PDF Das Böse ist immer unter dem Bett
Krugovi – Circles Produzent ZDF Arte John Bosnien Eine Filmkritik. Wie sieht das aus, wenn ZDF und Arte und sonst wer einen Film über Kroaten und Serben und sonstwas machen? Das Erste, was ich bemerke, ist, dass die Kroaten immer grimmig in die Kamera gucken. Man kann nicht erkennen, was sie vorhaben, doch meist sind sie böse. Später kommt oft heraus, das sie Jemanden tot getreten haben. Wer das ist, bleibt unklar, weil keine großen Unterschiede in den Gesichtern vorhanden sind. Eben grimmig.
Und weil die Hubschrauber mit der Kamera so schnell nach oben fliegen, senkrecht, wie sichs gehört, hat man auch nicht genug Zeit, irgend was zu erkennen. Gut aussehen tut es alle mal und deutet auch schon an, hier mußte richtig Geld aus dem Fenster geworfen werden. So eine Hubschraubereinstellung ist nicht billig. Warum sie Jemanden tot treten ist klar: Manchmal ist einfach eine bestimmte Zigarrensorte im Kiosk ausverkauft und die Herren in Tarnkleidung schlagen erst mal den Kiosk zu Brei und dann den Zigarettenhändler. Leider steht an ihren Uniformen nicht dran, von welcher Firma sie sind, aber alle auf dem Marktplatz sehen dabei zu, was da passiert. Weil, die haben automatische Waffen über der Schulter. Vermutlich haben sie die vom ZDF oder von Heckler und Koch, Kalaschnikow? Ich kenn mich da nicht so aus, weil ich mich verdrückt hatte, als sie mich wollten.
Und dann steht einer auf (auch in Tarnkleidung) und stoppt die Fußtreterei. Er guckt noch etwas grimmiger, als die drei anderen Fußtreter Soldaten. So wie im Bilderbuch bei den Wilden Kerlen. Ist er von der gleichen Firma und hat einen höheren Rang? Es fehlen auch die Rangabzeichen an den Uniformen. Kein Wunder, deswegen müssen sie auch so gucken, schon um sich Respekt zu verschaffen. Oder wollte sich das ZDF ARTE lieber nicht festlegen, wer die sind? Bis dahin mussten wir schon viele lange Minuten abwarten: bis wir endlich zu dieser Stelle des Filmes gelangen. Dabei immer in (grimmige) Gesichter sehen. Jedenfalls stoppt dieser unbekannte Soldat das Fußtreten nur mit seinem (grimmigen) Blick und das, ohne dass er ein Gewehr geschultert hat, wie die drei anderen Soldaten.
Der (Nicht-) (es ist nicht zu erkennen, ob es noch andere Sorten von Zigaretten in dem Kiosk gibt, mit denen sich die Soldaten behelfen könnten) -also: der Nicht Zigaretten Händler (weil die passende Sorte fehlt) steht auf (ich hätte nicht gedacht, das der das noch kann) und läuft schnell weg. (Auch das hätte ich nicht gedacht, dass er noch so schnell laufen kann, nach der Fusstreterei der drei Soldaten).
Und nun könnten sie den Fusstreter Stopper Soldaten einfach erschießen, wie wir das von Bösewichtern so gewohnt sind, am besten in den Rücken, als er ihnen diesen zu dreht. Aber nein, das ZDF hat entschieden: Munition sparen und noch was für die Füsse tun und den Stopper lieber tot treten. Gottseidank hat das Fernsehen noch Geld für die Kameraeinstellung über, die mit dem Kran (oder besser noch wegen der erreichbaren Höhe) mit dem Senkrechthubschrauber (Siehe Anfang des Textes), so wie das bei der Übertragung von Konzerten vom Fernsehen gemacht wird, so dass die Kamera nach oben wegfahren kann und das tot getretene Opfer malerisch auf dem Pflaster zurückbleiben kann, richtig zum Schmerz genießen.
Unendliche Trauer stellt sich sofort ein. Vermutlich hat man in Mainz gedacht, mit einer solchen Kameraeinstellung kann man die Sinnlosigkeit des Krieges, um eine fehlende Zigarettenschachtel, am besten deutlich machen. Aber bevor wir als Zuschauer zu dieser Stelle des Filmes gelangen, gibt es noch eine lange Wartezeit mit mehr Drama und grimmigen Gesichtern zu bewundern. Da gibt es eine flüchtende Frau mit Kind, die von einem (grimmigen) Mann (mit Akzent) in einer leer stehenden Wohnung in einer Plattenbausiedlung (in Halle/ehemalige DDR) untergebracht wird. Warum der auch so guckt, weiß allein das ZDF, weil das ist ja eigentlich der Gute.
Später merken wir dann, die flüchtende Frau mit Kind wurde zu Recht versteckt, weil der sie verfolgende Mann, wie wir sehen, äußerst gewalttätig ist, als er die Wohnung des Mannes, in der die Frau und das Kind vor ihm versteckt wurde, in Klump haut und mit dem Knüppel (das ehemalige Bein des Küchentisches) den Mann, obwohl sehr kräftig, (fast) tot schlägt. Eine Höchstleistung der Maske, dieses viele Blut und die vielen Verletzungen im Gesicht. Dann holt der (grimmige) Ausländer (bei uns in Halle) auch noch die Pistole raus und alle Zuschauer denken, der böse Mann erschießt den (guten) Ausländer jetzt gleich.
Aber nein. Hier hört man im Hintergrund den Redakteur des ZDFs, das können wir nicht machen, vor laufender Kamera in einer Küche in Halle (Deutschland), Jemanden erschießen, dann kann der Film nicht vor 20.00 Uhr im Fernsehen gezeigt werden.
Also legt der böse (Ausländer) die Pistole wieder hin. Völlig unverständlich. Die von ihm gesuchte ausländische Frau (seine sog. Frau, die es nicht mehr sein will) bekommt zwischendurch noch allerhand angehängt. Sie sei verwahrlost und alkoholabhängig, was man ihr auf den ersten Blick gar nicht angesehen hatte, aber am nächsten Morgen in aller Herrgottsfrühe, sieht man es ihr doch an, wie sie in der Nacht verschlampt ist und erst der Verstecker flößt ihr neuen Mut ein.
Bevor der ausländische Bösewicht seine Drohung von gestern wahr machen kann, bringt der (gute) Ausländer seine Frau, die offensichtlich Deutsche ist und anregt die Polizei zu holen, was er natürlich ablehnt, und seine Kinder zum Bahnhof. Schlau ist er ja, der Ausländer. Erstens, weil er eine deutsche Frau hat, die an unser Rechtssystem glaubt und zweitens weil er den (seinen) Landsmann so geschickt täuscht, in dem er das Taxi nicht zu seiner Wohnung, sondern weit entfernt in eine Seitenstraße bestellt. So gelangen sie (Vater Mutter und zwei Kinder) unbemerkt zum Bahnhof und dort kann eine herzzerreißende Abschiedsszene stattfinden, in der sich der gute Ausländer von seinen beiden (kleinen) Töchtern (Kinder kommen immer gut) und seiner Frau verabschieden kann, in der er betont, dass sie sich sicher bald wiedersehen, was wir Zuschauer natürlich wissen, das dem nicht so ist, weil: einer muss immer (in solchen Filmen) dran glauben.
Jedenfalls kennt der Mann seine Pappenheimer (diese Formulierung setzt der Film in Bilder um), seien es nun Serben, Kroaten oder andere Bösewichter. Die (deutsche) Frau versteht davon nichts, was mir im übrigen auch so ähnlich geht, und fährt zu ihren Eltern. Auch der Satz (ich geh zurück zu meiner Mutter) kommt in dem herausragenden Drehbuch nicht vor, auch wenn er hier gut passen würde. Ausnahmsweise erspart uns der Sender die Ankunft im Heimatdorf und das Wiedersehen mit Oma und Opa. (Warum nur? Opa und Oma kommen auch immer gut). Nachdem die eine sich in Sicherheit wähnt, muß er, dessen Nationalität immer noch unklar ist, die andere Frau in der Plattenbausiedlung retten. Vielleicht ist dem ZDF gar nicht aufgefallen. dass es doch etwas komisch ist, diese Frau dahin zurück zu schicken, wo alle Bösewichter in diesem Film herkommen: nach Bosnien.
Aber irgendwas werden sie sich in Mainz schon dabei gedacht haben, vielleicht war da nur der (unterschwellige) Gedanke, die Bösewichter und die anderen müssen raus aus Halle, aus Deutschland, was bei mir und den anderen Zuschauern natürlich zu der Frage führt, warum sie denn überhaupt erst nach Halle geflüchtet sind, dann hätte sie doch gleich da bleiben können, wo sie war.
Aber dem ARTEZDF sind noch mehr Probleme aufgefallen, die sie mit Hilfe ihrer Produktion auf Film bannen wollen. Da gibt es noch einen Maurer, einen älteren Herren, der auf einem Berg in der Pampa eine Kirche baut und irgendwie Herzprobleme (Pillen und Schwächeanfall) hat und auch einen weiteren jungen Mann, der ihm beim Bauen der Kirche hilft. Als dann ein weiterer junger Mann zu den beiden Kirchen Maurern stößt, um ihnen zu helfen, lehnt der ältere Maurer die Hilfe dieses Mannes aus unerfindlichen Gründen ab.
Da muß es irgendwas in der dunklen Vergangenheit geben, kann ich nur vermuten. (Spannend wird der Film dadurch auch nicht). Später dann, darf er aus irgendwelchen anderen unerfindlichen Gründen, doch mit beim Mauern helfen. Leider hört er nicht auf den Maurer (den älteren) und hat einen Arbeitsunfall (ein großer Stein fällt auf sein Bein, ja nicht wirklich, aber wir sehen die Folgen: ein gebrochenes Bein (in Großaufnahme), das wiederrum (wie schon in der Küche) zu Höchstleistungen der Maske führt. Eigentlich ist ein gebrochenes Bein ja nicht so schlimm. Aber, wenn das ZDF beteiligt ist, eben doch.
Und was macht (der im übrigen herzkranke) Mann in der einsamen Landschaft? Die Sonne brennt unerbittlich. Ja, man hätte es nicht gedacht. Er findet in dieser Einöde perdauz ein großes, genageltes Brett, auf den er den Verletzten legt und in Indianerart kilometerweit bis zur Straße zieht. Hier fahren nie Autos, denke ich unwillkürlich. Aber jetzt kommt (ganz zufällig) eins vorbei. Ich denke noch bei mir, vielleicht hat das Auto ein Mainzer Kennzeichen, aber der Kameramann hat aufgepasst und das Kennzeichen des Autos gelangt nicht auf die Leinwand. Stattdessen nehmen die beiden Herren (Maurer) den Schwerverletzten vom Brett (einer am Kopf und einer an den Füssen) und legen ihn mehr oder weniger unsanft auf die Ladefläche des Kombis. Im Schallarchiv fand sich dann der Schrei (Stufe 12) des Verletzten:
Wären die beiden im Erste Hilfe Kurs gewesen, den ich vor einigen Jahren absolvierte, dann hätten sie den Verletzten vielleicht mit dem Brett in den Kombi geladen, aber dann hätte man diese wunderbare Schallkonserve nicht verwenden können. Dann gelangen sie in die Klinik, in der uns noch mehr Konflikte erwarten, wobei es mir leider nicht möglich war, zu erkennen, wer denn nun die gute und wer die böse Seite vertritt, weil alle gleich (grimmig) gucken. Da gibt es einen Arzt, der überlegt, ob er ein Unfallopfer operieren soll oder lieber nicht? Vermutlich, weil der zu operierende auch ein Bösewicht von damals ist.
Der Maskenbildner hat auch hier ganz Arbeit geleistet. Die Schädeldecke hat eine Naht bekommen, man sieht deutlich die aufgemalten Fäden und im Hintergrund ahnt man die Anweisung des Fernsehredakteurs, dass ja dieser Arzt in einer deutschen Klinik auch so einen Eid geleistet hat. Das geht im Staatsfernsehen nun mal nicht anders, schließlich wird das alles aus Steuereinnahmen bezahlt, die sie aber nicht so nennen, die Fernsehsteuer für Jedermann.
Natürlich operiert er erfolgreich. Noch was? Achja, da gibts es noch die Mutter von dem Jugendlichen mit dem abben Bein (Der wo dem Maurer hilft). Die will irgendwie nicht, dass der alte Mann (der Kirchenmaurer) Kontakt mit ihrem Sohn hat. Aber wie Söhne eben so sind, die hören nicht auf ihre Mütter. Das ist so in Mainz und in Bosnien, oder Kroatien oder anderswo. Bleibt noch zu vermerken: Ein Besuch auf dem Friedhof ist dem Drehbuchschreiber noch eingefallen. Das ist immer gut und sorgt für Besinnlichkeit im Krieg und dort hat sowohl der Kirchenmaurer und auch der anfangs unerwünschte Helfer jemanden, einen Stein, den man besuchen kann.
Was sagt uns das alles? Die verschiedenen Völker, die einst friedlich zusammengelebt haben, sich dann gegenseitig tot getreten haben, (manche haben sich auch tot treten lassen), finden sich wieder im Krankenhaus oder auf dem Friedhof. Wer es schafft der Gewalt (des Filmes) zu entrinnen, schafft dies mit Hilfe von Taxis, Reisebussen und Eisenbahnen, die durch jede Menge Landschaft ihren Weg suchen und das alles, wo ich mir doch versprochen hatte, alle Filme bis zum Ende anzusehen und nicht nach fünf Minuten den Ausgang des Kinos zu suchen, was der Sache sicher mehr gedient hätte. Nachtrag: Am 24. Februar 2013 um 11.30 Uhr in der der ARD, die Sendung mit der Maus. Da tritt das „Böse“ auf, es ist unter dem Bett eines kleinen Mädchen versteckt, das keine Angst vor dem „Bösen“ hat und es John nennt. Das wärs doch gewesen: John Bosnien.
Jens Meyer