Ilse Kramp in Pasewalk

Ilse Kramp in Pasewalk

Über Ilse Kramp gibt es noch eine Geschichte, die Manfred Barthel spaeter erzaehlt hat, die in dem Buch von Michael Kamp zitiert wird. (Auf Seite 40 – 42 ). Dort berichtet Manfred Barthel: »Die blonde Postbeamtentochter lernte damals (im Verleih von Johannes Siegel) nicht nur die Arbeitsmethode, sondern auch alle Tricks, die Kinobesitzer im Umgang mit den Verleihern parat hatten.

Zum Beispiel den: Die Kopie eines Filmes besteht aus vier bis fünf Rollen. Sie wurden damals per Nachnahme an die Kinos verschickt. Da aber die Nachnahmegebühr nach dem Gewicht berechnet wurde, verschickte der Verleih nur die letzte Rolle per Nachnahme, in der richtigen Annahme, daß niemand einen Film spielen wuerde, dessen Schluß fehlte. Das funktionierte auch.

Aber in Pasewalk gab es einen Kinobesitzer, der nie die letzte Nachnahmerolle einlöste. Was mochte der Mann in seinem Kino wohl spielen? Ilschen, inzwischen auch Chefsekretaerin und Seele des Verleihs, fuhr nach Pasewalk. Im dortigen Kino lief doch tatsaechlich der Siegel Monopol-Film, dessen Kopie sie eigenhaendig abgefertigt hatte und dessen letzter Akt uneingeloest zurueckgegangen war. Wagte der Kinobesitzer tatsaechlich seinem Publikum einen Film ohne Schluß vorzusetzen? Als der vierte und vorletzte Akt zu Ende war, wurde es hell im Kino.

Der Kinobesitzer kam persoenlich auf die Buehne und erklaerte mit allen Zeichen der Veraergerung, daß bedauerlicherweise wieder einmal die letzte Rolle nicht angekommen sei! Bis zur letzten Minute habe er noch gehofft. Vergeblich. Doch Glueck im Unglueck, zufaellig kenne er den Schluß des Filmes und koenne ihn zum besten geben. Und nun erzaehlte der Mann in herzerwaermenden Worten einen Schluß, der aber auch rein gar nichts mit dem Originalfilmschluß zu tun hatte, sich aber spannend anhoerte.

Seine zu Zuhoerern umfunktionierten Zuschauer waren es zufrieden, und der Maerchenerzaehler erhielt kraeftigen Beifall. Ilschen aber schickte in Zukunft nur noch Kopien nach Pasewalk, bei denen saemtliche Rollen per Nachnahme aufgegeben waren.«

Manfred Barthel: Als Opas Kino jung war, Seite 60, zitiert nach Michael Kamp, Glanz und Gloria, August Dreesbach Verlag , München 2017, (Seite 40 – 42) .

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert