Briefe an Wiebeke (XXXIV) Abteilung: Letzte Fragen an Ilse Kramp

Hallo Wiebeke ,

Romische Zahlen am BUG

PDF Briefe an Wiebeke Letzte Fragen zu Ilse Kramp (Zeichen5.078)

mal wieder ein Spezialfall. So aehnlich wie bei der Aufnahmepruefung bei der dffb. Das letzte Wort, das der Millionaer Kane in dem Film von Orson Welles an seinem Todestag gesagt hat, war: xxxxxxxxxxx. Ich weiß es, weil ich die Aufnahmepruefung bestanden hatte und weil am Ende ein Schlitten auf dem dieses Wort steht in den Ofen geworfen und mit dem Lenkschlitten verbrannt wird.

Nun geht’s um unsere Millionaerin, die aus Berlin stammt. Da hat jemand im Auftrag der Stiftung Ilse Kubaschewski eine Biografie geschrieben, die so schlecht nicht geraten ist. Leider hat Michael Kamp, der das Buch im Auftrag geschrieben hat, nicht herausfinden koennen, in welchem Berliner Kino Ilse Kramp (Maedchenname) sozialisiert wurde. Die Legende sagt Folgendes:

Ilse Kramp ist am 18. August 1907 in Berlin geboren. Als sie 1914 eingeschult wurde, da war der Erste Weltkrieg, wie er später genannt wurde, gerade 18 Tage alt. Ilse wird meist in Berlin Rudow verortet, was aber nachweislich nicht stimmt. Geboren ist sie Luebars, wo ihre Eltern wohnten, das aber erst 13 Jahre spaeter in Reinickendorf eingemeindet wurde. Mit anderen Worten: Sie ist gar keine Berlinerin. Ihre Mutter war Klavierlehrerin, ihr Vater Postbeamter. Oberpostsekretaer. Briefträger wie mein Opa? Wir wissen es nicht. 1910 und 1911 wurden noch zwei Geschwister 1) Gerda und 2) Erich in Lübars geboren. Als am 1. August 1914 der Kaiser zum Krieg ruft und die Spezialdemokraten seinem Darlehensanliegen zustimmen, wird ihr Vater Hermann eingezogen, verliert dadurch sein Einkommen als Postbeamter und wird besoldet, was, weil er einen so niedrigen Dienstgrad hat, dazu fuehrt, das die Familie in Berlin hungert, während sich die Offiziersfrauen die Bäuche vollgeschlagen haben. Das ist aber nur eine Vermutung. Das mit den vollgeschlagenen Bäuchen. Was aber wiederum dazu fuehrt, das Mutter Kramp und die drei Kinder, also auch Ilse, arbeiten müssen: Knoepfe auf Stange annaehen, fuer fuenf Pfennnig fuer drei Stueck. Zur Schule geht es mit der Straßenbahn, aber das Geld reicht nur fuer den Hinweg, der Rueckweg wird gelaufen. So viel zum Elend eines Postbeamten und einer Klavierlehrerin und ihren drei Kindern im ersten Weltkrieg. Im zweiten Weltkrieg war’s auf jeden Fall besser, weil, wie der Fischer Verlag in einer Anzeige für das Buch von Götz Aly: „Hitlers Volksstaat“ geschrieben hatte: „Den Deutschen ging es im Zweiten Weltkrieg besser als je zuvor, sie sahen im nationalen Sozialismus die Lebensform der Zukunft ― begründet auf Raub, Rassenkrieg und Mord.“ Aber so weit sind wir ja noch nicht.

Und jetzt kommt die Aufgabe: Die Mutter Maria arbeitet in einem Stummfilmkino in Berlin und spielt dort Klavier. Die kleine Ilse, 1914 gerade sieben Jahre alt geworden, hilft dabei, in dem sie die Seiten der Noten umschlaegt. Das geht eine Weile gut und dann fliegen sie irgend wann raus, weil die kleine Ilse mehr auf die Leinwand, als auf die Noten guckt. Rausgeschmissen werden sie vom Besitzer des Kinos: Ein Mann. Leider hat auch der Biograf Michael Kamp nicht herausgefunden, in welchem Kino in Berlin der Rausschmiss stattgefunden hatte und wie der Mann hieß, der diese Untat beging.

Der Biograf schreibt nur: Es ist ein Kino in der Koepenickerstraße gewesen und hat einem Mann gehoert, womit ein anderes Kino aus der Koepenickerstraße schon mal wegfaellt, das einer Frau gehoerte: Gertrud Fechner vom Kino Lichtspiele Südost aus der Koepenickerstraße 96-97. Bleiben drei. Nicht beruecksichtigt hat Michael Kamp dabei, daß es die Koepenickerstraße in Berlin mehrfach (5 x) gibt.

Aber seine Annahme ist glaubwuerdig, in dem die ausgesuchte Koepenickerstraße in Kreuzberg, dem Wohnort der Familie Kramp, Berlin N 65, Transvaalstraße 18 ―IV Treppen, am naechsten liegt.

Nach meinen Nachforschungen im Scherl Adressbuch bin ich nun zu der Ansicht gelangt, das Ilse und Maria Kramp 1914 – 1918 im Kino von Karl Stiller, SO 36, in der Coepenickerstraße 36 -38 gearbeitet haben. Das Kino hieß in dieser Zeit, 1914 – 1918: Pariser Lichtbildtheater. Die Informationen stammen aus dem Branchenbuch der Firma Scherl von 1914 bis 1918.

Nur zur Ueberpruefung: Die Daten dazu stehen auf Seite 191 (1914) und auf Seite 201 (1918) des Scherl Adressbuches von Berlin. (Branchenverzeichnis)

Die Adresse der Familie Kramp: Kramp, Hermann, Ob. Postschaffner, N 65, Transvaalstraße 18, IV Treppen, befindet sich im Namensverzeichnis des Scherl Adressbuches von Berlin von 1919 auf Seite 1435.

Nun kommt die Frage: Koennen wir das Raetsel loesen: In welchem Kino ist die spaetere Millionaerin Ilse Kubaschewski sozialisiert worden?

Und nun kommst Du, vielleicht kennst Du ja Jemanden, der das herausfinden kann, ob das wirklich stimmt? Natuerlich kommt fast nur eine Suche im Netz in Frage, weil, wieder mal, alle Beteiligten, die man fragen koennte, schon seit Jahren tot sind.

PS: Was mir noch einfaellt. Der Biograf Michael Kamp notiert noch, das Ilse, als sie schon ueber eine Menge Geld verfuegte, immer noch die eingegangenen Briefe auf ungestempelte Briefmarken ueberpruefte, die sie dann sorgfaeltig abloeste, um sie erneut zu benutzen. Sobald ich das gelesen hatte, hatte ich auch gedacht, ein Buch ueber ihr Leben, das 48,00 Euro also fast 96 Mark kostet, das haette sie vermutlich niemals gekauft, schon gar nicht, wenn, wie in meinem Falle, die gewuenschte Information, in welchem Kino Ilse sozialisiert wurde, im Buch gar nicht vorhanden ist, was sie in unserer Zeit jedoch nicht im Buchladen haette herausfinden koennen, weil, es liegt nirgendwo rum und muß natuerlich erstmal beim Verlag bestellt werden. Und eine Bestellung zur Ansicht gibt es, so wie frueher, bestimmt nicht mehr. Lg. J.

xxxxxxxxxxx = nur damit du keine Suchmaschine anwerfen mußt = Rosebud und der Mann heißt eigentlich Charles Foster Kane und meint = William Randolph Hearst.

„Knoepfe auf Stange annaehen“ hat mir eine Freudin erklaert, kannte ich natuerlich nicht. Also wenn man (meist eher Frau) Knoepfe auf Stange anaehen soll, dann geht das so: Also zuerst den Faden durch die Knopfloecher mit dem Kleidungsstueck verbinden und dann, damit der Knopf einen kleinen Abstand zum Kleidungsstueck bekommt, die Faeden zwischen Knopf und Kleidungstueck umwickeln und dann mit dem Wickel verbinden, sodaß sich der vernaehte Faden nicht wieder abwickeln kann. Aber das wußtest Du natuerlich schon lange, oddr?

Spiegel 23. Januar 1957

Foto von dem Fotograf: Clemens Franz. Prierosser Strasse 32 in Berlin Rudow
Rechts daneben ist der Rest von dem Kino von Ilse Kubaschewski in Berlin Rudow zu sehen.

v.l.n.r. Ilse Kubaschewski, geb. Kramp, Adrian Hoven und Hans Wilhem Kubaschewski beim Gloria Filmball 1956. Der Name der Fotografin oder des Fotograf wurde auf der Seite mit dem Schreibfehler nicht genannt.

Hallo Dr. Eva Moser, ist ein Schreibfehler der gleich zwei mal auftaucht immer noch ein Schreibfehler? „Die „Kuba“, wie sie in Branchenkreisen genannt wurde, brachte aber auch anspruchsvollere Werke auf den Markt. Das 1957 von Robert Siodmak inszenierte Kriminaldrama „Nachts, wenn der Teufel kam“ wurde als erster deutscher Nachkriegsfilm für den Oscar nominiert. In den Siebziger Jahren sorgte Ilse Kubaschweski noch einmal für dicke Schlagzeilen, als sie ihre Filmfirma für neun Millionen Mark verkaufte. 2001 ist sie gestorben. Heute erinnert noch das Kino mit dem klingenden Namen Gloria Palast am Münchner Stachus an ihr Wirken. Ilse Kubaschweski gehörte zu den ganz wenigen Erfolgsfrauen im harten Filmgeschäft. Sie produzierte und verlieh über 500 Filme, darunter auch den Klassiker „La dolce vita“ von Federico Fellini. Mit der Überlieferung der Gloria-Film verwahrt das Bayerische Wirtschaftsarchiv einen wichtigen Bestandteil deutscher Filmkultur.“

Dr. Eva Moser, Leiterin des Bayerischen Wirtschaftsarchivs.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert