbeitet wurde . . . das hiess . . . Je dunkler die
Nacht, desto heller die Sterne oder so ähnlich . . . das hat mich
damals fasziniert und den anderen hier, den die Revolution entläßt
ihre Kinder von Wolfgang Leonhardt und solche Sachen auch gelesen und
verschiedene andere Sachen . . . . . . Der rechnet da ja mit
seinen eigenen ehemaligen Kommunisten ab. Sicherlich, das ist eine
Demo . . . eine Diktatur ist was ganz schlimmes, ist egal obs ne
rechte oder ne linke Diktatur ist . . . ne Diktatur ist immer
schlimm. Und das ist . . . ich sag immer . . . oder meine Meinung ist
. . . für einen Sozialismus ist der Mensch noch nicht reif . . . der
ist noch nicht reif . . . der muß zurückstecken . . . der wird
nach wie vor von seinen Urtrieben geleitet, das ist also der
Arterhaltungs und Selbsterhaltungstrieb und beide haben egoistische
Motive, ich muß der andere nicht . . . so und damit müssen wir von
runter eher funktioniert das mit dem Sozialismus nicht . . . weil
wenn da wieder eine Kaste rankommt, die mit mal auch nur wieder an
sich denken oder an ihr Umfeld, das hat man eben bei den Kommunisten
gesehen . . . ne eigne Führungskaste, die auch um diesen Macht . .
. diese Macht, die sie einmal hatten, vielleicht auch zum Teil
demokratisch noch bekommen haben, dass sie diese Macht nachher mit
allen Mitteln . . . allen schlechten Mitteln verteidigen . . . eben
auch zu Diktatur werden und das ist das, was mich also nicht von der
kommunistischen Idee trennt, aber von dem, was die Leute draus
gemacht haben . . . und wenn jetzt einer sagt, ich bin bekennender
Kommunist und sagt . . . ja was meint er denn damit? Meint er die
gute Idee, die gar nicht schlecht ist? Oder nur, weil er aus
Tradition so gewesen ist? Oder geworden ist, oder weil er sich
unterdrückt gefühlt hat und so weiter.
J.M.:
Haben sie Kinder?
W.T.:
Ja.
J.M.:
Wie denken die so?
W.T.: Ja die, meine Tochter hat sich da ne ganze Zeit lang auch, mit beschäftigt, die hat aber jetzt über Freunde und Bekannte eine Richtung . . . eingeschlagen . . . nicht politischer Art . . . politisch ist sie ok . . . da ist sie meiner Meinung nach auch auf den sozialen Bereich . . . sie ist nun in ein Gebiet durch Freunde reingekommen, wo ich nun gar nichts von halt, sie ist in ner freikirchlichen Gemeinde und mit Kirchen hab ich nichts am Hut. Ist egal mit welchen . . . welchen Glauben auch immer, das ist . . . man muß das glauben und nichts ist bewiesen . . .
J.M.:
Ist die hier in diesem Haus groß geworden?
W.T.:
Ja, ja . . . aber sie wohnt jetzt in Itzehoe . . . ne das ist durch
Schulfreundinnen und so weiter . . . ist sie da mitn mal gelandet.
Gut . . . Die freikirchlichen Gemeinde sind ja keine schlechten
Menschen, aber . . . eben diese, was jede Religion für sich in
Anspruch nimmt . . . diesen sogenannten Alleinvertretungsanspruch .
. . wir sind die einzig richtige Religion, das lehne ich ab . . .
und ich glaub an keinen Gott, an kein überirdisches Wesen, wer dran
glauben soll . . . soll er von mir aus, aber er soll nicht von mir
verlangen, daß ich das auch tue . . . Das ist eine Sache, wie ich
in die Lehre kam, mußte ich ja ne Steuerkarte . . . Lohnsteuerkarte
haben . . . Ortsamt in Farmsen und ich sag Steuerkarte . . . ja
und in welcher Kirche sind sie ich sag in gar keiner, schreibt sie
was hin fertig, krieg meine Steuerkarte als Lehrling war man ja . . .
hatte man immer so wenig, daß man keine Kirchensteuer bezahlte . . .
ich kriegte meinen ersten Gesellenlohn für drei Tage oder so, das
war immer . . . monatliche Abrechung, aber nen wöchentlichen
Abschlag . . . und da stand mitten mal 11 Pfennig Kirchensteuer . .
