PDF Wasserturm3
Schönen guten Tag. Man hat mich gebeten, hier ein paar Worte zu sagen.
Vor knapp einem Jahr stand ich hier schon mal aus gleichem Anlass vor dem Mikrofon. Vor einem Jahr war noch einiges anders als heute. Wir hatten damals noch einen unbeleuchteten Wasserturm. Keine Festung wie jetzt. Keine Rundumbewachung. Keine Personenkontrollen. Einen unbeschädigten Rasen. Und im Sommer Kino. Ich hatte vor einem Jahr noch die Hoffnung, dass wir genügend vernünftige Leute in Bewegung bringen könnten, dass der Schanzenpark so bleibt wie er ist und die Pläne vom Parkhotel wieder in den Schubladen verschwinden, wo sie jahrelang gut aufgehoben waren. Leider ist das, wie wir jetzt sehen, nicht passiert.
Es gibt in dieser Stadt einige Neuerungen, die aus meiner Sicht doch recht fragwürdig sind. Verbesserung möchte ich diese Neuerungen deshalb nicht nennen. Man hat schon von den Feuerwehrleuten gehört, die selber Feuer legen. Aber von Denkmalschützern, die Geld dafür ausgeben, daß ein Denkmal zerstört wird, davon hatte man bisher noch nicht gehört. Das gibt es nur bei uns.
Das ist eine dieser Neuerungen.
Da wird der in der Welt einmalige Wasserbehälter von den Schneidbrennern im Auftrag der Firma Möwenpick AG im Eilgang zerlegt und zum Schrottplatz gebracht. Den Herren kann es gar nicht schnell genug gehen.
Das Hamburger Abendblatt findet für die Zerstörung dieses Denkmals das Wort “Entkernung“. Der Wasserturm ist fast entkernt lautete die Überschrift.
Mit dem Wort “Kern“ haben sie gute Erfahrungen gemacht. Einen Kirschkern, den isst man ja auch nicht mit. Dass in diesem Fall der Kern, das eigentlich schützenswerte Denkmal ist, wird dabei geflissentlich übersehen.
Die Eile, mit der hier etwas völlig einmaliges zerstört wurde, erinnert ein wenig an die Eile, die die Stadtverwaltung hatte, als sie aus sogenannten gemeinnützigen Zwecken den Sand in die Elbe schütten ließ, nur damit schnell die großen Brummer dort landen können. Äpfel hin oder her.
Jetzt steht vom Wasserturm nur noch eine nichtssagende Hülle. Auch das Dach ist abgedeckt. Erstmals seit 1990 hat damit der Turmbesitzer eine Auflage der Stadt erfüllt: die Ziegel können den Parkbesuchern nun nicht mehr auf den Kopf fallen.
Ob die Besitzer des Parkhotels viel Freude an ihrem Hotel haben werden, wenn es denn einmal fertig ist, das weiß ich nicht. Missgünstig, wie ich nun einmal bin und an den Geschäften der Herren so gar nicht interessiert, hoffe ich, dass sie an ihrem Luxushotel und dem Umfeld drumherum nicht viel Freude haben werden.
Heute denken die Herren von Mövenpick aber offenbar noch, das sie alles gekauft haben, was man mit Geld kaufen kann. Eine Menge unterschiedlicher Menschen haben sich an ihrem Futtertrog versammelt und manche, die dort die Geschäfte von Möwenpick besorgen, glauben vermutlich das, was sie selber sagen.
Dass ihre Meinung so völlig unbeeinflusst ist von dem Geld, das sie erhalten haben. Sie wollen sich jetzt nur nicht dazu äußern.
Oder sie holen mal schnell die Polizei, wenn die Manager von Möwenpick bei Ihnen nicht in Ruhe Kaffee trinken können.
Vor dem Bezirksparlament wird dann alles anders dargestellt. Aus den Direktoren von Mövenpick werden dann schnell mal einfache Bauarbeiter, die von Randalierern bedroht wurden. Alles schon passiert.
Allen sind Vorteile versprochen worden und es scheint so, dass es sich auch finanziell lohnt, an die Geschichte vom Segen des Luxushotels zu glauben. Noch. Die einen freuen sich über steigende Grundstückspreise und Mieten, die anderen über ein neues Vereinshaus oder neue Holzbalken für das Holzhaus. So wird in die Köpfen aus einem Luxushotel eine sogenannte vernünftige Lösung.
Alle, die anderes wollen und auch öffentlich fordern, sind Utopisten . . . weltfremd . . . und was es da noch so alles gibt.
Aus einem Farbbeutel, auf das Haus eines Politikers geworfen oder auf das zuständige Bezirksamt, wird schnell eine kriminelle Vereinigung gebastelt und eine nächtliche Hausdurchsuchung schafft dann die Gewalt, die diese bösen Straftäter mit ihren Farbbeuteln ausüben.
Vermutlich denken die Herren Geldgeber:
Das kleine Häufchen, das hier schon seit einem Jahr immer wieder zusammenkommt, um NEIN zu sagen, das werden wir schon noch klein kriegen, wenn wir es nicht kaufen können, wie alle anderen, die unsere Sache so gut vertreten. (Hier könnte man 2014 ja mal ein paar Namen nennen, aber das lassen wir jetzt mal).
Wieder mal gibt es eine kleine radikale Minderheit, die dem sogenannten Fortschritt im Wege steht, den es mit aller Macht durchzusetzen gilt.
Für jeden Radikalen, der einen Farbbeutel gegen Mövenpick bei sich tragen könnte, gilt es Truppen von Polizisten aus anderen Bundesländer zu bestellen, die dann militärisch organisiert, mit schwerem Gerät auffahren. Unser Innensenator, der ja von Herrn Schill (wer war das noch mal ?) aus Bayern importiert wurde, wie wir uns erinnern, damit hier endlich Ruhe und Ordnung wieder einkehrt . . . Dieser Herr scheut keine Mühe und Kosten, wenn es gilt, Truppen und Wasserwerfer aus anderen Bundesländern anzufordern. Er muss die ja nicht aus eigener Tasche bezahlen. Und schon W. C. Fields sagte: „Aus anderer Leute Taschen ist man immer großzügig.“
Sogar aus Bremen waren schon mal welche da. Da wird einem als Demonstrant und auch als schweigender Zuschauer eine Menge geboten und wenn es nur der Eindruck ist, das wenn der Innensenator und sein Bürgermeister hier so viele Polizisten aufmarschieren lassen, dann müssen das ja ziemlich gefährliche Leute sein, die sich da zusammengerottet haben, um die öffentliche Ordnung zu stören.
Ach, wenns doch nur so wäre, kann ich da nur sagen.
Wir haben in dieser Stadt leider nicht so viele Freunde, die ihre Freundschaft offen zeigen wollen. Schon gar nicht bei unseren Freunden von der CDU.
Aber leider auch nicht bei den anderen Parteien GAL und SPD und wie sie alle heißen, die ja von sich behaupten, sie seien die Opposition. Ich weiß nicht, mit welchem Wort ich das bezeichnen kann, was sich dort in Sachen Wasserturm. abspielt. Aber unter Opposition verstehe ich doch etwas anderes.
Wie soll man auch aus einer offenen Hand, die jahrelang bei der öffentlichen Hand die Hand aufgehalten hat, eine geschlossene Faust machen? Unmöglich. Schließlich kein Toyota sowas. In Sachen Mövenpick und Luxushotel geht das gleich gar nicht. Wie in vielen anderen Fällen macht der jetzige Senat nur das, was die Vorgänger im Amt wollten, als sie selbst an den Fleischtöpfen saßen.
Bleiben von den Parteien uns doch nur die Zwerge von PDS und Regenbogen übrig, die auf unserer Seite sind. Die machen es zwar nicht schlecht. Aber mit Ihnen allein ist ein solcher Kampf nur schwer zu gewinnen. Besonders dann, wenn auf der anderen Seite alle anderen Parteien sind.
Sicher mit der Zerstörung des Denkmals haben die Herren des Mövenpick einen wichtigen Kampf gegen uns gewonnen. Es waren einfach zu viele, die nichts gesagt haben. Aber vielleicht freuen sie sich auch zu früh. Tja und dann kommt, weswegen ich auch schon vor einem Jahr hier stand:
Die Frage. Und was ist mit dem Open Air Kino im Park?
Wir haben jetzt eine Genehmigung, dass wir in diesem Sommer sechs Wochen lang Kino im Park machen können.
Wir vom 3001 Kino haben uns diese Packung aus Genehmigung und Gesprächen, die uns das Bezirksamt da angeboten hat, genau angesehen und aufmerksam den Behördenangestellten des Bezirks Eimsbüttel und den Mitarbeitern der Patrizia Baugesellschaft zugehört.Privat finden sie das Sommerkino ja ganz toll und sogar ihre Kinder waren in lauschigen Sommernächten öfter im Park Kino gucken. Aber Privat ist Privat und Geschäft ist Geschäft. Jedenfalls so, wie sie das Geschäft verstehen.
Im letzten Jahr konnten wir in jeder Zeitung lesen, was die Behördenmitarbeiter so erzählen. Ein beliebter Standardsatz von Bezirksamtsleiter Jürgen Mantell war: Das Möven-Park-Hotel verändert den Park nicht. Alles bleibt beim Alten. Auch das Sommerkino findet weiterhin statt. In dieser Zeit habe ich mir öfter das Lied meines Lieblingssängers Rio Reiser „Alles Lüge“ angehört. Ich fand, das war die passende Musik dazu.
Jetzt -ein Jahr später – halten die Angestellten der Stadtverwaltung nicht mehr mit ihrer Meinung hinter dem Berg. In Gesprächen, aber noch nicht in der Zeitung, teilen sie mit: Die schlafsuchenden Gäste des Hotels und die Kinozuschauer im Park. Das ist nicht miteinander vereinbar. Das soll aber erst in 2006 in der Zeitung stehen. Vorher besser nicht, ein solcher Satz könnte für Unruhe sorgen und Unruhe ist schlecht für Baumaßnahmen.
Auch die Glaubwürdigkeit würde Schaden nehmen, denken sie, obwohl aus meiner Sicht in dieser Hinsicht nicht mehr viel Schaden angerichtet werden kann.
Deswegen gibt es für 2005 eine Betriebsgenehmigung für das Open Air Kino im Sternschanzenpark und (im Falle wir verhalten uns kooperativ) ist auch für das 2006 eine Genehmigung in Aussicht gestellt.
Danach wird man sehen, so zwei Herren aus der Stadtverwaltung, (die nicht namentlich genannt sein möchten) in einem Gespräch mit einem Open Air Kino Mitarbeiter (der übrigens ebenfalls nicht namentlich genannt werden möchte)
Zeitungen haben dafür eine einfache Formulierung: Sie nennen es: Wie aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen bekannt wurde, wird es nach der Eröffnung des Mövenpick Hotel im Schanzenpark keine Lärmbelästigung durch Open Air Kino mehr geben. Das wurde zwischen den Vertragsparteien so vereinbart.
Fazit: Bis zur Fertigstellung des Hotels lässt man uns noch Open Air Kino machen, danach ist Schluss.
Darüber hinaus gab es in besagten Gesprächen den deutlichen Hinweis, dass, wenn man den Inhalt dieser Gespräche öffentlich machen würde, eine bereits erteilte Genehmigung auch jederzeit rückgängig gemacht werden könne.
Aber auch Laien, wie ich, wissen aus vielen Fernsehkrimis, wie man am besten auf Erpressung reagiert. Man lässt die Erpresser ins Leere laufen.
Mit anderen Worten: Wir vom 3001 Kino machen kein Open Air Kino im Sternschanzenpark, nicht in diesem und auch nicht im nächsten Jahr. (Anmerkung 2014: Später hat sich dann herausgestellt, es gibt oft Jemanden, dem der Rücken nicht krumm genug sein kann).