. da war ich aber verdammt noch mal . . . 11 Pfenning, ich rauf,
Werkstattschreiber, hier Lieschen da stimmt was nicht, ich bin doch
gar nicht in der Kirche, . . . guckt sich an, ja . . . ruf ich mal
im Lohnbüro an . . . sagt der im Lohnbüro, auf der Steuerkarte
steht aber lt. . . . das heisst evangelisch-lutherisch und ich sag
ja hab ich . . . dann hatten die da einfach das falsch
reingeschrieben. Ich sag, in zwei Wochen hab ich Nachtschicht, dann
hole ich mir die Steuerkarte und dann hin. Komm ich hin. Ich sag ich
möchte gerne hier den Irrtum aufklären und möchte das geändert
haben. Ja, sind sie denn nicht? Ich sag, nein, nein bin ich nicht, ja
dann möchte ich mal ihre Austrittserklärung sehen. Ich sag, ich . .
. sind sie Mitglied im HSV? Nein. Und wo ist ihre Austrittserklärung?
. . . Ja, nun das ist ja ganz was anderes. Ich kann das nur ändern,
wenn ich ne Austritts . . . Ich sag, ich bin in den Verein nicht
eingetreten . . . ich bin weder getauft noch konfirmiert worden,
meine Eltern haben . . . zu meinen Cousins auch alle gesagt . . . ab
16 bist du religionsmündig und dann kannst du machen, was du willst,
wir lassen alles offen, wir machen nichts. Das ist ja praktisch ne
Bevormundung, wenn man einen tauft und in die Kirche steckt, ohne zu
wissen, ob er das nachher will. Das haben die . . . meine Eltern,
Detlev und die auch alle nicht, meine Cousins, ich bin da nicht
eingetreten, ich bin nicht getauft nicht konfirmiert, das möchte ich
geändert haben, ich geh hier nicht eher raus . . . Ne das darf ich
nicht, ich hab so meine Vorschriften, ich sag, dann haben sie doch
sicher noch einen Vorgesetzten, vielleicht hat der nen anderen
Spielraum . . . Ermessensspielraum . . . telefoniert sie einen
Augenblick, später kommt er rein, da war das älteste Bruder meines
Gruppenleiters bei den Falken . . . da sagt er was machst Du denn
hier? Ich sag, hier so und so, schilder ich ihm das, ja sagt er,
machen sie ne Notiz er hat glaubhaft versichert, daß er nicht und
dann ändern sie die Karte . . . und dann ging das. Laut Anordnung
von. Dann hat sie das hingeschrieben und hat das geändert . . .
Wir waren von der Tochter da raus gekommen . . . also ich hab mit
Kirche nichts am Hut, wobei die durchaus gute Sachen machen, nur was
ist im Namen des Glauben alles für Unrecht geschehen auf der Welt
und geschieht noch. Obs nun heutzutage noch Kindermißbrauch oder
sonstwas ist . . . aber alles im Namen des Glaubens und der Religion
und was weiss ich nicht, ist sind auch nur Menschen . . . Der
Oberbeerdigungskasper da in Rom . . . ne der . . .
J.M.:
Ich hab ja jahrelang diesen Witz erzählt . . . als dann vor
drei Jahren . . . den kennen sie bestimmt auch . . . den mit dem
Snickers und mit dem Mars. Der Witz ist uralt, ich glaub ich hab den
schon von meinem Vater übernommen . . . da macht ein . . . Pastor
geht in Urlaub, der Küster, also der die Glocken da ziehen muß, der
macht sozusagen die Vertretung, bei der katholischen Kirche, also
auch den Beichtstuhl, und er hat ihm alles gesagt, was so gibt, so
viel dafür, so viel dafür . . . fünf Rosenkränze beten und so,
naja und jedenfalls sitzt er denn im Beichtstuhl und denn sagt denn
der da im Beichtstuhl sitzt . . . also ich hab Analverkehr gehabt .
. . guckt er in seine Liste . . . Analverkehr hat er überhaupt gar
nicht und denn kommen da zwei Jungs, so Messdiener vorbei und die
fragt er denn . . . und sagt was gibt denn der Pastor bei
Analverkehr? Mal ein Snickers, und mal nen Mars. Diesen Witz habe ich
jetzt . . . nen Snickers? ein Schokoladenriegel, jahrelang erzählt
und hatte nicht gedacht das das so realistisch ist . . .
W.T.:
Mal
nen Snickers mal ein Mars. Nein, den hatte ich noch nicht gehört.