Mal abgesehen davon, dass die Festung Mövenpick taghell beleuchtet ist und somit Kino ziemlich unmöglich macht und mal abgesehen davon, dass ein Mitarbeiter vom Polizeisportverein bereits gesagt hat, dass in Zukunft kein Strom mehr für die Veranstaltungen auf der Wiese geliefert werden kann . . . Wir machen dieses Spiel eben einfach nicht mit.
Aber nicht alle Menschen sind bei der Entscheidung Open Air Kino im Park JA oder Nein so schlau wie wir.
Leider. Da gibt es andere, die lieber gebeugt als grade gehen und die der Erpressung nachgeben wollen. Das würde nicht weiter schmerzen, wenn es nicht ein guter Freund von mir gewesen wäre, der diesen Fehler machen will.
Aber es ist so wie im richtigen Leben. Jeder muss seine Fehler selber machen, das kann einem niemand abnehmen.
Die Zukunft?
Na ich weiss nicht.
Aber vielleicht wird es so.
So, wie die Besichtigung der Hafenstraßen Häuser heute in keinem Standard Touristenprogramm fehlen darf, obwohl das doch vor Jahren eine kriminelle Hochburg sein sollte, so könnte es auch passieren, dass Gäste von weither kommen, um sich die Bauruine anzusehen, die damals von einem Konzern -wie war noch der Name ? -verursacht wurde und die im Schanzenpark steht und seit Jahren vor sich hin gammelt.
Wie war denn das damals möglich? Welche Regierung hat diese Ruine, die damals ein Wasserturm war, zu verantworten ?
Und dann denken wir nach und es fallen uns nicht einmal mehr die Namen der Herren und Damen ein, die das zu verantworten hätten, es aber wieder immer nicht tun, weil sie dann meist schon ganz woanders sind.
Wer kann sich zum Beispiel noch an die damalige Bezirksamtsleiterin von Eimsbüttel . . . Frau Ingrid Nümann Seidewinkel . . . erinnern, die als erste die Lüge von dem morgen einstürzenden Wasserturm in die Welt gesetzt hatte.
Ingrid Nümann-Seidewinkel (SPD) Foto Henning Scholz 10. November 1997
Und dass man den Wasserturm deswegen an einen Privatmann verkaufen muß, damit dieser sofort die Sanierung in Angriff nehmen kann. Gesagt getan.
Immerhin ist diese Lüge schon über 15 Jahre alt. Würde man diese Dame in die Reihe Jener aufnehmen, die diese zukünftige Bauruine zu verantworten hätten, dazu noch den Herren mit dem Schnauzbart, der auf Wahlplakaten mit den Händen in den Taschen in einem Schwimmdock abgebildet wurde und vielleicht noch jener Notar, Foto Henning Scholz 21. Februar 1996 Henning Voscherau
der nach der verlorenen Wahl so beleidigt war, oder auch jener Bürgermeister, der den Rathausmarkt so aufwendig renoviert hat und dann nur wegen der HEW von seinen Genossen in die Wüste geschickt wurde . . . und natürlich – last but not least-, der Adlige, der jetzt die Regierungs Ungeschicklichkeit lenkt.Foto Henning Scholz Manfred Kanther Ole von Beust 1. September 1997
. . . an ihre Namen wird man sich bei Besichtigung der Baurunine dann kaum noch erinnern, geschweige denn, da wird irgend jemand zur Rechenschaft gezogen.
Kein Wunder, wenn man in dieser Stadt so zynisch werden muss. Vielen Dank fürs Zuhören.
Immerhin gibt es einen Unterschied zu den Rednern der jeweiligen Regierungen. Wir schreiben unsere Reden selbst.
Die Fotos von Henning Voscherau, Ole von Beust, Manfred Kanther und Ingrid Nümann-Seidewinkel sind von Henning Scholz Pressefotograf