J.M.:
Der war uralt. Als das rauskam irgendwie . . .
W.T.
: Ja, ja sowas gibt es . . . Ja da ist viel Schindluder gemacht
worden von Gläubigen, die Wunder wie hoch stehen und von der Moral
her und selbst . . . also deswegen ist das nicht mein Verein.
Muß
jeder selbst wissen.
J.M.:
Ich bin mal eingetreten, also mit . . . meine Eltern hatten mir
das auch freigestellt . . . ich war dann irgendwann überzeugt . . .
ich glaub mit dreizehn oder vierzehn habe ich mich taufen lassen und
dann auch kirchlich geheiratet . . . und dann 1971 bin ich dann
wieder ausgetreten.
W.T.:
Ich hab in der Schule hatten wir ja Religionsunterricht und wir
konnten uns befreien lassen und dann sagte mein Onkel, du kannst
jederzeit den Zettel kriegen, aber hör dir das ruhig mal an, dann
hab ich mir das zweimal angehört, und denn hab ich gesagt ne,
nächstes mal bring ich nen Zettel mit, ich möchte nicht mehr, wieso
denn nicht? . . . Ich sag ne, ich möchte Religionsunterricht haben,
kein Konfessionsunterricht, ich möchte wissen, welche Religion gibt
es auf der Welt, was sind deren Ziele und und und und wie sind die
strukturiert aufgebaut . . . undsoweiter, das möchte ich wissen,
ich möchte nicht hier das Vaterunser auswendig lernen . . . oder die
zehn Gebote . . . eins kann ich sowieso nicht unterstreichen, das ist
das das der Alleinvertretungsanspruch, du sollst keinen anderen
Herren oder so irgendwie . . .
J.M.: Das haben die aber alle.
Hinweise: Käthe Tennigkeit, geb. Schlichting, geb. am 2. April 1903, ermordet am 20. April 1944 im KZ Fuhlsbüttel. Richard Tennigkeit, geb. am 5. 09. 1900 ermordet am 12. Dezember 1944 im KZ Neuenamme.
Jens Meyer 20.05.2020 /Aufgenommen am 29. März 2011,
Durchgesehen 10. Februar 2020 Foto Jens Meyer (1985)
Rückseite der Karte aus Belfast (Irland):„Built by the Irish, sunk by the English“ Die Suchmaschine hat übersetzt:„Gebaut von Iren, versenkt von Engländern„
Das erste Opfer der Titanic war ein 15 jaehriger Nieter aus Belfast namens Samuel Scott, der zwei Jahre vor Stapellauf des Schiffes von einer Leiter fiel.Fotografen (so weit bekannt): Foto 1 Beisetzung der Opfer der Revolution Gebrüder Heckel, Foto 2 Fischfrau Rudolf Heinrich Meyer, Foto 3 Milchhändler Rudolf Heinrich Meyer, Foto 12 Der König der U Bahn Jens Meyer
Da sitzt er, satt und selbstzufrieden, auf dem Polster seiner gesicherten Pension, der Herr Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Doktor Hans-Georg Maaßen. In seiner Betonburg über dem Rhein. Ein Staatsdiener sollte er sein.
Doch spätestens seit der Aufdeckung der NSU-Terrorbande fragt man sich, welchem Staat der denn dient. Dem, der im Paragraph 130 des Strafgesetzbuches gegen Volksverhetzung das Grundgesetz vor seinen Feinden schützen soll oder jenen braunen Existenzen, die, gestützt auf ein vom Amt bezahltes Spitzel-Netz Mord an Mord reihen, mit Vorliebe Ausländer jagen, aber gern auch mißliebige Inländer unter die Springerstiefel nehmen.
Da erzählt der Präsident dem unheimlichen Zentral-Organ des Drecks-Journalismus, der BILD-Zeitung, er hielte das Video über die Jagdszenen in Chemnitz für eine „gezielte Falschinformation, um möglicherweise die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken“.
Mit Falschinformationen kennt er sich aus, der Herr. Am liebsten stellt sein Amt durch Schreddern allerdings Nicht-Informationen her. Und so wie der Maaßen-Schutz über Jahre den rechten Terror ignoriert hat, so wirft er jetzt Nebelkerzen über die Tätigkeit seines Amtes im Vorfeld der Chemnitzer Aktionen von Pegida, AfD und rechten Schlägern. Zwar hat der sächsische Verfassungsschutz in einer „Lagebewertung“ die Chemnitzer Polizei im Vorfeld der Demonstrationen auf die Möglichkeit hingewiesen, dass deutlich mehr Rechtsextreme, Hooligans und rechte Kampfsportler aus ganz Deutschland anreisen würden, als vom Veranstalter angemeldet worden waren. Aber offenkundig wurde weder das Kanzleramt informiert noch weitere Polizeireserven angefordert.
Nennt der Terror-Schutz-Maaßen wenigstens jetzt Einzelheiten? Wer denn wann und wo das Video gefälscht haben soll? Und vor allem: Wie denn das Video vom Mord in Chemnitz abgelenkt haben soll? Nichts davon. Was man aber weiß: Maaßen hat sich mit seinem Chef, dem Innenminister Seehofer vorher über das Interview abgestimmt. Seehofer? Das ist doch der, dessen alter Parteifreund Gauland heute AfD-Chef ist. Der die Migration als Mutter aller Probleme bezeichnet. Der hat also die Attacke des Maaßen auf Merkel vorher gekannt und gebilligt.
Ein Amtsleiter, ein Beamter, eigentlich zur Treue verpflichtet, zeiht seine oberste Dienstherrin der Lüge. So einer kann entlassen werden. Durch die Kanzlerin selbst. Doch der Mann, der immer noch fast 3.000 Leute beschäftigt, der über einen Etat von 348 Millionen Euro verfügt, der Mann ist immer noch im Amt. Da gibt es zwei Möglichkeiten: Er weiß zu viel. Das wäre bei einem Geheimdienst-Chef nicht ungewöhnlich. Oder er steht bereit für eine Änderung der deutschen Machtverhältnisse.
Denn eine Koalition von CDU-CSU und AfD wäre rechnerisch möglich: Satte 56,3 Prozent bekäme die rechte Zusammenrottung im Parlament. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Willsch empfahl bei „Spiegel Online“ schon mal die AfD als künftigen Koalitionspartner. Zur Begründung sagte Willsch, dass es mit der AfD eine größere Übereinstimmung gebe als beispielsweise mit SPD oder Grünen. Willsch bekam schon regelmäßig Geld von Unternehmen der Rüstungsindustrie für sein regionales Magazin. Außerdem ist er Vorsitzender der fraktionsübergreifenden Parlamentsgruppe Luft- und Raumfahrt. Da wird über viel Geld und über viel Rüstung verhandelt. Dort werden die nächsten Auslandseinsätze materiell vorbereitet.
Schon lange verhandelt Hans-Georg Maaßen mit der AfD. Über die Inhalte der Verhandlungen will er nichts sagen. Obwohl jeder weiß, der den Beamtenapparat kennt, dass solch brisante Gespräche protokolliert werden. Im Falle des Geheimdienst-Chefs gab es wahrscheinlich sogar Zeugen. Wenn die Merkel jene politische Macht, die im Kanzleramt gebündelt ist, nicht in einem Putsch von Maaßen-Seehofer-AfD verlieren will, dann muss sie den Verfassungsschutz-Präsidenten ablösen. Schnellstens.
Am schnellsten ginge es, wenn man gegen die unheimliche Bürokraten-Seele Maaßen den Paragraphen 81 des Strafgesetzbuches „Hochverrat gegen den Bund“ anwenden würde. Denn „wer es unternimmt, die auf dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern, der wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.“
Autor: Ulrich Gellermann
Gefunden bei: Ulrich Gellermann- Rationalgalerie
Berlin 10. September 2018
Bleibt als Gedanke nur über: Wo ist eigentlich die gute Forderung geblieben, die in der Vergangenheit aufgestellt wurde. (Das war, als wir die Unterlagen aus der „Staatsicherheit der DDR“ zu Gesicht bekamen und einsehen konnten). Die ABSCHAFFUNG DES VERFASSUNGSSCHUTZES. Die Begründung ist immer noch einfach. Er hat die Verfassung noch nie beschützt!
Ich hoffe, Ulrich Gellermann hat nichts dagegen, dass ich seinen gelungenen Beitrag auf unsere Seite nehme. Man findet das Original unter Rationalgalerie:
Einige der Fotografen der Fotos, die hier abgebildet sind, sind bekannt.
Foto 7 (von oben gezählt) ist von Rudolf Heinrich Meyer. Foto 8 von Jens Meyer. Foto 9 ist von Werner Hensel. Alle anderen Fotografen oder Fotografinnen sind unbekannt.